Asylbewerber packen mit an

Mittwoch, 10.06.2015
Asylbewerber packen mit an
In Bannewitz leben zehn Flüchtlinge. Damit sie sich in der
Gemeinde einleben, helfen sie im Bauhof mit.
Von Andrea Schawe
Die Brüder Jovica (l.) und Danilo Stojko pinseln Rostschutz auf den Eisenbahnwaggon an der
Windmühlenstraße. Foto: Andreas Weihs
© andreas weihs
Der alte Waggon sieht fast aus wie neu. Das Fahrgestell ist frisch gestrichen, fehlen nur noch
die roten Fensterrahmen. Der Waggon, der auf der alten Bahntrasse kurz vor dem ehemaligen
Bannewitzer Bahnhof am Windmühlenweg steht, wurde mühevoll restauriert. „Das Gestell
musste entrostet werden“, sagt Daniel Walde, der Chef des Bannewitzer Bauhofs. Das ist
aufwendig und funktioniert nur in Kleinarbeit – mit Drahtbürste und Nadelpistole. „Für solche
Arbeiten haben wir eigentlich keine Zeit“, sagt Walde.
Doch seit Kurzem hat der Bauhof Unterstützung. Danilo und Jovica Stojko gehören zu der
Großfamilie aus Serbien, die seit Anfang April als Asylbewerber in Possendorf untergebracht
sind. Beide haben an dem Waggon gearbeitet, ihn entrostet, dann Rostschutz aufgetragen und
gestrichen. „Tagelang sahen sie aus, als würden sie in einem Kohlekraftwerk arbeiten, so
schwarz waren ihre Gesichter vom Rost“, erzählt Walde.
Die Serben arbeiten jeden Tag fünf Stunden beim Bauhof, auch ihr Vater hilft mit. „Sie
erledigen die Dinge, zu denen wir nicht kommen“, sagt Daniel Walde. Unkraut jäten,
Grünflächen pflegen – Aufgaben, die in der ländlichen Gegend anfallen, zu denen die
Gemeinde aber nicht verpflichtet ist. Die jungen Männer sind dankbar und freuen sich
darüber, dass sie helfen können. „Die Arbeit ist gut“, sagt der 21-jährige Jovica. In Serbien
hatten er und der 23-jährige Danilo nichts zu tun. „Es gibt einfach nichts.“
Die Familie hat selbst bei der Gemeinde angefragt, ob es möglich ist, mitzuarbeiten. „Und ob
sie Deutsch lernen können“, sagt die Bannewitzer Ordnungsamtschefin Sylvia Stiller. Die
Gemeinde fand die Idee gut. Andere Kommunen haben damit schon viele Erfahrungen
gemacht, einige beschäftigen Asylbewerber in gemeinnützigen Einrichtungen. „Nur dasitzen
und Langweile haben, macht Menschen unglücklich“, sagt Sylvia Stiller. „Die Menschen
wollen Beschäftigung.“
Nach dem Gesetz dürfen Asylbewerber in den Einrichtungen, in denen sie leben oder bei
staatlichen, kommunalen oder gemeinnützigen Trägern arbeiten, unter anderem bei Kirchen
und Vereinen. Sie bekommen eine Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro pro Stunde. Die
Tätigkeit ersetzt aber kein reguläres Beschäftigungsverhältnis. „Wir stellen nicht drei
Asylbewerber für einen regulären Mitarbeiter ein“, sagt Stiller und versucht Vorurteile zu
entkräften. Asylbewerber dürfen in den ersten drei Monaten auch keine Erwerbstätigkeit
ausüben.
Der Bannewitzer Bauhofchef ist mit seinen neuen Mitarbeitern zufrieden. „Es läuft super“,
sagt er. „Die beiden sind sehr arbeitsam und helfen, wo sie können.“ Nur die Verständigung
ist manchmal schwierig. Weil die Serben gerade Deutsch lernen, nur wenig verstehen und
kaum Englisch sprechen, müssen manchmal Hände und Füße herhalten. „Mit Daumen hoch
und Daumen runter geht es“, sagt Danilo. „Das versteht der Boss.“