Erfahrungsbericht über die Sommerschule im russischen Recht an der Sibirischen Föderalen Universität in Krasnojarsk von Johanna Kaufmann „Russland? Was willst du denn ausgerechnet in Russland?“ Diese Frage hörte ich von Familie und Bekannten bereits häufig bevor ich in Russland war und stelle sie mir nun da ich zurück in Deutschland bin, um meine Erfahrungen in Krasnojarsk zu reflektieren. Auch möchte ich künftigen Teilnehmerinnern und Teilnehmern der Sommerschule einen Einblick geben, was sie in den zwei Wochen der Sommerschule alles erwartet. Vorbereitung Mein Interesse an Russland besteht seit mehreren Jahren und wurde durch ein Praktikum in Moskau weiter bestärkt. Noch spannender als das Leben in einer Metropole mitzuerleben, stellte ich es mir vor, auch einmal das „echte“ Russland abseits der Hauptstadt kennenzulernen und mit russischen Studierenden in Kontakt zu kommen. Ich sah mich im Internet nach Möglichkeiten um, dieses Vorhaben zu realisieren und stieß auf die Sommerschule in Krasnojarsk, welche mir – neben meinem länderspezifischen Interesse an Russland – insbesondere zusagte, weil sie inhaltlich das russische Recht betraf, worüber ich als Studentin der Rechtswissenschaft besonders gerne erfahren wollte. Bewerbung Zunächst bewarb ich mich direkt bei der Sibirischen Föderalen Universität in Krasnojarsk; die Bewerbung verlief unkompliziert und von russischer Seite war man sehr bemüht, rasch auf Fragen zu antworten. Dann bewarb ich mich für ein Stipendium des DAAD und freue mich sehr, dass ich eines erhalten habe. Unterbringung und Verpflegung Während der zwei Wochen waren wir jeweils zu zweit in einem Zimmer im Studentenwohnheim untergebracht, das sehr sauber war und sogar über eine Küche und eine eigene Waschmaschine verfügte. Frühstück und Mittagessen erhielten wir in der Universität, wobei wir morgens schonmal mit Nudeln und Würstchen überrascht wurden, an vielen Tagen aber tolle russische Speisen wie Bliný (Блины = Eierkuchen) oder Syrniki (Сырники = Quarkpuffer) erhielten – ich habe danach jedenfalls neue Lieblingsspeisen hinzugewonnen, die ich in Deutschland nun versuche nachzukochen. Vorlesungen in der Sommerschule Die Vorlesungen im russischen Recht wurden auf den Gebieten des Staats-, Straf- und Zivilrechts jeweils von unterschiedlichen Dozenten in deutscher Sprache gehalten. Die Dozenten hatten alle einen juristischen Studienaufenthalt in Deutschland absolviert und sprachen nicht nur sehr gut Deutsch, sondern konnten Unterschiede zwischen dem russischen und dem deutschen Recht hervorragend aufzeigen. Insbesondere war erfreulich, dass die Dozenten – obwohl dies in Russland sehr unüblich ist – uns ermunterten Zwischenfragen zu stellen und sich stets auf anregende Diskussionen einließen. Auch in den Pausen konnte man sich weiter mit ihnen über das Jurastudium in Russland und ihre Zeit in Deutschland unterhalten. Ich habe in dieser kurzen Zeit einerseits einen umfassenden ersten Einblick in das russische Rechtssystem erhalten und andererseits auch mein Verständnis vom deutschen Recht erweitern können. Blick auf Krasnojarsk Sprachkurs Während der zwei Wochen wurden außerdem Sprachkurse angeboten, für die wir je nach Sprachniveau eingeteilt wurden. Dies rundete das akademische Programm in meinen Augen schön ab, da wir beispielsweise in meiner Kursstufe (Anfänger) jeden Abend einen kleinen „Tagebucheintrag“ ( н ник) schreiben sollten und somit die Gelegenheit hatten, unsere unzähligen Eindrücke zu reflektieren und gleichzeitig neue russische Wörter herauszusuchen. Rahmenprogramm Wenn uns akademisch viel geboten wurde, so war das nichts im Vergleich zu den vielen Veranstaltungen, die uns nachmittags und abends angeboten wurde: Stadtrundfahrt, Museumsbesuche, russisches Kino, ein Ausflug in den Nationalpark Stolby (Столбы), ein Gespräch mit einem Abgeordneten der gesetzgebenden Versammlung der Krasnojarsker Region und noch vieles mehr. Es gab sogar ein Eröffnungs- und ein Abschiedsbankett für uns, bei dem wir unsere deutschen Universitäten und die russischen Studierenden die Sibirische Föderale Universität vorstellten. Die Natur in der Krasnojarsker Region Die russischen Studierenden Am meisten begeisterte mich jedoch die Offenheit der russischen Studierenden. Diese absolvierten zur gleichen Zeit in Krasnojarsk einen zweiwöchigen Kurs im deutschen Recht und begleiteten uns bei den Freizeitveranstaltungen. Wenngleich Russen grundsätzlich zunächst etwas distanzierter Fremden gegenüber sind, so traf dies auf unsere russischen Kommilitonen nun gar nicht zu. Viele von ihnen hatten bereits einige Zeit in Deutschland verbracht oder hatten dies vor, sodass sie sehr gute Deutschkenntnisse hatten und sich interessante Unterhaltungen ergaben. Diese Gespräche brachten mir die russische Kultur und Denkweise noch auf ganz andere Art näher als die Ausflüge und Museumsbesuche. Nach der Rückkehr Ich bin dem DAAD sehr dankbar – ohne diesen hätte ich die Sommerschule nicht entdeckt und auch nicht finanziell realisieren können. бол о ибо Die zwei Wochen in Krasnojarsk waren für mich unglaublich eindrucksvoll. Fachlich konnte ich einige – wie mir scheint – äußerst authentische Einblicke gewinnen; zum einen in das russische Rechtssystem, zum anderen in das Universitäts- und Studentenleben in Russland. Kulturell konnte ich nun auch einmal in das echte Russland in Sibirien eintauchen und mich mit russischen Studierenden auf freundschaftlicher Ebene austauschen. Oder kurz gesagt: Es war so eine lehrreiche und bedeutungsvolle Zeit für mich, dass ich mich entschieden habe, mich für ein Auslandsjahr an der Sibirischen Föderalen Universität zu bewerben! Eichhörnchen im Wald beim Studentenwohnheim
© Copyright 2024 ExpyDoc