3. 4. 2016

2. Sonntag der Osterzeit
Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit
Aus der Apostelgeschichte (5,12-16)
Durch die Hände der Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder
im Volk. Alle kamen einmütig in der Halle Salomos zusammen. Von
den Übrigen wagte niemand, sich ihnen anzuschließen; aber das Volk
schätzte sie hoch. Immer mehr wurden im Glauben zum Herrn
geführt, Scharen von Männern und Frauen. Selbst die Kranken trug
man auf die Straßen hinaus und legte sie auf Betten und Bahren,
damit, wenn Petrus vorüberkam, wenigstens sein Schatten auf einen
von ihnen fiel. Auch aus den Nachbarstädten Jerusalems strömten
die Leute zusammen und brachten Kranke und von unreinen Geistern
Geplagte mit. Und alle wurden geheilt.
Aus dem Evangelium nach Johannes (20,19-31)
Am Abend des ersten Tages der
Woche, als die Jünger aus Furcht vor
den Juden die Türen verschlossen
hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und
sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
Nach diesen Worten zeigte er ihnen
seine Hände und seine Seite. Da
freuten sich die Jünger, dass sie den
Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal
zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so
sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und
sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden
vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert,
dem ist sie verweigert. Thomas, genannt Didymus - Zwilling -, einer
der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger
sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen:
Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn
ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht
in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine
Jünger wieder versammelt, und Thomas war dabei. Die Türen waren
verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei
mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus - hier
sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite,
und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm:
Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen
hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Noch
viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind,
hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan. Diese aber sind
aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der
Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in
seinem Namen.
Mit dem Namen Thomas wird oft die Bezeichnung „der Ungläubige“
verbunden. Versetzen wir uns aber einmal in seine Lage: Er hat
genauso wenig wie die anderen Jünger mit dem gewaltsamen Tod
Jesu gerechnet. Und dann soll dieser für tot Gehaltene plötzlich
wieder leben und den Jüngern erschienen sein? Ist das denn zu
fassen? Mit den Augen der Vernunft wohl kaum. Auch Beweise kann
keiner der anderen Apostel hervorzaubern. Was bleibt, ist vorerst der
Zweifel daran, nicht der Unglaube. Letztlich aber sind es nicht starke
Argumente oder empirische Beweise, die Thomas zum Glauben
bewegen, sondern die Begegnung mit dem Auferstandenen und das
– im wahrsten Sinne des Wortes – „Be-Greifen“ des Auferstandenen.
Auch wir können dem Auferstandenen begegnen: im Lesen der
Heiligen Schrift, im Gebet, in der Feier des Gottesdienstes, in
anderen Menschen… Suchen wir ihn; er lässt sich finden!
„Kann ich nicht wie Thomas schaun die Wunden rot,
bet ich dennoch gläubig: „Du mein Herr und Gott!“
Tief und tiefer werde dieser Glaube mein,
fester lass die Hoffnung,
treu die Liebe sein.“
Thomas von Aquin: „Adoro te devote“
Papst Franziskus hat ein „Heiliges Jahr der
Barmherzigkeit“ ausgerufen. In diesem Jahr gilt es, das
Geheimnis der Barmherzigkeit neu zu betrachten und
selbst im Alltag barmherzig zu sein. Gerade in Jesus
Christus zeigt sich diese Barmherzigkeit Gottes: im
Umgang mit den Menschen seiner Zeit – den Armen,
Sündern, Leidenden, Kranken, Ausgestoßenen –, aber
auch in seinem Tod und seiner Auferstehung.
Schon der heilige Papst Johannes Paul II. hat darauf
hingewiesen, dass die gegenwärtige Kultur das Thema
Barmherzigkeit vergessen hat, und ruft auf, die
Barmherzigkeit neu zu verkünden und zu bezeugen.
Deswegen hat er auch im Jahr 2000 den zweiten
Sonntag der Osterzeit, den sogenannten „Weißen
Sonntag“, zum „Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit“
ernannt. An ihm dürfen wir uns daran erinnern, dass Gott
uns gegenüber barmherzig war – vor allem im Sterben
und Auferstehen seines Sohnes – und dass er uns
immer wieder barmherzig sein wird. Gott hat uns aus
Liebe in Jesus erlöst, weil wir ihm am Herzen liegen, weil
wir seine Kinder sind.
Und was hat das für Folgen für uns? „Barmherzig – wie
Gott mir, so ich Dir“ lautet das Motto des Heiligen
Jahres. Gott hat sich uns gegenüber barmherzig
erwiesen: Handeln wir ebenso! Seien wir barmherzig mit
anderen, besonders mit jenen, die mir schwer fallen im
Leben, die mir auf die Nerven gehen, die meine
Barmherzigkeit nicht verdient haben. Dann leben wir
dieses neue Leben, das uns in der Taufe geschenkt
wurde: ein Leben von Gott, ein göttliches Leben, in dem
wir untereinander Brüder und Schwestern sind,
verbunden im gemeinsamen Vater, verbunden in Gott.
was Papst Franziskus in seiner Bulle zum Heiligen Jahr geschrieben
hat: „Die Kirche hat den Auftrag, die Barmherzigkeit Gottes, das
pulsierende Herz des Evangeliums, zu verkünden. … Ihre Sprache
und ihre Gesten müssen die Barmherzigkeit vermitteln und so in die
Herzen der Menschen eindringen und sie herausfordern den Weg
zurück zum Vater einzuschlagen.“
Das ist ein kirchliches Lebensprogramm – auch über das Heilige Jahr
hinaus.