Bericht aus der Aargauer Zeitung vom 22.01.2016

FREIAMT 27
AARGAUER ZEITUNG
FREITAG, 22. JANUAR 2016
Mutter von Reformator Bullinger
lebte zuerst im Konkubinat
Bremgarten Anna Wiederkehr hielt trotz Widerständen treu zu ihrem Mann
VON JÖRG BAUMANN
Der
Reformator
Heinrich
Bullinger
(1504–1575) aus Bremgarten hinterliess
breite Spuren. Sein Werk und Leben ist vielen bekannt. Seine Vaterstadt ehrte ihn
2004 unter anderem mit einem Schauspiel, das auf dem Schellenhausplatz aufgeführt wurde. Im Schatten des berühmten
Sohnes verblieb bisher seine Mutter Anna
Wiederkehr. Der Bremgarter Historiker Reto Jäger recherchierte in den Archiven und
beschreibt Bullingers Mutter in den Bremgarter Neujahrsblättern 2016.
Im Konkubinat mit einem Priester
Anna Wiederkehr wurde 1470 als Tochter von Heinrich Wiederkehr und seiner
zweiten Frau Anna (geborene Möringer)
geboren. Dem Vater gehörte die Obere
Mühle, die Hädschenmühle in Dietikon.
Die Innere Mühle an der Reuss in Bremgarten (heute Liegenschaft Reussgasse 7, 9
und 11) erwarb Heinrich Wiederkehr vom
Frauenkloster Hermetschwil und übersiedelte mit seiner Familie nach Bremgarten;
wann genau ist nicht bekannt. Am neuen
Wohnort wurde er Mitglied des Rates der
Stadt Bremgarten. Die Tochter Anna lernte
ihren Mann, den Priester Heinrich Bullinger, in der Stadt kennen. Die Verbindung
der beiden missfiel Vater Wiederkehr und
seinen Söhnen. Im Konkubinat mit einem
Priester? Undenkbar. Das verletzte ihre Familienehre. Der Vater und seine Söhne bedrohten Bullinger mit dem Tod. Das veranlasste Heinrich Bullinger und seine Frau
Anna, auf Distanz zu gehen. Das Paar zog
weit weg. In Arbon kam der erste Sohn, Johannes, 1496 zur Welt. Zwei Söhne starben
schon im Kindesalter. Zwei weitere, Heinrich und Hans Bernhard, erreichten das
Erwachsenenalter.
Anna Wiederkehr war nach den Worten
ihres Sohnes Heinrich «gar geschickt mit
Haushalten, Kochen und Rüsten, und sie
hatte Lust und Freude, der Welt Ehr und
Guthes anzuthun». «Den kranken Leuten
in der Stadt that sie mit Kochen, Schicken
und Besuchen viel Gutes». Das Haus der
Bullingers war offen für viele Besucher.
«Viel vornehme Ehrenleute» und auch Tagsatzungsboten konnten auf ihrer Reise von
und nach Baden bei den Bullingers in
Bremgarten einkehren. Schwer trugen die
SERIE
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NEUJAHRSBLÄTTER
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Die Frauen
im Mittelpunkt
Sieben herausragende Frauen aus Bremgarten aus dem
15. bis 20. Jahrhundert stehen
in den Bremgarter Neujahrsblättern 2016 im Mittelpunkt.
In einer Serie stellt die az
einige der Persönlichkeiten
vor. Zum ersten Mal lud die
Redaktionskommission einen
Schreibwettbewerb zu einem
Thema über Bremgarten ein.
Die besten Arbeiten wurden
in den Neujahrsblättern
aufgenommen. Die Jahresschrift ist für 30 Franken an
folgenden Verkaufsstellen in
Bremgarten erhältlich: Buchhandlung Furrer, Sunnemärt,
Schalter BDWM, Apotheke
Dr. A. Meier, Something Special, Marktgasse 20, Kaffee
und Gästehaus Spatz, Marktgasse 9. (BA)
Rudolfstetten
Umfrage zu
Tagesstrukturen
Nachdem das Thema Tagesstrukturen
anlässlich der Einwohnergemeindeversammlung vom 6. November 2015 in einem Antrag dem Gemeinderat zur Bearbeitung und Berichterstellung überwiesen wurde, fand im Dezember 2015
eine Sitzung mit Vertretern von Schulpflege und Schulleitung statt.
Im Rahmen eines Projektauftrags
wurde aufgrund der bereits geleisteten
Vorarbeiten die Schulpflege und Schulleitung
Rudolfstetten-Friedlisberg
mit der Ausarbeitung eines Konzepts
zur Einführung von Tagesstrukturen
beauftragt.
Wie der Gemeinderat mitteilt, wird
dazu demnächst eine Umfrage zur Bedarfserhebung durchgeführt. Bis im
Frühling sollten erste Ergebnisse und
daraus abgeleitet Erkenntnisse vorliegen. Ziel ist, dass der Gemeinderat anlässlich der Versammlung vom 10. Juni
Bericht erstatten kann. (AZ)
NACHRICHTEN
BUTTWIL
Jasmin Koch möchte in
die Finanzkommission
Anna Wiederkehr als alte Frau.
Eltern daran, dass der mittlere Sohn Hans
Bernhard als Einziger aus der Art schlug.
Er lernte Schuster, trieb sich herum, machte Schulden mit Spielen und Frauengeschichten und kam als Landsknecht im
Krieg gegen die Türken 1529 vor Wien ums
Leben.
Als sich Heinrich Bullinger und seine
Frau in Bremgarten niederliessen, verkraftete Vater Wiederkehr diesen Zuzug nicht.
Er verkaufte sein Haus in Bremgarten und
zog sich ins Limmattal zurück. Die Zeit in
Bremgarten war für das junge Ehepaar Anna Wiederkehr und Heinrich Bullinger von
beschränkter Zeitdauer. 1529 bekannte sich
Heinrich Bullinger in der Fastenzeit öffentlich zur Reformation, worauf der Stadtrat
ihn und seine Frau aus der Stadt verbannten, 1531 endgültig. Das Paar kam nach
Zürich. Im Grossmünster heirateten die
beiden nun hochoffiziell am 31. Dezember
1529.
GRAPHISCHE SAMMLUNG ZENTRALBIBLIOTHEK ZÜRICH
Freie Partnerwahl in Raten
Im Lebenslauf von Anna Wiederkehr
spiegelt sich der gesellschaftliche Wandel,
der sich in der Umbruchzeit um 1500 anbahnte und durch die Reformation gefördert wurde. Das zeigt sich zum einen am
Verständnis der Ehe. Frauen und Männer
wollten nicht länger von ihren Eltern verheiratet werden. Nicht Stand, Vermögen
und Familienrücksichten sollten die Partnerwahl bestimmen, sondern gegenseitige
Liebe und Zuneigung. Anna Wiederkehr
setzte dies durch, als sie mit Heinrich Bullinger eine Verbindung einging. Eheschliessungen ohne elterliche Zustimmung waren
verpönt. Mit dem Entscheid, gegen Widerstände zum Gatten zu halten, ist Anna Wiederkehr ein Vorbild für spätere Generationen. Erst das Institut der bürgerlichen Ehe
erschloss der Ehefrau zögerlich die Gleichberechtigung mit dem Ehemann. Diese
wurde in der Schweiz erst 1988 eingeführt.
Für die Ersatzwahl vom 28. Februar ist
frist- und formgerecht Jasmin KochScheuber, 1986, von Wolfenschiessen
NW, Galizistrasse 2, angemeldet worden. Es wird eine Nachmeldefrist von
fünf Tagen angesetzt, in der weitere
Vorschläge eingereicht werden können. Das erforderliche Formular kann
bei der Gemeindekanzlei bezogen
werden. Treffen bis zum 26. Januar um
12 Uhr keine weiteren Vorschläge ein,
wird Koch-Scheuber vom Wahlbüro
als in stiller Wahl gewählt erklärt. (AZ)
BUTTWIL
Öffnungszeiten über
Sportferien reduziert
Die Schalteröffnungszeiten während
der Sportferien, also vom 25. Januar
bis 5. Februar, werden wiederum eingeschränkt. Die Öffnungszeiten gelten wie folgt: Montag bis Freitag, von
8.00 bis 11.30 Uhr, Nachmittags geschlossen. Termine am Nachmittag
können nach telefonischer Voranmeldung weiterhin vereinbart werden.
(AZ)
✒ Schnitz und Drunder
Wie eine Frau zu einem Missen-Titel kommt und wie Männer
Frauen besser verstehen lernen
✒ Miss Züristrasse
Als «Miss Züristrasse» bezeichnete der
Murianer Gemeindepräsident Hampi
Budmiger seine Ratskollegin und Vizepräsidentin Milly Stöckli an einer Medienorientierung. Die Bezeichnung
greift allerdings zu kurz. Milly, zuständig für Umwelt, Tiefbau und Verkehr,
ist auch Miss Seetalstrasse, und wenn
sie genügend lang im Amt bleibt, wird
sie sogar zur Miss Luzernerstrasse.
Ob das reicht, dass Muri einmal zu einer Milly-Stöckli-Strasse kommt, ist allerdings eher fraglich.
✒ Haus für Flüchtlinge
Toller «Umesinge»-Abschluss In Bremgarten hat das traditionelle «Umesinge» der 30 Kinder und Jugendlichen vor dem Jahreswechsel ein Rekordergebnis gebracht. 4068 Franken und 70
Rappen kamen an zwei Singabenden von Haustüre zu Haustüre
und bei einem offenen Singanlass zusammen. Über das schöne Ergebnis freuten sich gleichermassen (von links): Verkehrsvereinspräsident Stephan Troxler, die Bremgarter Kantorei-Leiterin Heinrika Rimann und der in Jonen wohnende Ueli Speich, Stiftungsleiter von Zeka, den Zentren Körperbehinderter Aargau. Laut Speich
kommt das «Umesinge»-Geld in einen Spendentopf, woraus die Zeka für Kinder und Jugendliche Hilfsmittel und Zusatzleistungen finanziert, die von der öffentlichen Hand nicht abgegolten werden.
Das «Umesinge» steht unter dem Patronat des Verkehrsvereins und
wird seit fünf Jahren von Heinrika Rimann geleitet.
FOTO: SL
Das Haus der katholischen Kirchgemeinde Muri neben dem Matterhaus
beherbergt jetzt eine syrische Flüchtlingsfamilie mit fünf Kindern. Was in
Muri inoffiziell die Runde gemacht hat,
bestätigt Kirchenpflegepräsident Thomas Suter auf Anfrage. Informieren
will die Kirchenpflege allerdings erst
später. Tue Gutes und berichte darüber, ist in der Wirtschaft eine wichtige
Devise. Das steht auch der Kirche gut
an. Nur die schlechten Nachrichten verbreiten sich schliesslich wie von selber.
Hier wird nicht nur «Miss Züristrasse» ein Buswartehäuschen erhalten.
✒ Putzen macht Spass
gin und Reinigungsfachfrau Katharina
Zaugg an einem Vortrag im Zentrum
«Roos» erklärt. Und auch gleich, weshalb wir Männer nicht so gut darin
sind: Männer seien noch nicht lange
im Haushalt beheimatet. «Deshalb
sind ihre diesbezüglichen Fähigkeiten
nicht so gut ausgebildet.» Womit auch
klar ist, weshalb Frauen nicht so gut
die Bohrmaschine führen, nicht so gut
Öl im Auto nachfüllen können und
nicht so gut in der Beiz jassen: Sie sind
dort noch nicht so lange beheimatet.
Eine gute Nachricht kommt von den
Aargauer Landfrauen: Putzen macht
mit der richtigen Einstellung Spass und
sogar fit. Das jedenfalls hat die Ethnolo-
Zaugg gab den möglicherweise staunenden Frauen gleich einen wichtigen
✒ Mit der linken Hand
ES
Tipp, wie sie die beschränkten Fähigkeiten der Männer beim Putzen nachvollziehen können. Sie sollen die Hausarbeit einmal mit der linken Hand erledigen. «So bekommen Sie eine Vorstellung davon, wie sich die Männer dabei fühlen», wird sie in der «Neuen
Luzerner Zeitung» zitiert. Das ist eine
gute Idee und das machen wir Männer
jetzt auch. Wir führen die Bohrmaschine und füllen das Öl beim Auto nur mit
der linken Hand oder halten in der Beiz
die Jasskarten und die Stange Bier ausschliesslich mit der «falschen» Hand.
So werden wir zwar nicht zu Reinigungsexperten, aber vielleicht immerhin zu Frauenverstehern. (ES)