Das deutsche Engagement in Afghanistan

A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Das deutsche Engagement
in Afghanistan
1
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Bilder Titel:
↖ Die Blaue Moschee in Mazar-e-Sharif. (o. l.)
↖ Deutschland unterstützt die Ausbildung in handwerklichen Berufen. (o. r.)
↖ Demokratische Wahlen sind zu einem festen Bestandteil
des politischen Lebens geworden. (u. l.)
↖ Mit der Mission „Resolute Support“ werden die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte
weiter ausgebildet, beraten und unterstützt. (u. r.)
I N H A LT S V E R Z E I C H N I S
Inhaltsverzeichnis
Das deutsche Engagement in Afghanistan 2
Afghanistan geht es heute deutlich besser als 2001 4
Das Afghanistan-Engagement seit 2001 8
Der afghanische Staat entwickelt sich in die richtige Richtung 12
Die afghanische Gesellschaft verändert sich grundlegend 16
Sicherheitsverantwortung in afghanischer Hand 20
Fortschritte bei Wiederaufbau und Entwicklung 30
Fazit und Ausblick auf das weitere Engagement 40
Weitere Informationen 44
1
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Das deutsche Engagement
in Afghanistan
Deutschlands Engagement in Afghanistan
„ist hoch geschätzt, respektiert und anerkannt – bei den Menschen in Afghanistan
ebenso wie bei unseren internationalen
Partnern und Verbündeten.
lichkeit geworden, wären die Fortschritte bei
Stabilität und Entwicklung und damit auch
ein Sicherheitsgewinn für uns nicht möglich
gewesen.
Ohne die außergewöhnliche Einsatzbereitschaft unserer Diplomaten, Polizisten, Entwicklungsexperten und Soldaten, ohne das
persönliche Engagement dieser Frauen und
Männer vor Ort – oft unter schwierigen und
teilweise sehr gefährlichen Bedingungen
– wäre aus Ideen und Konzepten nie Wirk-
Zum Ende des ISAF-Einsatzes der NATO
und dem Beginn der neuen Ausbildungs-,
Beratungs- und Unterstützungsmission
„Resolute Support“ ist es an der Zeit, Danke
zu sagen. Gemeinsam und öffentlich bedanken wir uns bei all denen, die in unserem
Auftrag, unter Inkaufnahme großer Härten
für sich und ihre Familien, das Bestmögliche
Bundesminister des Auswärtigen
Dr. Frank Walter Steinmeier
Bundesminister des Innern
Dr. Thomas de Maizière
2
DA S D E U T S C H E E N G A G E M E N T I N A F G H A N I S TA N
für unsere Sicherheit und für ein stabileres
und zukunftsfesteres Afghanistan erreicht
haben.
Unsere Gedanken gelten auch den Familien
und Freunden derer, die in Afghanistan ihr
Leben lassen mussten oder mit Verwundungen an Körper oder Seele zurückgekehrt
sind. Wir werden sie nicht vergessen, ihnen
gelten weiterhin unsere Gedanken und unsere Sorge.“
Bundesministerin der Verteidigung
Dr. Ursula von der Leyen
(Auszug aus einem „Offenen Brief“ des
Bundesministers des Auswärtigen, des Bundesministers des Innern, der Bundesministerin
der Verteidigung und des Bundesministers
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung.)
Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung
Dr. Gerd Müller
3
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Brotverkäufer in Kabul.
4
Afghanistan geht es
heute deutlich besser als 2001
← Brotverkäufer in Kabul.
5
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
D
ie Bundesregierung handelt nach
dem Verständnis, dass Sicherheit, Entwicklung und ein innerafghanischer Versöhnungsprozess entscheidende Faktoren
sind, die Afghanistan eine Zukunft in
Stabilität und Prosperität ermöglichen
können.
Als im Jahr 2001 Afghanistan mit Hilfe des
militärischen Eingreifens der internationalen Gemeinschaft von der Herrschaft der
Taliban befreit wurde, fand ein autoritäres
Regime sein Ende, das die Ausbildung internationaler Terroristen im Land duldete und
förderte, Pressefreiheit unterdrückte, universale Menschenrechte missachtete und
eine Willkürherrschaft ausübte. Deutschland und die internationale Gemeinschaft
Die Verbesserung der Situation von
Mädchen und Frauen ist ein zentrales Anliegen der Bundesregierung in allen Schwerpunkten der Entwicklungszusammenarbeit
und ein wichtiges Thema des politischen Dialogs zwischen den Regierungen. So hat die
deutsch-afghanische Entwicklungszusammenarbeit unter anderem Frauen und Mädchen einen leichteren Zugang zu Bildungsinstitutionen ermöglicht.
6
haben für Afghanistan und seine Bevölkerung seither viel erreicht, aber am Ziel sind
wir noch lange nicht.
Die kurze Zusammenfassung der Zwischenbilanz des Afghanistan-Engagements
erläutert, wo das Land Afghanistan heute
insgesamt steht, auch wenn es regional unterschiedliche Ausprägungen gibt: Wie hat
sich die Regierungsführung in Afghanistan
entwickelt? Wie steht es um die Achtung
der Menschenrechte, um Pressefreiheit und
Zivilgesellschaft? Wie steht es um die innere
Sicherheit? Sind die afghanischen Sicherheitskräfte in der Lage, diese zu gewährleisten? Was wurde beim Wiederaufbau erreicht? Gibt es Anhaltspunkte für eine
positive Entwicklung des Landes?
DA S D E U T S C H E E N G A G E M E N T I N A F G H A N I S TA N
↑
7
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Das ISAF - Abzeichen an der Uniform eines deutschen Soldaten des Jägerbataillons 292.
Die 500 Soldaten des Bataillons waren seit dem Sommer 2011 im Auftrag der NATO-Schutztruppe ISAF im Norden Afghanistans im Einsatz.
8
Das Afghanistan-Engagement
seit 2001
← Das ISAF - Abzeichen an der Uniform eines deutschen Soldaten des Jägerbataillons 292.
Die 500 Soldaten des Bataillons waren seit dem Sommer 2011 im Auftrag der NATO-Schutztruppe ISAF im Norden Afghanistans im Einsatz.
9
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
D
eutschland engagiert sich seit 2001 in
Afghanistan sowohl militärisch als auch
beim zivilen Wiederaufbau. Dazu zählt, dass
sich die Bundesrepublik Deutschland mit
Zustimmung des Deutschen Bundestages an
der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) in Afghanistan beteiligt
hat. ISAF war ein vom Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen mandatierter militärischer Stabilisierungseinsatz. Dieser sollte
Afghanistan in die Lage versetzen, die Verantwortung für Sicherheit, Recht und Ord-
1. Schaffung eines stabilen afghanischen
Staatswesens, auch um dem internationalen
Terrorismus die Basis zu nehmen.
2. Unterbindung der destabilisierenden Ausstrahlung der Taliban auf das regionale Umfeld Pakistan, Indien und Zentralasien.
3. Eine bessere Zukunft für das afghanische
Volk, das zwischen 1979 und 2001 zuerst
eine ausländische Intervention, dann einen
Bürgerkrieg hatte erleiden müssen.
10
nung im gesamten Land selbst in die Hand
nehmen zu können. ISAF übernahm dabei
die Aufgabe einer militärischen Unterstützung der afghanischen Sicherheitsorgane.
Das deutsche Engagement konzentrierte
sich dabei im Schwerpunkt auf den Norden
des Landes sowie den Bereich um die
Hauptstadt Kabul.
Drei Ziele standen für die internationale
Gemeinschaft im Vordergrund:
DA S A F G H A N I S TA N - E N G A G E M E N T S E I T 2001
↑ Der UN-Sicherheitsrat tagt unter Vorsitz Deutschlands am 6. Juli 2011. Neben den
Umbrüchen in der arabischen Welt war Afghanistan ein Thema der Debatte.
11
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Eindrücke von der Verfassungsgebenden Versammlung , Kabul 2013.
12
Der afghanische Staat entwickelt sich
in die richtige Richtung
← Eindrücke von der Verfassungsgebenden Versammlung , Kabul 2013.
13
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
↑ Eindrücke von der Verfassungsgebenden Versammlung , Kabul 2013.
Verfassung
D
ie neu erarbeitete afghanische Verfassung, die am 3. Januar 2004 in Kraft trat,
gibt heute dem afghanischen Staat einen
rechtsstaatlichen Rahmen. Die Verfassung
sieht ein präsidentielles System mit einem
aus zwei Kammern gebildeten Parlament
vor. Der Islam ist Staatsreligion; alle anderen
Glaubensgemeinschaften können ihren
Glauben praktizieren. Zu den von der Verfassung vorgegebenen Staatszielen zählen
u. a. der „Schutz der Menschenrechte“ und
die „Verwirklichung der Demokratie“.
14
Wahlen
In den Jahren 2004, 2009 und 2014 fanden
Präsidentschaftswahlen statt. Im Jahr 2014
erlebte Afghanistan dabei erstmals in seiner
Geschichte einen Wechsel im Amt des Präsidenten aufgrund einer freien Wahl, an der
die Mehrheit des afghanischen Volkes teilgenommen hatte. 2014 wurden auch die
dritten Provinzratswahlen seit dem Fall
des Taliban-Regimes 2001 durchgeführt.
Demokratische Wahlen sind dadurch mittlerweile zu einem Teil der afghanischen
Lebenswirklichkeit geworden.
D E R A F G H A N I S C H E S TA AT E N T W I C K E LT S I C H I N D I E R I C H T I G E R I C H T U N G
Menschenrechtslage
Die Menschenrechtslage hat sich seit 2001
eindeutig verbessert. Der sichere Zugang zu
Bildung ist für viele Einwohner Afghanistans Realität geworden, auch für Mädchen.
Frauen haben sich mehr gesellschaftliche
Freiräume erkämpft, nicht nur in den Parlamenten, wo sie ein Viertel der Abgeordneten
stellen.
Der afghanische Verfassungsgeber hat, nicht
zuletzt als Reaktion auf die schrecklichen
Verbrechen der Taliban, einen umfassenden
und ambitionierten Grundrechtekatalog
verabschiedet. Allerdings stößt die praktische Umsetzung dieser Rechte in einem so
von Kriegsfolgen und Entwicklungsherausforderungen geprägten Land wie Afghanistan auf erhebliche Probleme. Die vollständige Durchsetzung der Menschenrechte bleibt
eine Generationenaufgabe.
↓ Eine Afghanin aus der Provinz Herat
macht während der Präsidentschaftswahlen am 5.April 2014 von ihrem
Wahlrecht Gebrauch.
15
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Eine Afghanin informiert sich im “Young Women For Change” Internet Cafe.
16
Die afghanische Gesellschaft
verändert sich grundlegend
← Eine Afghanin informiert sich im “Young Women For Change” Internet Cafe.
17
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Zivilgesellschaft
H
eute sind bis zu 3.000 Nichtregierungsorganisationen (NRO) Teil der Zivilgesellschaft. Die große Zahl der NRO ist dem
Engagement gerade junger Afghaninnen
und Afghanen geschuldet, aber auch Folge
konsequenter internationaler Förderung. Als
Gegengewicht zur Regierung und starken,
beharrenden Strömungen im Parlament
haben sie maßgeblich zur Verteidigung zivilgesellschaftlicher Errungenschaften beigetragen. Dennoch sind Einschüchterungen
von zivilgesellschaftlichen Aktivisten an der
Tagesordnung. Auch ist das Verhältnis zwischen Zivilgesellschaft und Regierung nicht
spannungsfrei.
Jedoch entsprechen nicht alle Medien den
Standards fairer und unabhängiger Berichterstattung. Auch behindern Einschüchterungen die Arbeit von Journalisten und sind
ursächlich für Selbstzensur. Ohne Medien
und Zivilgesellschaft wäre allerdings der
ungewöhnlich programmatische Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen 2014
wie auch die sehr hohe Wählermobilisierung
schwer vorstellbar gewesen.
Gewährleistung der Pressefreiheit
Afghanistan ist geprägt von einer der vielfältigsten und freiesten Medienlandschaften
der Region. 75 Fernsehsender, fast 200 Radiostationen und Hunderte von Printmedien gewähren der Bevölkerung Zugang zu
unterschiedlichsten Informationen. Die
Medien sind ein wichtiges politisches und
gesellschaftliches Korrektiv, das seiner
Kontrollfunktion gegenüber der Exekutive
durchaus gerecht wird.
18
→ Die afghanische Gesellschaft schätzt die
neue Medienvielfalt.
D I E A F G H A N I S C H E G E S E L L S C H A F T V E R Ä N D E RT S I C H G R U N D L E G E N D
Die afghanische Gesellschaft schätzt die
neue Medienvielfalt.
19
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Ein Soldat der Afghanischen Nationalarmee (ANA) bewacht im Camp Shaeen
bei Mazar-e-Scharif das Hauptquartier der ANA im Norden, Dezember 2013.
20
Sicherheitsverantwortung in
afghanischer Hand
← Ein Soldat der Afghanischen Nationalarmee (ANA) bewacht im Camp Shaeen
bei Mazar-e-Scharif das Hauptquartier der ANA im Norden, Dezember 2013.
21
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
↑ Die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York, Arlington (Virginia) bei
Washington D.C. und Pittsburgh, Pennsylvania kosteten vielen Menschen das Leben.
Von Afghanistan geht keine Gefahr
einer internationalen terroristischen
Bedrohung mehr aus
D
as ursprüngliche Ziel der internationalen Gemeinschaft nach dem 11. September 2001, dass Afghanistan künftig nicht
mehr als Ausgangspunkt des Internationalen Terrorismus dienen dürfe, wurde erreicht. Islamistische Terrorgruppen wie
Al-Qaida verfügen hier heute über keinerlei
bekannte Operationsbasen.
22
Waren afghanische Sicherheitskräfte 2001 so
gut wie nicht vorhanden, hat nicht zuletzt
der Verlauf der Wahlen 2014 gezeigt, dass
sich die afghanischen Sicherheitskräfte ihrer
landesweiten Sicherheitsverantwortung
stellen. Die afghanischen Sicherheitsorgane
haben seit Juni 2013 die Sicherheitsverantwortung in allen Distrikten ihres Landes von
der internationalen militärischen Präsenz
übernommen.
S I C H E R H E I T S V E R A N T W O RT U N G I N A F G H A N I S C H E R H A N D
Afghanische Sicherheitskräfte
funktionstüchtig
Mandat des Deutschen Bundestages
für die Mission „Resolute Support“
Das Ansehen von Armee und Polizei ist in
der afghanischen Öffentlichkeit gestiegen
und steigt weiter. Dies liegt neben der Ausbildungstätigkeit der internationalen Gemeinschaft an einer positiven Identifikation
mit dem neuen afghanischen Staatswesen.
Resolute Support stellt die Nachfolgemission
des am 31. Dezember 2014 beendeten
ISAF-Einsatzes dar. Der Deutsche Bundestag
stimmte am 18. Dezember 2014 zu, bewaffnete deutsche Streitkräfte zur Beteiligung
an dieser NATO–geführten Mission nach
Afghanistan zu entsenden. Mit der Mission
werden die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte auf den höheren Ebenen
(Ministerien, Hauptquartiere, Regionalkommandos) weiter ausgebildet, beraten und
unterstützt. Sie ist kein Kampfeinsatz und
hat auch nicht die Aufgabe, sich direkt an
der Terror- oder Drogenbekämpfung zu beteiligen.
Die heutige Stärke und die vorhandenen Fähigkeiten der afghanischen Sicherheitskräfte
sind Ausdruck der Aufbauleistung der internationalen Gemeinschaft. Die Kräfte sind in
der Lage, die Sicherheit – zumindest entlang
der Hauptverkehrswege und in Ballungsgebieten – ausreichend zu gewährleisten.
Deutschland wird die afghanischen Sicherheitskräfte auch zukünftig mit rund
150 Mio. Euro pro Jahr unterstützen.
↓ Die afghanischen Sicherheitskräfte werden heute systematisch geschult und ausgebildet.
23
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
↑ Der Deutsche Bundestag entscheidet über Dauer und Umfang des deutschen Engagements
in Afghanistan.
Das Mandat des Deutschen Bundestages
begann am 1. Januar 2015 und endet zunächst am 31. Dezember 2015. Die Rahmenbedingungen für den Status, insbesondere
die Rechte und Pflichten, des an dem Einsatz
beteiligten Personals wurden durch das zwi-
schen der NATO und Afghanistan am
30. September 2014 unterzeichnete und am
1. Januar 2015 in Kraft getretene Statusabkommen (NATO-Afghanistan Status of
Forces Agreement) festgelegt.
→ Die offizielle Zeremonie zum Beginn der Resolute Support Mission fand am
28. Dezember 2014 im ehemaligen Hauptquartier der ISAF statt.
24
S I C H E R H E I T S V E R A N T W O RT U N G I N A F G H A N I S C H E R H A N D
Die offizielle Zeremonie zum Beginn der Resolute Support Mission fand am
28. Dezember 2014 im ehemaligen Hauptquartier der ISAF statt.
25
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Die afghanische Polizei
Am Polizeiaufbau in Afghanistan beteiligten
sich neben Deutschland auch viele andere
Staaten und Organisationen. Deutschland
hat den Neuaufbau der afghanischen Polizei
mit Schwerpunkt für den Bereich der Ausund Fortbildung mit zeitweise über 200
Polizeibeamtinnen und -beamte unterstützt
und sich in zwei Polizeimissionen – seit 2002
in dem bilateralen deutschen Polizeiprojekt
(das spätere GPPT, German Police Project
Team) und seit 2007 in der europäischen
EUPOL-Mission - engagiert.
Das bilaterale deutsche Engagement war
darauf ausgerichtet, insbesondere durch den
Aufbau der Nationalen Polizeiakademie in
Kabul sowie mehreren Polizeitrainingszentren in Kabul und im Norden feste und nachhaltig wirkende Ausbildungsstrukturen für
die afghanische Polizei zu schaffen.
Die Leistungsfähigkeit der afghanischen
Polizeikräfte ist in den letzten Jahren dank
der internationalen Unterstützung spürbar
gestiegen. Hervorzuheben ist, dass die Wahlen im Jahr 2014 professionell abgesichert
und erfolgreich durchgeführt wurden.
Das bilaterale Polizeiprojekt und die EUPOL
Afghanistan Mission werden 2015 fortgesetzt. Schwerpunkte sind Beratung des
afghanischen Innenministeriums und die
weitere Unterstützung der afghanischen
Polizei.
← Deutsche Polizei bildet afghanische Sicherheitskräfte im Auffinden und Entschärfen
von Sprengstoffen aus, Flughafen Kabul
Februar 2015.
26
S I C H E R H E I T S V E R A N T W O RT U N G I N A F G H A N I S C H E R H A N D
↑ Präsident Ashraf Ghani am 1. Januar 2015 in Kabul.
Dialog mit den Taliban
Verzögerungen beim Aufbau der afghanischen Sicherheits- und Regierungsstrukturen hatten zum zwischenzeitlichen Wiedererstarken der Taliban beigetragen. Diese
Entwicklung zu stoppen, gelang zunächst
durch eine konsequente Verstärkung von
ISAF. Vor allem aber der Übergang zu einer
ganzheitlicheren Strategie der Aufstandsbekämpfung sowie Aufbau, Ausbildung und
Finanzierung der afghanischen Streitkräfte
und Polizei trugen dazu bei, den destabilisierenden Einfluss der Taliban zu begrenzen.
Die Bundesregierung sieht in einem substantiellen Friedens- und Versöhnungsprozess unverändert die entscheidende Bedingung für einen dauerhaften Frieden in
Afghanistan. Die Bemühungen haben bisher jedoch keinen durchgreifenden Erfolg
gebracht. Der neue afghanische Präsident
Ghani hat angekündigt, insbesondere dem
Aspekt Versöhnung große Aufmerksamkeit
widmen zu wollen.
27
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Bekämpfung des Drogenanbaues
Nichts stellt für die Schaffung eines Rechtsstaats in Afghanistan eine größere Herausforderung dar als die Drogenwirtschaft und
die damit verbundene organisierte Drogenkriminalität. Afghanistan war mindestens
seit 1997 (mit der Ausnahme des Jahres
2001) Jahr für Jahr der größte Opiumproduzent der Welt. Den verschiedenen Anstrengungen der für die Bekämpfung des Drogenanbaus zuständigen afghanischen Regie-
rung und der Vereinten Nationen war bisher
kein durchgreifender Erfolg beschieden.
Wichtig im Kampf gegen den Drogenanbau
sind korruptionsresistente Sicherheits- und
Regierungsorgane, eine funktionierende Justiz – von der polizeilichen Ermittlungsarbeit,
über die Anklageerhebung, die Aburteilung
nach ordentlichen Verfahren bis zum Strafvollzug – und schließlich eine zuverlässige
Entwicklungsperspektive, die den Bauern
langfristig Einkommensalternativen eröffnet.
→ Vernichtung von Mohnpflanzen in Nehr Suraj, Provinz Helmand, März 2011.
28
S I C H E R H E I T S V E R A N T W O RT U N G I N A F G H A N I S C H E R H A N D
Vernichtung von Mohnpflanzen in Nehr Suraj, Provinz Helmand, März 2011.
29
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Die Versorgung mit trinkbarem Wasser ist eine entscheidende Voraussetzung für die
Gesundheit der Menschen.
30
Fortschritte bei
Wiederaufbau und Entwicklung
← Die Versorgung mit trinkbarem Wasser ist eine entscheidende Voraussetzung für die
Gesundheit der Menschen.
31
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
D
as internationale Engagement hat eine
Vielzahl positiver Entwicklungen angestoßen:
- In den Jahren seit 2001 ist die Lebenserwartung in Afghanistan deutlich gestiegen.
Während die Menschen in Afghanistan
heute durchschnittlich rund 60 Jahre alt
werden, lag die Lebenserwartung 2001
noch bei 45 Jahren (Quelle: WHO, HDR )
bzw. 55 Jahren (Quelle: Weltbank).
- Das Bruttoinlandsprodukt lag 2001 bei
knapp 2,5 Milliarden US-Dollar, 2013 war
es auf 21 Milliarden US-Dollar (Quelle:
Weltbank) angestiegen. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf hat sich zwischen 2001
und 2013 mehr als versechsfacht und betrug 2013 nach Schätzungen 670 US-Dollar. Die wirtschaftlichen Strukturen des
Landes bleiben dennoch fragil.
- 2001 gingen knapp eine Million Schüler in
die Schulen – fast ausnahmslos Jungen -,
heute sind es zwischen acht und neun Millionen, darunter ungefähr 40 Prozent Mädchen (Quelle: UNICEF und afghanische
Regierung).
- Heute gibt es in Afghanistan ein –zuvor
kaum existentes – formales Berufsbildungssystem, das mit deutscher Unterstützung aufgebaut wurde. Die Zahl der Berufsschulen ist von 31 im Jahr 2002 auf 250
im Jahr 2012 angestiegen. Immer mehr
junge Afghaninnen und Afghanen erhalten
dadurch eine berufliche Perspektive.
→ Unterricht an der „Aishe - i - Durani“ Schule, Kabul.
32
F O RT S C H R I T T E B E I W I E D E R A U F B A U U N D E N T W I C K LU N G
↑ Künftige Maschinenschlosser am „Kabul Mechanical Institute“, März 2011.
Unterricht an der „Aishe - i - Durani“ Schule, Kabul.
33
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Der Agrarsektor war schon immer der wichtigste Teil der afghanischen Exportwirtschaft
und wird dies auch auf absehbare Zukunft hin
bleiben. Grund ist der Reichtum an natürlichen Ressourcen, die ideale Rahmenbedingungen für die Produktionen von Trockenfrüchten und Nüssen liefern sowie die räumliche Nähe zu stark wachsenden Märkten wie
Indien, Pakistan und Iran. Die deutsch-afghanische Entwicklungszusammenarbeit unterstützt Afghanistan, den Export wieder anzukurbeln und dadurch Arbeitsplätze im Land zu
schaffen.
- Das Mobiltelefon ist auch in der afghanischen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Heute gibt es knapp 20 Millionen
Mobilfunkverträge in Afghanistan, 2001
waren es 21.000 (Quelle: USAID). Hier
zeigt sich besonders: Während Afghanistan
unter den Taliban nicht nur politisch in
weitgehender Selbstisolation verharrte, ist
es heute auch technisch mit seiner Umgebung vernetzt.
- Einen Stromanschluss hatten 2002 nur
sechs Prozent der Bevölkerung, heute sind
es 30 Prozent, allein in Kabul profitieren
mehr als zwei Millionen Afghanen von
rund um die Uhr verfügbarem Strom
(Quelle: USAID).
→ Das Mobiltelefon ist auch in der afghanischen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken.
34
F O RT S C H R I T T E B E I W I E D E R A U F B A U U N D E N T W I C K LU N G
↑ Die afghanische Wirtschaft erholt sich vom Bürgerkrieg.
Das Mobiltelefon ist auch in der afghanischen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken.
35
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
- Die Müttersterblichkeit ist dramatisch
gesunken: Lag die Zahl der Todesfälle pro
100.000 Lebendgeburten in Afghanistan im
Jahr 2003 bei 1600 Fällen, so sind es 2010
noch 327 Todesfälle (Quelle: UNDP).
- An den Universitäten in Afghanistan wurden 2001 rund 8.000 Studenten unterrichtet, heute sind es 100.000, darunter viele
Studentinnen (Quelle: Weltbank).
↑ Intensivstation eines Kinderkrankenhauses, Kabul.
36
F O RT S C H R I T T E B E I W I E D E R A U F B A U U N D E N T W I C K LU N G
↑ Studierende der “Kardan University” in Kabul, September 2013.
37
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
- Seit 2002 sind zwischen 4,7 und 5,7 Millionen Flüchtlinge nach Afghanistan zurückgekehrt. Freilich leben weiterhin noch etwa
1,7 Millionen registrierte Flüchtlinge in
Pakistan und etwa eine Million in Iran. In
den 1980er Jahren war mehr als die Hälfte
der afghanischen Bevölkerung auf der
Flucht (Quelle: UNHCR).
- Der von Deutschland für den zivilen Wiederaufbau und die Entwicklung aufge-
wandte Gesamtbetrag im Zeitraum 20012013 betrug insgesamt rund 3,35 Milliarden Euro. Die Bundesregierung stellte seit
2010 jährlich 430 Millionen Euro für den
zivilen Wiederaufbau des Landes zur Verfügung. Damit ist Afghanistan weiterhin
einer der wichtigsten Empfänger deutscher
ziviler Unterstützung. Der afghanischen
Regierung obliegt es jetzt, notwendige Reformen zu veranlassen, um noch bestehenden Entwicklungshemmnissen entgegenzuwirken.
↑ Sauberes Wasser ist für die Bevölkerung lebenswichtig.
38
F O RT S C H R I T T E B E I W I E D E R A U F B A U U N D E N T W I C K LU N G
↑ Mitarbeiter im Umspannwerk in Mazar e-Sharif, Nordafghanistan, Juni 2011.
39
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
Die Zukunft Afghanistans hängt gerade auch von guter Bildung und Ausbildung der Jugend ab.
40
Fazit und Ausblick auf das
weitere Engagement
← Die Zukunft Afghanistans hängt gerade auch von guter Bildung und Ausbildung der Jugend ab.
41
A F G H A N I S TA N B I L A N Z
D
ie Bundesregierung wird Afghanistan
auch weiterhin nach Kräften unterstützen. So wird das zivile Engagement Deutschlands auf dem hohen Niveau von bis zu 430
Millionen Euro pro Jahr bis 2016 fortgesetzt,
die Finanzierung der afghanischen Sicherheitskräfte (Polizei und Streitkräfte) wird
zusätzlich mit zunächst rund 150 Millionen
Euro pro Jahr weitergeführt.
Die afghanischen Sicherheitskräfte werden
weiterhin durch die Mission „Resolute Support“ unterstützt. „Resolute Support“ umfasst zunächst etwa 12.000 Soldatinnen und
Soldaten von NATO-Alliierten und weiteren
Partnerstaaten. Mit einem Einsatzkontingent von 850 Soldatinnen und Soldaten setzt
Deutschland die bislang erfolgreiche Arbeit
fort und leistet in Kabul sowie in führender
Rolle im Norden des Landes seinen Beitrag
bei der Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte.
42
Das bilaterale deutsche Polizeiprojekt und
die EUPOL Afghanistan Mission werden
fortgesetzt und konzentrieren sich auf die
Beratung des afghanischen Innenministeriums und der afghanischen Polizei.
Insgesamt ist klar: die internationale Gemeinschaft und das afghanische Volk selbst
haben viel erreicht. Als Ergebnis, auch des
außerordentlichen Beitrages Deutschlands,
geht es dem Land heute deutlich besser als
2001. Afghanistan hat eine realistische
Chance auf eine bessere Zukunft.
Für die Bewältigung der Herausforderungen,
denen Afghanistan gegenübersteht, bedarf
es jedoch weiterhin der Geduld und eines
langen Atems.
FA Z I T U N D AU S B L I C K AU F DA S W E I T E R E E N G A G E M E N T
↑ Die EUPOL Afghanistan Mission wird ebenfalls fortgesetzt.
43
W E I T E R E I N F O R M AT I O N E N
Zur weiteren Information:
Themenseite Afghanistan
http://www.bundesregierung.de/Webs/
Breg/DE/Themen/Afghanistan/_node.html
Fortschrittsbericht Afghanistan
http://www.bundesregierung.de/Content/
DE/StatischeSeiten/Breg/Afghanistan/201112-27-fortschrittsbericht-afghanistan.
html?nn=392318
Informationen der Bundesregierung über
das deutsche Engagement in Afghanistan:
http://www.ez-afghanistan.de/de/
Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan, Januar 2014; Hrsg. BMZ; Download:
http://www.bmz.de/de/zentrales_downloadarchiv/laender/EZ-Broschuere_Deutsche_
Zusammenarbeit_mit_Afghanistan.pdf
44
Neue Entwicklungspolitische Strategie für
die Zusammenarbeit mit Afghanistan im
Zeitraum 2014–2017; Verlässliche Partner
in Zeiten des Umbruchs; BMZ-Strategiepapier 3-2014;
Download: http://www.bmz.de/de/mediathek/publikationen/reihen/strategiepapiere/Strategiepapier342_03_2014.pdf
Entwicklung für Frieden und Sicherheit;
Entwicklungspolitisches Engagement im
Kontext von Konflikt, Fragilität und Gewalt; BMZ-Strategiepapier 4-2013;
Download: http://www.bmz.de/de/mediathek/publikationen/reihen/strategiepapiere/Strategiepapier328_04_2013.pdf
Links:
Länderinformationen des BMZ zum deutsche Enaggement in Afghanistan: http://
www.bmz.de/de/was_wir_machen/laender_regionen/asien/afghanistan/index.html
IMPRESSUM
Impressum
Herausgeber
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung,
11044 Berlin
Stand
Juni 2015
Druck
Druck- und Verlagshaus
Zarbock GmbH & Co. KG
60386 Frankfurt am Main
Gestaltung
MediaCompany – Agentur für Kommunikation GmbH
Bildnachweis
Titel (o. l.): Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)/Simkin; Titel (o. r.): GIZ; Titel (u. l.): picture
alliance /dpa/EPA/S. Sabawoon; Titel (u. r.): Bundeswehr/Neumann; Seite 2 (l., r.): Bundesregierung/Denzel; Seite 3 (l., r.):
Bundesregierung/Kugler; Seite 4/5: GIZ/ Sebastian Widmann;
Seite 7: Bundeswehr/Stollberg; Seite 8/9: picture alliance/dpa/
Seeger; Seite 11: UN Photo/Berkowitz; Seite 12/13: picture
alliance /dpa/EPA/S. Sabawoon; Seite 14/15: Reuters/Sobhani;
Seite 16/17: AFP Photo/Marai; Seite 19 (o.): picture-alliance/
dpa/Koene; Seite 19 (u.): AFP Photo/Karimi; Seite 20/21: picture
alliance /dpa/Gambarini; Seite 22: picture-alliance/dpa/epa/
afp/Mcallister; Seite 23: Bundeswehr/Bienert; Seite 24: Bundesregierung/Bergmann; Seite 25: picture alliance/AP Photo/
Hossaini; Seite 26: GermanPoliceProjectTeam/BMI (GPPT);
Seite 27: picture alliance/AP Photo/Gul; Seite 29: Reuters/Abdul
Malik Watanyar; Seite 30/31: GIZ/Widmann; Seite 33 (o.): GIZ;
Seite 33 (u.): Bundeswehr/Stollberg; Seite 35 (o.): GIZ/Widmann;
Seite 35 (u.): GIZ/Jawad Seddiqi; Seite 36: Thomas Trutschel/
photothek.net; Seite 37: picture alliance/AP Photo/Jamshid;
Seite 38: GIZ/Widmann; Seite 39: photothek.net/Koehler; Seite
40/41: GIZ/Krautgasser; Seite 43: EUPOL Afghanistan
Weitere Informationen
www.bundesregierung.de
Die Bundesregierung auf Facebook
www.facebook.com/Bundesregierung
Folgen Sie dem Regierungssprecher auf Twitter
www.twitter.com/regsprecher
Die Regierungs-App kostenlos
zum Herunterladen: