hier geht`s zum Pdf.

Swiss Education
Herausforderung
Kindergarten
Drei Probleme – drei
Chancen
Vortrag an der Stufenversammlung KG-/US-LehrerInnen
Bern, 28. Oktober 2015
Prof. Dr. Margrit Stamm
Professorin em. der Universität Fribourg-CH
Direktorin des Forschungsinstituts Swiss Education, Bern
Swiss Education
Ausgangslage
 Obligatorischer Kindergarten: Neue Bedeutung,
Aufwertung und Bekenntnis, dass frühe Förderung
ernst genommen wird.
 Diskrepante Entwicklungen: Frühleser – und
trotzdem massive Entwicklungsdefizite?
 Gelingender Übergang in den Kindergarten als
wichtigste Grundlage für die Meisterung späterer
Übergänge.
 Geringe Aufmerksamkeit gegenüber der
Problematik.
Swiss Education
Aufbau des Referats
 Problem 1: Verschulungstendenzen im Kindergarten
 Problem 2: Immer jüngere Kinder müssen in den
Kindergarten
 Problem 3: Mögliche Auswirkungen des LP 21 auf
den Kindergarten
 Konsequenzen: Probleme sehen, Chancen erkennen!
Swiss Education
Problem 1:
Verschulungstendenzen
im Kindergarten
Swiss Education
Gründe für das Verschulungsproblem
 Gesamtschweizerische Strukturreform HarmoS (Früherer
«Schuleintritt»; Neue Rolle der Kindergartenlehrkräfte;
jüngere Kinder)
 Kompensatorische Frühförderung
 Hirnforschung: Eltern als «Architekten der Kindergehirne»
 Elternehrgeiz, Förderkurse und Terminkindheiten
 Sicherheitsangst und Risikoscheu
 Und, vielleicht…: Die «Professionalisierung» der
Kindergartenlehrkräfte …
40%
17%
 Empirische Tatsache I:
In den
Kindergärten
31%
nimmt das
schulähnliche
Lernen zu.
12%
PRINZ-Studie (Best Practice in Kindergärten; N=24) und FRANZStudie (Früher an die Bildung; N=300 Eltern & Kinder)
 Empirische Tatsache II: Frühe Instruktion ≠ optimale
Bildungsförderung
!
Längsschnittstudie Frühlesen und Frührechnen als soziale Tatsachen, 1995 bis 2008 mit
N=400 Kindern in 12 Kantonen
 Empirische Tatsache III: Die spielerische frühe Förderung
ist die effektivste Lernform und der bedeutendste
Entwicklungsmotor!
Längsschnittstudie Frühlesen und Frührechnen als soziale Tatsachen, 1995 bis 2008 mit
N=400 Kindern in 12 Kantonen
Swiss Education
Problem 2:
Immer jüngere Kinder
im Kindergarten
Swiss Education
Sind es wirklich die «jüngeren» Kinder?
 Neue Betonung des biologischen Alters mit dem Stichtag
des 31. Juli.
 Gefahr der Überforderung (immer jüngere Kinder), aber
auch der Unterforderung (kindergartenfähig, aber nicht
zugelassen).
 Massive Entwicklungsdefizite, unabhängig vom Alter
(Treppen steigen, Hände selbst waschen, Schuhe binden,
WINDELN etc.).
 Diskussion der Kindergartenfähigkeit unabdingbar.
 Kindergartenfähigkeit als Prozess verstehen
 Nicht nur das Kind, sondern das ganze soziale System spielt eine
Rolle
 Eltern sind am wichtigsten. Trocken sein bei Kindergarteneintritt
gehört in ihre Verantwortung.
 Kriterien zur Kindergartenfähigkeit sind absolut legitim.
Swiss Education
Problem 3:
Mögliche
Auswirkungen des
LP 21 auf den
Kindergarten
Positive Aspekte
Negative Aspekte
 Steuerung der Volksschule  Zu umfangreich; wenig geeignet,
durch angemessene
um Lehrkräfte persönlich zu
Harmonisierung
motivieren
 Systematisches Regelwerk,  «Kompetenzorientierung»: frühes
professionelle Arbeit
schulähnliches, instruktionales
Lernen des spielerischen Lernens
(Fachorientierte Curricula)
 Eingearbeitete Bildungs Nivellierung a.g. der Grundanstandards (2., 6., 9. Klasse)
sprüche? Begabungsförderung?
 Ungeklärte Rolle des Spiels
Erkenntnisse aus der Forschung
Lehrplanreformen allein führen zu geringen Veränderungen im
Unterricht. Lehrkräfte haben viel mehr Einfluss.
FAZIT
Lehrkräfte sind superwichtig, Lehrpläne oder Strukturreformen
deutlich weniger («Hattie-Studie»).
Swiss Education
 Fragliche Kompatibilität der «Kompetenzorientierung» im
LP 21 mit dem Postulat fürs Spielen.
 LP 21 droht, im Kindergartenbereich zu Verschulung und
Instruktion zu führen.
 «Insbesondere das freie Spiel stellt ein zentrales und
vielschichtiges Lernfeld dar, das emotionale, soziale und
kognitive Prozesse mit einbezieht, anregt und
herausfordert».*
 Was heisst das? Was ist damit gemeint? (Floskel)
 Wie das freie Spiel in den Unterricht integriert werden
soll, bleibt völlig offen.
* http://vorlage.lehrplan.ch/index.php?nav=10%7C30&code=t%7C106
Swiss Education
 Frühe Förderung heisst nicht früherer und
didaktisierterer Erwerb schulischer Kompetenzen
(lesen, rechnen, schreiben)
 Guter spielorientierter Kindergartenunterricht ist
 ganzheitlich
 bewahrt Kinder vor Fremdbestimmung
 lässt Kinder auf spielerische und eigeninitiierte
Art das lernen, was in ihrem Bereich des
Möglichen liegt
 von Erwachsenen verantwortet, die dem Kind
Anregungen liefern und es ermuntern. Sie halten
sich jedoch stark zurück, es nicht andauernd zu
überwachen und anzuleiten.
 Guter Kindergartenunterricht führt auf solche Weise zu
Schulfähigkeit, aber nicht mit schulischen Methoden.
Swiss Education
Konsequenzen:
Probleme sehen,
Chancen erkennen
Grundsätzlich
 Selbstbewussteres, öffentliches Auftreten, Gunst der
Aufwertung des Kindergartens nutzen
Drohende Verschulung / LP 21
 Dem Spiel einen neuen Status zusprechen
 Mit Vorschulangeboten, Fachleuten (z.B.
Kinderärzten) zusammenarbeiten;
 Anti-Verschulung als Aus- und
Fortbildungsschwerpunkt fokussieren
 «Professionalität» auch als selbstkritischer Blick in
den Spiegel verstehen
«Jüngere» Kinder
 Individuelle Eingewöhnungszeit;
Kindergartenfähigkeit als Prozess verstehen
 Kindergartenkriterien breit abgestützt diskutieren
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
margritstamm.ch-> Forschung-> Publikationen ->
Dossiers