Interview mit Thomas Bläsche, Leitung Katholisches Kinderhaus „St. Matthias“, Neuwied frühstart: Inwiefern hat sich nach eineinhalb Jahren frühstart die pädagogische Arbeit in Ihrer Einrichtung verändert? Thomas Bläsche: Es hat sich einiges verändert. frühstart zeichnet sich ja vor allem durch eine umfassende Begleitung der Einrichtung aus. An den Schließtagen, die im Vorfeld vom Träger genehmigt wurden, gibt es ganztägige Fortbildungen für das gesamte Team. Darüber hinaus erhalten einzelne Mitarbeiter und die Leitung weitere Schulungen. Zusätzlich bieten die frühstart-Bildungs-Bausteine auch ein intensives Angebot für die Eltern. Dadurch lassen sich die Inhalte gut vertiefen. Durch die zahlreichen Fortbildungen gab es viele neue Impulse. Ebenso wichtig war die kontinuierliche Reflexion mit dem Team-Trainer über unsere bisherige Arbeit. Früher gab es oft Zweifel im Team, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Durch frühstart zeigte sich, dass schon vieles gut läuft bei uns. Diese Bestätigung führte zu einem großen Motivationsschub unserer Mitarbeiter und hat viel Energie freigesetzt, neue Ideen für unsere pädagogische Arbeit zu entwickeln. frühstart: Wieviel Organisationsaufwand entsteht durch die Teilnahme am Programm? Thomas Bläsche: Für die acht Team-Fortbildungstage stehen uns Schließtage zu, dadurch entsteht kein zusätzlicher Aufwand. Als Leitung nehme ich außerdem an den LeitungsFortbildungen und Austauschtreffen teil und stimme regelmäßig die Termine mit dem TeamTrainer ab. Diese Zusatzaufgaben halten sich aber völlig im Rahmen. Allerdings muss das Alltagsgeschäft aufrechterhalten werden, wenn einzelne Mitarbeiter oder die Leitung an zusätzlichen frühstart-Schulungen teilnehmen. Das bedeutet an diesen Tagen natürlich eine Zusatzbelastung für das Team. Die bisherigen Ergebnisse zeigen aber jetzt schon, dass sich der Aufwand lohnt. Ohne Kraftanstrengung kann ich keine Veränderungen erzielen. Wenn ich Aufwand und Nutzen der Programmumsetzung abwäge, ziehe ich für unsere Kita auf jeden Fall ein positives Fazit. Ich kann jetzt schon sagen, dass ich mich jederzeit wieder für die Teilnahme an frühstart entscheiden würde. Ein großer Teil meiner Mitarbeiter sieht das übrigens genauso. frühstart: Und wie lassen sich die Schließtage organisieren? Thomas Bläsche: Das funktioniert gut. Wichtig war dabei die individuelle Terminplanung der Fortbildungstage für unsere Einrichtung, die wir frühzeitig mit unserem Team-Trainer festlegen konnten. Dadurch waren die Eltern rechtzeitig informiert, was deren Planung ebenfalls erleichterte. So gab es kaum Beschwerden über die Schließtage. frühstart: Wie funktioniert die Praxisumsetzung der Fortbildungsergebnisse im Alltag? Thomas Bläsche: Sehr gut. Die Praxisberatungen sind dabei ein großer Pluspunkt. (Anmerkung frühstart-Team: Im Rahmen der Praxisberatungen unterstützt der Team-Trainer einzelne Team-Mitglieder bei der täglichen Arbeit und gibt Rückmeldung dazu.) Durch die Besuche im Kita-Alltag können die 1 Mitarbeiter gemeinsam mit dem Trainer reflektieren, inwieweit das Erlernte schon angewendet wurde. Durch den Blick von außen erhalten sie zusätzlichen Input in der direkten Alltagssituation. Dadurch wurden gemeinsam mit dem Trainer bereits viele neue Ideen für die tägliche Kita-Arbeit entwickelt. Diese Kombination aus Fortbildung und Praxisberatung, wie frühstart sie bietet, ist meiner Meinung nach einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren dafür, dass sich die Inhalte nicht nur leicht in die Praxis umsetzen lassen, sondern das Erlernte auch nachhaltig in der Alltagsarbeit verankert wird. frühstart: Können Sie dafür ein Beispiel nennen? Thomas Bläsche: Während der Fortbildung „Vielfalt gestalten“ haben wir mit dem Trainer die Einrichtung inspiziert und gemeinsam überlegt, inwieweit sich Vielfalt z.B. in der Raumgestaltung, im Eingangsbereich oder beim Angebot der Bücher und Spielsachen wiederfinden lässt. In einer anschließenden Praxisberatung wurde nochmal reflektiert, was sich bereits verändert hat und welche Auswirkungen diese Veränderungen haben. Dadurch bleiben wir alle an dem Thema dran. frühstart: Und inwieweit werden Sie von Ihrem Träger bei der Umsetzung des Programms unterstützt? Thomas Bläsche: Bedingung zur Teilnahme an frühstart ist die Genehmigung der Schließtage durch den Träger. Wir haben im Vorfeld eine einvernehmliche Absprache gefunden, wie sich die Schließtage ermöglichen lassen. Außerdem erkundigt sich unsere Trägervertreterin regelmäßig nach dem Zwischenstand und neuen Ergebnissen der Fortbildungen. Wir erfahren eine große Unterstützung. Wenn ich z.B. frühstart-Veranstaltungen habe, versucht unsere Trägervertreterin, die Standortleiterrunde auf einen anderen Tag zu legen. frühstart: Ihre Einrichtung nimmt auch an „Kita Plus“ teil. Wie lässt sich die Teilnahme an mehreren Programmen koordinieren? Thomas Bläsche: Die beiden Programme ergänzen sich gut. Mit „Kita-Plus“ lassen sich frühstart-Inhalte weiter ausbauen. Wir planen z.B. nach Ablauf von frühstart die finanzielle Weiterführung der Bildungs-Bausteine durch „Kita-Plus“. Und wie gesagt, durch die Möglichkeit, die Termine frühzeitig und individuell zu planen, lässt sich die Teilnahme an beiden Programmen auch zeitlich gut abstimmen. frühstart: Wie bewerten Sie die Laufzeit des Programms über einen Zeitraum von zwei Jahren? Thomas Bläsche: Diese lange Begleitung begrüße ich sehr. Nur so können nachhaltige Veränderungen entstehen, die sonst sicher nicht möglich wären. Kürzere Laufzeiten finde ich eher kontraproduktiv. Ich spreche dann immer von „Projektitis“, man bekommt viele kleine Impulse, deren Wirkung im Alltag schnell wieder verpufft. Für mich war die Laufzeit von zwei Jahren im Hinblick auf die Verstetigung der Inhalte ein entscheidender Faktor, um bei frühstart mitzumachen. frühstart: Inwieweit geht der Team-Trainer inhaltlich auf die individuellen Wünsche bzw. die Situation der Kita ein? Thomas Bläsche: Jede Einrichtung ist anders, da kann nicht ein Lösungsansatz allen Kitas übergestülpt werden. Das wird von unserem Trainer immer berücksichtigt. Darin sehe ich auch 2 einen großen Vorteil in der Konzeptgestaltung des Programms. frühstart bietet den inhaltlichen Rahmen, aber es bleibt genug Freiraum, um die Bearbeitung der Themen an die jeweilige Einrichtung anzupassen. Das wird bei unseren Fortbildungen und Praxisberatungen in Absprache zwischen Team und Trainer sehr gut umgesetzt. frühstart: Sehen Sie bereits Ergebnisse für die Zusammenarbeit der Eltern? Thomas Bläsche: Die Haltung der Mitarbeiter zu den Eltern hat sich deutlich geändert. Früher gab es oft Überlegungen, ob gewisse Anstrengungen in der Elternarbeit wirklich notwendig sind. Nach den Fortbildungen und Praxisberatungen zum Thema „Eltern beteiligen“ hat sich eine größere Selbstverständlichkeit eingestellt, dass sich die Investition in die Elternarbeit lohnt und wichtig ist. Auch die Kommunikation mit den Eltern hat sich dadurch verbessert. Die Eltern empfinden sich inzwischen mehr als Teil der Einrichtung. Davon profitieren wir sehr. frühstart: Hat sich dadurch die Beteiligung der Eltern verändert? Thomas Bläsche: Die Beteiligung ist intensiver geworden. Vorher war unsere Elternarbeit auch gut, aber wir haben vom Team aus Angebote geplant, organisiert und die Eltern angesprochen. Jetzt bieten Eltern ihre Unterstützung an, übernehmen die Organisation und überlegen, wie man noch mehr Eltern für Veranstaltungen gewinnen kann. Neulich wurde mir sogar ein Plakat gemailt, das Eltern für eine Infoveranstaltung in unserer Kita erstellt haben. Wir empfinden diese Entwicklung als große Bereicherung für unsere Kita. frühstart: Wie sind Ihre Erfahrungen mit den Brückenbauern? Inwiefern fördern Sie den Kontakt zwischen Kita und Eltern in Ihrer Einrichtung? (Anmerkung frühstart-Team: Die Brückenbauer arbeiten ehrenamtlich und unterstützen die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Erziehern in den einzelnen Einrichtungen.) Thomas Bläsche: Unsere Brückenbauer nehmen ihre Aufgabe sehr ernst und sind entsprechend engagiert. Eine Brückenbauerin konnten wir außerhalb der Kita als Ehrenamtliche gewinnen und die beiden anderen kommen aus der Elternschaft. Sie erleichtern uns Erziehern den Kontakt zu den Eltern. frühstart: Welchen Beitrag leisten die Bildungs-Bausteine in diesem Zusammenhang? (Anmerkung frühstart-Team: Dieses Angebot für die Eltern findet in den Räumen der einzelnen Kitas statt. In 14 Treffen à 2 Stunden erhalten die Eltern durch einen Referenten Informationen über das kindliche Lernen.) Thomas Bläsche: In der Vergangenheit haben wir als Team viel Zeit und Energie verwendet, uns zu überlegen, wie wir die Eltern mit unseren Veranstaltungen erreichen. Durch die Bildungs-Bausteine kommen immer mehr Eltern in die Kita und erkennen auch die Notwendigkeit der Elternbeteiligung. Ein Ergebnis der Bildungs-Bausteine zum Thema „Bewegung“ war z.B. die Einführung eines regelmäßigen Eltern-Kind Turnens, das mit Hilfe der Eltern organisiert wird. Außerdem beobachten wir, dass durch die Bildungs-Bausteine auch bildungsnahe und bildungsferne Eltern enger zusammen rücken. Vorher gab es bei uns zwei isolierte Gruppen und jetzt entsteht allmählich ein Gemeinschaftsgefühl. Es braucht zwar etwas Anlaufzeit, aber die Veranstaltungen der Bildungs-Bausteine werden immer zahlreicher besucht. 3
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