Dr. Peter Felix Ruelius, Wiesbaden hr1 - Zuspruch Mittwoch 09.12.2015 Ein Werk der Barmherzigkeit: Die Lästigen geduldig ertragen Drei Männer sind unterwegs durch Grönland. Sie überqueren das Inlandseis an der breitesten Stelle. Achtundachtzig Tage sind sie unterwegs, mit Schlitten, die sie selbst ziehen. Mit einer bis auf das letzte Gramm berechneten Ausrüstung. Michael, Reinold und Leo. Fachleute hatten gesagt: Diese Expedition ist Wahnsinn. Das schafft keiner. Aber es muss gehen. Es ist alles genau berechnet. Vor allem Reinold, der Planer der Expedition, ist sich sicher, dass es funktionieren kann. Und Leo und Michael lassen sich schließlich auch gewinnen. In seinem Roman „Spielplatz der Helden“ erzählt Michael Köhlmeier die Geschichte dieser Expedition. Und er lässt alle drei nacheinander zu Wort kommen. Schnell wird beim Lesen klar: Helden sind sie nicht deswegen, weil sie Kälte und Eis überleben. Helden sind sie, weil sie einander ertragen. Helden sind sie, weil sie es aushalten, wie jeder einzelne mit der extremen Herausforderung umgeht. Sie wissen: Man kann einander nicht aus dem Weg gehen. Reinold schätzt es so ein: „Eine kleine Missstimmung kann zu Hass werden. Eine winzige Kränkung wird zur tödlichen Beleidigung.“ „Die Lästigen geduldig ertragen“: so heißt eines der so genannten „Werke der Barmherzigkeit“. Mit diesen „Werken der Barmherzigkeit“ versucht man zu beschreiben, wie es konkret aussehen kann, dass Menschen zueinander barmherzig sind. Über die Barmherzigkeit nachzudenken, das ist eines der Anliegen, das Papst Franziskus mit dem Heiligen Jahr der Barmherzigkeit verbunden hat. „Die Lästigen geduldig ertragen“: Dahinter steckt viel Erfahrung. Denn einen Großteil der Beziehungen, die unser Leben bestimmen, suchen wir uns nicht aus. Sie sind vorgegeben. Beruflich und privat. Es ist barmherzig, wenn ich die ertrage, die ich nicht ändern kann. Es ist barmherzig, wenn ich es aushalte, mit ihnen zu leben, immerhin so weit, dass wir einander nicht schaden, sondern einander leben lassen. „Die Lästigen geduldig ertragen“. Für die Expedition durch das Grönland-Eis ist das eine Frage des Überlebens. Für den Alltag heute und immer wieder eine Frage der Balance und der Güte. Und eben eine der vielen Formen, in denen sich zeigen kann, ob Menschen barmherzig miteinander umgehen. Zum Nachhören als Podcast: http://www.hr-online.de/website/radio/hr1/index.jsp?rubrik=19034
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