136. Jahrgang Nr. 11 Dienstag, 9. Februar 2016 www.anzeigervonsaanen.ch Seite 8 «Grosse Erfolge brauchen mehr als nur Talent und Training» GSTAAD Mit diesem Slogan wirbt «Ski Pro Racing Gstaad» für Gönner. «Es wäre schade, junge, vielversprechende Talente aus finanziellen Gründen zu verlieren», betont Bruno Kernen, Präsident der Gönnerorganisation. Sie unterstützt Nachwuchstalente in den Bereichen Ski alpin, Langlauf und Skisprung. Immer wieder gab und gibt es Athleten aus dem Saanenland, die in verschiedenen Schneesport-Disziplinen – von Ski alpin über Langlauf bis Skispringen, Snowboard oder Skicross – national oder international zur Elite gehören. Damit Nachwuchssportler den Durchbruch schaffen, braucht es neben Talent und Training auch ein finanzielles Polster, sagt Bruno Kernen, Präsident der Gönnerorganisation «Ski Pro Racing Gstaad». Die Organisation wurde Mitte der 1980er-Jahre von Charles Werren, Kurt Glur und Willy Aellen gegründet, zu ei- ner Zeit, als Skirennfahrer wie Bruno Kernen, Patrick Staub oder Gusti Oehrli erfolgreich waren. Seit rund sechs Jahren engagieren sich die drei zusammen mit den ebenfalls erfolgreichen ehemaligen Schneesportlern Mike von Grünigen und Christian Hauswirth sowie weiteren Schneesportbegeisterten im Vorstand der Gönnerorganisation. «Den finanziellen Grundstein haben die Alpinen gelegt. Die Euphorie im Saanenland war damals dank den Erfolgen der Alpinen recht gross und die Spendengelder sind relativ grosszügig geflossen», blickt der heutige Kassier Patrick Staub mehr als 30 Jahre zurück. Seit Ende der 90er-Jahre ist es ruhiger geworden um die Organisation. «Die Strukturen haben sich verändert. Ski fahren ist teurer geworden, der Enthusiasmus eher geringer», sagt Bruno Kernen. «Es gibt uns noch» Auflösen oder weitermachen – mit die- ser Frage hat sich der Vorstand an seiner letzten Sitzung auseinandergesetzt und ist zum Schluss gekommen: «Wir machen weiter, wir wollen uns wieder verstärkt engagieren und unsere Organisation und unser Credo bei der Bevölkerung wieder in Erinnerung rufen», betonen die beiden ehemaligen Skicracks. «Grosse Erfolge brauchen mehr als nur Talent und Training. Das Leistungsniveau an der Spitze verlangt nach einer immer stärkeren Förderung auf den unteren Altersstufen», heisst es auf der Homepage. «Hatte ein 15-, 16-Jähriger in den 1980/90er-Jahren auch ohne Zugehörigkeit zu einem Regionalkader immer noch eine Chance, im Skizirkus mitzumachen, ist es heute in der Regel vorbei mit der Karriere, wenn du bis zu diesem Alter den Sprung nicht geschafft hast», erklärt Kernen. Zwischen 10 und 16 Jahren werde die Basis für eine erfolgreiche Laufbahn gelegt. Nebst grossem Willen, viel Ein- satz und Hilfe von fachkundigen Trainern brauche es vor allem auch moralische und finanzielle Unterstützung. «Es wäre schade, aus finanziellen Gründen junge, vielversprechende Talente zu verlieren.» Für den Schneesport-Nachwuchs Das Ziel der Gönnerorganisation hat sich in all den Jahren aber nicht verändert: «Wir möchten das Geld sinnvoll einsetzen. Wir möchten mithelfen, unseren Jungtalenten in den Bereichen Ski alpin, Langlauf und Skisprung mit finanzieller Hilfe noch bessere Trainingsbedingungen zu schaffen und in begründeten Fällen auch Athleten zu unterstützen», betonen die Vorstandsmitglieder. «Wer finanzielle Unterstützung braucht, kann einen Antrag stellen. Entscheidungsträger ist der Gesamtvorstand», erklärt Kernen. Die Alpinen hätten dank dem Regionalen Leistungszentrum RLZ zurzeit bessere Strukturen als etwa die Nordischen. «Früher war das Saanenland eine Skisprung-Hochburg. Wir hatten nicht nur Spitzenspringer, sondern Weltcupspringen, wo beispielsweise der Finne Matti Nykänen auf der Mattenschanze Rekorde gebrochen hat», erinnert Bruno Kernen. Patrick Staub ergänzt: «Unseren Nachwuchs-Skispringern fehlt momentan die Trainingsmöglichkeit in der Region, sie müssen unglaublich weite Wege in Kauf nehmen.» Keine Konkurrenz zum RLZ und zu Ski Future «Ski Pro Racing Gstaad» sei keine Konkurrenz zum RLZ oder dem geplanten Ski Future, im Gegenteil. «Wir arbeiten eng zusammen und davon profitiert der gesamte Schneesportnachwuchs», beANITA MOSER tont Bruno Kernen. Mehr Infos unter www.skiproracinggstaad Mit 200km/h ins Saanenland hinab SAANEN Am vergangenen Wochenende war Skydive Grenchen zu Besuch im Saanenland. Erfahrene Skydiverinnen und Skydiver sprangen aus schwindelerregenden Höhen aus dem Flugzeug über dem Saanenland. Ein Tandemsprung stand für mich auf dem Programm. KERSTIN BÜTSCHI Nach einem schönen Morgenrot wurde ich am Samstag um 9.30 Uhr auf dem Flugplatz Saanen von Skydive Grenchen für meinen ersten Tandemsprung erwartet. Der Verein Skydive Grenchen möchte mit diesem Wochenende nach über 20 Jahren wieder regelmässig ins Berner Oberland kommen. Die Organisatoren des Skydive-Events im Saanenland sehen im Berner Oberland eine gute Abwechslung zum nebligen und flachen Seeland und natürlich grundsätzlich andere Verhältnisse für neue Erfahrungen. Kurze Ausbildung vor dem Sprung Ein Tandem kurz nach dem Absprung im freien Fall. Oben der Tandempilot mit dem Rucksack, unten der Mitflieger in der ersten FOTO: ZVG Position Nach einer herzlichen Begrüssung erhielt ich eine kurze Ausbildung. Mein so genannter Tandempilot Roman Hersche erklärte mir einerseits die Sprung ausrüstung, andererseits die drei Positionen in der Luft. «Im Rucksack befinden sich der Haupt- und der Notfallschirm», erklärte Hersche. Der Notschirm kommt zum Zug, wenn sich der Hauptschirm während der Öffnung verwickelt. Am Gurtzeug befindet sich zudem ein elektronisches Öffnungsgerät, welches sämtliche Daten während der Sprungphase misst und – im Falle von Schwierigkeiten beim Springer – automatisch den Notfallschirm öffnet. Kurz nach dem Sprung wird zudem ein kleiner Bremsschirm geöffnet, welcher die Geschwindigkeit auf rund 200km/h reduziert. «Diese Vorkehrungen machen das Springen sicher», versicherte mir Roman Hersche. Neben einem Sprunganzug erhielt ich eine Schutzmütze sowie eine Brille und natürlich das «Gstältli». Danach übte ich die drei Positionen in der Luft. Die erste Position beginnt sitzend auf der Kante der Absprungtüre des Flugzeuges, den Kopf nach hinten auf die Schulter des Tandempiloten gelegt und beide Hände auf den Brustkorb platziert, den Rücken im Hohl- kreuz. Danach «liegt» man bäuchlings im Hohlkreuz in der Luft, die Arme vom Körper weggestreckt. Am Schluss werden für das Landen die Kniekehelen unterstützend durch die Arme ergriffen und die Beine im 90-Grad-Winkel vom Körper gestreckt, damit man auf dem Hinterteil landen kann, was aus verletzungstechnischen Gründen beim Tandem notwendig ist. Adrenalin pur Nach der kurzen Ausbildung galt es ernst und das Flugzeug war für die nächsten Springer bereit. Auf gut Auch für die erprobten Skydiverinnen und Skydiver waren die Sprünge im Saanenland etwas Neues. Zu den Organisatoren des Anlasses gehören: Philipp «Phil» Stuhlmann (Vierter von links), Michael «Wirzu» Wirz (Vierter von rechts), Präsident René «Rönz» Glücki (kniend links) und Adrian «Ädu» Glarner (kniend FOTOS: KERSTIN BÜTSCHI rechts). Im Flugzeug der Pilot Bruno Rychen 4500 m ü.M. war mein – grundsätzlich – mulmiges Gefühl in Flugzeugen und Höhen vergessen und ich bestaunte die weissen Berggipfel. Kurz vor dem ersten Skydiver wurde ich über zwei lasttragende und gesicherte Haken im Schulterbereich sowie zwei Gurte an den Hüften an meinen Tandempiloten festgemacht und erhielt die letzten Instruktionen – dann gings los! Auf der Türkante sitzend, die Beine in der Luft baumelnd, nahm ich die erste Position ein und mir wurde doch noch bewusst, was ich gleich tun würde – schien es doch lange Zeit surreal. Nur Sekunden In Montur mit meinem Tandempiloten Roman Hersche, kurz bevor das Flugzeug abhebt. später raste ich bäuchlings mit über 200 km/h auf das Saanenland zu. Nach kurzem Wackeln erhielt ich das Zeichen, dass ich die zweite Position einnehmen konnte, und streckte die Arme von mir. Auf rund 1200 m ü.M. und nach gut einer Minute freiem Fall öffnete Roman Hersche den Schirm und ich baumelte mit einem grossen Grinsen im Gesicht über dem Saanenland. Wir drehten ein paar Kreise und ich konnte aus der Vogelperspektive meine Orientierung zurückgewinnen. Da es ziemlich windig war, hatte mein Tandemparter einiges zu tun, während ich einfach genoss. Als mein Stichwort fiel, nahmen wir die Landeposition ein. Indem wir das Ziel leicht verfehlten, landeten wir ordnungsgemäss mit ausgestreckten Beinen auf unserem Hosenboden, doch nicht wie gewünscht auf dem Schnee, sondern auf der Landebahn. Unbeirrt davon, wurde ich von meinem Tandempiloten gelöst und konnte – noch leicht wackelig auf den Füssen – meine Montur ausziehen und alles einmal wirken lassen, war es doch einfach zu schnell gegangen! Acht bis zehn Sprünge Nach meinem Sprung war ich für den ersten Moment glücklich, wieder auf beiden Beinen auf dem Boden zu stehen und die anderen bei ihren Vor- und Nachbereitungen und Landungen zu beobachten. Der passionierte Skydiver Philipp «Phil» Stuhlmann erklärte mir, dass für erprobte Springer acht bis zehn Sprünge pro Tag normal seien, danach sei man jedoch meistens ziemlich erschöpft. «Das Skydiven ist psychisch anstrengend, man muss immer aufmerksam sein, denn man ist schliesslich für seinen eigenen ‹Hintern› zuständig», so Stuhlmann. Als ich mich kurz nach dem Mittag von den Skydiverinnen und Skydivern verabschiedete, waren die Pizzas fürs Mittagessen bestellt und die ersten Springer schon wieder in den Startlöchern für den nächsten Sprung – heisst es doch nicht umsonst: «Übung macht den Meister.» Noch am Nachmittag konnte ich von meinem Schreibtisch aus immer wieder Fallschirme im Landeanflug über dem Bergfuss des Cholisgrind erkennen. Ihrer Philosophie «Wir springen mit Herz, Verstand und Lebensfreude» ist sich Skydive Grenchen allemal treu geblieben und hat mir ein unvergessliches – wohl nicht einmaliges – Erlebnis beschert. www.skydivegrenchen.ch
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