MDFT - Dresden

Multidimensionale
Familientherapie
Birgit Spohr
Therapieladen e.V. Berlin 2015
MDFT
• seit 1985 entwickelt von Howard Liddle im Center
for Treatment Research on Adolescent Drug Abuse
(CTRADA) an der Universität Miami
www.therapieladen.de
Multidimensionale Familientherapie
• ist ein ambulantes Therapieprogramm für Jugendliche mit
Substanzmissbrauch bzw. -abhängigkeit und Komorbidität
(psychische und Verhaltensstörungen)
• ist ein multisystemischer Familientherapieansatz mit Wurzeln
in der strukturell-strategischen Familientherapie
• Basiert auf Forschungsergebnissen u.a. der Entwicklungspsychologie
• ist lebenswelt-/sozialraumorientiert und bezieht explizit den
außerfamiliären Kontext mit ein (Schule, Ausbildung,
Freizeit/Peers, soziale und medizinische Betreuung)
• nutzt dabei aufsuchende Strategien und integriert Therapie
und Case-Management
www.therapieladen.de
MDFT ist wirksamste Therapie für
Jugendliche mit Cannabismissbrauch
EMCCDA: MDFT als „Best Practice“ Ansatz
European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (2014),
Multidimensional family therapy for adolescent drug users: a systematic
review, EMCDDA Papers, Publications Office of the European Union
www.therapieladen.de
Studienergebnisse
• Signifikante Reduktion des
Cannabismissbrauchs MDFT vs. TAU
• Verbesserung psychischer
Belastungsfaktoren (YSR/CBCL)
• Hohe Akzeptanz und
signifikante Haltequote MDFT vs. TAU
Tossmann, P., Jonas, B., Rigter, H. and Gantner, A. (2012)‚ Multidimensionale Familientherapie (MDFT) bei cannabisbezogenen
Störungen’, Sucht 53
Rigter, H., Pelc, I., Tossmann, P., Phan, O., Grichting, E., Hendriks, V. and Rowe, C. (2010), ‘INCANT: a transnational randomized
trial of multidimensional family therapy versus treatment as usual for adolescents with cannabis use disorder’, BMC Psychiatry
www.therapieladen.de
Signifikante Reduktion des
Substanzmissbrauchs
Bei Jugendlichen, die übermäßig viel trinken, kiffen
usw. führt die Behandlung mit MDFT zu einer
signifikanten Reduzierung des Substanzkonsums.
Der Effekt hält für mindestens ein Jahr an und
verstärkt sich im Laufe weiterer anderthalb Jahre.
www.therapieladen.de
Verbesserung substanzbezogener
psychosozialer Probleme
Die Behandlung mit MDFT führte dazu,
dass die Anzahl der Straftaten abnahm
dass der Kontakt zu delinquenten Altersgenossen abnahm
dass sich die Symptome von Verhaltens- und
Entwicklungsstörungen verringerten (nach Einschätzung
der Jugendlichen und ihrer Eltern)
dass Angst- und Depressionssymptome abnahmen
dass sich die schulischen Leistungen verbesserten
(bessere Noten, weniger Schulschwänzen)
dass sich das familiäre Zusammenleben verbesserte und
die Notwendigkeit zur außerhäuslichen Unterbringung
des Jugendlichen verringerte.
www.therapieladen.de
MDFT-Grundannahmen
Problemverhalten Jugendlicher im Kontext
Problemverhalten Jugendlicher wie
Substanzmissbrauch hat viele Facetten und
ist multidimensional, d.h.
- Probleme Jugendlicher sind nur im
jeweiligen sozialen Kontext zu verstehen
- Die Familie ist der primäre Kontext für
gesunde Entwicklung
www.therapieladen.de
Entwicklungsmodell: Familien-Interaktionstheorie
Paarbeziehung
der Eltern
Genetische
Faktoren
Kontextfaktoren
Beziehung
ElternJugendliche/r
Drogenkonsum
und
Persönlichkeit
der Eltern
Persönlichkeit
d.
Jugendlichen
Peers
www.therapieladen.de
Drogenkonsum
d. Jugendl.
Drogenmissbrauch
d. Jugendl.
MDFT – Grundannahmen
Bedeutung der Familie
Familiäre Faktoren haben einen starken Einfluss auf
den Entwicklungsverlauf, vor allem:
- Qualität der Beziehungen und Bindungen
- Der Erziehungsstil der Eltern
D.h. in der therapeutischen Arbeit mit der Familie und
den Eltern liegt die größte Chance, eine Fehlentwicklung bei einem Jugendlichen günstig zu
beeinflussen
www.therapieladen.de
MDFT-Grundannahmen
Familie im Kontext
• Die Familie ist weiterhin eingebettet in einen
sozialen Kontext mit Teilsystemen, die ebenfalls
positiv bzw. negativ Einfluss auf die Entwicklung des
Jugendlichen in seiner Familie nehmen
• Je instabiler die familiären Beziehungen, desto
größer der Einfluss von Risikofaktoren außerhalb
der Familie (z.B. delinquente Peers)
www.therapieladen.de
4 Interventionsebenen
MDFT arbeitet mit unterschiedlichen therapeutischen
Interventionsbausteinen gleichzeitig in vier „Teilsystemen“.
Jugendliche/r
Eltern
Erleben/Verhalten/Einstellung
Haltung/Erziehungspraxis
„MI“ - Haltung
„Coaching“
Familie
Soziales Umfeld
Beziehung/Interaktionsmuster
Außerfamiliäre Ressourcen
„Enactment“
„Casemanagement“
www.therapieladen.de
Mehrfache Parteilichkeit
Therapeut/in - Eltern
Therapeut/in Jugendliche/r
Therapeut/in Familie
Therapeut/in - Außerfamiliär
www.therapieladen.de
Bestandteile von MDFT-Interventionen
Eltern
Familie
MDFT
Therapeut Adolescent
Jugendlicher
Außerfamiliär
www.therapieladen.de
 Selbst (Verhalten/
Erleben)
 Bez. zur Familie
 Bez. zu Freunden
Bestandteile von MDFT-Interventionen
Therapeut/in - Eltern
Familie
MDFT
Selbst der Eltern
allgem. Lebenssituation
Stress und Belastung
Eltern als Paar
Eltern (als Erziehungsteam)
Liebe und Bezogenheit
Erziehung/Grenzen setzen
Jugendlicher
Außerfamiliär
www.therapieladen.de
Bestandteile von MDFT-Interventionen
Interaktionsmuster
Bindungsmuster
Problemlösungsstrategien
Therapeut-Familie
Family
Eltern
MDFT
Außerfamiliär
www.therapieladen.de
Jugendlicher
Bestandteile von MDFT-Interventionen
Eltern
Familie
 Schule/Ausbildung
 Peers
 Hilfesysteme
(Soziales, Finanzen,
Gesundheit, Jugendhilfe)
MDFT
Jugendlicher
Extrafamiliär
Therapeut - Außerfamilär
www.therapieladen.de
3 Behandlungsphasen
• Phase 1: Aufbau von Allianzen
Entwicklung und Aufrechterhaltung von multiplen
Arbeitsbündnissen/Aufträgen und Veränderungsmotivationen
• Phase 2: Arbeit an Themen/Veränderung
Problemverhalten/Konsum/ Erziehungsstile/familiäre
Interaktion/Bindung, Nutzung sozialer Ressourcen
• Phase 3: Therapieabschluss
Auswerten und Sichern der Ergebnisse,
Wertschätzung/Akzeptieren von Teilerfolgen,
Rückfallprävention, Weitervermittlung
www.therapieladen.de
Der MDFT-Therapieprozess
• Die therapeutischen Skills und Techniken sind
unspezifisch
• MDFT - spezifisch ist die Art, wie der
Therapieprozess strukturiert und gesteuert wird
www.therapieladen.de
MDFT: Settings und Standards
• Kombination von Einzelsitzungen (Jugendliche, Eltern),
Familiensitzungen und Sitzungen mit relevanten
außerfamiliären Bezugspersonen (z.B. Lehrer/Erzieher/
Bewährungshelfer*innen).
• Sitzungen sowohl in der Einrichtung als auch außerhalb
(Zuhause/Schule). Keine spezifische Zeitbegrenzung. Häufige
telefonische Kontakte sind wichtiger Teil der Intervention.
• Frequenz und Dauer der Behandlung: 1 bis 4 persönliche
Kontakte wöchentlich in verschiedenen Settings. Gesamtdauer
4 bis 5 Monate.
www.therapieladen.de
Beispiel: Sabrina, 16 Jahre alt
Übersicht Interventionen
 Beteiligte Familie: Sabrina, Mutter, Schwester
 Außerfamiliär: Sozialarbeiterin, Entzugsstation
Familie
Eltern
Jugendliche
Außer­
familiär
Gesamt
Sitzungen in
Einrichtung
11
8
10
2
31
Kontakte
aufsuchend
1
-
-
1
2
Kontakte
telefonisch
-
4
-
2
6
11
12
10
5
39
Setting
Kontakte gesamt
Therapiedauer
5 Monate
www.therapieladen.de
Zusammenfassung
●
●
●
●
●
●
●
Motivation der Klienten wird nicht vorausgesetzt, sondern Motivierung ist
Bestandteil der Therapie
Therapeuten arbeiten auch aufsuchend und beziehen alle ein, die im
Sinne von Risiko- und Schutzfaktoren für die Entwicklung des Jgdl.
wichtig sind
zentral ist Stärkung der Eltern in ihrer Erziehungsfunktion
Therapie ist kurz und intensiv, das Vorgehen ist pragmatisch und
verbindet Psychotherapie mit Case-Management
Therapeuten arbeiten zielorientiert und direktiv (Planung jeder einzelnen
Sitzung, Balance zwischen Struktur und Flexibilität)
Kombination von Einzel- mit Familiensitzungen fördert therapeutische
Allianzbildung mit jedem Familienmitglied und beschleunigt Veränderung
Ein Therapeut pro Familie, dicht begleitet von MDFT-Supervisorin im
Team
www.therapieladen.de
Perspektiven
Rolle der Eltern
• Eltern und Familienangehörige haben eine sehr hohe
Bedeutung bei Motivation und Therapie Jugendlicher mit
Suchtproblemen
• Sie werden bisher in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
sowie der Jugend- und Suchthilfe zu wenig als
Ressource gesehen und einbezogen, eher ausgegrenzt
und/oder pathologisiert. („coabhängige Eltern“ oder
„toxische Eltern!“)
www.therapieladen.de
Elterncoaching: „Sie sind die Medizin“
Die Arbeit mit den Eltern („Hilfe zur Erziehung„) ist ein zentraler Baustein der
MDFT.
Die Stärkung der Eltern und die Wiederentdeckung elterlicher Ressourcen
wird als ein nachhaltiger Wirkfaktor für die Veränderung jugendlichen
Suchtverhaltens verstanden.
Dabei wird in der therapeutischen Arbeit mit einzelnen/getrennten Eltern die
Bedeutung der elterlichen Teamarbeit besonders hervorgehoben.
Eltern werden motiviert und unterstützt, zugunsten ihrer Kinder Partnerschaftskonflikte (auch nach vollzogener Trennung) auf konstruktive Weise zu
lösen und nicht „auf dem Rücken ihrer Kinder“ auszutragen.
www.therapieladen.de
Herzlichen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit
Kontakt:
www.therapieladen.de
[email protected]
www.therapieladen.de