Kalte Tage im Advent

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NORDEN
Luxemburger Wort
Freitag, den 4. Dezember 2015
Im Mertziger Rathaus hängt der Haussegen schief
Kalte Tage im Advent
Bürgermeister Claude Staudt spricht mittlerweile offen von einer Vertrauenskrise im Schöffenrat
zung der Kommission in der
jüngsten Sitzung nun noch zwei
weitere Mitglieder der Familie in
dem Gremium gesessen. Das wäre
mit Blick auf die Interessenvertretung einfach ungesund für die
Balance gewesen“, so der Bürgermeister. Wie Schöffe Jos Clees betont, habe eines der Familienmitglieder sich inzwischen aber wieder zurückgezogen. Die Kandidatur sei wohl irrtümlich eingebracht worden, da sich zuvor niemand anders gemeldet hatte ...
VON JOHN LAMBERTY
Nachdem es in der jüngsten Ratssitzung ob der Neubesetzung der
Schulkommission zur offenen Konfrontation zwischen Bürgermeister
Claude Staudt und Schöffe Jos Clees
gekommen war, hängt der Haussegen im Mertziger Rathaus nun
offenbar mächtig schief. Die Einmütigkeit vergangener Tage scheint
jedoch schon seit geraumer Zeit ins
Wanken geraten zu sein. Bürgermeister Staudt spricht inzwischen
jedenfalls von einer Vertrauenskrise
innerhalb des Führungstrios.
Schöffe Jos Clees zeigt sich entrüstet. Während zehn Jahren hatte
er als Delegierter des Bürgermeisters das Mandat des Schulkommissionspräsidenten
ausgeübt,
nun wird Claude Staudt den ihm
gesetzlich zustehenden Vorsitz
selbst in die Hand nehmen, wie
dieser Tage nach einer hitzigen
Debatte im Gemeinderat beschlossen wurde.
Hadern um Vorsitz
in der Schulkommission
Für Jos Clees ein Affront, auch
wenn er dem Bürgermeister zuvor
selbst im Streit hingeworfen hatte,
„dass er den Posten doch selbst
ausüben solle“. Dies habe er zwar
im Eifer gesagt, eine formale
Demissionserklärung sei dies aber
nicht gewesen, so Clees. Zumal er
es gewesen sei, der sich in den vergangenen Jahren unermüdlich
dafür eingesetzt habe, Meinungsverschiedenheiten innerhalb des
Lehrpersonals wie auch zwischen
Wann in Mertzig die Budgetdebatten anstehen, ist derzeit im Rathaus noch offen.
Schule und Gemeinde zu glätten
bzw. den Dialog anzukurbeln, der
nicht zuletzt wegen persönlicher
Animositäten des Bürgermeisters
gelitten habe, wie er erklärt.
Ein buchstäbliches Zerrbild, das
mit der Realität rein gar nichts
gemein hat, meint dagegen Bürgermeister Claude Staudt. Nicht
nur sei die Kooperation zwischen
Gemeinde und Lehrpersonal generell stets korrekt und einver-
nehmlich verlaufen, nein, gerade
das Gebaren von Jos Clees habe
dieses Gleichgewicht zuletzt immer wieder unnötig unterminiert.
„Als Schulkommissionspräsident ist er wohl im Schöffenrat vehement für jedwedes Anliegen aus
der Schule eingetreten, die jeweiligen Standpunkte und Interessen
der Gemeinde hat er im Gegenzug
aber keineswegs mehr objektiv
vertreten“, sagt Staudt. Abgesehen
(FOTO: JOHN LAMBERTY)
von den unberechtigten Verwirrungen, die dies bisweilen mit sich
gebracht habe, wolle er den Schulkommissionsvorsitz – nach dem
dem Schöffenrat hingeschleuderten „Rückzug“ von Jos Clees – aber
auch deshalb ausüben, um die ohnehin delikate Zusammensetzung
derselben auszutarieren, so der
Bürgermeister.
„Neben dem Vorsitzenden Jos
Clees hätten nach der Neubeset-
Schwierige Zusammenarbeit
im Schöffenrat
Wie dem auch sei, für Bürgermeister Claude Staudt und Schöffe Amaro Garcia liegt dem Scharmützel um den Schulkommissionsvorsitz ohnehin eine inzwischen tiefer liegende Vertrauenskrise im Schöffenrat zugrunde, in
dem die Kooperation mit dem Kollegen Jos Clees schon seit geraumer Zeit schwieriger geworden sei.
So seien immer wieder Einzelheiten vertraulicher Beratungen
aus dem Schöffenrat in die Öffentlichkeit gelangt – und dies nur
allzu oft in verquerer Form. Und
auch die Präsenz bei der Bewältigung wichtiger Dossiers habe zuletzt zu wünschen übrig gelassen.
Vorwürfe, gegen die sich Schöffe
Jos Clees wiederum entschieden
verwahrt.
Der Gemeinde Mertzig stehen
auf politischer Ebene damit wohl
kalte Adventstage ins Haus.
Außer sie würden wundersamerweise doch noch zu Tagen der
Besinnung werden ...
„Integration heißt Perspektiven eröffnen“
Regierungsmitglieder informieren vor gerade mal 30 Zuhörern über geplantes Flüchtlingszentrum am Herrenberg
Diekirch. Gerade mal 30 Zuhörer
hatten sich am Mittwochabend in
der Hotelschule eingefunden, um
den Ausführungen der Minister
François Bausch, Corinne Cahen
und Claude Meisch zu den geplanten Unterkünften für voraussichtlich 300 Flüchtlinge am
Diekircher Herrenberg zu folgen.
Vielleicht lag es ja auch daran,
dass – als Teil der Prozedur zur
Einleitung eines „Plan d'occupation du sol“ (POS) – dabei eigentlich die notwendige Zweckzuweisung für das entsprechende Areal
gegenüber der Armeekaserne im
Fokus stand. In der Tat können die
Bürger diese Pläne noch bis zum
23. Dezember einsehen und bis
zum 6. Januar gegebenenfalls Stellung nehmen.
„Aufnahmestruktur ist nur
eine Einrichtung auf Zeit“
Das Interesse des Publikums galt
dennoch vielmehr der Unterbringung, der Beschäftigung und der
Integration der Flüchtlinge, die zu
einem noch nicht klar definierten
Zeitpunkt am Herrenberg untergebracht werden und dort über
mehrere Monate bleiben sollen, bis
über ihren Asylantrag entschieden
ist und sie anderswo im Lande in
eine feste Wohnstruktur umziehen können.
Die Erstaufnahmestätte am
Herrenberg, die – wie François
Bausch gleich mehrfach betonte –
nur eine Einrichtung auf Zeit sein
wird, soll aus zwei großen, aber
separat unterteilten Wohnblöcken
sowie einem größeren Gemeinschaftsgebäude mit Refektorium,
Unterrichtssälen und Büros bestehen. Die Verwaltung des Areals
liegt in den Händen der „Caritas“,
die auch die Betreuung durch Er-
zieher, Fachkräfte aus dem sozialen und medizinischen Bereich
oder auch durch Übersetzer und
Vermittler regelt.
Zur Gewährleistung der Sicherheit sind zudem Ordnungskräfte
Diese Simulation aus dem Nachhaltigkeitsministerium soll eine Vorstellung davon geben, wie die Flüchtlingsunterkünfte gegenüber dem Haupteingang zur Militärkaserne am Herrenberg aussehen könnten. Die exakten
Pläne werden allerdings erst noch erarbeitet.
(QUELLE: MINISTERIUM FÜR NACHHALTIGKEIT UND INFRASTRUKTUREN)
vor Ort. Die Kosten für Bau und
Verwaltung der Struktur werden
integral vom Staat getragen.
Bildungsminister Claude Meisch
hob besonders Schule und Vereine als zentrale Integrationsfaktoren hervor, weshalb man den Kindern und Jugendlichen bereits im
Aufnahmezentrum Sprachunterricht geben werde, damit sie im
Bleibefall später möglichst gut in
das nationale Schulsystem wechseln könnten. Letzteres könne die
Aufnahme der zusätzlichen Kinder mit Blick auf die Kapazitäten
durchaus schultern, so Meisch. Da
diese jedoch einer intensiveren
Betreuung bedürften, werde der
Staat für alle zusätzlich benötigten Ressourcen sorgen.
Bildung und Freizeit
als zentrale Integrationsfaktoren
Seitens der Zuhörer gab es am
Mittwoch keine wesentlichen Einwände gegen die Pläne, auch wenn
manch kritische Anmerkung
natürlich nicht ausblieb. Etwa die,
dass der Staat prozedurale Hürden offenbar im Notfall recht zügig zu überwinden wisse oder dass
andere EU-Staaten sich ihrer solidarischen Pflichten einfach entziehen, während einige andere
Länder den Flüchtlingsstrom
allein bewältigen dürften ...
(jl)