Winterfütterung von Vögeln

Winterfütterung von Vögeln
Liebe Liese
Du fragst mich, ob es sinnvoll sei, die Vögel im Winter zu füttern. Ich finde, es ist sinnvoll. Du hast mir doch immer voll Freude über deine Vogel
- Beobachtungen erzählt. Sogar ein kleines Bestimmungsbuch hast du dir
zugelegt, weil du wissen wolltest, ob eine Blau- oder Kohlmeise am Körnersack pickt, ein Amselmännchen am angefaulten Apfel herumstochert
oder der Vogel mit dem auffallend rosaroten Bauch nun ein Rotkelchen
oder Gimpel ist. Lass dich einfach weiterhin von deiner Freude leiten! Sicher ist die Vogelfütterung für die meisten Menschen – und vor allem für
die Kinder - die Möglichkeit, einheimische Tiere mit Interesse zu beobachten.
Von der Fütterung im Winter profitieren jedoch nur die häufigsten Brutund Gastvögel. Sie sind auch in jenen Gebieten zahlreich, wo nicht gefüttert wird. Die seltenen oder gar gefährdeten Vogelarten kommen gar
nicht erst ans Futterbrett.
Wann soll man füttern?
Grundsätzlich sollst du jedoch nur in den Wintermonaten füttern. Und
nur dann, wenn Dauerfrost herrscht, eine geschlossene Schneedecke
liegt oder bei Eisregen. Ein vorzeitiges „Eingewöhnen“ ist nicht erforderlich. Am besten fütterst du morgens, wenn es richtig hell wird und abends etwa zwei Stunden vor der Dämmerung. Denn am Morgen sind die
Vögel hungrig und am Abend müssen sie für die lange Nacht vorsorgen.
Was soll man füttern?
Die Körnerfresser mit ihrem dicken, kräftigen Schnabel wie Finken, Sperlinge und
Ammern fütterst du mit Sonnenblumenkernen und Hanf oder einer handelsüblichen Körnermischung.
Die Insektenfresser mit ihrem spitzem,
schlankem Schnabel wie Amsel, Roth-
kehlchen und Star kannst du mit Haferflocken, Rosinen, Obst, welches
sogar ruhig etwas angefault sein darf, Baum- und Haselnüssen, Fett und
Quark füttern. Verzichte aus ökologischen Gründen auf exotische Nüsse
wie etwa Erdnüsse.
Zugvögel können selten im Herbst vor allem aber im Frühling vom
Schnee überrascht werden. Sie kommen nicht ans Futterbrett. Ihnen
können wir jedoch helfen, wenn wir Komposthaufen aufdecken und unter
den Sträuchern den Schnee entfernen.
Auf keinen Fall darfst du salzige Nahrung wie Speck und Salzkartoffeln
anbieten. Brot ist ebenfalls nicht empfehlenswert.
Wie soll man füttern?
Das Futter sollte nicht nass werden, damit es nicht vereist. Daher auf einen Witterungsschutz achten (Häuschen mit witterungsgeschütztem Futtervorrat, Futtersäckchen oder
Fettring).
Denke an einen Zufluchtsort:
Die Vögel möchten sich bei
Gefahr gerne in nahe gelegenen Bäumen oder Gebüschen
verstecken.
Aus diesem Grund soll die Futterquelle auch an einer für die
Vögel überschaubaren Stelle
angebracht sein, damit ihnen
nicht Feinde, wie Katzen, auflauern können.
Die Übertragung und Ausbreitung von seuchenartigen Erkrankungen
stellt die grösste Gefahr am Futterplatz dar. Kotverunreinigungen am
Futterbrett müssen möglichst vermieden werden. Die Vögel sollten also
nicht im Futter sitzen können (beim Kauf eines Futterhäuschens unbedingt darauf achten). Allfällige Verunreinigungen regelmässig mit warmem Wasser wegwaschen. Ich selber würde zudem ins Wasser etwas Javelwasser geben (Gebrauchsanweisung beachten!) und die Reinigung geschützt mit Wegwerfhandschuhen durchführen. Damit vermindert sich
auch die Gefahr einer Salmonellen-Epidemie, einer – für Vögel - tödli-
chen bakteriellen Darminfektion. Falls du tote Vögel um die Futterquelle
finden solltest, musst du diese sofort entfernen. Falls dieser Fall eintritt,
erkundige dich am besten beim nächsten Tierarzt.
Wie lange soll man füttern?
Gegen Ende des Winters stellst du die Fütterung allmählich ein. So können sich die Tiere wieder an die normale Nahrungssuche gewöhnen. Zur
Brutzeit, und diese beginnt bei manchen Vögeln bereits im März, darf auf
keinen Fall mehr gefüttert werden! Auch Jungvögel von Körnerfressern
werden mit Insekten gefüttert (im Frühjahr gibt es in der Natur ja auch
gar keine reifen Körner und Sämereien mehr!). Die meisten Jungvögel
verkraften die schwer verdauliche pflanzliche Kost noch nicht und können
an dem von ihren Eltern herbeigebrachten Winterfutter sterben.
Und die Vogelgrippe?
Jetzt, da ich dir schreibe, ist es Mitte Oktober. Seit September werden in
der Schweiz die Zugvögel, welche den Winter hier verbringen, auf die Infektion durch die Vogelgrippe untersucht. Auf Anfrage gab mir eine Fachperson der Vogelwarte Sempach folgende Auskunft: „Es besteht zur Zeit
kein Grund für spezielle Vorkehrungen bei der Vogelfütterung im Winter,
da in der Schweiz und in den umliegenden Ländern der Vogelgrippevirus
H5N1 bei Wildvögeln nicht nachgewiesen wurde.
Wenn die Vogelgrippe auch in umliegenden Ländern auftritt, ist die Vogelfütterung einzustellen, weil Vogelansammlungen in engem Kontakt
untereinander und zum Menschen ein gewisses Risiko für Vögel und
Mensch darstellen können.“ Er riet mir, die Anweisungen in den Medien
zu befolgen.
Ein kleiner Wunsch zum Schluss!
Deinen Wunsch, etwas dauerhaftes, „nachhaltiges“ für die Vögel zu tun,
kannst du einfach erfüllen: Pflanze einen Wildstrauch in deinen Garten.
Wildsträucher stecken voller Leben: Von A wie Ameise bis Z wie Zaunkönig. Nehmen wir den kleinen Tieren die Lebensgrundlage weg, so bringen
wir indirekt auch die grösseren und auffälligeren Tiere zum Verschwinden. Tiere, die wohl jeder gerne in seinem Garten sehen möchte. Von einer Traubenkirsche (Prunus padus) ernähren sich beispielsweise 24 Vogel- und 40 Insektenarten. Die Traubenkirsche ist ein anspruchsloser
Strauch, der auch auf Lehmböden und im Halbschatten gut gedeiht. Er
kann nach Belieben zurück geschnitten werden. Die reichblütigen, langen, weissen Blütentrauben blühen im Mai und verströmen einen starken
und wohlriechenden Duft!
Ich wünsche uns einen geruhsamen Winter und viel Freude beim Beobachten von allem was so kreucht und fleucht!
Verena
Quellen: www.vogelwarte.ch und www.birdlife.ch