„Entspannung im Schlaf“ – über Schlafstörungen und Schlafhygiene Dr. Wolfgang Ruf-Ballauf, Freiburg Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Facharzt für Innere Medizin Ausführliche Informationen unter www.ruf-ballauf.de (im Eingangsportal rechts unten auf „Aktuelles Thema: Schlaf“ klicken) Ein Drittel unseres Lebens verbringen wir im Schlaf. In erster Linie benötigt unser Gehirn den Schlaf, um die riesige Informationsmenge des Tages zu sortieren, abzuspeichern oder zu verwerfen, zu wiederholen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, Bedeutsames von Bagatellen zu trennen, durchzuarbeiten usw. Gelerntes wird im Schlaf wiederholt und gefestigt. Aber auch das vegetative Nervensystem (Erholungsnerv: Parasympathikus), das Immunsystem und das Hormonsystem werden im Schlaf auf Regeneration umgeschaltet. • Gestörter Schlaf beunruhigt viele Menschen. Gestiegene Verantwortung und Arbeitsstress bergen die Gefahr von Schlafstörungen. Mit einfachen Maßnahmen der Schlafhygiene kann man häufig Besserung erzielen. Basisinformation Schlafbedarf und Lebensalter wieviel Schlaf braucht der Mensch? Schlafdauer (Stunden) 10 das Schlafbedürfnis nimmt mit dem Lebensalter ab 8 6 Schlaf 4 2 0 15 25 35 45 55 65 75 Lebensalter (Jahre) Schlafphasen und Schlafzyklus Die Struktur des Schlafs wach Wiederholung ca. 3 mal pro Nacht Nach jedem Schlafzyklus ist ein kurzes Erwachen normal. Im Alter können diese Wachphasen bis 20 min lang sein Schlaf Die Höhe der Säulen entspricht der Aktivität des Gehirns I II Leichtschlaf III IV Tiefschlaf REM "Traumschlaf" REM-Schlaf = Schlafqualität Das Schlafbedürfnis nimmt mit dem Lebensalter ab! Viele Menschen schätzen deshalb das Schlafbedürfnis als zu hoch ein. Wenn Menschen mit Schlafstörung versuchen, mehr zu schlafen als sie benötigen, wird die Schlafstörung bleiben! Es gibt Menschen, die mit sehr wenig Schlaf auskommen. Unser Schlaf hat eine Struktur: vom Leichtschlaf zum Tiefschlaf zum REMSchlaf (REM = rapid eye movement). Danach wachen wir (kurz) auf und beginnen von vorne. Dieser Zyklus findet etwa dreimal pro Nacht statt. Schlafqualität ist REM-Schlaf – vereinfacht gesagt . Wir träumen stets, im REM-Schlaf sind es wirklichkeitsferne Träume oder sogar Alpträume. Ob wir uns an Träume erinnern, hängt davon ab, wann wir nach dem Traum wach werden. Die Bedeutung von Träumen hat man überschätzt Der Schlaf verändert sich, wenn man älter wird (etwa ab dem 40. Lebensjahr). Die Schlafeffizienz sinkt von ca. 95 % auf 75 % Schlafeffizienz ist der Anteil des Schlafes an der Bettliegezeit Der Anteil von Leichtschlaf am Gesamtschlaf nimmt von 58 % auf 76 % zu Der Tiefschlafanteil nimmt von 16 % auf 4 % ab !! Der REM-Schlaf ändert sich weniger: von 26 % auf 20 % im Alter Das Einschlafen kann bis zu 30 Minuten dauern Die nächtlichen Wachphasen zwischen den Schlafzyklen können 20 – 30 Minuten betragen Es liegt (leider) in der Natur des Menschen, dass der Schlaf mit zunehmendem Alter nicht besser wird! Was ist eigentlich eine Schlafstörung? • • • • Wenn man mehr als 30 Minuten zum Einschlafen braucht oder nächtliche Wachphasen länger als 20-30 min dauern. Wenn man sich morgens "wie gerädert" fühlt (dies ist der Hinweis auf zu wenig REM-Schlaf) Und diese Störung mindestens seit 4 Wochen dreimal pro Woche auftritt Sich morgens wie gerädert fühlen bedeutet ein anhaltendes Gefühl von Zerschlagenheit, welches nicht nach Beginn der ersten Tagesaktivitäten verschwindet. Psychologische Probleme mit dem Schlaf Denkweisen, die uns erst recht den Schlaf rauben: • “Acht Stunden Schlaf braucht der Mensch.” • “Wenn ich nicht genug schlafe, bin ich nicht leistungsfähig.” • “Nachts aufwachen bedeutet schon, schlecht zu schlafen.” • “Wenn ich nicht angemessen schlafe, werde ich bestimmt noch krank.” ALLES FALSCH! Wir benötigen in der Regel deutlich weniger als 8 Stunden Schlaf, 2-3 kurze Wachphasen in der Nacht sind normal, eine oder zwei schlechte Nächte schränken das Leistungsvermögen nicht ein (allerdings die Konzentration: aufpassen im Straßenverkehr!), durch schlechten Schlaf werden keine Krankheiten ausgelöst, schon gar keine Geisteskrankheiten! Psychologische Entstehung von Schlafstörungen Erfahrungen Reaktion gestörter Schlaf Gedanken / Erwartungen Gefühle 4 Katastrophisierende Denkmuster (wie oben beschrieben) und rigide Erwartungen führen zu einer Verfestigung von Schlafproblemen. Typische Gedanken sind: – “Hoffentlich kann ich heute Nacht überhaupt mal schlafen.” – “Heute Nacht muss ich aber unbedingt schlafen, sonst weiß ich nicht, wie es mit mir noch weitergehen soll.” – “Jetzt ist es schon 1.00 Uhr und habe fast keine Zeit mehr, um wirklich auszuschlafen.” Problematische Reaktionen auf gestörten Schlaf: exzessive Beschäftigung mit dem Schlaf, Schonverhalten (mit weiterer Verschlechterung) z.B. Sport wird aufgegeben, sozialer Rückzug, Mittagsschlaf, frühes Zubettgehen, Bett mit gestörtem Schlaf assoziieren Selbstbehandlung (mit weiterer Verschlechterung) wie Eigenmedikation oder Alkohol Ursachen von Schlafstörungen Mangelndes Wissen über den Schlaf Nichtbeachtung der Schlafhygiene Seelische Belastungen wie Stress und Konflikte „burn out“ Gravierende Lebensereignisse Seelische Erkrankungen wie Depressionen – 15 % aller Erwachsenen haben mindesten eine depressive Episode pro Jahr! - Körperliche Erkrankungen / Störungen (Schmerzen, Bluthochdruck, Diabetes, Wechseljahre usw.) Störfaktoren (Lärm. Licht) Die goldenen Regeln der Schlafhygiene Die Beachtung dieser Regeln verbessert bei vielen Menschen einen gestörten Schlaf! Wenn dies nicht der Fall ist, sollte ein Fachmann / eine Fachfrau zu Rate gezogen werden. Korrigieren Sie falsche Vorstellungen über den Schlaf Man wird nicht verrückt durch schlechten Schlaf! Nehmen Sie eine Schlafstörung ernst, aber nicht zu wichtig. Überprüfen Sie Ihre Einstellungen und Erwartungen! Behalten Sie Ihren Tagesrhythmus und die Tagesaktivitäten bei, auch wenn der Schlaf schlecht war Versuchen Sie nicht, gestörten Schlaf irgendwie nachzuholen: Kein Mittagsschlaf, kein Fernsehschlaf, kein Zwischendurch-Schlaf, kein Wochenend-Marathon-Schlaf Ziehen Sie sich sozial nicht zurück, bleiben Sie sozial und körperlich aktiv Wenn Sie schlecht einschlafen: vielleicht sind Sie noch nicht müde genug. Gehen Sie erst ins Bett, wenn Sie wirklich müde sind und nicht, wenn „es Zeit ist“. Wenn Sie nachts länger wachliegen: vermutlich schätzen Sie Ihr Schlafbedürfnis zu hoch ein. Versuchen Sie, weniger Schlaf einzuplanen. Wälzen Sie sich nicht hin und her, stehen Sie nach 20 – 30 Minuten auf und beginnen Sie eine sinnvolle, ruhige Tätigkeit (bügeln, ruhige Musik hören, Tee bereiten, sortieren usw.). Wenn Sie wieder müde werden, gehen Sie zurück ins Bett. Bei Schlafstörungen: das Bett ist nur zum Schlafen da, nicht zum Essen, Lesen, Fernsehen u.a. (Ausnahme: sexuelle Aktivitäten). Vermeiden Sie „Schlafgifte“ wie Alkohol, Kaffee, große Essensmengen. Alkohol führt häufig zu raschem Einschlafen, jedoch zu gestörtem Durchschlafen. Auch wird der REM-Schlaf durch Alkohol unterdrückt. Alkohol verschlechtert also die Schlafqualität. Körperliche und geistige Aktivitäten am Abend sind gut und wichtig, jedoch sollten 1 -2 Stunden Pause oder Ruhe vor dem Schlaf eingeplant werden. Einschlafrituale und Entspannung als Einschlafhilfe nutzen Autogenes Training evtl. mit individuellen Vorsatzbildungen erlernen Medikamentöse Schlafhilfen zeitlich begrenzt und nur nach Besprechung und Verordnung vom Facharzt! Spezielle Hinweise: o Bei beruflichem Stress: neben den Regeln der Schlafhygiene erlernen Sie Stressbewältigungstechniken, die Ihnen die Distanz zum Berufsalltag ermöglichen. o Wenn Sie Verantwortung tragen (Personal- und/oder Budgetverantwortung): „gönnen“ Sie sich Supervision oder Coaching. o Bei Hinweisen für „burn out“ oder Depression: Sie sind mit diesem Problem nicht allein! Überwinden Sie Ihre Scham und suchen Rat bei Facharzt oder Therapeuten.
© Copyright 2024 ExpyDoc