PA schere.schnitt.papier

Presseinformation, 3. September 2015
Presse-Information
schere.schnitt.papier.
Liane Presich-Petuelli & Gäste
3. September – 15. November 2015| Landesgalerie Burgenland | Projektraum
Seit den 1990er-Jahren lässt sich in der internationalen Gegenwartskunst ein erneutes Interesse
am Scherenschnitt beobachten. Viele KünstlerInnen entdecken durch einen experimentellen
Umgang die alte Technik des Scherenschnitts neu. Die gebürtige Eisenstädterin Liane PresichPetuelli, der der Schwerpunkt der Werkschau gewidmet ist, begann bereits nach dem Krieg mit
ersten Scherenschnittarbeiten. Ihren Arbeiten soll eine Auswahl junger KünstlerInnen der
Wiener Galerie Ulrike Hrobsky gegenübergestellt werden.
Papier ist ein stark unterschätztes Material. Wenn wir es heute wahrnehmen, dann auch um seine
Sinnhaftigkeit zu diskutieren – etwa dort, wo wir Plastiktüten durch papierene ersetzen wollen oder um das
papierlose Büro der Zukunft einzumahnen. Dass mit der Papierherstellung vor 5000 Jahren im Reich der Mitte
nicht nur ein kostbares Material gefunden wurde, sondern auch ein überaus faszinierendes, ist uns im Alltag
jedoch viel zu selten bewusst.
Künstlerinnen und Künstler haben dieses Material da schon eher zu schätzen gewusst: In der Kunst spielt
Papier bis heute eine ganz entscheidende Rolle, es bietet die Grundlage von Entwürfen und Zeichnungen,
Abzüge von Druckgrafiken nimmt es bereitwillig auf, für Collagen ist es ein unermesslicher Fundus von
Schnittvorlagen.
Der Scherenschnitt als künstlerisches Medium beginnt seine Reise zu uns mit der Neuzeit, er gelangt über die
aus Bali, Indien und dem Vorderen Orient bekannten Schattenspiele im 17. Jahrhundert nach Europa, im 18.
Jahrhundert wird er dort zum hochmodischen Vergnügen bei Hofe, das später vom Bürgertum bereitwillig in
die Häuslichkeit des Biedermeiers übernommen wird. Am Beginn des 20. Jahrhunderts droht seine Faszination
durch ein anderes Medium abgelöst zu werden – die Photographie (damals noch „Ph“ geschrieben und nicht
mit “F“). Gerade aber durch diese technische Neuerung scheint ihm innerhalb der Kunst eine erste große
Renaissance zu widerfahren: So entdecken ihn die Wiener Werkstätten und Jugendstilkünstler wieder neu für
Illustrationen, Kubisten und Dadaisten beziehen ihn in ihre Collagen mit ein, und mit dem Spätwerk von Henri
Matisse erlebt er eine ungeheure Beachtung und Wertschätzung.
Und dennoch bleibt: Papier ist ein unterschätztes Material. Immer noch. Gerne delegiert man künstlerische
Papierarbeiten in den Bereich des Kunstgewerblichen und des wenig Beachteten.
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Umso mehr freuen wir uns, mit der Ausstellung „schere.schnitt.papier.“ im Projektraum der Landesgalerie
Burgenland einen Gegenbeweis zeigen zu dürfen: Die 1925 geborene Liane Presich-Petuelli hat sich seit
jungen Mädchenjahren mit dem Scherenschnitt beschäftigt und seither ein unglaublich umfassendes Werk
geschaffen. In den Kriegsjahren, als auch Henri Matisse mit seinen Papierschnitten begann, schenkt PresichPetuelli ihre ersten Schnitte ihrer Mutter. Zuerst sind es sehr florale, fließende Arbeiten, und zunächst stark
von märchenhaften Motiven inspiriert. Es folgt eine Vielzahl von Illustrationen zu Sagen und vor allem auch
aus der Begegnung mit der Dichtung, nicht nur in Schwarz-Weiß-Technik sondern auch in farbigen
Schnitttechniken. Die Künstlerin lässt Schere und Papier seither nicht mehr los. Sie hat zur Musik ebenso
bildnerische Werke geschaffen wie bislang kaum gezeigte Abstraktionen.
Dass sie von der Kritik gerne als eine „Botschafterin des Scherenschnitts“ genannt wird, freut und ehrt sie,
noch mehr allerdings freut sie heute die Begegnung mit einer jüngeren Generation von PapierkünstlerInnen
und der Dialog mit deren Arbeiten: Birgit Knoechl, Katharina Meister, Stefan Saffer, Silvia Schreiber, Reinhard
Wöllmer und Tilmann Zahn schneiden aus, reißen heraus, lassen stehen, kleben zusammen. Jeder und jede
auf seine und ihre Weise: Birgit Knoechls lineare, pflanzliche Formen erobern wuchernd den Raum und in
Katharina Meisters düsteren Installationen fügen sich Papierschnitte, Zeichnungen und Fundstücke zu einem
irritierenden und fast märchenhaften Bildraum zusammen. Stefan Saffers Arbeiten drehen sich um die
Leerstelle, um das Ausgeschnittene, um das Weggelassene und in Reinhard Wöllmers kreisrunden
Papierobjekten von hintereinander geschichteten Papieren wird farbiges Licht räumlich sichtbar. Silvia
Schreibers großformatiger Papierschnitt montiert ihre Figurationen zu raumbezogenen Installationen und
Tilmann Zahn schließlich reißt und perforiert in akribischer Genauigkeit Papierbögen, die er vorher mit Graphit
und Schmieröl getränkt hat, bis sie an archäologische Fragmente unserer industriellen Geschichte erinnern.
Die Ausstellung erfolgt in Kooperation mit der Galerie Hrobsky in Wien. Die 1993 gegründete hat einen ihrer
Schwerpunkte auf Papierarbeiten, vorwiegend junger, österreichischer KünstlerInnen gelegt.
Kuratoren: Michael Weese und Ulrike Jakob
Öffnungszeiten
Di – Sa 9:00 – 17:00 Uhr
So & Feiertag 10:00 – 17:00 Uhr
Eintritt frei!
Landesgalerie Burgenland | Projektraum
Esterházyplatz 5 (vis á vis Schloss Esterházy) | A-7000 Eisenstadt
Tel. +43-2682-719-5500 | Fax DW 5551
[email protected]
www.landesgalerie-burgenland.at
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