Grüne bringen zwei Referenden durch

A:Z 6002 Luzem l Fr. 3.50, € 4.- l N r. 277
Montag, 30. November 2015
E u Bern und Brüssel nahern sich
bei den Verhandlungen über ein
Rahmenabkommen nicht an. 3
auf www.nkb.chc
/[/~
Kirchenrat wird
gestützt
STANSSTAD red. Ãusserst deutlich
sprach sich die Kirchgemeindeversammlung gestern dagegen aus,
dass der Kirchenrat die Nutzung des
letzten unbebauten Landstücks der
Kirche vorbereiten muss. Mehrere
Antragsteller hatten durchsetzen wollen, dass der Kirchenrat gegen seinen
Willen die Nutzung der Parzelle an
der Bürgenstockstrasse für ein Feuerwehrlokal mit Gemeindewerkhofvorbereiten und dem Stimrnvolk vorlegen muss. Der Kirchenrat hatte argumentiert, es sei ein Ausdruck
fehlender Pietãt, wenn die Altstoffsammelstelle künftig unmittelbar
neben dem Friedhof eingerichtet
würde. Zudem wolle man das Grundstück als Bauland für die Zukunft
halten. Die Gemeinde muss nun
anderswo nach einem geeigneten
Standort suchen.
12
Papst ruft zu
Versõhnung auf
k;cJ( 4~/d /vJ
]ubilãum
seit 20 Jahren
gibt Dirigentin Silvia Riebli bei der
Harmoniemusik Stans den Takt an.
12
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Grüne bringen zwei
Referenden durch
KOMMENTAR
Pal(t des
Misstrauens
NIDWALDEN Die Stimmbürger sagen zweimal Nein
und zweimal Ja. Nicht sparen
wollen sie bei den Familien
und den Schwachsten.
pro Jahr. Letzterer ist mit Mehreinnahmen von 750 000 Franken beim Kanton
und 620 000 Franken für die Gemeinden
der grêisste Brocken eines Sparpakets
von acht Gesetzesãnderungen, dem der
Landrat im Frühling zugestimmt hat.
Gestern stimmten die Nidwaldner über
die Referenden gegen vier der Vorlagen
ab.
mu. Das Resultat war deutlich. Fast
70 Prozent der Nidwaldner, die gestern
an die Urne gingen, wehrten sich dagegen, dass bei den persêinlichen Auslagen jener Bezüger von Ergãnzungsleistungen, die in einem Heim leben,
der Rotstift angesetzt werden soll. Weiter sprachen sich 57,9 Prozent gegen ein
Schulgeld für die Mittelschule und Brückenangebote aus.
Auf Zustimmung stiessen hingegen
mit gut 60 Prozent Ja die Streichung der
Übergangsrente bei der Pensionskasse
des Kantons sowie mit 56,6 Prozent Ja
die Begrenzung des Fahrtkostenabzugs
in d er Steuererklãrung auf 6000 Franken
Auch die Einnahmenseite anschauen
Der Regierungsrat nehme mit Befriedigung zur Kenntnis, dass das Stirnmvolk
den Überlegungen der Regierung und
der Mehrheit des Landrats zumindest
teilweise gefolgt sei, sagte Finanzdirektor Alfred Bossard gestern in Stans. <<D er
Entscheid hilft uns, darnit wir auf dem
eingeschlagenen Weg weiterrnachen
kõnnen>>, hielt er fest.
Die Grünen Nidwalden, die mit zwei
ihrer drei Referenden erfolgreich waren,
zeigten sich sehr zufrieden mit dem
Resultat. Jetzt müsse man auch die Einnahmenseite anschauen. In die gleiche
Kerbe schlug die SP.
«Der Entscheid hilft
uns, damit wir auf
dem eingeschlagenen
Weg weitermachen
kõnnen.»
ALFRED BOSSARD,
FINANZDJREKTOR
11
AFRIKA-REISE sda. Erstmals besucht
Papst Franziskus mit der Zentralafrikanischen Republik ein Krisengebiet.
Der Papst forderte die Regierung des
vom Bürgerkrieg zerrütteten Landes
gestern auf, sich für die Einheit der
Bevêilkerungsgruppen und den Frieden einzusetzen. Die Menschen dürften keine Angst vor Mitgliedern anderer Ethnien od er Religionen haben,
sagte Papst Franziskus in der Hauptstadt Bangui vor der Übergangsprãsidentin Catherine Samba-Panza.
<<Ich komme als Pilger des Friedens
und als Apostel d er Hoffnung>>, sagte
der 78-Jãhrige. Samba-Panza bat
Papst Franziskus um Vergebung für
die Gewalt in ihrem Land, die sie als
<<Abstieg in die Hêille>> bezeichnete.
Allein die Prãsenz des Papstes in
Bangui sei aber <<ein Sieg des Glaubens über die Angst>>.
Solches Misstrauen gegenüber
Erdogan ist wichtig. Kurzfristig
mag der starke Mann der Türkei für eine Beruhigung der
Flüchtlingsstrõme sorgen. Doch
Voraussetzung für eine langfristige Beruhigung der Flüchtlingskrise sind Stabilitãt und
Wohlstand im Nahen Osten.
Die sind nicht mõglich ohne
Demokratie, Rechtsstaat und
Einhaltung der Menschenrechte - auch in der Türkei.
Di e EU umwirbt
di e Türkei
7
9ll~~li~~JIIIIj~~UitlllilijJiiMIÍIII
Im Gegenzug erhãlt Erdogan
3 Milliarden Euro, die Visafreiheit für seine Bürger ab nãchstem Jahr und die Aussicht auf
einen rascheren EU-Beitritt seines Landes - und das Schweigen der EU zum problematischen Umgang Erdogans mit
demokratischen Werten und
den Menschenrechten. In einer
gemeinsamen Erklãrung ist
von Zusammenarbeit bei Fra~en der Sicherheit, der Migra,/ tian und der Wirtschaft die
Rede. Für die Türkei unangenehme Themen fehlen.
Die EU schliesst rnit Erdogan
darum nur einen Pakt des Misstrauens: Regelmãssig will sie
überprüfen, wie viele Flüchtlinge weiterhin aus der Türkei
nach Europa gelangen, bevor
sie schrittweise ihren Teil der
Verpflichtungen erfüllt. Und
wãhrend die EU neue Kapitel in
den Beitrittsverhandlungen mit
der Türkei erõffnet, drückt die
deutsche Kanzlerin Angela Merkel gleichzeitig ihre Skepsis darüber aus, ob die Türkei wirklich
so rasch in die EU gehõrt.
5
FLÜCHTLINGSKRISE sda. Neuer
Schwung für die Beitrittsverhandlungen, Visa-Erleichterungen und 3 Milliarden Euro für Flüchtlinge in der
Türkei: Auf einem Sondergipfel hat di e
EU der Türkei gestern Abend viele
Zugestãndnisse angeboten, um einen
gemeinsamen Aktionsplan in der
Flüchtlingskrise in Kraft zu setzen.
Der Gipfel markiere <<einen historischen Tag>> in den seit 2005 laufenden
Beitrittsverhandlungen der Türkei mit
der EU, sagte der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu in Briissel. Die Türkei sei <<eine europãische
Nation>> und zur Zusammenarbeit
bereit. Vor dem Gipfel gab es auch
Kritik, es wurde von einem <<schmutzigen Deal>> mit der Türkei gesprochen
angesichts derverschlechterten Menschen- und Bürgerrechtslage im
Land. Kommentar 5. Spalte
n der Nat frisst der Teufel
Fliegen: Nachdem die
Europãische Union in den
vergangenen Jahren auf
Distanz gegangen ist zu ihrer
Beitrittskandidatin Türkei, breitet sie ihr jetzt wieder den roten Teppich aus. Grund dafür
ist die Ankunft Hunderttausender syrischer Flüchtlinge in
Europa. Der türkische Prãsident Recep Tayyip Erdogan soll
sie nun im Land behalten.
FABIAN FELLMANN, BRÜSSEL
f abia n. lei Iman n@ luzernerzeitun g. eh
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Mit alten Schuhen fürs I<lima
Angebotsübersicht auf
Weltweit haben gestern Menschen für mehr Klimaschutz demonstriert. Nur in Paris,
wo heute die Klimakonferenz beginnt, blieben die Strassen weitgehend leer. Vereinzelt kam es zu Krawallen. Mit alten Schuhen setzten Umweltaktivisten auf der Place
de la République ei n Zeichen gegen das Demonstrationsverbot. AP Photo/Laurent Cipriani
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Montag, 30. November 2015 f Nr. 277
NEUE/L:UZERNER ZEITUNG
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11
NEUE ZUGER ZEITUNG
.tf'lt:r'&cz/dhv
}z,/'"'//
Ergãnzungsleistungen
JA
NEIN
NEUE NIDWALDNER ZEITUNG
30,5%
69,5%
Jt7_ /<' z,
NEUE OBWALDNER ZEITUNG
Steuer..
gesetz
Personalgesetz
JA
NEIN
42,1%
57,9%
JA
NEIN
60,1%
39,9%
ein zu zwei Sparvorlagen
MARTJN UEBELHART
[email protected]
Vier Sparvorlagen kamen gestern in
Nidwalden an die Urne. Das Nidwaldner
Stimmvolk sagte zweimal Ja - zum
Pendlerabzug und zur Aufhebung der
Übergangsrente bei der kantonalen Pensionskasse - und zweimal Nein - zum
Schulgeld fiir die Mittelschule und zur
Senkung der persõnlichen Auslagen für
Bezüger von Ergiinzungsleistungen (EL)
in Heimen.
Die insgesamt acht Sparvorlagen, zu
denen der Landrat im Frühling ja gesagt
hatte, sollten die Kantonsfinanzen um
jãhrlich rund 3 Millionen Franken entlasten. Mit der gestrigen Abstimmung
wird es eine knappe halbe Million weniger sein.
Ei n Schulgeld fürs Kollegi wird es nicht geben, Pendler hingegen kõnnen
nur noch 6000 Franken Fahrtkosten geltend machen.
Bilder Archiv Neue NZ
56,6%
43,4%
R
der Farnilie nicht sparen will.» Die Kiirzung der persõnlichen Auslagen sei das
schwierigste Thema gewesen. Das Resultat mit knapp 70 Prozent Nein zeige,
dass man die Schwachen nicht noch
schwãcher machen soll.
NIDWALDEN Vier Referenden
standen zur Abstimmung.
Zwei waren erfolgreich. Die
Stimmbürger verhinderten,
dass bei den Familien und
Schwãchsten gespart wird.
«Druck noch zu wenig gross»
Der Regierungsrat nehme mit Befriedigu~~ zur Kenntnis, dass das Stimmvolk
den Uberlegungen der Regierung und
der Mehrheit des Landrats zumindest
teilweise gefolgt sei, sagte Finanzdirektor Alfred Bossard gestern in Stans. «D er
Entscheid hilft uns, dass wir auf dem
eingeschlagenen Weg weitermachen
kõnnen», hielt er an einer Medienkonferenz fest. Und dass eine Erhõhung des
Steuerfusses mõglichst spãt gemacht
werden kõnne, wenn sie notwendig
werde. «Vielleicht ist der Druck in Nidwalden noch zu wenig gross», sagte er
mit Blick auf die unterschiedlichen Ergebnisse.
Das Resultat bei der Übergangsrente
stütze die Überlegungen der Regierung,
dass es in der heutigen Zeít falsch sei,
dass der Arbeitnehmer selber entscheíden kõnne, wann er in Pension gehen
wolle, und der Arbeitgeber das bezahle.
Der Pendlerabzug sei der grõsste Posten im Sparpaket, und die Regierung sei
nach wie vor der Meinung, dass die
Begrenzung auf 6000 Franken gemacht
werden soll.
Bossard sagte beim Referendum zum
Schulgeld, dass es wohl nur sehr wenige
Farnilien gebe, die ihre Kinder wegen
der 500 Franken nicht ins Gymnasium
schicken kõnnten. «Wir nehmen zur
Kenntnis, dass man bei der Bildung und
BOTE DER URSCHWEJZ
/J
Mittelschulgesetz
JA
NEIN
NEUE URNER ZEJTUNG
Auch auf Einnahmenseite schauen
Leo Amstutz, der Prãsident der Grünen Nidwalden, die drei der vier Referenden ergriffen hatten, zeigte sich sehr
zufrleden über den Ausgang der Abstimmungen. «Das ist ein Zeichen, dass
es so nicht weitergehen kann>>, hielt er
fest. Man kõnne nicht mehr hoffen, die
Steuererhõhung zu verhindem, jetzt
müsse man auch auf die Einnahmenseite schauen. Beim Nein zum Schulgeld
habe wohl die zusãtzliche Belastung für
Farnilien eine Rolle gespielt. Amstutz
rãumte ein, dass das Nein zur Kürzung
der persõnlichen Auslagen bei den EL
einen Begleitschaden habe: Abgelehnt
wurde darnit aueh eine Neuregelung des
Vermõgensverzehrs, den die Grünen
begriissen.
Auch SP-Prãsident Beat Ettlin híelt
fest, man komme nicht mehr darum
herum, die Einnahmenseite anzuschauen un d die Steuerpolitik zu überdenken.
Wali Kammermarm vorn Referendumskomitee gegen die Begrenzung des
Pendlerabzugs war ein wenig enttãuscht
vom Resultat. Gleichzeitig hãtten sie mit
Blick auf das Ergebnis nicht alles falsch
gemacht. Er sei stolz auf das politische
System, dass es ihm und Thomas
Bosshard ermõglicht habe, diese Frage
dem Stimmvolk zu unterbreiten. Und er
erhíelt vom Finanzdirektor das Versprechen, dass die Grenze von 6000 Franken
nicht bei einem allfãlligen weiteren
Sparpaket wieder in Frage gestellt werde.
Insgesamt dürfe man mit der Abstimmung zufrleden sein, sagte FDP-Prãsident Ruedi Waser gestern. Doch müsse
man sich bewusst sein, dass der Anteil
des Kantons an den EL-Leistungen zunehmen werde.
Christoph Keller von der SVP rãumte
ein, dass die Kúrzungen bei der EL die
schwierigste und unschõnste Massnahme gewesen sei. «Das Volk hat hier
korrigiert, darnit kann ich gut leben.»
Gleích zu 100 Prozent zufrleden bezeichnete sich CVP-Prãsidentin Therese
Rotzer, entspreche doch das Ergebnis
genau den Parolen der kantonalen Delegiertenversammlung. «Die Nidwaldner
wollen nicht zu Lasten der Schwãchsten
und der Familie spareiD>, hielt sie fest.
Das müsse als Stossrichtung fiir die
kantonale Politik gelten: <<Auf Sparkurs
bleiben, aber das Augenmass nicht verlieren.»
Martin Uebelhart
zu den Referendumsabstimmungen in Nidwalden
Sparen nicht
um jeden Preis
ls ein Sparpaket haben Regierung und
Parlament im Frühling acht Gesetzesãnderungen auf den Weg gebracht. Mit deutlichen Mehrheiten hatte der Landrat den
Massnahmen zugestimmt.
Mit den Referenden der
Nidwaldner Grünen und eines
zweikõpfigen Referendumskomitees wurde das Paket
aufgeschnürt. Und das Stimmvolk hat sich die einzelnen
Teile genau angeschaut und
sehr differenziert entschieden.
Gespart werden soll nicht um
jeden Preis.
Solidarisch zeigen sích
die Stimmbürger mit den
Schwãchsten der Gesellschaft,
zu denen die Bezüger von Ergãnzungsleistungen zweifellos
gehõren. Nach d em deutlichen
Ergebnis mit fast 70 Prozent
Nein wird das Geld fiir ihre
persõnlichen Auslagen nicht
gekürzt.
Gespielt hat die Solidaritat
auch bei den Familien. Ein
Schulgeld fiirs Kollegi findet
eine Mehrheit keine gute Idee
und setzt damit auch ein
Zeichen fiir die Chancengleichheit in der Bildung.
Die Begrenzung des Pendlerabzugs auf 6000 Franken
scheint für die Nidwaldner
ein annehmbarer Kompromiss
zu sein. Der Blick auf andere
Kantone zeigt, dass die Grenze
auch tiefer angesetzt werden
kõnnte.
martin. ue bei hart@ ni dwa ldnerzeitun g.eh
So stimmten die Gemeinden über die vier kantonalen Vorlagen ab
Teilrevision
Ergãnzungsleistungsyesetz
(pers. Auslagen
Ja
«Vielleicht ist der
Druck in Nidwalden
noch zu wenig
gross.»
ALFRED BOSSARD,
FINANZDIREKTOR
Beckenried
Buochs
Dallenwil
Emmetten
Ennetbürqen
Ennetmoos
Herqiswil
Oberdorf
Stans
Stansstad
Wolfenschiessen
Total
Stimmbeteiligung
278
471
154
92
382
141
514
259
650
350
119
3410
Nein
639
944
332
217
921
329
874
645
1706
833
328
7768
37,57%
Teilrevision
Mittelschu~esetz
Teilrevision
.Personalgesetz
(Ubergangsrente)
Ja
Ja
(Schulgeld ollegi)
368
651
225
141
575
195
642
380
885
490
192
4744
Nein
550
774
266
167
742
269
747
536
1511
695
268
6525
37,66%
539
861
311
182
840
288
909
536
1347
707
221
6741
Nein
377
556
175
127
479
176
480
371
1031
477
221
4470
37,58%
Teilrevision
Steuergesetz
(Fahrkostenabzug)
Ja
465
824
290
142
718
246
809
522
1504
631
232
6383
Nein
458
593
197
168
597
222
587
394
895
561
223
4895
37,65%
«Das ist ein
Zeichen, dass es so
nicht weitergehen
kan n.»
LEO AMSTUTZ,
PRÂSJDENT GRÜNE NIDWALDEN