Lohnsteuer-Erstattung – Dipl.-Vw., Dipl. Fw. Marcus Spahn, Christoph Fleige – TK Lexikon Sozialversicherung – 14. Dezember 2015 Lohnsteuer-Erstattung Zusammenfassung HI630634 LI1928097 Begriff Die Lohnsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommensteuer, die als Quellensteuer von den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit einbehalten wird. Gründe für zu viel einbehaltene Lohnsteuer können z. B. fehlerhafte ELStAM oder eine falsche Lohnabrechnung sein. Eine Lohnsteuer-Erstattung durch den Arbeitgeber kann durch eine Änderung des Lohnsteuerabzugs erfolgen oder im Rahmen des Lohnsteuer-Jahresausgleichs. Alternativ bzw. ergänzend kann zu viel gezahlte Lohnsteuer im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers erstattet werden. Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung Lohnsteuer: Der Arbeitgeber ist nach § 41c Abs. 1 Nr. 2 EStG berechtigt, den Lohnsteuerabzug zu ändern und zu viel erhobene Lohnsteuer zu erstatten. Der Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber ist in § 42b EStG geregelt. Das Recht jedes Arbeitnehmers, eine Einkommensteuerveranlagung zu beantragen, ergibt sich aus § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG (sog. Antragsveranlagung). Sozialversicherung: Gesetzliche Grundlagen zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt sind in § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV geregelt. Die beitragsrechtliche Behandlung von Lohnsteuerrückerstattungen aufgrund einer nachträglichen Pauschalversteuerung ist in dem Besprechungsergebnis v. 26./27.3.2003 der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung geregelt. Lohnsteuer HI632111 1 Erstattung durch Arbeitgeber an Arbeitnehmer HI632113 Der Arbeitgeber ist berechtigt – aber nicht verpflichtet – für bereits abgelaufene Lohnzahlungszeiträume dem Arbeitnehmer die zu viel erhobene Lohnsteuer zu erstatten. Dies gilt, wenn ihm elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) zum Abruf zur Verfügung gestellt werden oder der Mitarbeiter ihm eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug mit Eintragungen vorlegt, die auf einen Zeitpunkt vor Abruf der ELStAM oder vor Vorlage der Bescheinigung zurückwirken. [ 1 ] Der Arbeitgeber ist außerdem zur Erstattung zu viel erhobener Lohnsteuer berechtigt, wenn er erkennt, dass er die Lohnsteuer bisher nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. Dies gilt auch bei rückwirkender Gesetzesänderung. [ 2 ] Die zu erstattende Lohnsteuer ist mit dem Betrag zu verrechnen, den der Arbeitgeber insgesamt für seine Mitarbeiter an Lohnsteuer einbehält oder übernimmt. Kann die Lohnsteuer-Erstattung aus diesem Betrag nicht gedeckt werden, wird der Fehlbetrag dem Arbeitgeber auf Antrag vom Betriebsstättenfinanzamt ersetzt. [ 3 ] Änderungen nach Ablauf des Kalenderjahres Nach Ablauf des Kalenderjahres ist eine Lohnsteuer-Erstattung durch den Arbeitgeber nur noch im Wege des LohnsteuerJahresausgleichs zulässig. Den Erstattungsbetrag ermittelt der Arbeitgeber durch Vergleich der Jahreslohnsteuer mit der Summe der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge. [ 4 ] Die Lohnsteuer-Erstattung durch den Arbeitgeber selbst bleibt unbesteuert. Lohnsteuerbescheinigung wurde bereits ans Finanzamt übermittelt Der Lohnsteuerabzug kann zugunsten des Arbeitgebers nicht mehr geändert werden, wenn die Lohnsteuerbescheinigung bereits ans Finanzamt übermittelt wurde. Trotzdem gehören die zu Unrecht abgeführten Lohnsteuerbeträge beim Arbeitnehmer zum Bruttolohn, weil es sich um einen vom Arbeitgeber gewährten Vorteil handelt, der versehentlich an das Finanzamt statt an den Arbeitnehmer gezahlt worden ist. Die (zu Unrecht) von diesem Bruttolohn einbehaltene Lohnsteuer wird jedoch bei der Einkommensteuer-Veranlagung des Arbeitnehmers auf dessen Einkommensteuer angerechnet. [ 5 ] 2 Erstattung durch Finanzamt an Arbeitnehmer HI632114 Wird zu viel erhobene Lohnsteuer vom Arbeitgeber nicht erstattet, weil der Arbeitgeber von seiner Berechtigung zur Änderung des Lohnsteuerabzugs keinen Gebrauch macht und/oder der Arbeitgeber keinen Lohnsteuer-Jahresausgleich durchgeführt hat oder eine Lohnsteuer-Erstattung durch ihn nicht mehr möglich ist, kann die Erstattung nur noch vom Arbeitnehmer im Rahmen einer Einkommensteuer-Veranlagung geltend gemacht werden. Ist der Arbeitnehmer nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, kann er die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragen. Nach Ablauf des Kalenderjahres können Erstattungsansprüche wegen zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer nur noch im Rahmen einer Veranlagung zur Einkommensteuer geltend gemacht werden. [ 6 ] Erstattung aus Billigkeitsgründen Die Erstattung von Lohnsteuer aus Billigkeitsgründen ist auf seltene Ausnahmefälle beschränkt. Eine Erstattung von Lohnsteuer an den Arbeitnehmer aus Billigkeitsgründen ist möglich [ 7 ] , wenn der Arbeitnehmer sich in einer unverschuldeten existenzbedrohenden wirtschaftlichen Notlage befindet oder die Erhebung der Lohnsteuer aus anderen Gründen eine unbillige Härte darstellt. 3 Erstattung durch Finanzamt an Arbeitgeber HI632115 Eine Lohnsteuer-Erstattung an den Arbeitgeber ist bei pauschaler Lohnsteuer denkbar, z. B. wenn der Arbeitgeber eine Lohnsteuerpauschalierung rückgängig macht. [ 8 ] Der Erstattungsanspruch steht dem Arbeitgeber zu, weil dieser Steuerschuldner der pauschalen Lohnsteuer ist. Ein Lohnsteuer-Erstattungsanspruch des Arbeitgebers kann auch entstehen, wenn er einbehaltene Lohnsteuer irrtümlich zweimal an das Finanzamt abführt. Sozialversicherung 1 Auswirkungen auf die Beitragspflicht HI632112 HI2812109 Eine Lohnsteuer-Erstattung hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Sozialversicherung. Das gilt insbesondere für den sog. permanenten Lohnsteuer-Jahresausgleich. Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt wird dadurch nicht verändert. Praxis-Beispiel Beitragsrechtliche Folgen der nachträglichen Pauschalierung der Lohnsteuer Unternehmen führen für Überstundenvergütungen zunächst Lohnsteuer nach der individuellen Lohnsteuerklasse ab. Nachträglich wird mit Zustimmung des Betriebsstättenfinanzamts eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vorgenommen. Die Unternehmen tragen die Lohnsteuer und erstatten ihren Mitarbeitern jeweils zum Quartalsende die ursprünglich einbehaltene Lohnsteuer. Lösung: Nach Auffassung der Besprechungsteilnehmer stellt die Rückerstattung der ursprünglich einbehaltenen Lohnsteuer keine Einnahme aus der Beschäftigung und damit kein Arbeitsentgelt i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV dar. 2 Auswirkungen auf die Beitragsberechnung HI2812110 Die nachträgliche Pauschalversteuerung [ 9 ] führt auch nicht zu einer Korrektur der seinerzeit durchgeführten Beitragsberechnung. Eine Korrektur steht dem durch die Rechtsprechung [ 10 ] hervorgehobenen Grundsatz entgegen, dass rechtmäßig abgewickelte Versicherungsverhältnisse rückwirkend nicht mehr geändert werden dürfen. Deshalb können zu Recht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge nicht rückwirkend als zu Unrecht entrichtet erklärt werden. Der steuerrechtlich zulässige Wechsel von der individuellen Besteuerung zur Pauschalversteuerung hat sozialversicherungsrechtlich somit keine Konsequenzen. [ 1 ] § 41c Abs. 1 Nr. 1 EStG. [ 2 ] § 41c Abs. 1 Nr. 2 EStG. [ 3 ] § 41c Abs. 2 EStG. [ 4 ] § 42b EStG. [ 5 ] BFH, Urteil v. 17.6 2009, VI R 46/07, BStBl 2010 II S. 72. [ 6 ] BFH, Urteil v. 20.5.1983, VI R 111/81, BStBl 1983 II S. 584. [ 7 ] § 227 AO. [ 8 ] S. Pauschalierungsmöglichkeiten in der Entgeltabrechnung. [ 9 ] S. Pauschalbesteuerter Bezug. [ 10 ] BSG, Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 26/78, USK 78187.
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