Steine aus dem Weg räumen

Nordhäuser Allgemeine
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Steine aus dem
Weg räumen
Montag,.Oktober
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Studentische Initiative setzt sich für barrierefreies Studieren an der Hochschule in Nordhausen ein
Von Katrin
Tschernatsch-Göttling
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Albert Kinas (23), Student
für Sozialmanagement aus
Paderborn:
Obwohl ich immer Ingenieur
werden wollte, habe ich irgendwann gemerkt, dass mein Herz
doch mehr dem Sozialen gehört
und ich etwas in diesem Bereich
studieren will.
Während meines freiwilligen sozialen Jahres in einem Kinderheim in Uruguay stellte ich dann
auch schnell fest, dass ich unbedingt einen sozialen Studiengang belegen und vielleicht
auch später einmal in der Entwicklungshilfe arbeiten möchte.
Aus meinen Erfahrungen in der
sozialen Arbeit habe ich aber
auch gelernt, dass man sehr eingeschränkt ist in seiner Arbeit
und wenig verändern kann.
Ich möchte aber gerne aktiv dazu beitragen, die Welt irgendwie
zu einem besseren Ort zu machen – und zwar in einer Position, in der man auch die Möglichkeiten hat, Dinge zu verändern.
Deshalb studiere ich Sozialmanagement. Die Entscheidung,
nach Nordhausen zu gehen, war
auch recht schnell getroffen,
nachdem ich zum Studieninformationstag hier war. Zum einen
ist die Entfernung zu meinem
Heimatort Paderborn nicht zu
groß – und außerdem ist der
Campus einfach sehr schön.
Bemerkenswert ist auch, wie
viele internationale Kontakte
die Hochschule hat und wie gut
die Organisation beim Auslandssemester funktioniert.
Neben den kurzen Wegen bietet
die Größe der Hochschule auch
einfache Möglichkeiten, etwas
auf die Beine zu stellen. Ich habe mich zum Beispiel im Studentenrat eingebracht und bin
der stellvertretende Gruppensprecher der Amnesty-International-Hochschulgruppe hier in
Nordhausen.
In meiner Freizeit bin ich momentan fast täglich beim
Schrankenlos e. V. für die in
Nordhausen untergebrachten
Flüchtlinge im Einsatz.
Da ich selbst in Kasachstan geboren bin und mit drei Jahren
nach Deutschland kam, kann
ich die Situation der Flüchtlinge
– besonders der Kinder – sehr
gut verstehen. Es freut mich,
ihre Kultur und ihre Geschichten kennen zu lernen und ihnen
dabei helfen zu können, sich in
Deutschland besser zurecht zu
finden und vielleicht auch heimisch zu fühlen.
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Feierliche
Graduierungsfeier
Die feierliche Zeugnisübergabe
für die Absolventinnen und Absolventen aller Studiengänge,
die im Sommersemester 2015
ihr Studium erfolgreich abgeschlossen haben, findet am 30.
Oktober in der Zeit von 17 bis
18 Uhr statt.
Symposium
Ein Symposium des Instituts für
Sozialmedizin, Rehabilitationswissenschaften und Versorgungsforschung steht am 7. November unter dem Motto „InkluWAS?“ Es findet in der Zeit
von 10 bis 15 Uhr statt.
Nordhausen. Körperliche und
geistige Beeinträchtigungen stellen Betroffene im Alltag häufig
vor Hindernisse – machen aber
ein Studium nicht unmöglich.
Als sich die angehenden Sozialmanager der Hochschule Nordhausen vergangenes Jahr im
Englischunterricht die Barrierefreiheit des Campus‘ genauer ansehen sollten, kam Cindy Wohlberedt-Schulze eine Idee. „Uns
allen ist recht schnell aufgefallen, dass das Studium hier am
Campus für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen
einige Hindernisse aufweist“, erinnert sich die Studentin.
Die Aufgabe hieß, nach Lösungen zu suchen. Dabei fiel ihr
ein, dass man mit der Hilfestellung einer Begleitperson viele
der Probleme schnell und mit geringen Mitteln beseitigen könnte. Funktionieren könnte diese
Hilfestellung über ein Bereitschaftstelefon, bei dem sich Betroffene melden und kurzfristig
Unterstützung erhalten.
Die Idee der Studienassistenz
war geboren. „Mein Englischlehrer war begeistert von der
Idee und bestärkte mich darin,
das Projekt weiter zu verfolgen
und es in die Tat umzusetzen“,
berichtet Cindy. Kurz darauf bestand die Gruppe aus fünf Stu-
Vanessa Distel, Martin Gerlach, Cindy Wohlberedt-Schulze, Janina Zeich und Jessica Beyer setzen sich für ein barrierefreies Studium ein.
Foto: Tina Bergknapp
dierenden, die gemeinsam die
Initiative „Barrierefreies Studieren Nordhausen“ ins Leben riefen. Zusammen mit der Hochschulleitung wollen sie eine
Grundlage schaffen, mit deren
Hilfe ein barrierefreies Studium
für jedermann möglich wird.
Dabei sollen Beeinträchtigungen jeglicher Art einbezogen
werden. Es geht also nicht nur
um körperliche Einschränkungen wie Gehbehinderungen
oder Seh- und Hörbeeinträchtigungen, sondern generell um
physische und psychische Beeinträchtigungen,
Betroffene
chronischer Erkrankungen und
autistische Studierende. Mit der
Studienassistenz sollen bauliche
Defizite überbrückt werden, indem ein Student einem anderen
die Türen öffnet, ihn über den
Campus begleitet, sein Mittagessen trägt oder bei der Arbeit in
der Bibliothek behilflich ist.
Die Initiative sieht sich auch
als Vermittler zwischen betroffenen Studierenden und Fachleuten aus der Region, die unterstützend zur Seite stehen. Hierfür
bestehen bereits diverse Kooperationen, unter anderem mit der
WBG Südharz und dem Haus
der Gesundheit in Nordhausen
sowie dem Praktikantenteam
und dem Studenten-ServiceZentrum an der Hochschule.
Zudem möchte sich die Initiative für die Interessen der Studierenden mit Beeinträchtigungen einsetzen und unter anderem Empfehlungen erarbeiten,
wie die Medien- und Skriptgestaltung an die Bedürfnisse von
Sehgeschädigten und Autisten
angepasst werden können.
„Die Anzahl autistischer Studierender ist schwer abschätzbar, weil nur Wenige offen mit
ihrer Erkrankung umgehen. Wir
wissen aber bereits, dass es Betroffene an der Hochschule gibt
und erhoffen uns, dass sich im
Vertrauensverhältnis der Studienassistenz weitere Studenten
melden“, so Janina Zeich, die
sich ehrenamtlich im Wohnund Therapiezentrum für Menschen mit Autismus in Bleicherode engagiert. Mit Patenschaften von Studierenden für autistische Studenten soll die Hemmschwelle gesenkt werden und
der Verstärkung der Probleme
vorgebeugt werden.
Die Vision der fünf Initiatoren
ist, ein Grundgerüst für die nachhaltige Wirkung der Initiative zu
schaffen, Vorbild für andere Einrichtungen zu sein und irgendwann eine barrierefreie Hochschule vorzufinden.
Hochschulpräsident
Prof.
Jörg Wagner freut sich über das
Engagement der Studierenden:
„Unser wunderschöner Campus
in Südhanglage birgt leider von
seiner baulichen Struktur her einige Herausforderungen für ein
barrierearmes Studieren. Da ist
es toll, wenn sich durch das Engagement der Studierenden Lösungen finden lassen.“
In den nächsten Wochen geht
es nun darum, die Initiative bekannt zu machen und engagierte
Studierende für die Studienassistenz zu finden. Im Sommersemester 2016 sollen die Vorhaben dann umgesetzt werden.
Das Herz im Gepäck
Nordhäuser Studentin unterstützte in den Semesterferien die Flüchtlingsarbeit in Italien
Von Katrin
Tschernatsch-Göttling
Nordhausen. Es gibt Menschen,
die ziehen los, um die Welt kennen zu lernen und sie ein bisschen besser zu machen – ohne
Angst vor dem Unbekannten.
Ein solcher Mensch ist Pauline Peschel. Sie studiert Gesundheits- und Sozialwesen an der
Hochschule Nordhausen, ist
ständig auf der Suche nach Herausforderungen im sozialen
Arbeitsfeld und neugierig auf andere Kulturen. Anfang dieses
Jahres verbrachte sie zwei Wochen in Indien, half in einem
Kinderheim und sah sich die erschreckenden Lebensverhältnisse junger Frauen auf den Straßen der Großstädte an.
Nach ihrer Rückkehr dauerte
es nicht lange, bis sie nach einem
neuen Projekt suchte. Sie fand
es in einer christlichen Organisation, die Reisen nach Italien
organisierte, um die Hilfskräfte
dort vor Ort bei der Flüchtlingsarbeit zu unterstützen. Pauline
meldete sich sofort an.
Einige Tage nachdem sie ihre
letzte Prüfung des Sommersemesters geschrieben hatte, ging
die Reise Anfang September los.
„Ich habe mich auch in Nordhausen schon mit Flüchtlingen
Pauline Peschel von der Nordhäuser Hochschule mit ihrem großen Team von Helfern in Italien.
unterhalten. Aber in Italien, wo
sie direkt nach ihrer gefährlichen Reise über das Mittelmeer
ankommen, ist das Bild ein anderes, sind die Erinnerungen
und Ängste der Menschen sehr
viel frischer. Aber auch das
Glück kann man ihnen ansehen,
die Reise überlebt zu haben“, erzählt die 21-Jährige.
Für zehn Tage blieb sie in Italien, um zu helfen, wo Hilfe notwendig ist. Täglich wurden die
Helfer-Teams neu zusammengestellt, da sich jeden Tag eine
neue Situation auf dem Bahnhof
und dem Domplatz bot. Tag für
Tag kamen neue Flüchtlinge an,
manchmal waren viele Kinder
dabei, manchmal wenige.
Neben dem Verteilen von Essen spielten Pauline und ihre
Teamkollegen einfach mit den
Kindern und redeten mit den
Frauen. „Es tat gut, das Lächeln
im Gesicht der Mütter zu sehen,
wenn ihre Kinder ausgelassen
spielten. Es kam auch ein italienischer Clown, der jeden Tag
aus eigener Motivation die Kinder belustigte und ablenkte von
ihren Ängsten und Sorgen“, so
die Studentin. Neben den Erlebnissen in Syrien und während
ihrer Reise nach Italien, erzählten viele Flüchtlinge auch davon, dass sie keine Zukunft für
sich sehen, da ihre Familien zerrüttet und ihre Religion Zweifel
aufwirft.
Angst habe sie dabei selbst nie
gehabt, sagt Pauline. Abends haben sie in den Helfer-Teams immer zusammen gesessen und reflektiert, was sie über den Tag alles erlebt und gehört haben.
Neben den vielen Eindrücken
konnte Pauline auch Wissen
und Erfahrungen von den anderen Helfern für sich mitnehmen.Nach ihrer Ankunft zurück
Foto: privat
in Deutschland nahm sich Pauline Zeit, über das Erlebte nachzudenken. „Ich hatte das Gefühl, wochenlang weg gewesen
zu sein, weil wir so viele Eindrücke aus Italien mitgenommen
hatten“, sagt sie. Das Nachdenken und Verarbeiten tat sie auf
ihre ganz eigene Art: Sie
schnappte sich ihr Fahrrad und
fuhr mit einer Freundin von Heiligenstadt bis nach Flensburg.
„Körperlich sind wir manchmal
an unsere Grenzen gekommen,
aber es war eine tolle Erfahrung
und wir hatten viel Zeit zum
Schwatzen und Nachdenken.“
Ein Studiengang nur für Frauen?
Praktische Projekte eröffnen viele neue Möglichkeiten für die Nordhäuser Studentinnen, sich selbst zu erfahren
Von Katrin
Tschernatsch-Göttling
Nordhausen. Kreative Ideen
brauchen Freiräume. Deshalb
suchen sich Unternehmen meist
außenstehende Partner oder
Ratgeber, wenn sie auf der Suche nach Neuerungen oder Veränderungen sind.
Hochschulen bieten sich als
ein solcher Partner besonders
an. Der Masterstudiengang Innovations- und Change-Management (ICM) an der Hochschule Nordhausen befasst sich
mit genau solchen Problemen
und entwickelt im Rahmen von
Projektarbeiten innovative Konzepte für Unternehmen, Vereine
oder andere Einrichtungen.
Aktuell gibt es Kooperationen
zwischen der Hochschule und
der Nordbrand Nordhausen
Projektarbeit im Team.
GmbH sowie einem ortsansässigen Bestattungsinstitut, betreut
durch Dr. Kareen Schlangen,
Lehrende im Studiengang ICM.
Unternehmen und Studierende profitieren dabei gleichermaßen. Kareen Schlangen: „Für die
Studierenden sind diese prakti-
Foto: Kareen Schlangen
schen Erfahrungen essenziell,
um theoretisches Fachwissen
anzuwenden und dabei soziale
und methodische Kompetenzen
zu erlernen. Die Unternehmen
erhalten eine neutrale Sicht auf
ihre Problemstellung und Impulse für Veränderungen.“
Im Rahmen des Vertiefungsfaches „Dienstleistungsinnovationen“ lernten die Studierenden
des Studienganges Innovationsund Change-Management ebensolche praktischen Projektarbeitsweisen. Das Team Carolin Feistkorn, Larissa Menzel,
Julia Aderhold, Denise Günther,
Luisa Baumann und Svenja
Feist entschied sich dafür, ein
Konzept für eine innovative
Aus- oder Weiterbildungsmaßnahme an der Hochschule zu
entwickeln.
Die sechs jungen Damen nutzten ganz verschiedene Techniken zur Ideenfindung und haben ein Modell für einen Studiengang entwickelt, das es bisher nicht gibt, das aber durchaus
Zukunftspotenzial hat. „Uns fiel
auf, dass sich Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft
noch immer nicht etablieren
konnten. Also kamen wir auf die
Idee, einen weiterbildenden Studiengang zu entwickeln, der ausschließlich für Frauen ausgelegt
ist und ihnen Führungsqualifikationen vermittelt, die sie bei
der Arbeit in typischen Männerdomänen dringend benötigen“,
betont Svenja Feist.
Dabei gingen die Studentinnen so in ihrem Projekt auf, dass
sich ihre Vorstellungen der eigenen beruflichen Zukunft grundlegend änderten. „Niemand von
uns hätte vor dieser Erfahrung
mit dem Gedanken gespielt, sich
selbst auch einmal selbstständig
zu machen. Das Projekt hat uns
aber regelrecht beflügelt, in eine
neue Richtung zu denken und
auch über eine Gründungsidee
nachzudenken“, so Larissa
Menzel.
Professor Dr.
Torsten Schaumberg:
Seit 2012 trägt Professor Torsten Schaumberg die Professur
für Sozialrecht im Fachbereich
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Hochschule
Nordhausen.
Der gebürtige Halberstädter studierte bis 1995 Rechtswissenschaften an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in
Frankfurt am Main und war bis
2015 Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Sozialrecht. Seit
diesem Jahr widmet er sich ausschließlich der Lehrtätigkeit an
der Hochschule Nordhausen.
Er vermittelt seinen Studierenden die Grundlagen des Sozialrechts sowie die Grundzüge des
Arbeitsrechts. Dabei versteht er
es, die Vorlesungen nicht nur
anhand diverser Fallbeispiele,
sondern auch mit seiner humorvollen Art aufzulockern und
weiterzugeben, dass Recht auch
spannend sein kann.
Mit seinen Lehrveranstaltungen
will er den Studierenden das
Rüstzeug an die Hand geben,
das nötig ist, um sich erfolgreich
durch das Dickicht des sozialrechtlichen Dschungels kämpfen zu können. Zudem ist ihm
die Botschaft wichtig, dass sich
Recht nicht nur auf das Umsetzen von Gesetzen beschränkt,
sondern Menschen geholfen
wird, die allein nicht in der Lage
dazu wären.
Der Schwerpunkt der Forschungstätigkeit von Professor
Schaumberg liegt in den Bereichen Medizin-, Rehabilitations-,
Kinder- und Jugendhilfe- und
Arbeitsförderungsrecht. Regelmäßige Veröffentlichungen und
Vorträge zu diesen Themen
unterstreichen dies ebenso wie
seine Gutachtertätigkeiten. So
wurde er etwa vom „Nationalen
Zentrum Frühe Hilfen“ mit der
Erstellung eines Rechtsgutachtens zur Thematik der Familienhebammen beauftragt.
Professor Schaumberg ist bestrebt, auch im sozialrechtlichen Bereich die Verknüpfung
von Wissenschaft und Praxis zu
vertiefen. Hierzu sind Kooperationen zwischen der Hochschule und öffentlichen Sozialleistungsträgern, Vereinen oder Betroffenengruppen denkbar und
wünschenswert.
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