2. Vorlesung Von Adam Smith bis zur Zugangsgesellschaft

Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
Professur VWL III - Makroökonomie, insbesondere
Internationale Wirtschaftsbeziehungen
2. Vorlesung
Von Adam Smith bis zur Zugangsgesellschaft
Prof. Dr. Anne Neumann
28. Oktober 2015
Professur VWL III - Prof. Dr. Anne Neumann
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Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
Professur VWL III - Makroökonomie, insbesondere
Internationale Wirtschaftsbeziehungen
Semesterablauf
Mittwoch 15:30 -17:00 Uhr - 2/N115
KW
Termin
Thema
43
21.10.2015
1. Vom Verhalten der Individuen zum Verhalten einer Volkswirtschaft
44
28.10.2015
2. Von Adam Smith bis zur Zugangsgesellschaft
45
04.11.2015
46
11.11.2015
47
18.11.2015
48
25.11.2015
49
02.12.2015
50
09.12.2015
51
16.12.2015
52
19.12. - 02.01.2016
1
06.01.2015
2
13.01.2015
3
20.01.2015
4
27.01.2015
5
03.02.2015
6
08.02.2015
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Buß- und Bettag
Weihnachten/Neujahr
Beginn Prüfungsperiode
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WS 2015/2016
Inhaltsübersicht
1. Präliminarien: (Volks)wirtschaftliche Theorien
2. Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
3. Wirtschaftsordnungen
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3
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1. Präliminarien: (Volks)wirtschaftliche Theorien
Welchen Einfluss haben Werte auf den Wissenschaftler und seine Arbeit?
Position Max Webers:
• Auswahl des Forschungsgegenstandes: ZWECK ist subjektiv bestimmt
• Beschreibung des Tatbestandes: MITTEL sollen rational ausgewählt werden
Postulat der Werturteilsfreiheit: Zweck und Mittel stehen in einer spezifischen Form
zueinander
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1. Präliminarien: (Volks)wirtschaftliche Theorien
Max Webers Zweck-Mittel-Relation
• Entdeckungszusammenhang: enthält Werte
• Begründungszusammenhang: soll wertfrei sein
• Verwertungszusammenhang: enthält Werte
Fazit: aus Sein-Aussagen einer Theorie folgen keine Sollen-Aussagen.
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Ablauf
1. Präliminarien: wissenschaftliche Theorien
2. Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
3. Wirtschaftsordnungen
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WS 2015/2016
Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Physiokratie
Klassische Nationalökonomie
Marxismus
Neoklassik
Österreichische Schule
Keynesianismus
Ordoliberalismus
Monetarismus
Neue Institutionenökonomie
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
1800
1850
1900
1950
2000
Klassische Nationalökonomie
(1776 – 1869)
Physiokratie
(ca. 17581776)
Marxismus
(1848 – 1990)
Neoklassik
(1869 – 1930)
Neoklassik
(1970 – heute)
Österreichische Schule
(1871 – heute)
Keynesianismus
(1930 – heute; Post-Keynesianismus)
Ordoliberalismus
(1940 – heute)
Monetarismus
(1970 – heute)
Neue Institut.öko.
(1975 – heute)
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Physiokratie (1758-1776)
• Vertreter:
Francois Quesnay (1694-1774),
William Petty (1623-1687)
• Annahme: es existiert natürliches Gleichgewicht und eine natürliche Ordnung, welche die
Wirtschaft beherrscht
• Abbildung des Kreislaufes der Wirtschaft nach konfuzianischem Vorbild: zirkulierende
Wirtschaft zwischen Konsument und Produzent
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Klassische Nationalökonomie (1776-1869)
• Vertreter:
Adam Smith (1723-1790)
David Ricardo (1772-1823)
SMITH:
• er wollte die Ökonomie als eigene Wissenschaft verankern
• er behauptete, dass ein Mensch, der wie durch eine unsichtbare Hand gelenkt allein auf
das eigene wirtschaftliche Wohl aus ist, gleichzeitig zum Wohl aller beiträgt.
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Klassische Nationalökonomie (1776-1869)
SMITH:
• er konstatierte, dass der Markt sich selbst regulieren würde: Liberalismus
• gemäß seinem humanwissenschaftliches Modell existieren Naturgesetze des freien Marktes, da
jeder Mensch einen natürlichen Hang zum Tauschen besäße.
• Wie kann man diese Naturgesetze überprüfen?
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Klassische Nationalökonomie (1776-1869)
Weitere Annahmen der Klassik:
 Zusammenwirken von Menschen unterliegt bestimmten Gesetzmäßigkeiten.
 Knappheit ist der Antrieb von Handlungen.
 Arbeit hat einen Wert (Produktionsprozess) und verursacht Kosten.
 Angebot und Nachfrage: Gleichgewichtshypothese
Eine kritische Betrachtung:
• fehlende empirische Untersuchung
• Theorien und Modelle zu realitätsfern
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Marxismus (1848-1990/heute)
MARX:

Arbeit soll Gebrauchswerte schaffen

Arbeiter (Proletariat) soll frei über Arbeitskraft verfügen und sie Arbeitgebern (Bourgeoisie)
anbieten, die über Produktionsmittel verfügen.

im Kapitalismus wird Arbeiter ausgebeutet

Ziel: klassenlose Gesellschaft, in der Produktionsmittel "genossenschaftliches“ Eigentum sind
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Marxismus (1848-1990/heute)
Gemeinsamkeiten mit SMITH und RICARDO:
Vertreter der Arbeitswertlehre: der Wert eines Gutes wird durch die Produktionskosten im
Sinne des dafür notwendigen Arbeitsaufwandes bestimmt
Kritik:
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Neoklassik (1869-heute)
Annahmen:
 „homo oeconomicus“
 vollkommener Markt: keine persönlichen, zeitlichen oder regionalen Präferenzen der
Wirtschaftssubjekte, Güter sind homogen, Preise allen Marktteilnehmern bekannt, keine
Transaktionskosten, Zahlungsströme sind unendlich teilbar, vollkommene Konkurrenz
 Marktgleichgewicht: Angebot und Nachfrage treffen sich auf dem Markt und bestimmen
den Preis, dabei macht der Unternehmer keinen Gewinn.
 vollständige Informationen
 keine Externalitäten
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Österreichische Schule (1871-2008/heute)
Vertreter: Carl Menger, Léon Walras, Vilfredo Pareto, Ludwig von Mises
Friedrich August von Hayek
Wesentliche Annahmen:
• Geld ist nicht neutral
• Privateigentum und Eigentumsrechte sind unentbehrlich
• Subjektivismus, methodologischer Individualismus
• unterscheidet nicht zwischen Mikro- und Makroökonomie
• Handlungen haben Konsequenzen
• Preise signalisieren sowohl Knappheit als auch Überschüsse
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Österreichische Schule (1871-2008/heute)
Kritik:
• Hayeks Theorie ist in den 30er-Jahren „stecken geblieben“
• formale Fundierung fehlt
• zu strikte Ablehnung staatlicher Kriseninterventionen
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Keynesianismus (1930-heute)
Wichtigster Vertreter: John Maynard Keynes (1883–1946)
Zentrale Inhalte:
 Wirtschaftliche Konjunktur soll durch monetäre Einflüsse
gesteuert werden
 Fokus auf gesamtwirtschaftlichen Nachfrage als
entscheidende Größe für Wohlstand und Beschäftigung
 Marktwirtschaft würde nicht automatisch zur
Vollbeschäftigung tendieren: Investitionen durch Staat nötig
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Ordoliberalismus (1940-heute)
Wichtigster Vertreter: Walter Eucken (1891-1950)
Inhalte:
 fordern einen starken Staat, der über den Einzelinteressen steht
 Staat legt Schranken fest, in dem sich Einzelner bewegen darf
 besonderes Gewicht liegt dabei auf der Schaffung und
Sicherung einer Wettbewerbsordnung
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Monetarismus (1970-heute)
Wichtigster Vertreter: Milton Friedman (1912-2006)
Inhalte:
• Geldmenge soll durch die Zentralbanken derart gesteuert werden, dass sie möglichst ohne
Schwankungen mit dem Wachstum der volkswirtschaftlichen Produktion ausgeweitet wird
• gravierende Ausschläge der Konjunktur verhindert und eine stetige Wirtschaftsentwicklung
gesichert
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Neue Institutionenökonomie (1975-heute)
Vertreter: Ronald Coase (1910-2013)
Annahmen der NIÖ sind u.a.:
 opportunistisch handelnde Menschen
 Informationen sind asymmetrisch verteilt
 unvollständige Verträge
 es existieren Transaktionskosten
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Neue Institutionenökonomie (1975-heute)
Prinzipal-Agenten-Theorie
 Prinzipal ist ein Auftraggeber, Agent der Beauftragte
 Diesem Vertragsverhältnis liegen asymmetrische Informationen zugrunde:
 Ex ante: hidden intentions:
 Ex ante: hidden characteristics:
 Ex post: hidden action:
 Ex post: hidden information:
 Reduzierung der Unsicherheiten: monitoring costs oder signaling costs
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Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
Neue Institutionenökonomie (1975-heute)
Transaktionskosten-Theorie
 Kosten lassen sich aufschlüsseln in
a) Informationskosten
b) Verhandlungskosten
c) Vertragskosten
d) Kontrollkosten
e) Durchsetzung einer nachträglichen Vertragsanpassung
• Die Kosten sind abhängig von der Transaktion, je nach Unsicherheit und Risiko.
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Ablauf
1. Präliminarien: wissenschaftliche Theorien
2. Die bedeutendsten volkswirtschaftlichen Theorien
3. Wirtschaftsordnungen
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Wirtschaftsordnungen
Definition:
Wirtschaftsordnung als Gesamtheit aller jeweils realisierten Teilordnungen bzw. -strukturen, die
ein bestimmtes Ordnungsgefüge für das ökonomische Handeln der Menschen konstituieren
Kennzeichen:
Klassifikation:
Ausgangspunkt der Systematisierung der vielfältig beobachtbaren oder theoretisch ableitbaren
Wirtschaftsordnungen ist die Annahme, dass bestimmte Elemente, Teilordnungen bzw. strukturen den Charakter einer jeden Wirtschaftsordnung grundlegend bestimmen.
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Wirtschaftsordnungen
Soziale Marktwirtschaft
• weist auf der Basis kapitalistischen Wettbewerbs dem Staat die Aufgabe zu,
sozialpolitische Korrekturen vorzunehmen und auf sozialen Ausgleich hinzuwirken
• von L. Erhardt und A. Müller-Armack entwickelt
• Grundlage der dt. Wirtschafts- und Sozialordnung
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Wirtschaftsordnungen
Kapitalismus:
Kredit
Investitionen
Profit
mehr Kredit
mehr Investitionen
mehr Profit
usw…
Kennzeichen:
 dominierendes Privateigentum an den Produktionsmitteln und dezentraler Planung des
Wirtschaftsprozesses
 Vorherrschen des Erwerbsprinzips und der Rationalität
 rationale Arbeitsorganisation zur Gewinnerzielung auf Basis eines formalisierten
Rechnungskalküls
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Wirtschaftsordnungen
Exkurs: Das Ende des Kapitalismus wie wir ihn kennen?
Shoshana Zuboff (Ökonomin) über die Unterstützungsgesellschaft:
• Share Economy als Zeichen des Beginns einer neuen Wirtschaftsordnung, in dem nicht mehr
Unternehmen, sondern die Kunden das Sagen haben
• Aber: ein neues Wirtschaftssystem löst ein altes nicht auf einen Schlag ab
Jeremy Rifkin (Ökonom) über die Zugangsgesellschaft (access society)
• massive Verschiebungen „weg vom vertikalen kapitalistischen Shareholder-Markt“
• Zugangsgesellschaft eingeleitet durch Facebook oder Google
• Null-Grenzkosten-Annahme
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Ausblick auf Vorlesung 3
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