Weinheimer Liste Haushaltsrede 2016

Haushaltsrede 2016
Haushaltsrede WeinheimerListe
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
nach einem Jahr Pause als „Haushaltsredner" hatte ich im Vorfeld auch
Ihrer Haushaltsrede angesichts der greifbar miesen Finanzsituation war das was neues, überraschendes und nur dem Flüchtlingsthema
geschuldet ?? - ernsthaft, nicht Spaßes halber, überlegt, eine frühere
Haushaltsrede aus WeinheimPlus Zeiten einfach nur etwas von den
Daten anzupassen: Es gab ja nichts Neues in Weinheim: Die Einnahmen
sprudeln weiter munter mit Gewerbesteuereinnahmen in nie zu
erwartender Höhe, so richtig bleibt aber zur Konsolidierung des
Haushaltes nichts übrig. Der Verwaltungsapparat wächst und gedeiht.
Ein Stellenplan mehr mit Wachstum. Wachstum klingt ja immer gut. Und
einmal mehr werden die Wartehallenprojekte auf die lange Bank
geschoben. Seit ich Stadtrat bin und schon lange zuvor, war das
Schieben
des
Schulneubaus
Haushaltsinstrument,
mit
dem
Albert
die
Schweizer
Schule
das
Genehmigungsfähigkeit
des
Haushaltes gerettet worden ist.
Herr Oberbürgermeister: Da war aber in diesem Jahr neu. Sie haben in
der Tat mit Ihrer Haushaltsrede 2016 - ich sage endlich - die Reißleine
gezogen. Ich hatte Ihnen unmittelbar danach und deshalb durchaus
spontan zugerufen, dass das für mich diesmal eine gute Haushaltsrede
war.
Das hätte allerdings schon viel früher geschehen müssen.
Ich möchte dazu eine von mir für die Haushaltsrede der WeinheimerListe
2015 vorgeschlagene, danach nicht übernommene Passage vorlesen,
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Haushaltsrede 2016
die als eingetretene Prognose für dieses Jahr passt. Ich hatte vor gut
einem Jahr das so formuliert:
„Die Stadt Weinheim gibt Gas“ war in den Weinheimer Nachrichten
im Kommentar zu unserer Diskussion im Hauptausschuss vor ein
paar Wochen zum Stellenplan zu lesen, den uns die Verwaltung
mit satten Erhöhungen präsentiert hatte. „Gas gegeben“, Herr
Oberbürgermeister, haben Sie auch bei der Präsentation des
Haushalts 2015 in Ihrer Haushaltsrede: Uns Stadträten haben Sie
vorgeworfen mit den für die nächsten Jahre beschlossenen
Investitionen, insbesondere im Sporthallenbau die finanziellen
Möglichkeiten der Stadt Weinheim nicht nur ausgereizt sondern
deutlich überfordert zu haben. Sie haben aufgezeigt, dass nicht nur
jetzt sondern noch deutlicher in den nächsten Jahren die
Einnahmen des Haushaltes bei Weitem nicht mehr die bereits
geplanten Ausgaben abdecken können.
Wir, der Gemeinderat, sind daran schuld, so müssen Sie
verstanden werden, Herr Oberbürgermeister und Sie haben für
diesen schweren Vorwurf
sogar
noch von
nicht
wenigen
Kolleginnen und Kollegen hier durchaus kräftigen Beifall erhalten.
Darin haben Sie sicher Recht gehabt, Herr Oberbürgermeister, wir
laufen kräftig in eine finanzielle Schieflage. Das Menetekel nicht
geplanter und mitten im Bau stehender Vorhaben steht für uns alle
sichtbar an der Wand, ehrgeizige Investitionen, für die uns
jedenfalls nach 2018 das Geld ausgehen wird. Ein Plan, der dieses
Szenario nicht eintreten lassen wird, haben Sie uns aber nicht
vorgelegt. Das sollen also wir Ehrenämtler im Gemeinderat richten.
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Haushaltsrede 2016
So einfach kann man das natürlich nicht sehen und die Stadträte
der
Weinheimer
Liste
haben
Ihnen
deshalb
nach
Ihrer
Haushaltsrede auch nicht zugeklatscht. Es waren doch Sie, Herr
Oberbürgermeister, der bewusst vor der Haushaltsdiskussion im
letzten Jahr und ohne Vorlage eines finanziellen Konzeptes hier im
Gemeinderat über die Forderung der Bürgerschaft nach Hallen in
Oberflockenbach, Hohensachsen und Lützelsachsen diskutieren
und entscheiden hat lassen. Es war doch die Verwaltung, Herr
Oberbürgermeister, die über Jahre hinweg einen Investitions- und
Versprechensstau hat anlaufen lassen. Die Schaffung eines
ehrgeizigen Kultur- und Schulzentrums in der Weststadt war dabei
nicht die Erfindung des Gemeinderates, sondern Ihr Lieblingsobjekt
für das – Hand auf´s Herz, Herr Oberbürgermeister – Sie lieber
jedes Sporthallenversprechen vergessen hätten.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, dass
die notwendigen Schnitte des Haushaltes 2016 bei vielen Bürger nicht
verstanden werden, anstelle von Zufriedenheit, Frust und Zorn gegen die
politischen Verantwortlichen getreten sind oder sich sogar gegen
diejenigen richten, die bei uns Zuflucht suchen: Das haben wir durchaus
allesamt hier im Hause mit zu verantworten. Wie – Entschuldigung für
das Wort - bescheuert war es denn, in 2013 die Projektdiskussion
getrennt vom Haushalt und der gemeinsamen Finanzierbarkeit aller
Hallen und eines hochtrabend Schul- und Kulturzentrums zu führen.
Auch von uns gegenüber dem Bürger verantwortungslos, die Hoffnungen
auf die Verwirklichung all dieser Projekte zu nähren anstatt nicht selbst
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Haushaltsrede 2016
die
Reißleine
zu
ziehen.
Es
war
auch
von
Ihnen,
Herr
Oberbürgermeister, genauso verantwortungslos, trotz Ihrer schon im
letzten Jahr vorhandenen Weitsicht einer finanziellen Schieflage nicht
mehr und insbesondere im eignen Stall zu bremsen. „Jetzt haben wir alle
den Salat“, hätte der Komiker Heinz Erhard gesagt.
1.
Als aller erstes ist es dabei für die WeinheimerListe besonders
wichtig,
dort
und
nachhaltig
anzusetzen,
wo
Sie
Herr
Oberbürgermeister noch immer nicht ran wollen. An ihren eigenen
Verwaltungsapparat, der größer und größer wird und Energien und
Ressourcen so zum bloßen Selbstverwalten verschlingt, die an
andere Stelle dann fehlen. Da war Ihre Haushaltsrede schlecht. Ich
möchte Ihnen heute das zurufen, was bereits im letzten Jahr in
meiner Haushaltsredenempfehlung gestanden hat:
Wir von der Weinheimer Liste sind schon für „Gas geben“,
aber anders.
Wir sind für
„Gas geben“ der Verwaltung im Bürokratieabbau;
„Gas geben“ in der Straffung der eigenen Ausgaben;
„Gas geben“ bei der Umsetzung des noch immer nicht
abgearbeiteten ARF-Gutachtens;
„Gas
geben“
im
Wiederbeleben
der
Haushaltsstrukturkommission;
Sie haben kein Gas gegeben, ich habe den Eindruck bei der
Umsetzung des ARF-Gutachtens haben Sie sogar kräftig auf die
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Haushaltsrede 2016
Bremse getreten Wir haben deshalb den Antrag eingebracht, eine
Verwaltungsstruktur Kommission einzusetzen, die eine so immer
kostenmindernde Straffung der Verwaltungstätigkeit zum Ziel hat.
2.
Herr
Oberbürgermeister:
Ihren
Stellenplan
2016
macht
die
WeinheimerListe nicht mit. Da wird weiter munter jeder Bedarf
erfasst, so kann das wirklich nicht weitergehen. Klar benötigen
Flüchtlinge und die Erziehungsaufgaben erweiterte Kapazitäten. Der
Bauhof und das Tourismusbüro aber nicht. Warum nicht da erst
einmal nach dem Umzug schauen, wie es mit der alten Mannschaft
läuft. Mal vorsichtig ausprobieren, wie die Frequenz am Sonntag
wirklich ist und eben mal an dem einen oder anderen Mittag zu
machen. 4 Stellen weniger mehr, das wird die Verwaltung nicht
lahmlegen.
3.
Die Reißleine ziehen heißt vor allem nichts mehr beschönigen. Das
heißt keine falschen Hoffnungen mehr verbreiten, das heißt dem
Bürger klar und deutlich zu sagen, was geht und was nicht. Sehr
geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin sicher, dass bei aller
Enttäuschung
über
vergangene
Hoffnungssetzung,
auch
in
Oberflockenbach und Lützelsachsen die Sach- und Finanzlage
verstanden wird, wenn wir diese transparent und ehrlich den
Bürgern
erläutern.
Es
ist
nicht
ehrlich,
wenn
Sie
mit
Restplanungsraten Hoffnungskrümel streuen, nur um vermeintlich
noch gut da zu stehen. Es kann hier in Weinheim beim Haushalt
2016
auch
nicht
um
Wählerstimmen
für
die
kommende
Landtagswahlen gehen. Es geht um Weinheim. Und das Deuten aus
anderen Fraktionen auf die WeinheimerListe: Die sind gegen die
Hallen Projekte ist populistisch und lenkt nur vom eigenen
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Haushaltsrede 2016
Unvermögen und der fehlenden Kreativität ab, mehr als nur Hallen
Luftschlösser zu malen.
4.
Für die WeinheimerListe gilt, Pflichtaufgaben vor freiwilligen
Aufgaben. Deshalb erst der unzweifelhaft schon seit vielen Jahren
notwendige Schulneubau. Deshalb kein Kulturzentrum und deshalb
- und ich sage hier bewusst nicht zunächst sondern genauso keine
Hallen in der bislang geplanten Kostengröße, die Weinheim so oder
so heute nicht und zukünftig erst nicht, also klar und deutlich
niemals stemmen kann.
5.
Ich bin enttäuscht vom fehlenden Willen der Verwaltung, selbst mit
geeigneten und durchaus möglichen Vorschlägen uns hier ein
Konzept vorzulegen, mit dem ohne Unterbruch und bis 2020 der
Neubau Albert- Schweitzer Schule steht. Ihre Energie, Herr
Oberbürgermeister und auch Herr Soballa, hätten Sie vorrangig
dieser Aufgabe widmen sollen, statt in die Anfertigung Ihres
kürzlichen Schreibens an die Gemeinderäte, mit dem Sie trotz
erheblichem
Gegenwind
im
Hauptausschuss
sich
an
Ihren
Stellenplanentwurf ohne jede Abstriche geklammert haben. Die
WeinheimerListe hat mit Ihren Anträgen dazu versucht, Wege
aufzuzeigen, wie eben doch Bauraten bereits in 2017 zur
Fertigstellung des Schulneubaues in 2020 finanzierbar dargestellt
werden können.
6.
Sehr geehrter Damen und Herren der Verwaltung, wer wie im
Haushaltsentwurf des Oberbürgermeisters für die Albert-Schweitzer
Schule Planungsraten 2016 und 2017 von sage und schreibe 3 Mio.
eingestellt hat, um dann mit Pause in 2018 vorgibt, in 2019 mit dem
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Haushaltsrede 2016
Bau beginnen zu wollen, der will das Schulprojekt ernsthaft nicht
verwirklichen. Es ist auch zutiefst unprofessionell, sich erst die
Taschen leerzuplanen, um dann mit einer ganz sicher auch von
neuen Schulbauvorschriften überholten Altplanung bauen zu wollen.
Da können sich dann nur die Wettbewerbsplaner über das schöne
Honorar freuen. Die Bürger Weinheims und insbesondere die Eltern
und deren Kinder nicht.
7.
Es ist genauso ein Zeichen fehlender Professionalität oder wenn
Ihnen diese Bewertung lieber ist, fehlender Transparenz und
Ehrlichkeit, jetzt noch ein Cent für die Fortplanung der Sporthallen in
Oberflockenbach und Lützelsachsen in 2016 anzusetzen. Mit
Richtung an die Bürger in diesen Ortteilen und auch persönlich an
unseren Ortschaftsrat und meinen Freund Wolfgang Bock sage ich
aber, dass die WeinheimerListe gerade mit der jetzigen Streichung
auch der Restplanungsraten gerade die Restchance erhalten will,
die Sporthallennotwendigkeiten auch in diesen Ortsteilen und zwar
nicht am Sankt Nimmerleinstag zu erfüllen. Es geht nämlich mit
einer anderen Planungskonzeption und ohne viele Abstriche von
den Ausstattungswünschen viel billiger und auch viel schneller als
mit
der
ad
Akta
zu
legenden
Großmanns
bzw.
viele
Millionenplanung der Vergangenheit.
8.
Man muss da nicht nur nach Birkenau und die dortigen Hallenkosten
schauen. Eine allen Ansprüchen genügende Halle muss nicht 4 – 5
Mio.
verschlingen.
In
ganz
Deutschland
sind
zahlreiche
Hallenneubauprojekte zu finden, die zum eben machbaren Preis von
1- 3 Millionen sogar als 2 Feld Hallen erstellt wurden und auch in
der Nutzung sowie ggf. unter Einbezug der Privatwirtschaft finanziert
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Haushaltsrede 2016
werden konnten. Wir haben mit Fachleuten gesprochen, uns von
diesen Hallenprojekte in solcher Dimension erläutern lassen. Für
Einzelheiten ist hier nicht der Platz. Wir sagen von der
WeinheimerListe „Ja“ zu den Hallen, da geht noch was.
9.
Unser Vorschlag an die Verwaltung und auch nach Lützelsachsen
und Oberflockenbach, aber auch was die Sporthalle Schulneubau
angeht: Die unrealistischen Überlegungen der Vergangenheit
herunterfahren, sich in 2016 auch mit Vertretern der Privatwirtschaft,
natürlich den Vereinen zusammensetzen und ein Gesamtkonzept
entwickeln, dass dann ab 2017 mit Haushaltsmitteln konkret
umgesetzt werden kann. Wir schlagen vor, deshalb auch die
Sporthalle Schulneubau vom Schulneubau zu separieren um ein
wirklich umsetzbares, was will heißen vor allem finanzierbares
Hallenkonzept für ganz Weinheim neu zu schaffen.
10. Es ist so und kann auch durch nichts wegdiskutiert werden. Trotz
durchaus hervorragender Einnahmen reichen diese, auch für einen
stark abgespeckten Haushalt nicht aus. Die WeinheimerListe wird
deshalb
die
von
der
Verwaltung
vorgeschlagenen
Steuererhöhungen allerdings nur dann mittragen, wenn in einer
Verwaltungsstrukturkommission ernsthaft an Kosteneinsparungen
im Verwaltungsapparat gearbeitet wird. Wir können unseren
Bürgern und unseren Gewerbebetrieben nicht noch mehr in die
Tasche greifen, wenn wir selbst nicht im eigenen Stadtunternehmen
ein Vorbild der Ausgabenstraffung geben.
Ich darf auf unsere Anträge auch zur gerechten Verteilung der
Kostenmehrbelastung verweisen.
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Haushaltsrede 2016
11. Last but not least, zum Abschluss meiner Haushaltsrede, das
Thema Flüchtlinge. Ich formuliere bewusst nicht Flüchtlingsproblem.
Wer alles als Problem begreift, schafft sich nur selbst Berge.
Manche
tun
dies
vielleicht
sogar
vorsätzlich,
um
die
als
unüberwindbar oder eben mit einem stolzen „Die schaffen wir"
bezeichnen zu können.
Es ist unfair und falsch, alte und teilweise schlichtweg auch
selbstverschuldete Strukturprobleme, wie hier in Weinheim, den
Anforderungen der Flüchtlingsaufnahme anzulasten. Der Haushalt
in Weinheim hing schon am seidenen Genehmigungsfaden, als ich
als noch WeinheimPlus Stadtrat meine erste Haushaltsrede halten
konnte. Wir haben jedes Jahr seit dem über Einnahmeerhöhungen,
Ausgabenverschiebungen
und
eine
fragliche
Genehmigungsfähigkeit hier debattiert. Der Sanierungsstau beim
städtischen
Immobilienbesitz
Sanierungsunfähigkeit
der
war
da,
genauso
Albert-Schweitzer
Schule
wie
die
und
die
Unmöglichkeit/ Unfähigkeit hier im Hause, das in den Griff zu
bekommen.
Wir
halten
es
auch
deshalb
für
richtig,
die
erforderliche
Wohnraumneuschaffung vom Haushalt abzukoppeln und in einen
Eigentrieb
einzustellen,
der
sich
zudem
mit
dem
sozialen
Wohnungsbau insgesamt befassen sollte.
Die Weinheimer Liste wird dem Haushalt 2016 zustimmen, wenn wir
darin belegen, nicht mehr herumeiern zu wollen, sondern nach und nach
jedes notwendige Projekt zielorientiert, real und transparent durchführen
und wir das so auch im Haushalt 2016 und der mittelfristigen
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Haushaltsrede 2016
Finanzplanung
abbilden.
Unsere
Zustimmung
zum
diesjährigen
Haushaltsentwurf hängt also im Wesentlichen davon ab, inwieweit
unsere Änderungsanträge im Haushalt 2016 ihren Niederschlag finden.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Dr. Michael Lehner
Fraktionssprecher WeinheimerListe
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