Ich und die anderen

Kolumne
Ich und die
anderen
Meine Kumpels, deine Mädels: Wie viel
Freundschaft verträgt eine Beziehung?
Unsere Kolumnisten haben ein paar Regeln
sein. Also eigentlich. Na ja, vielleicht nicht immer
M
Anne Haeming betrachtet Freunde wie Hobbys:
Die des Partners muss man nicht unbedingt mögen
E
eine Exfreundin Patricia und ich hatten unters ist etwas peinlich, aber: Wir können uns tatsächschiedliche Meinungen zu Freundschaften mit
lich nur an einen einzigen Satz erinnern aus dem
Angehörigen des anderen Geschlechts. Sie
Tralala-Text der Standesbeamtin, damals, vor viekonnte nicht verstehen, warum fast alle meine Freunde
len Jahren. Es war einer dieser Samstage, an dem sie eine
weiblich waren – und glaubte mir einfach nicht, dass ich
Trauung nach der anderen zu vollziehen hatte, aber auf
bei meinen Freundschaften keinerlei Hintergedanken
einmal schaute sie uns mit so einer Art Feiertagsblick an,
hatte. Dabei ist es viel einfacher: Ich finde Sozialpsychound es war klar: Jetzt ist der Moment gekommen. Jetzt
logie nun mal spannender als die neuesten Funktionen
wird sie uns erklären, wie das geht, das mit der Ehe. Und
des „Galaxy S4“. Andererseits war auch Patricias Sichtdann sagte sie: „Behalten Sie Ihre Hobbys!“ Wie bitte?
weise wenig verwunderlich, denn alle ihre nichtweibWas hat sie da gerade gesagt? Ich musste wegschauen,
lichen Freunde waren scharf auf sie. Was ihr durchaus
um nicht laut zu lachen. Hobbys! Wir?! Und ich dachte:
bewusst war – sie aber nicht daran hinderte, sich trotzShit, muss ich mir jetzt echt so was wie Kitesurfen zuledem mit ihnen zu treffen. So beäugten wir uns also missgen, damit das mit uns klappt? Der Satz ist bei uns zum
trauisch, wenn wir mit unseren Freund(inn)en untergeflügelten Wort geworden. Denn sie hatte recht. Und
wegs waren. Das Ganze eskalierte schließlich, als mich
zwar ganz ohne Yoga oder Stand-up-Paddling oder ChorKatja auf ihre Einweihungsfeier einlud (vielleicht sollte
probe. Seine Hobbys heißen Thomas, Karsten und Mark.
ich der Vollständigkeit halber erwähnen, dass ich mal
Meine Tom, Dominik, Sebastian, Martin, Mo und Anton.
mehr von K
­ atja gewollt hatte, aber das war lange vorbei).
Freunde halt. Dass ich Kumpels habe, war schon immer
Eigentlich hatte ich gar
so, mein Mann erträgt es stoisch. Aber
nicht so wirklich Lust, hin- „Ich musste auf diese Party
egal, ob Männer oder Frauen, Freunde sind
­gehen, um klarzumachen,
zugehen – bis Patricia auf
wie Schwiegereltern: Man kann sie sich
die Idee kam, das Ganze zur dass ich nicht erpressbar
nicht aussuchen. Darum gehört es zum
Kraftprobe zu machen:
Kleingedruckten bei uns, dass man sich still
bin. Nach der Party war auch
Sie setzte ­absichtlich eine
verdrücken darf, wenn einer vorbeikommt,
die Beziehung vorbei.“
gemein­same Unternehden man doof findet.
mung auf den Tag der Feier, nur um dann sagen
„Es gehört zum Kleingedruckten Und man nicht pärchenzu können: entweder Katja oder ich. Letztlich
bei uns, dass man sich still mäßig zu irgendwelchen
musste ich auf die Party gehen, allein, um klarver­drücken darf, wenn einer lahmen Partys mit muss,
zu­machen, dass ich nicht erpressbar bin. Tja.
kommt, den man doof findet.“ nur weil „man das eben
Nach der Party war auch die Beziehung vorbei.
so macht“. Ich trinke
Die Lehre daraus: Freunde haben einen nicht zu unterabends mit meinen Jungs, er haut regelmäßig ins Rheinschätzenden Einfluss auf Beziehungen. Allerdings auch
land ab zu seinem besten Freund und macht nächtelang
einen nicht zu überschätzenden. Neulich schmiss mich
Musik. Soll er. Bitte. Los! Die nächste Stufe wäre, beides
die beste Freundin meiner jetzigen Freundin von ihrer
zu verbinden: Ich gehe mit den Jungs zum Bouldern, er
Party – wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit.
gründet eine Band. Schön getrennt voneinander. Aber
Aber meine Freundin hält es mit mir aus. Noch.
wer braucht schon Hobbys, wenn er Freunde hat?
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Illustration: Gisela Goppel/2Agenten.de
Jens Lubbadeh kann sehr gut mit Frauen befreundet