Rede - Stadt Waldkirch

Rede von Oberbürgermeister Richard Leibinger
zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde
an Hugo Eisele, Altbürgermeister
am 9. Mai 2015 im Elztalmuseum
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Sehr geehrter, lieber Hugo Eisele,
Wir haben uns heute aus einem wahrlich nicht alltäglichen Anlass in unserem schönen
Barocksaal versammelt. Die überaus zahlreiche Teilnahme an der heutigen Feierstunde ist
mehr als gerechtfertigt. Deshalb freue ich mich sehr, Sie alle hier herzlich begrüßen zu
dürfen.
Ein besonderer Willkommensgruß gilt dir, lieber Hugo Eisele, und deinen Angehörigen,
deinen beiden Töchtern und deinem Sohn und ihren Familien. Deine liebe Frau Thekla kann
krankheitsbedingt leider nicht anwesend sein.
Es ist mir eine sehr große Freude, dir als meinem direkten Amtsvorgänger heute die
Ehrenbürgerwürde der Stadt Waldkirch zu verleihen. Damit kommt zur langen Liste deiner
bisherigen Ehrungen eine dazu, die dich hoffentlich mit Stolz und Freude erfüllt. Du bist ja
unter anderem Träger des Eisernen Kreuzes, des Ehrenrings der Stadt Waldkirch, der
Großen Sparkassenmedaille in Gold, der Goldenen Ehrennadel der Bürgerwehr Waldkirch,
der Arbeiterwohlfahrt Baden, des ADAC, der DLRG, der Olympischen Gesellschaft und des
VdK-Landesverbandes. Und das sind noch nicht alle Ehrungen, die dir zuteilwurden. Man
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sieht daran, dass du dich nicht nur um die Stadt Waldkirch verdient gemacht hast, sondern
deine Fähigkeiten und Talente an vielen anderen Stellen ehrenamtlich treu eingebracht hast,
in vielen Vereinen und Verbänden.
Wir machen dir die Ehrenbürgerwürde fast punktgenau an deinem 90. Geburtstag zum
Geschenk, den du vor drei Tagen gefeiert hast. Dazu wünsche ich dir hier sozusagen offiziell
und öffentlich noch einmal von Herzen alles Gute, vor allem eine unter den gegebenen
Bedingungen stabile Gesundheit und viel Freude im neuen Lebensjahr.
Die heutige Ehrung soll dir, wenn auch nur symbolisch, etwas von dem zurückgeben, was du
für unser Gemeinwesen geleistet hast. Der Gemeinderat hat diese Ehrung beschlossen. Wie
groß und aufrichtig gemeint diese Anerkennung ist, zeigt sich nicht zuletzt an der großen
Zahl der Gäste, die heute gekommen sind. Wir alle drücken damit aus, dass heute eine
Persönlichkeit gewürdigt wird, die sich für unser Gemeinwesen und die Menschen, die hier
wohnen, große Verdienste erworben hat.
Die Ehrenbürgerwürde ist die höchste Auszeichnung, die der Gemeinderat verleihen kann.
Bürger einer Stadt sein zu dürfen, war in früheren Jahrhunderten nicht selbstverständlich.
Nicht von ungefähr galt der Spruch "Stadtluft macht frei". Sich als Ehrenbürger bezeichnen
zu dürfen, ist eine ganz besondere Hervorhebung und Würdigung einer Persönlichkeit.
Du bist ein echtes Freiburger Bobbele, hast in Freiburg die Grundschule besucht und die
ersten beiden Gymnasialjahre am berühmten "BG", dem Berthold-Gymnasium, absolviert.
Ein Umzug nach Uelzen in Niedersachsen hat dich an die dortige Oberschule gebracht, die
du im April 1943 verlassen musstest, weil du für vier Monate zum Reichsarbeitsdienst
abkommandiert wurdest. Von August 1943 bis zum Kriegsende hast du deinen Militärdienst
in Russland geleistet. Du warst 18 Jahre alt, als du eingezogen wurdest, und 20 Jahre alt,
als der Krieg endete. Du wurdest als Leutnant der Reserve entlassen. Dieser Ersatz der
Schulbank durch den Einsatz an der Front bedeutet in deiner Biografie fraglos einen harten
Einschnitt. Die meisten von uns können sich wohl nur ein sehr unvollständiges Bild von
diesen Jahren machen. Nach dem Krieg warst du ein gutes Jahr landwirtschaftlicher
Lehrling auf einem niedersächsischen Gutshof, hast dann in einem sechsmonatigen
Lehrgang das Abitur nachgeholt und 1947 das Studium der Rechtswissenschaften in
Freiburg aufgenommen. Nach deinem zweiten juristischen Staatsexamen hast du ein Jahr
als Anwaltsassessor in Freiburg gearbeitet und warst dann gut 13 Jahre bei der Stadt Singen
am Hohentwiel tätig und bist dabei vom Stadtrechtsrat zum Stadtverwaltungsdirektor
aufgestiegen.
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Am 2. Januar 1970 hast du das Amt des Bürgermeisters von Waldkirch angetreten. Die Stadt
umfasste damals das Gebiet der heutigen Stadt ohne die vier Stadtteile. 1971 wurde
Suggental, 1973 Siensbach eingemeindet, und vom 17. Juli 1975 an warst du bis zum 16.
Mai 1983 Bürgermeister der Gesamtstadt Waldkirch, nachdem 1975 im Zuge der
Gemeindereform Buchholz und Kollnau eingemeindet worden waren. Du warst also nach gut
13 Jahren in Singen wiederum gut 13 Jahre in Waldkirch tätig und hast in deinen zwei
Amtszeiten manches auf den Weg gebracht.
Bevor ich darauf näher eingehe, möchte ich noch ein Wort zu deiner Familie sagen, die dein
Amt als Bürgermeister der Stadt mitgetragen hat. Du hast 1956 deine liebe Thekla
geheiratet, die leider sehr krank ist und für die du aufopferungsvoll sorgst. Ihr habt drei
Kinder, zwei Töchter und einen Sohn, die heute natürlich da sind. Sechs Enkel bereichern
dein Leben. Ohne den Rückhalt in deiner Familie und ohne ihre Unterstützung hättest du
dein Amt in der Stadt Waldkirch so nicht ausüben können.
In den 13 Jahren deines Wirkens in Waldkirch hat die Stadt ihr Gesicht maßgeblich
verändert. Man müsste jetzt eigentlich Fotos einblenden, wie die Stadt bei deinem
Amtsantritt 1970 aussah. Das wäre sicherlich sehr interessant, würde aber den Rahmen
dieser Veranstaltung sprengen. Deshalb bitte ich Sie alle, Ihre Phantasie ein wenig
anzustrengen. Stellen Sie sich Waldkirch ohne das erweiterte Wohngebiet Wisserswand,
ohne die Wohnbebauung und die Kleingärten in der Fischermatte, ohne die Bebauung in der
Sägematte, also zum Beispiel ohne das Rettungszentrum, ohne die Wohnbebauung am
Bleichacker, in den Ziegelhöfen, am Hagenbuchacker und in der Breitmatte, also oberhalb
vom Friedhof, vor.
Stellen Sie sich Kollnau ohne die Neuen Häuser vor, Siensbach ohne Bebauung im Gebiet
Niederfeld-West und Sandweg, und denken Sie sich Batzenhäusle ohne die Bebauung im
westlichen Teil, d.h. an der Halde, in der Rappeneckstraße und im Spitalacker.
In der Einfallsstraße nach WaIdkirch müssen Sie sich die Peguform im Gebiet Mauermatten
und die Firma Sick am heutigen Standort wegdenken.
Aber auch an vielen anderen Stellen in der Stadt hat sich unter deiner Ägide viel verändert.
Das Eglau und der Stiftsbezirk wurden saniert. Das bedeutete unter anderem den Umbau
des Progymnasiums zum heutigen Elztalmuseum und die Neugestaltung des Kirchplatzes.
Die Innenstadtsanierung begann in deiner Amtszeit. Das Gymnasium, die Realschule
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Kollnau und die Schule in Buchholz und fast alle Turn- und Festhallen wurden erweitert. Das
Bürgerhaus wurde eingerichtet, der Kindergarten Windmühle, der Kollnauer Kindergarten
und das Feuerwehrhaus Suggental wurden gebaut, das Altenwohnheim St. Nikolai wurde
eingerichtet, das Kollnauer Rathaus umgebaut, und mit dem Rathausumbau und dem Bau
des Rettungszentrums wurde begonnen.
Wer erinnert sich noch an den Müllplatz am Bruckwald? Er wurde zur Erholungsanlage
umgebaut und beherbergt heute ja eine soziale Einrichtung. Die gesamte Wasserver- und
entsorgung wurde in deiner Amtszeit umgebaut und die entsprechenden Behälter gebaut.
Außerdem fielen, wie schon erwähnt, in deine Amtszeit die Eingemeindung von Suggental
und Siensbach und die Gemeindereform. Das hat viel Arbeit für die Verwaltung bedeutet.
Aber du hast nicht nur als Bürgermeister viel geleistet. Du warst und bist in vielen Vereinen
aktiv. Das begann schon früh. Du warst Gruppenleiter bei der Katholischen Jugend,
Gründungsmitglied des Bunds Europäischer Jugend, warst Mitglied der Jungen Union und
bist mit 25 Jahren in die CDU eingetreten. Du hattest dich in Singen verschiedentlich
engagiert, kein Vergleich aber zur Fülle der Ämter, die du in Waldkirch übernommen hast:
Alle kann ich hier nicht aufzählen. Du warst 18 Jahre Kreisrat und erster Stellvertreter des
Landrats als Kreistagsvorsitzender. Du warst viele Jahre stellvertretender Vorsitzender des
Abwasserverbands Breisgauer Buch und des Wasserversorgungsverbands Mauracher Berg.
Du warst während deiner gesamten Amtszeit Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse
Elztal und Mitglied in weiteren Verwaltungsräten, Vorsitzender des Stiftungsrats des St.
Nikolaispitalfonds. Du warst Vorsitzender des Sprengels Süd im Städtetag. Von 1984 bis
1991 warst du Vorsitzender des Auto- und Motorradclubs Elztal im ADAC, von 1983 bis 1989
Präsident der Stadtmusik, sechs Jahre Vorsitzender der Senioren-Union, nämlich von 1994
bis 2000, und du kannst ganz offensichtlich ausgezeichnet rechnen, denn du warst sieben
Jahre Rechnungsführer im Altenwerk, fünf Jahre Rechnungsführer der Kreis-Senioren-Union
und viele Jahre Rechnungsprüfer des Kreis-Seniorenrats, der Seniorenunion und des Cercle
Franco-Allemand. Die eingangs erwähnten Ehrungen der Vereine und Verbände zeigen ja
auch deutlich, wie vielfältig dein Engagement war.
Schließlich hast du zwischen 1990 und 1992 beim Aufbau Ost geholfen. Du warst damals 65
Jahre, warst also in einem Alter, in dem andere ihren Ruhestand genießen. In den Kreisen
Chemnitz und Annaberg hast du beim Aufbau der Kreis- und Kommunalverwaltungen
geholfen und dafür natürlich mehrere Monate dort gelebt.
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Deine persönlichen Wertvorstellungen, die du mit deinem Einsatz verwirklicht hast, haben
dazu beigetragen, unsere Gesellschaft menschlicher zu machen. Sie haben Eigensinn in
Gemeinsinn verwandelt. Diese Werte stärken die Verantwortung für das Zusammenleben.
Dein Einsatz hat viel Kraft erfordert. Deine Kraftquelle war sicherlich deine Familie, aber
auch dein christlicher Glaube – du bist ein aktiver Kirchgänger – und dein Freundeskreis.
Noch ein persönliches Wort. Als ich in deine großen Fußstapfen trat, hast du dich vorbildlich
verhalten. Du hast dich nie in meine Arbeit eingemischt, obwohl du sicher nicht immer
einverstanden mit meinen Entscheidungen und meiner Vorgehensweise warst. Davor hatte
und habe ich große Hochachtung. Unvergessen ist mir auch deine Warnung vor den
sogenannten "Funktionsfreunden", also vor Menschen, die einem nur die Stange halten,
solange man eine bestimmte Funktion innehat. Deine Warnung hat mich in den 32 Jahren
meiner Amtszeit, die ja bald zu Ende geht, immer begleitet, und sie hat sich geradezu als
"prophetisches Wort" erwiesen.
Der Dank für dein vielfältiges Wirken in unserer Stadt, lieber Hugo, wird für alle sichtbar mit
der Übergabe der Ehrenbürgerurkunde ausgedrückt. In ihr wird dein Wirken mit den
folgenden Worten gewürdigt:
Ich schließe meinen persönlichen Dank und meine herzlichen Glückwünsche zu dieser
hohen Ehrung an.
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