„Adam, Eva, und das Böse” von Marjo C.A. Korpel und Johannes C. de Moor (Sheffield Phoenix Press 2014) Ein Überblick von C. Jeynes, 24. August 2014 (übersetzt aus dem Englischen von R. Hetzendorfer, Juni 2015) Inhalt „Adam, Eva, und das Böse” ..................................................................................................... 1 Ugarit: ein antiker Hafen ...................................................................................................... 1 Aufriss des Buches: eine vorzeitliche ugaritische Erzählung in KTU 1.107/100 ................ 1 Der Text von KTU 1.107 ................................................................................................. 2 Der Text von KTU 1.100 ................................................................................................. 3 Ähnlichkeiten zwischen ugaritischer und hebräischer Literatur der Schöpfungsberichte ... 5 Der erste Schöpfungsbericht im Buch Genesis ................................................................ 5 Der zweite Schöpfungsbericht im Buch Genesis 2-4 ....................................................... 8 Exkurs ..................................................................................................................................... 12 Exkurs zur Bewahrung der alten hebräischen Redaktionen ............................................... 12 Exkurs zu Entsprechungen in alten Überlieferungen ......................................................... 13 Exkurs zur Entstehungszeit von Genesis ........................................................................... 14 Ähnlichkeiten zwischen hebräischer und ugaritischer Dichtung ........................................... 16 Schlussfolgerungen ................................................................................................................ 17 Ugarit: ein antiker Hafen 1928 wurde ein antikes Grab nahe dem Tell Ras Shamra, einer Landzunge an der Mittelmeerküste im Norden Syrien entdeckt. Diese liegt nahe der modernen Stadt Burj al-Qasab und etwa 11 km nördlich des modernen Hafen von Latakia. Das Tell war der Standort des antiken Hafens von Ugarit und war wichtig genug, um schon in der Jungsteinzeit (ca. 6000 v. Chr.) befestigt gewesen zu sein. Aber während ihrer Blütezeit, in der Spätbronzezeit, wurde sie 1190 v. Chr. von den „Seevölkern“ zerstört Das Grab selbst wird auf das 13. Jh. datiert und beinhaltete die einzige erhaltene Tafel in Ugaritisch. Sie ist das älteste Exemplar einer Sprache mit einer alphabetischen Schrift, welches wir haben. Außerdem weisen Korpel und de Moor darauf hin, dass „Ugaritisch ein Dialekt ist, aus der Familie, die allgemein kanaanäisch genannt wird“1 und Hebräisch gehört ebenfalls zu dieser Sprachfamilie. Daher werden diese Tafeln mit großem Interesse entziffert und interpretiert. Denn wie sie sagen: „die Texte aus Ugarit haben Gelehrten geholfen, viele Wörter, Ausdrücke und Ideen in der Bibel besser zu verstehen“. Aufriss des Textes: eine vorzeitliche ugaritische Erzählung in KTU 1.107/100 Der Text basiert auf der Rekonstruktion („Wiederherstellung“) und Übersetzung von den zwei wichtigen Tafeln KTU 1.107 and KTU 1.100, welche nahe nebeneinander gefunden wurden und von gleicher Handschrift sind. 1 Anmerkung des Übersetzers: Auch wenn es vielleicht nicht üblich sein mag zitierte Schriftstellen zu übersetzen, so wurde dies, der besseren Lesbarkeit wegen, hier dennoch gemacht. Diese Arbeit soll auch nicht als Grundlage für wissenschaftliche Arbeiten dienen, sondern ein Behelf, um sich rasch in das Thema von Marjo C.A. Korpel und Johannes C. de Moor einlesen zu können. Zum zitieren nehme man besser die Originalquellen der genannten Autoren. Das Original dieser Rezension von Chris Jeynes (Physiker und Philosoph) findet man auf http://www.researchgate.net/publication/265184845_Review_of_Adam_Eve_and_the_Devil_by_Marjo_Korpel__Jo hannes_de_Moor_(Sheffield_2014) 1 Sie erzählen die gleiche Geschichte, mit 107 der 100 vorangestellt. 107 beginnt unvermittelt, was zum Schluss führt, dass die Tafel mit der Eröffnung fehlt. 100 ist relativ gut erhalten aber 107 ist schwer beschädigt. Trotzdem, wenn man diese Texte mit anderen ugaritschen Texten zusammen nimmt, können wir ziemlich sicher sein, dass wichtige Teile der Erzählung selbst, zuverlässig rekonstruiert werden können. Die Autoren tun dies in zwei langen Anhängen mit vielen Anmerkungen zu den gewählten Entscheidungen für die Rekonstruktion, und natürlich auch in hohem Maße zu früheren Arbeiten von vielen verschiedenen Wissenschaftlern. Der Text hat auch eine umfassende Bibliographie von 30 Seiten und nicht nur einen Index der Themen auf 21 Seiten, sondern auch einen Index der Texte von 14 Seiten (einschl. 6 Seiten, sowohl bezogen auf den hebräischen, als auch den griechisch-kanonischen biblischen Text). KTU 1.107/100 erzählt die Geschichte, wie Adammu auf die Erde kommt, gebissen wird und stirbt; wie seine Frau (eine „gutmütige Frau“) an die Götter appelliert die Schlange zu fesseln und den Schaden wieder gut zu machen (der ihr Probleme bereitet). Adammu und seine Frau sind göttlich: ugaritische Götter sind nicht notwendigerweise unsterblich, oder sie sind letztlich nur fast göttlich. Vielleicht sind sie unsere Repräsentanten, ähnlich den antiken Königen, welche als göttlich verstanden wurden, aber auch als Repräsentanten ihres Volkes. Die These von Korpel und de Moor ist, dass die biblische Erzählung von Adam und Eva – für die Wissenschaftler lange und erfolglos versucht entsprechende Vorläufer zu finden –, hier in einigen beachtlichen Details der ugaritischen Texte bereits umrissen ist. Das ist von weitreichender Bedeutung, und zugleich sehr interessant. Die von den Tafeln erzählte Geschichte ist weit entfernt von einer simplen. Sowohl in sich selbst, als auch aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts. In der Spätbronzezeit waren die Kanaaniter mindestens so anspruchsvoll in ihrem Denken, wie wir, und dann war natürlich ihre Welt von der unseren sehr verschieden. Zuerst sollte ich versuchen, die Erzählungen zusammenzufassen, wie Korpel und de Moor sie rekonstruiert haben, und ausgiebig aus dem Text der Tafeln zitieren, um einen Geschmack seiner Kraft in alten Ugarit zu geben. Dann werde ich versuchen die Gemeinsamkeiten zusammenzufassen, welche die biblische Erzählung beinhaltet. Schließlich werden wir die Bedeutung dieser Arbeit diskutieren. Der Text von KTU 1.107 Die Tafeln KTU 1.107/100 beginnen übergangslos – eine Tafel mit einer Eröffnung fehlt. Irgendetwas stimmt nicht auf der Erde, im „Weingarten der großen Götter“. Ḥorrānu hat den Baum des Lebens verwandelt in einen Baum des Todes, indem er ihn mit Schlangen (Baṯnu oder Basan, und Lôtānu oder Leviathan) umwickelte. Die Götter schicken ihre Meister, Adammu, der auch Šarraġāzizu genannt wird (Korpel und de Moor merken hier an: „[Šarraġāzizu] ist ein vorwegnehmender Beiname von Adammu, der in diesem Fall zwei Namen hatte, wie auch viele andere ugaritische Gottheiten: Šarraġāzizu bedeutet, Der Prinz [Teufel] ist großzügig“). Adammu kann nicht verhindern, dass die Schlange ihn beißt, und in den Wehen des Todes ruft er Šapšu (die Sonnengöttin der Gerechtigkeit), die er seine „Schöpferin“ nennt: „Warum bin ich auf dem Weg in den Tod?“ Korpel und de Moor merken an, dass die Schöpferin „einfach ein Ehrentitel sein dürfte“. Ab diesem Punkt ist die Vorderseite der Tafel 107 stark beschädigt und der auswertbare Text ist fragmentarisch, aber es scheint, dass Šapšu bitter weint und an Lôtānu und die Flut appelliert. (Korpel und de Moor merken an, dass Lôtānu Leviathan ist, die große Seeschlange, die die Welt umschlingt; die Flut ist der große Süßwasserozean, der den kalten Boden der Unterwelt formt, gefürchtet als eine dämonische Macht). Die Rückseite der Tafel hat einen beschädigten Eröffnungsvers, welcher zuversichtlich rekonstruiert werden kann, welche sich bezieht auf „eine gutmütige Frau“, welche Adammu’s Frau sein muss. Ihr Name fehlt und ist weder im Rest von 107, noch in 100 enthalten. Wahrscheinlich war ihr Name in der verlorengegangenen Eröffnungstafel: stilistisch ist denkbar, dass sie nur einmal genannt wurde. 2 Wie auch immer; es scheint die Frau zu sein, welche zu all den Göttern schreit, damit die Schlange unterworfen wird, endend mit den Versen: [Woman] [Šapšu] Sammle, o Šapšu, den Nebel aus den Bergen [eine Metapher für das Gift] Auf der Erde die Giftlippen Vom Mund des Beißers der Zerstörung Vom Mund des Verschlingers die Paralyse des Lahmen [Adammu] Mögest du empfänglich sein, mögest du erwecken das männliche Zuchttier Mögest du heiß sein [erwacht], Blut ausströmend [von Entjungferung] [ … ] Leben ausströmend! [Anm.: Gen 9,4ff; Lev 17,11 etc: das Leben ist im Blut] […] Ich werde den Zerstörer von gesunden Kindern magern [„der Dämon, der rundliche, gesunde Kinder vernichtet, wird zerstört durch Aushungern“] […] Ich selber werde mich beugen [als Dank an die Götter] an dem Tag den du gebierst […][…] Beim Leben, die Töchter der Menschheit werden den Tod besiegen [ … ] Der Tod ist durch Zeugung besiegt. Das war im Großen und Ganzen auch eindeutig im Sinne der hebräischen Bibel, mit markanten aber nur wenigen Ausnahmen (zum Beispiel Jes 25). Eine ausdrückliche Auferstehungslehre ist wohl nicht im kanonischen Text vorhanden. und tauchte im hebärischen bis zur Mitte des zweiten Jahrhunderts nicht auf, wie in 2 Mak 7 (die Erzählung über die Frau mit den sieben Söhnen, welche in der Verfolgung von Antiochus gemartert wurden). Der Text von KTU 1.100 Die zweite Tafel, KTU 1.100, ist ziemlich gut erhalten. Sie beinhaltet eine Eröffnung, 12 „Beschwörungen”, adressiert an die 12 Hauptgötter des Pantheons, und einen Schluss, in welchem Ḥorrānu das Gift ablaufen lässt und von neuem Fruchtbarkeit ermöglicht. Die Götter sind aufgerufen durch Šapšu, dem Sonnengott, der die Länge der Himmel bei Tag und die Längen der Unterwelt bei Nacht durchreist und somit „in der Lage war, die Botschaft der Mutter der ursprünglichen, belebten Kreaturen an alle Gottheiten zu liefern, wo immer sie wohnten“, wie Korpel und de Moor sagen. Anscheinend ist Ḥorrānu der Gott rebellischer Unordnung und kann in Verbindung gebracht werden (rückblickend) mit dem ägyptischen Seth und (vorwärts blickend) mit dem arabischen Iblis (der Teufel). Es gibt eine Reihe von alten Traditionen von Rebellionen im Himmel und vor allem Korpel und de Moor schlagen vor, dass der Schicksalsgott (“Ωραν”, Hôran) – den Philo von Byblos im ersten Jh. als Quranos, als Verbündeter im Kampf gegen Kronos erwähnt – mit dem ugaritischen Gott Ḥorrānu gleichgesetzt werden kann. Dabei wird angemerkt, dass die Glaubwürdigkeit von Philo (welcher eine Historie der Phönizier schrieb) durch die Entdeckung der ugaritischen Texte wesentlich gestärkt wurde. Wir gehen davon aus, dass die erste (verlorene) Tafel die Geschichte von Ḥorrānus Rebellion erzählte, wo die Schlange des Todes entfesselt ist; KTU 1.100 erzählt die Geschichte von Ḥorrānus Reue und seine Umkehrung des Todes Adammus. Denn, wie Korpel und de Moor sagen, „wenn alle herbeigerufen Götter sich gegen die Schlangen eingeschaltet hätten, wären auch die windigen Nachkommen Ḥorrānus ausgerottet gewesen“. Sie weisen darauf hin, „Ḥorrānu ist ein höchst zweideutiger Gott. Dessen Rache kosten Adammu seine Unsterblichkeit, aber dessen Wende lässt das Leben gedeihen“. 3 Wir geben den Text von KTU 1.100 nahezu vollständig wieder – nur die wiederkommenden „Beschwörungen” (und die Namen der Götter) werden ausgelassen –, denn er ist ganz und gar interessant und weil die Ausdrucksweise, in der die Geschichte erzählt wird, uns völlig fremd ist: Die Mutter des männlichen Zuchttiers, des weiblichen Zuchttiers die Tochter der Quelle, die Tochter des Steins die Tochter des Himmels und der Flut rief zu Šapšu, ihre Mutter: Šapšu meine Mutter, trage meine Stimme zu Ilu am Urquell der beiden Flüsse am Zusammenfluss der beiden Fluten. Meine Beschwörung ist: Eine giftige Schlange hat zugebissen eine Schlange, die ihre Haut abgestreift hat! Lass dafür dort einen Beschwörer des Zerstörers lasst dafür dort eine Giftpresse! Lass ihn treffen, lass fesseln die Schlange Lass ihm füttern die Schlange die ihre Haut abgestreift hat. Lass ihm einen Stuhl aufstellen und setz dich hin! … [11 wiederholt die „Beschwörung” für das Pantheon] Ḥorrānu’s Gesicht wurde bleich denn seine Nachkommen würden kinderlos bleiben. Er verließ die Stadt im Osten Dann ging er geradeaus für die große Arašiḫ und für die kleine Arašiḫ. Er entfernte die Wacholder von den Bäumen ja, den Baum des Todes von den Sträuchern. Den Wacholder - schüttelte er aus die Dattelbündel- gab er weg die Krätze - nahm er ab die Warze - trug er ab Ḥorrānuu ging zu seinem Haus und schritt zu seinem Wohnsitz. Das Gift wurde schwach wie ein Wadi es floss weg wie von einem Wassergraben. (Ritual:) (Bräutigam) „Hinter ihr das Herrenhaus” ist meine Beschwörung (Offiziant) Sie schloss hinter ihr das Herrenhaus hinter sich ließ sie die Bronze [Bolzen] herab (Bräutigam) „Öffne das Haus” ist meine Beschwörung (Offiziant) Öffne das Haus, damit ich eintreten möge der Palast, damit ich hinein kommen möge (Braut) Gib eine Schlange [ein Phallussymbol] als mein Brautgeschenk gib eine Eidechse als Brautgeschenk ja, einen Sohn des Drachens als Geschenk für meine Liebe (Bräutigam) ich gebe eine Schlange als dein Brautgeschenk einen Sohn des Drachen als Geschenk für deine Liebe 4 Ähnlichkeiten zwischen ugaritischer und hebräischer Literatur der Schöpfungsberichte The first Creation account in Genesis 1 Korpel und de Moor zeigen eine Liste von Parallelen („Ähnlichkeiten“) zwischen diesen ugaritischen Erzählungen und den Schöpfungserzählungen von Genesis: 12 für die erste Schöpfungserzählung (Gen 1) und 18 für die zweite (Gen 2-4, zusammen mit der Erzählung über Kain). Es ist wert, diese aufzuzählen und zu kommentieren da mir diese Ähnlichkeiten (in den meisten Fällen) wirklich gegeben zu sein scheinen und sehr informativ. 1. Die hebräische Bibel bezieht sich auf Gott, dem Schöpfer von allem, in der Regel als [( ]אלהיםElohim, erste Verwendung in Gen 1,1), viele Male als [( ]אלוהEloah, Deut 32,15) und häufig als [( ]אלEl, Gen 14,18). Die ugaritische Form von El ist Ilu. Eloah ist die elative Form von El, und Elohim ist ein ehrfürchtiger Plural. Alle drei Bezeichnungen treten auch in Ugarit auf: das ist ein großer Unterschied zu anderen altorientalischen Religionen, wo die verschiedenen Schöpfergötter ganz unterschiedliche Namen tragen. Es ist erwähnenswert, dass Allah das präzise arabische Äquivalent von Eloah ist. 2. Üblicherweise denkt man, dass die Eröffnung von Genesis („Im Anfang …“) vorsieht, dass es nichts gab, bevor Gott begann die Dinge zu schaffen. Allerdings kann man – und sollte man mit ziemlicher Sicherheit – Gen 1,1f. übersetzen als: „Am Anfang, als Gott Himmel und Erde schuf, war die Erde Leer und Nichtig, und es lag Finsternis über der Oberfläche der Flut.“ Korpel und de Moor kommentieren zu der Lesart (welche nun Standard in modernen Übersetzungen ist) „bevor Gott sein Werk der Schöpfung begann, war dort die Flut, in Übereinstimmung mit anderen altorientalischen Schöpfungsmythen. Die ugaritische ist wohl eine unter ihnen.” Sie merken an, dass „der Anfang erstmals in Ugarit auftaucht (KTU 1.119,25), aber es beschreibt den Beginn des Königtums, nicht den Beginn der Schöpfung.“ Aus meiner Sicht kommt das daher, weil der hebräische Text mehrdeutig ist und aufgrund der Tatsache, dass wir diesem normalerweise eine anspruchsvolle, abstrakte Bedeutung zugestehen („Schöpfung aus dem Nichts“), das soll aber nicht bedeuten, dass der Text diese Bedeutung nicht auch hat. Die ursprünglichen Autoren hatten zu jener Zeit wahrscheinlich im Vordergrund ihres Denkens eine gebräuchliche Vorstellung, aber sie konnten leicht auch noch andere Bedeutungen ersonnen haben, welche sie nicht explizit erfassen konnten. Dichter sind oft in dieser Situation, taugliche Formulierungen zu wählen, welche teilweise mehrere Bedeutungen haben, weil sie sich nicht entschieden, welche sie wünschen – vielleicht wollen sie auch alle vorschlagen – und teilweise, weil sie spüren, dass noch niemand klar die Bedeutung überlegte, die sie anstreben. Weder beschränkt der Dichter den Text, noch beschränkt der Text den Dichter. Fast tausend Jahre, nachdem der biblische Kanon abgeschlossen war, war Augustinus von Hippo der erste, der dem alten hebräischen Text eine explizite, moderne Bedeutung zukommen ließ, indem er behauptete, dass Gott die Zeit selbst schuf, gemeinsam mit allem anderen. Er tut dies (Bekenntnisse Buch XI Kapitel 30; Stadt Gottes Buch XI Kapitel 6) mit transparenter Klarheit und weist darauf hin, dass die Zeit die Bewegung der Dinge bezeichnet (siehe Gen 1,1-14), und damit kann die Zeit nicht sein, wo die Dinge sind nicht. Es ist Augustinus, der als erster sagt, dass es einfach Unsinn ist von „vor der Schöpfung“ (modern gesprochen: „vor dem Big Bang“) zu sprechen. Es ist bemerkenswert, dass die moderne Physik Augustinus tatsächlich erst 1948 mit dem berühmten Alpher-Bethe-Gamow-Papier („Der Ursprung der chemischen Elemente“ Physical Review 73, 803-804) eingeholten. Es ist amüsant, dass Gamow Bethe überredet das Papier zu unterschreiben, obwohl er eigentlich nur einen sehr kleinen Beitrag dazu leistete, 5 damit er (Gamow) das αβγ-Wortspiel machen konnte in Anspielung auf die Griechen und ihre Gewissheit auf eine absolute, unendliche Zeit; eine Überzeugung, die Newton und sein Nachfolger noch vertraten, aber die nun von allen Physikern aufgegeben wurde. Die Schöpfung aus dem Nichts selbst befindet sich explizit in 2 Mak 7,28, welches über die Ereignisse von 167 vor Christus berichtet (die Verfolgungen durch Antiochus Epiphanes) und steht ihnen damit wahrscheinlich zeitlich nahe. 3. Es kann gezeigt werden, dass die Schöpfung durch das Wort allein (Gott sprach, und es war so; impliziert Schöpfung ex nihilo) in Ägypten, Babylonien und Ugarit bekannt war, genauso wie bei den Hebräern. 4. „... Das Sieben-Tage-Schema in Genesis 1 ist eine literarische Form, welche in altorientalischer Literatur und vor allem in ugaritischen Mythen und Epen populär war.“ 5. Ugarit und Genesis haben die gleiche Terminologie für das Thema Ur-Flut in Gewässer über und unter dem Firmament, und es ist der gleiche „Allerhöchste“ bestimmend (Elohim in Hebräisch und Ilu in Ugarit). Die gleiche Teilung ist in anderen altorientalischen Religionen belegt, aber die Darstellungen sind nicht so naheliegend. 6. Genesis pflegt das Paar „Himmel und Erde“ zu benutzen, vielleicht ohne sich bewusst zu sein, dass dieses Paar selbst kanaanäische Gottheiten sind. 7. Korpel und de Moor sehen Gott die Erde bereiten zum „Hervorbringen“ von Lebewesen als ein „schwaches Echo des Konzepts der Erde als Mutter aller“, weil sie sagen, dass die gleichen hebräischen „Verben gelegentlich verwendet werden, um das hervorbringen von Nachkommen zu beschreiben“. Wenn das wahr ist, dann ist das Echo in der Tat sehr schwach! Für „hervorbringen“ gibt es zwei verwendete Schreibweisen; [ ]וצאund []יצא. diese sind offenbar austauschbar: zum Beispiel der BHS-Text Gen 8,17 hat zwei Varianten; eine mit jedem Verb. Ersteres wird stets verwendet, um auf einen Ort zu verweisen (nicht Geburtsort), wie Gen 43,23 ([שמעון אלהם ויוצא-]את: er brachte Simeon zu ihnen heraus). Letzteres ist in der Regel (oft) auf die gleiche Weise benutzt, aber auch bei Gen.15,4 (bezogen auf die zukünftige Geburt Isaaks), bei Gen 25,25f (die Geburt von Esau und Jakob) und bei Gen 38,29f (die Geburt von Perez und Serach, aber man beachte, Gen 38,28, wo das gleiche Verb für Zarah verwendet ist „streckte einer die Hand heraus“!). In jedem Fall hat der Masoretentext (BHS) [ ]וצאund nicht [ ]יצאfür Gen1,12; 24. Es kann natürlich sein, dass die alten mündlichen Überlieferung solche Echos hatten, aber dass die Redakteure der kanonischen Texte Varianten ausgewählten, welche diese minimierten (oder, wie in diesem Fall, eliminierten). Wir werden auf die Frage, wie die hebräische Editoren mit ihre Quellen umgingen später zurückkehren („Exkurs zur Bewahrung der alten hebräischen Redaktionen“ siehe unten). 8. Gen.1,20-22 berichtet, dass Elohim die Seeungeheuer schuf und die rituell unreinen Kreaturen (siehe z.B. Lev 10,10; 46; 20,25) und nannte sie „gut“. „In KTU 1.12: I.14-33 schuf auch Ilu schreckliche Monster allein durch sein Wort.“ Wir werden in der Folge immer wieder auf die Frage zurückkehren, ob Gott verantwortlich für das Böse ist oder nicht. Besonders die „rein/unrein“-Unterscheidung ist komplex: es handelt sich nicht nur um eine moralische Beurteilung, wie sie sich im zweiten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung in der Debatte, ob das Hohelied als ein kanonisches Buch verstanden wird oder nicht, zeigt. Diese (jüdische) Frage wurde formuliert (von Rabbi Akiba) in Bezug darauf, ob man sich seine Hände nach dem Lesen des Buches waschen muss oder nicht, wie man das bei der Handhabung eines kanonischen Buches tut. Er kommt zu dem Schluss, dass man das tun muss (was bedeutet, dass es kanonische ist) und sagte: „Die ganze Welt ist nicht so würdig wie der Tag, an dem Israel das Hohelied gegeben wurde“ (Mischna Jadajim 3,5). Das Wort Gottes macht den Leser „unrein“ (erfordert Händewaschen)! Ist Gottes Wort folglich „unrein“? Sicher nicht! Aber seine Reinheit ist derart, dass sich das Unreine in jedem Menschen zeigt. 6 9. „Die Vorstellung, dass die Menschheit die materiellen Erscheinungen und geistigen Vorzüge der Gottheit mehr als jede andere Kreatur reflektiert, ist auf jeden Fall im alten Orient und auch in Ugarit bezeugt“ (siehe Gen.1,26). 10. „In Ugarit wurde den Tieren Unsterblichkeit durch Geschlechtsverkehr früher zugestanden, als den ersten Menschen. Das gleiche ist in Gen 1 der Fall [22; 28] ... Die Bedeutung dieser Begriff wird durch seine Wiederholung in Gen 8,17 und 9,1 unterstrichen, als dem Menschen ein Neuanfang gewährt wird.“ 11. Ich verstehe Korpel und de Moor an dieser Stelle nicht ganz. Sie sagen sehr glaubwürdig, dass Gen 1,26f. die Erinnerung an die androgyne Natur der ersten Menschen bewahrt, bevor sie in männlich und weiblich getrennt werden, wie „in Ugarit und anderswo im Nahen Osten“. Ich denke, dass sie auch nahe legen wollen, dass der kanonische Text Mann und Frau als gleich geschaffen betrachtet „als Abbild Gottes“. Ich würde das an der Stelle bejahen, an dem gesagt wird, dass ist das, was die alten hebräischen Editoren als vertretbaren Teil der Religionen der benachbarten kanaanäischen Erde erwogen, welche die Kraft der Frauen als Lebensgeberin hervorhob (und siehe Paulus’ Bemerkung dazu in 1 Kor.11,12). Es scheint mir, dass der kanonische, hebräische Text vollständig und erstaunlich frei von Frauenfeindlichkeit ist, trotz des geringen Perspektiven für Frauen während der Zeit, als der Text abgeschlossen wurde. Auf jedem Fall sagen sie dass „[der priesterliche Schreiber von Genesis] eine poetische Schilderung der ersten Menschen adaptierte, welche bemerkenswert übereinstimmt mit dem, was wir in Ugarit und anderswo im Nahen Osten gefunden haben.“ 12. Die Herrschaft, die Gott Adam gab, ist (wahrscheinlich) verwandt in Ugarit mit „die großen Götter [verherrlichen] Adammu und [geben] die Erde in seine Hand“, wobei zu betonen ist, dass diese Herrschaft in beiden Traditionen als „verantwortungsvoller Umgang“ intendiert ist. Korpel und de Moor denken, dass es gute externe Hinweise gibt, dass in beiden Traditionen die „Göttlichkeit“ des Königtum von den Göttern abgeleitet wurde (und nicht umgekehrt). In dieser Liste haben sich Korpel und de Moor vielleicht nur beim Punkt # 7 geirrt, aber auch dieser Punkt ist interessant. Selbstverständlich hatten die Juden und umliegenden kanaaitischen Kulturen entsprechende Weltanschaungen. Mir scheint, dass die Ausnahmen nur die Regeln bestätigen. Sowohl hebräisch als auch ugaritische Autoren glaubten, dass Gott (Elohim oder Ilu) alle Dinge geschaffen hat, einschließlich dessen, was sie als Monster (Leviathan) oder in anderer Weise als „schlecht“ (rituell unrein) betrachteten. Natürlich dachten die Kanaaniter, dass die Schöpfung eine Schlacht zwischen Gut und Böse einschließt, und die Texte, die wir hier betrachten (KTU 1.107 / 100), handeln explizit über die moralisch zweideutige Figur des Teufels (Ḥorrānu, den Korpel und de Moor zeigen, entspricht dem hebräischen Leviathan). Aber der hebräische Schriftsteller äußerte sich deutlicher über die Figur des Teufels (die Schlange) und auch über die absolute Autorität und Güte Gottes. Auch gibt es keine Spur von Kampf im ersten Schöpfungsbericht (Gen 1). Es ist ganz klar, dass sich der hebräische Schriftsteller des ersten Schöpfungsberichts sehr der umgebenden Kultur bewusst war: sein Text macht eine Polemik mit ihr geltend! Er vermeidet tunlichst die Nennung der Sonne und des Mondes – wichtige Gottheiten für die umliegenden Völker. Zudem entfernt er jede Versuchung zum Götzendienstes; wir können uns ebenso vorstellen, dass er genauso sorgfältig jeden Hinweis von Kämpfen entfernte. Allerdings ist eine solche Weltanschauung sehr langlebig, wie Korpel und de Moor implizit anerkennen, wenn sie sich großen Teilen ihres Buches den Nachklängen der noch vorhandenen Mythologie im zweiten Jahrtausend vor Christus bis hin zu gegenwärtig Bücher, einschließlich der christlichen Ära, widmen. Das mythologische Umfeld des nachexilischen Israel (nachdem der kanonische Text fertig gestellt war) war gar nicht so verschieden von der mythologischen Umgebung von Moses. 7 Wir werden zur Frage zurückkehren, ob tatsächlich Moses Genesis geschrieben haben könnte, wie es die Tradition behauptet (siehe „Exkurs zu Wer schrieb Genesis“ unten). Hebräische Texte behandeln Leviathan (ein Äquivalent zu Ḥorrānu in Ugarit) als intrinsisch gutes Geschöpf Gottes, also direkt im Widerspruch zur ugaritischen Schilderung. So sagt der Psalmist auch, dass Gott es erfreut ihn „scherzend“ zu beobachten (Ps 104,26): Ich lese das als frühen Text von Davids Hof (~ 1000 v. Chr.). Für Hiob, in einem wahrscheinlich exilischen oder nachexilischen Text (~ 500 v. Chr.), ist Leviathan klar und ausdrücklich für Gottes Wohlgefallen (das ganze Kapitel 41). Mit Gott (JHWH, Shaddai, Eloah, 40,1, El, 41,9; 19) heißt es schließlich, Er ist ein König über alle Kinder des Stolzes (Hiob 41,34; zu beachten ist das emphatische Pronomen). Es sind die Kinder des Stolzes für die Leviathan ein böswilliger Gott ist, aber unter den Reinen ist alles rein (Titus 1,15; und siehe Ps 18,26 parallel mit 2 Sam 22,27. Mit der reinen willst du dich selbst rein zeigen). Die Christen lesen die Haltung von Genesis in Hinblick auf alle Geschöpfe, die „gut“ sind, während die Ritualgebote von Leviticus die Tiere in „rein“ und „unrein“ unterteilt. Siehe auch die Apg 10; 15: Was Gott für rein erklärt, nenne du nicht unrein! [α ο θεος εκαθαρισεν συ µη κοινου]. Sie dachten eindeutig, dass dies auch die Haltung dort im ersten Schöpfungsbericht war. Der zweite Schöpfungsbericht in Genesis 2-4 Zur Frauenfeindlichkeit – und damit zum zweiten Schöpfungsbericht kommend –, sagen Korpel und de Moor: „Die Propheten hatten Götzendienst – definiert als Hurerei – den Frauen zugeschrieben, und das könnte ein Grund dafür sein, warum nach dem Fall von Jerusalem [589 v.Chr.] vor allem Frauen für den Untergang der heiligen Stadt verantwortlich gemacht wurden“ unter Berufung auf Jer 44,15-30; Ez 13,17-23; Amos 4,1. Dies ist sicherlich falsch: sie haben die Texte schlecht verstanden. Jer 44 spricht vorsichtig und bewusst zu und von Männern und Frauen: die Männer „wussten, dass ihre Frauen ihrer [Himmelskönigin] Weihrauch darbrachten“ und die Frauen behaupten eindeutig, dass ihre Männer ihre Opfer genehmigten: „wenn wir an die Königin des Himmels Weihrauch darbrachten ... haben wir ... sie verehrt ... ohne unsere Männer?” Die zweite Hälfte von Ez 13 sollte im Kontext der ersten Hälfte gelesen werden: die eine ist tatsächlich gegen die Lügen der Frauen, die durch „prophezeien“ „dem Herzen des Gerechten […] Kummer bereitet; ICH [GOTT, DER HERR, Adonai JHWH] aber wollte ihm keinen Kummer bereiten.“. Aber die andere ist, symmetrisch dazu, gegen die ( männlichen) „törichten Propheten, die nur ihrem eigenen Geist folgen und nichts geschaut haben“; die Propheten, die „mein Volk verführt haben [das heißt, führte sie in die Irre: Das Wort ist ein hapax legomenon] Frieden zu sagen und es gab keinen Frieden.“ In der Tat ist Am 4,1 gegen die „Baschankühe [man beachte die Entsprechung des hebräischen Bashan mit Baṯnu, den ugaritischen Schlangengott], die ... zu euren Männern sagt: Schafft Wein herbei, wir wollen trinken.“; aber gegen wen ist Amos 2,6ff: „Weil sie den Unschuldigen für Geld verkaufen … weil sie die Kleinen in den Staub treten … Sohn und Vater gehen zum selben Mädchen, um meinen heiligen Namen zu entweihen. Sie strecken sich auf gepfändeten Kleidern aus neben jedem Altar“? Die Propheten weißen einstimmig die Verantwortung für Bosheit Männern und Frauen gleichermaßen zu. In den Prophetien ist Hurerei systematisch verwendet als Metapher für den Götzendienst und ist eindeutig an die Männer gerichtet! Korpel und de Moor liegen ebenso falsch, wenn sie sagen: „im Vergleich zu anderen altorientalischen Entsprechungen, scheint der Text von Genesis 2-3 die negative Rolle der Eva zu betonen. Die Idee scheint außerhalb Israels zu fehlen [mit Ausnahme der griechischen Geschichte von der Pandora]. Auch im Rest der kanonischen Bibel scheint es keine Erinnerung zu geben, an die erste Frau als erste Sünderin, stattdessen nur an Adam.“ Wieder haben sie die Schilderung falsch aufgefasst. Adam hat eindeutig Teilhabe an der Verantwortung, wie sich in Gottes Reaktion zeigt. Eva mag getäuscht worden sein, aber Adam zog mit und gesellte sich zu ihr. Darüber hinaus stellt der Text klar, dass Adam mit Eva war, als sie betrogen wurde: man beachte das 'ummâh [ ]עמהin Gen 3,6. 8 Sie wurden zusammen getäuscht und dieser Text lässt Eva nicht von ihrer Verantwortung entkommen, auch wenn der Rest des kanonischen Textes „Adam“ zum ersten Sünder macht. Korpel und de Moor zählen 18 Ähnlichkeiten zwischen dem zweiten Schöpfungsbericht und der ugaritischen Literatur auf. Viele von ihnen sind sehr interessant, und wir werden sie abermals kommentieren. 1. „Der Eröffnungsvers des zweiten Schöpfungsberichtes der Bibel ist etwas eigentümlich“: [„ ]ושמים ארץ אלהים יהוה עשות ביום בהבראם והארץ השמים תולדות אלהDas ist die Entstehungsgeschichte [ ] תולדותvon Himmel und Erde, als sie erschaffen wurden [] בהבראם. Zur Zeit, als GOTT, DER HERR, Erde [ ] ארץund Himmel [ ] ושמיםmachte [“] עשות. Man beachte, dass dieser Vers nicht in zwei Teile geteilt werden sollte, so dass die ersten Hälfte dem ersten Schöpfungsbericht zugerechnet wird und die zweite Hälfte dem zweiten Schöpfungsbericht, wie das viele Übersetzer tun: es ist eine Einheit gegeben, wie der Petuḥah [ ]ףam Ende des V 3 verdeutlicht. Korpel und de Moor denken, dass es eine prosaische, polemische Einfügung der Schlussredaktion ist (fünftes oder sechstes Jahrhundert), gestaltet als ein Übergang vom Vokabular der ersten Schilderung hin zur zweiten (von „geschaffen“ zu „gemacht“, von „Himmel und Erde“ zu „Erde und Himmel“): ich denke, dieser Vorschlag ist glaubwürdig. Sie weisen auch darauf hin, dass „Himmel und Erde“ in der ugaritischen Erzählung ein „Paar ist, geschaffen von Ilu, als der göttliche Wesen“, und man betrachte diesen Vers als „einen erfolglosen Versuch den kanaanäischen Ursprung zu verschleiern“. Man braucht es nicht für „erfolglos“ halten, um die Ähnlichkeiten in der Terminologie zwischen ugaritischen und hebräischen Schilderungen zu erkennen. 2. Das Motiv des Verlusts der Unsterblichkeit und ihr Ersatz durch Zeugung ist üblicherweise weit verbreitet im Nahen Osten. (man beachte jedoch, dass Genesis Adam nicht explizit ursprünglich unsterblich macht, und es besteht wohl nicht die Absicht dazu. Viele Wissenschaftler denken, dass es in diesem Punkt eine Mehrdeutigkeit gibt.) 3. Es gibt schicksalhafte Bäume in beiden Schilderungen, der ugaritischen und der hebräischen. Der ugaritische Baum des Todes war fast sicher ein Baum des Lebens: Beide, der hebräische Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse sind in der Mitte des Gartens ([ ] הגן בתוךGen 2,9; 3,3) und können deshalb identifiziert werden. Korpel und de Moor zeigen auf, dass Gen 2,9 „das Waw am Beginn von [] ורע טוב הדעת ועץ sei verstanden als sogenanntes ep-exegetisches Waw: [und übersetzt] das ist der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.” Sie glauben also, dass es in der hebräischen Erzählung auch nur einen Baum gab. Sie gehen auf einen sehr interessanten Punkt zu, welchen sie zu sehr vereinfacht haben, wie ich meine. Sie denken, dass nur die ugaritische Gottheiten mehrdeutig Gut und Böse sind, wie im Polytheismus üblich (und in dieser Schilderung macht Ḥorrānu ausdrücklich – wenn auch nur teilweise und widerstrebend – seine früheren Übel wieder gut), daher könnte der hebräische Gott „eine frühere Entscheidung bereuen und für nichtig erklären“. Es stimmt, dass der hebräische Text auffallend oft sagt, dass Gott „das Bösen bereut“ das er im Sinne hatte (Ex 32,14; 2 Sam 24,16; 1 Chr 21,15; Jer 18,8; 26,3, 13, 19; 42,10; Joel 2,13; Jon 3,10; 4,2; in anderen Stellen heißt es, dass er überredbar ist: Amos 7,6; Jer 26,13), aber lesen wir diese Texte als Signal einer moralischen Wankelmütigkeit? Ist Gott auch für das Böse verantwortlich? Natürlich würden alle christlichen und jüdischen Theologen diese Fragen mit einem ausdrücklichen Nein! beantworten, aber ist das anachronistisches Wunschdenken, oder sind sie in ihrer Lesart inhaltlich gerechtfertigt? Lassen Sie mich das dem Text zugrundeliegende Urteil erläutern. „Gott ist kein Mensch, der lügt, kein Menschenkind, das etwas bereut.“ (Num 23,19). Aber Reue ist das Herzstück unserer Beziehung zu Gott, 9 und es scheint, dass Gott es auf gleiche Weise sieht, wenn er auf unsere Umkehr im Herzen gemeinsam mit dem Sinneswandel in unserem Verstand reagiert, wie in Joel 2,13 (oben zitiert), wo Gott uns (Plural) anfleht das Herz zu zerreißen (sic) und nicht die Kleidungsstücke“. Es ist eine andere Form des Anthropomorphismus, in der der hebräische Text häufig von Gott spricht, auch wenn wir nachweisen können, dass die alten Redakteure des Textes wussten, dass dies nur eine Art des Sprechens war: er „formte“ Adam aus dem Staub der Erde, wie ein Töpfer; er „blies“ ihm den Atem (Geist) ein; er schlenderte gemächlich („ging“) im Garten mit ihm umher; etc etc. Man beachte, dass Ps 8,9 ausdrücklich von „der Arbeit der Hände [Gottes]“ spricht (ebenso wie auch Pss 28,5; 92,4; 102,25; 111,7; 138,8; Jes 5,12; 19,25; 29,23; 45,11; 60,21). Wieder auf Num 23 Bezug nehmend: Gott ist nicht betrügerisch, Gott ist nicht wankelmütig; aber er interagiert mit uns und er lässt es zu sich selbst zu mäßigen indem er uns anhört. Er reagiert auf unsere Antwort im Herzen, wie Hosea in einer Passage sagt. Es ist unmöglich, laut zu lesen, ohne dabei zu stocken (Hos 2,19-23). Wenn eine Person nicht antwortet, weiß er nichts von der Liebe: Gott aber ist liebevoll, daher muss er antworten! Christen sind sich klar darüber und sprechen von der „Leidenschaft“ Christi: im Gegensatz zu den heidnischen Göttern, ist der Gott der Juden leidenschaftlich, nicht fern! Diese Leidenschaft ist auch sehr oft im hebräischen Text zu finden: das Zitat aus Hosea oben und das ganze Hohenlied sind nur zwei Beispiele von vielen. Es gibt eine weitere Überlegung dazu. Es ist sehr einfach zu zeigen, dass die alte Literatur keine analytische Sprache verwendet (siehe zum Beispiel den ausgearbeiteten Exkurs zu Entsprechungen in alten Überlieferungen unten). Vereinfachte („gut definierte“) Bedeutungen sind (in gewisser Weise) ein Merkmal von sehr anspruchsvoller und späterer Literatur. Aber antike unveränderliche Texte haben immer einen sehr begrenzten, aber anspielungsreichen Wortschatz. Poesie ist einfacher und früher als Prosa. Wenn die hebräischen Texte vom Bösen und Gott sprechen, dann verwenden sie eine Sprache, vergleichbar mit jener der ugaritischen Texte, die von ihren zu Gut und Böse wankenden Göttern sprechen. Aber das zugrundeliegende Weltbild eröffnet eine gänzlich andere Palette von Assoziationen. Man kann eine ähnliche Sprache verwenden, aber beabsichtigt eine völlig andere Aussage. 4. Hebräische und ugaritische Texte sprechen beide von Gott oder von Göttern in voneinander verschiedenen anthropomorphen Weise, wie oben erwähnt. Gott formt den ersten Menschen aus Staub von der Erde wie ein Töpfer eine Gefäß formt – eine übliche Sicht in antiken Schöpfungserzählungen. Der hebräische Text benutzt hier als Verb ([] וייצר, yahtsar). Das ist das gleich, was das ugaritische für den höchsten Schöpfer Ilu (ysr) verwendet. 5. Der ugaritische und der zweite hebräische Schöpfungsbericht sind sich einig, dass der Mensch vor den Tieren gemacht wurde. 6. Der ugaritische Mythos auf diesen Tafeln (KTU 1.107 / 100) zeigen erstmals, dass es eine Übereinstimmung zwischen dem ersten göttlichen Widersacher (Ḥorrānu) und Adam im hebräischen Bericht gibt: beide hatten das Vermögen, zwischen Gut und Böse zu wählen; beide waren in dieser Hinsicht nach zwei Seiten wankend. 7. Korpel und de Moor glauben, dass „die Geschichte von Eden die Möglichkeit ewigen Lebens in Glückseeligkeit für Adam und Eva voraussetzt“, genauso wie Adammu selbst und sein göttlicher Patron Šapšu an die Unsterblichkeit Adammus glaubten. Sie missbilligen die Meinungen anderer Wissenschaftler, die glauben, dass „die Geschichte ... nichts darüber sagt, dass Adam vor seinem Ungehorsam unsterblich war.“ Aber ich denke (und sagte es bereits), dass die hebräische Geschichte nicht explizit über eine mögliche Unsterblichkeit Adams spricht, und ich denke, sie ist absichtlich dazu mehrdeutig. Ich denke, dass die alten hebräischen Redakteure Bündigkeit schätzten. Sie verstanden es als gefährlich, wenn man zu viel sagt. Ich denke, sie hatten umfangreiche Quellen, aus denen sie sehr sorgfältig wählten, entsprechend der Bewertung der daraus 10 resultierenden Mehrdeutigkeit. Sie wollten nicht das Wort Gottes ihrem Volk aufzwingen, nachdem sie die unerwarteten Wandlungen in den Äußerungen des Wortes des HERRN von Moses bis Ezechiel sahen. Ich denke vor allem, dass sie die erstaunliche Prophezeiung des Jeremias in ihren Überlegungen vor sich hatten: Siehe, ich bin der HERR, der Gott aller Sterblichen. Ist mir denn irgendetwas unmöglich? Darum - so spricht der HERR: Ich gebe diese Stadt in die Hand der Chaldäer … Die Chaldäer, die gegen diese Stadt ankämpfen, werden eindringen, die Stadt in Brand stecken und einäschern … Denn die Leute von Israel und Juda haben von Jugend an immer nur das getan, was mir missfiel, ja, die Leute von Israel haben mich durch ihr Verhalten stets nur erzürnt - Spruch des HERRN. … Sie haben mir den Rücken zugewandt und nicht das Gesicht. Ich habe sie unermüdlich belehrt, aber sie hörten nicht darauf … Jetzt aber - so spricht der HERR, der Gott Israels, über diese Stadt, von der ihr sagt, sie sei durch Schwert, Hunger und Pest dem König von Babel preisgegeben: Seht, ich sammle sie aus allen Ländern, wohin ich sie in meinem Zorn und Grimm und in großem Groll versprengt habe. Ich bringe sie wieder zurück an diesen Ort und lasse sie in Sicherheit wohnen. Sie werden mein Volk sein und ich werde ihr Gott sein … Jer 32,26ff. (man beachte die unbetonten Pronomen). Gott fragt hier: „Ist mir denn irgendetwas unmöglich?“ und meint, dass er genauso abreißen wie aufbauen kann; er wird genauso aufzubauen wie abzureißen. Walter Brueggemann, in Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft 94 (1979) 615-634 (in Englisch 1995 nachgedruckt), kommentiert diese Stelle Jeremias und drückte es so aus: JHWH kann zwei Arten von Unmöglichkeit bewirken, die gegen die Vernunft verstoßen. JHWH kann das Ende von geschätzten Dingen verursachen, und JHWH kann Neues hervorbringen, was man sich zuvor nicht vorstellte. Auf beiderlei Weise wird die mutmaßliche Welt von Juda – wie auch jene von Abraham und Sarah – durch radikale, unerwartete Verwandlung, als weit vergänglicher und subjektiver, ausgewiesen, als es entweder in grundlose Verzweiflung oder in falsche Sicherheit gedacht war. Wesentlich ist eine Haltung der Offenheit gegenüber dem „Unmöglichen“ Gottes. Die gleiche Offenheit ist von den Psalmisten angedacht, die ihre Herzen zu Gott tragen und ihn in höchstpersönlicher Weise erwarten: „Zeige mir, HERR, deinen Weg, leite mich auf ebener Bahn“ (Ps 27,11; um ein Beispiel von vielen heranzuziehen). Und es ist diese Haltung der Offenheit, die die alten Redakteure ermutigte Normierungen zu vermeiden und Mehrdeutigkeiten einzuschränken. 8. „Man stellte sich vor, dass der [ugaritische] Schöpfergott Ilu dort lebte, was in der hebräischen Tradition der Garten Eden wurde.“ 9. „Der Garten Gottes in Genesis und der Weinberg der großen Götter in der ugaritischen Erzählung ähneln einander genug, um eine direkte Verbindung zwischen den beiden anzunehmen.“ 10. „Sowohl anhand der textlichen, als auch ikonografischen Aussage, haben wir einen Grund, von einem Baum des Lebens in der ugaritischen Version des Paradieses zu sprechen.“ 11. Die böse Schlange in Genesis stimmt mit der bösen Schlange überein, die Adammu biss. 12. Adams Frau ist gut: Gott nennt sie (buchstäblich) eine „Helferin, wie ihr Gegenstück“ [( ]כנגדו עזרwobei „helfen“ hier ein gewichtiges Wort ist, welches anderswo immer Hilfe von Gott meint: siehe Ex 18.4; Deut 33,7, 26, 29; Ps 20,2; 33,20; 70,5; 89,19; 115,9, 10, 11; 121,1, 2; 124,8; 146,5; Hos 13,9. Die einzigen Ausnahmen sind Jes 30,5; Ez 12,14; Dan 11,34). Das stimmt überein mit Adammus Frau als eine „gutmütigen Frau“. 11 13. Das Versprechen des Sonnengöttin Šapšu an Adammus Frau, „sie wird nicht sterben“ (KTU 1.107,53) stimmt mit der Verheißung der Schlange für Eva überein: in beiden Fällen sind es Halbwahrheiten. 14. Es gibt ein Wortspiel im hebräischen zwischen „nackt“ [( ]ערומיםGen 2,25) und „schlau“ [( ]ערוםGen 3,1): Man kann den Vers so übersetzen: „Jetzt war die Schlange nacker als jedes andere Geschöpf“. In beiden, in KTU 1.100,5 ['qšr] und im Gilgamesch Epos, soll die Schlange ihre Haut (daher „nackt“) ab gestreift haben. 15. In Übereinstimmung mit der ugaritischen und babylonischen Terminologie benutzt Gen 2,22 „zu bauen“ [ ]ויבאהfür die Schaffung Evas. 16. In Ugarit tritt Adammu mit Kubaba auf, der Ur-Muttergöttin. Das steht in Einklang mit Eva (Gen 3,20); wörtlich „sie-die-Leben-gibt“. 17. Die Identifikation der Schlange mit Satan in Genesis wird üblicherweise als eine spätere Entwicklung angenommen. Aber das muss falsch sein, denn die ugaritische Schlange, die Adammu den Tod brachte, ist eindeutig eine Verkörperung des Bösen. 18. Korpel und de Moor werden etwas ausführlicher, um zu zeigen, dass die „hebräische Tradition einige Züge Ḥorrānu auf Kain übertragen zu haben scheint“. Exkurse Exkurs zur Bewahrung der alten hebräischen Redaktionen Die zugrunde liegende Haltung vieler moderner Bibelwissenschafter ist, dass der Text, den wir vor uns haben, nicht original ist. Es wird angenommen, dass wir eine spätere Version des Originals haben (sofern die „Originale“ tatsächlich je existierten). Meiner Meinung nach dürften Korpel und de Moor diese Gesinnung bis zu einem gewissen Grad teilen. Um nur ein Beispiel von vielen herzunehmen: Auf S.127 sagen sie, aufgrund der Inkonsistenz der beiden Schöpfungsberichte, wo Adam im ersten nach den Tieren geschaffen wird, aber im zweiten davor: „[das] ist definitiv einer der Widersprüche, welches die letzten Redaktoren unfähig oder nicht willens waren auszubügeln“. Mir scheint das eines der interessantesten Merkmale des biblischen Textes zu sein, welches regelmäßig übersehen wird: das überwältigende inliegende Zeugnis, dass die alten Redakteure ihr Bestes gaben, ihre Quellen nicht zu ändern, und natürlich die allgemeine Beobachtung, dass viele Schöpfungserzählungen des Nahen Ostens für gewöhnlich untereinander widersprüchlich sind. Diese Zeugnisse sind überall zu finden, wenn man anerkennt, dass sie da sind. Ich erhebe daher Einwand gegen das Wort „Redakteur“, welches in diesem Zusammenhang eher die Konnotation eines Daily Mail Journalisten hat, der sein Material manipuliert, um die Geschichte zu bekommen, die er haben will. Wenn es so wäre, wie kommt es, dass zum Beispiel die Psalmen 14 und 53 nur fast identisch sind? Warum sind die Psalmen 18 und 2 Sam 22 nur fast identisch? Warum sind Jes 2,1-4 und Mi 4,1-4 nur fast identisch? Sind die Editoren so inkompetent, dass sie inkonsequente Aussagen erlauben? Oder haben sie es vielleicht nur nicht bemerkt? Solche Ansinnen sind absurd. Meine bevorzugte und auffälligste Inkonsistenz ist der Vergleich zwischen 1 Kön 4,26 [sic2] und 2 Chron 9,25. Wie viele Stände und Reiter hatte Salomo? Diese Texte stimmen darin überein, dass er zwölftausend Reiter hatte, aber Könige sagt, er habe „vierzigtausend Wagenpferde“, wo es in den Chroniken heißt; „viertausend Stallplätze für seine Wagenpferde“. Natürlich kümmert es uns nicht, wie viele Pferde und Stallplätze Salomo hatte, und es hat keine theologische Bedeutung. Aber Details wie diese sind von großem historischem Interesse, und sie verweisen auf die Genauigkeit des Textes. Es ist interessant, dass einige LXX Handschriften der Könige-Berichte in den Chroniken-Berichten übereinstimmen, aber es scheint, dass die ursprünglichen Texte wirklich widersprüchlich sind. Ich kann kein Kommentar finden, welches diese Texte, aus dem zweieinhalbtausendsten Jahrhundert und mehr, glaubwürdig 2 Anmerkung des Übersetzers: die im Original angegebene Bibelstelle dürfte nicht stimmen (eher 1 Kön 5,6). 12 miteinander versöhnt. Die Tatsache, dass es uns möglich ist diese Beispiele der Harmonisierung in späteren Texten zu finden, zeigt, dass die reine schriftliche Praxis dazu diente, den erhaltenen Standardtext zu erhalten, auch Inkonsistenzen und alles andere. Es gibt (mindestens) zwei Quellfamilien, die von den alten Editoren verwendet wurden. Beide pflegten treu die schriftliche Tradition, trotz der vollen Kenntnis der Schriften in ihrer Inkonsistenz, und beide achteten ihresgleichen, wie auch die Alten. Ein besonderes Beispiel der Treue zu den alten Editoren, zu ihren Quellen, befindet sich in der unglaublichen Erzählung der für Joshua stillstehenden Sonne (Jos 10,12f.). Es ist klar, dass wir heute in keiner Weise begreifen können, wie die Sonne tatsächlich still zur Erde stehen könnte. Aber man beachte wohl, dass der Chronist sein Verständnis der Physik noch nicht so gut gebildet haben konnte, wie wir. Erinnern wir uns an Davids Ausruf „Die Himmel rühmen die Herrlichkeit Gottes“ (Ps 19), und dass der Himmel überall als der Hüter der göttlichen Zeit verstanden war, wie Gen 1,14 auch deutlich macht. Erinnern wir uns auch daran, dass Gottes Wort zuverlässig und unwiderruflich ist: zuverlässig, da Gott zu seinem Wort steht; beachten wir Gen 22,16 und die Anmerkung darauf vom Schriftsteller des Hebräerbriefes (Heb 6,3 verweist auf Gen.22,17, aber fordert auf die ganze Passage zu hören3); und unwiderruflich, weil es nichts größeres gibt als Gott, was sich seinem Wort widersetzen könnte. Wir sind nicht in der Lage, die Erzählung buchstäblich zu übernehmen, weil wir zu viel über Physik wissen, aber es ist wichtig zu erkennen, dass auch der Chronist die Erzählung nicht buchstäblich glaubend annahm, nachdem die Himmel Zeitanzeigen Gottes waren, dessen Wort nie gebrochen sein kann; wenn der Erlass des Königs von Babylon „nie unwiderruflich sein kann“ (Esther 1,19; 8,8; Dan 6,8, 12, 15; siehe auch Hiob 41,10; 2 Sam 23,5), wie viel weniger das Gesetz Gottes? Wie behandelt der Chronist nun diese unglaubliche Geschichte? Er zitiert seine Quelle wörtlich! „Ist das nicht [emphatischen Pronomen] in dem Buch des Jasher geschrieben?“ sagt er (Jos 10,13). Man beachte, dass „Jasher“ „der Aufrechte“ bedeutet, und dass „aufrecht“ eines der wichtigsten Merkmale Gottes ist (Deut 32,4); daher ist der Jasher-Text irgendwie überraschend, sollte es doch zuverlässig heißen. Selbst im Fall der für Joshua stillstehenden Sonne – was wortwörtlich genommen eine klare Widersprüchlichkeit sein würde, nach allem, was der Chronist über die Welt und seinen Schöpfer weiß –, ist der Text zurückhaltend und Glaubwürdig. Auch wenn man den aktuellen Text von der Quelle anführt, ist es eine sehr seltene Praxis in der antiken Welt und, ich denke, einzigartig hier in der Bibel. Daher gibt uns der Chronist (der weiß, dass das seltsam ist) all die Informationen, die er hat, vorsichtig, ausgefallen und ungewöhnlich, wie sie sind, und lässt und interpretieren, wie wir wünschen. Als experimenteller Wissenschafter denke ich, dass dies eine exemplarische Abhandlung von Angaben ist. Exkurs zu Entsprechungen in alten Überlieferungen Naturgemäß ist die Sprache vielschichtig. Auch mit analytischer Einfachheit (mit gut definierten Ausdrücken) gibt es doch eine anspruchsvolle Überlagerung in der natürlichen Sprache und bei antiken Texten oft beibehaltende Anspielungen auf mehreren Ebenen. Wir werden ein Beispiel für das interessante Wort „Kompass” oder „herum kreisen“ verwenden ([]כבב, transkribiert als çâbab). Diese Wurzel wird in mehr als zwei Dutzend voneinander getrennten Texten verwendet (ich zähle 55 Fälle) sowohl im wörtlichen als auch übertragenen Sinn, in eine sehr große Vielzahl von syntaktischen Formen, und sowohl in sehr alten aber auch späteren Texten. Die Reihe von Bedeutungen und Anspielungen ist auch sehr weitreichend. Offensichtlich gibt es eine primäre (neutrale) Bedeutung von „Umklammerung“, aber es ist selten nur in diesem Sinne verwendet. Die früheste Verwendung ist in der zweiten Schöpfungserzählung: sie scheint einfach zu sein, aber sie enthält auch eine starke Assoziation mit einer Grenze. Ich denke, die Schöpfungsberichte sind alte, aus älteren Texten, die die (noch ältere) mündliche Überlieferung fixierten, auch wenn klar ist, dass der Text, den wir haben, wahrscheinlich erst finalisiert wurde frühestens - rund um den Fall von Samaria (722 v. Chr.): 3 Anm. Übersetzer: Auch hier sind die Angaben der Bibelstelle fragwürdig; zumindest aber nicht nachvollziehbar. 13 Der eine heißt Pischon; er ist es, der das ganze Land Hawila umfließt ()ה בב, wo es Gold gibt. … Der zweite Strom heißt Gihon; er ist es, der das ganze Land Kusch umfließt. ()ה ובב. (Gen 2,11, 13) Das Wort çâbab ist interessant, weil es zentral in Jeremiah’s verzückter Vision der Wiederherstellung ist:Wie lange noch willst du dich sträuben, / du abtrünnige Tochter? Denn etwas Neues erschafft der HERR im Land: / Die Frau wird den Mann umgeben () תסובב. (Jeremiah 31,22) Natürlich ist das ein später Text, aber Jeremiah benutzt jeden rhetorischen Trick, den er hat, inklusive die anspielende (und archaische) Verwendung des alten Worts, um zu versuchen die außergewöhnliche, unerklärliche, weltverändernde Liebe Gottes zum Ausdruck bringen – in der Tat, die Liebe, die die ganze Welt auf den Kopf stellt und welche jene Dinge ins Sein ruft, die nicht sind. Jene Dinge, die so undenkbar sind, dass wir nicht einmal wagen es uns selbst zu flüstern. In diesen Versen bezieht er sich auf Gottes Bund mit Eva, in Anspielung auf den Sieg über den Tod selbst, den Hosea erblickt (Hos 13,14) und Isaiah noch deutlicher sah (Jes 25,6ff). Die vielleicht einfachste Anwendungen sind in Gottes Rede Job und in der Redet des Predigers: Das sind die beiden späten Texte: Kreuzdornbüsche decken es [Behemoth] ( ) יסכהוmit Schatten, / die Pappeln am Fluss umgeben es () יסבוהו. (Ijob 40.22) Er weht nach Süden, dreht ( ) וסובבnach Norden, dreht, dreht () סובב סבב, weht, der Wind. / Weil er sich immerzu dreht () סביבתיו, kehrt er zurück, der Wind. (Koh 1,6) Es war eine kleine Stadt. Die hatte nur wenige Einwohner. Ein mächtiger König zog gegen sie aus. Er schloss sie ein () וסבבund baute gegen sie hohe Belagerungstürme. (Koh 9,14) Exkurs zur Entstehungszeit von Genesis Traditionell wird angenommen, dass Moses diese Erzählung als erster niederschrieb (die Tora ist die „fünf Bücher Mose“): offensichtlich hatte die Erzählung eine mündliche Quelle, die letztlich Adam selbst gewesen sein muss. Es scheint mir, dass „traditionelles“ Wissen nicht einfach außer Acht gelassen werden sollte, da den Alten viel mehr Quellenmaterial zur Verfügung stand: Material, das nun verloren ist, mit der Konsequenz, dass jedes Urteil für die traditionelle Sicht, welche die Alten hatten, ebenfalls verloren ist. In jeden Fall kann eine Erzählung von solch großer Bedeutung nicht wie ein Subjekt freier Erfindung behandelt werden: die orale Tradition muss eine „kontrollierte“ gewesen sein, um die Begriffe von Richard Bauckham’s „Jesus und die Augenzeugen“ (2006) zu benutzen. Der Beweis dafür ist wesentlich die Wiederkehr der (in gewisser Hinsicht) gleichen Erzählungen und sogar gleicher Ausdrucksweisen über den ganzen Nahen Osten, wie Korpel und de Moor gezeigt haben. Die Erzählungen in der kontrollierten mündlichen Tradition haben sich nicht stark verändert (wenn, dann nur für sehr überzeugende Gründe), und nicht sehr oft, wie sie ebenfalls zeigten. Außerdem habe ich oben gezeigt, dass die endgültige Edition des kanonischen, biblischen Textes ihre Quellen mit großem Respekt behandelte, mit der Gesinnung, dass es ihre Aufgabe war, ihre Quellen zu übertragen, nicht zu ändern. Sie wählten und integrierte ihre Quellen nur. Sie haben sie nicht wesentlich modifiziert. Ich vermuten im Moment, dass die drei Aufteilungen der hebräischen Bibel (Tanach: Torah, Nevi'im, Kethuvim) das Alter der kanonischen Texte darstellt. Mit dem kanonischen Text der Tora sind wir vollständig in der Zeit von (sagen wir) Elischa, jenes der Nevi'im vervollständig im Wesentlichen die Zeit des Jeremia (mit Ausnahme Ezechiel), und das der Kethuvim schließt kurz nach 444 v. Chr. ab (siehe Neh 8,18). 14 Der offensichtliche Beweis hierfür ist die zeitliche Natur der Aufteilung: offensichtlich ist sie nicht beliebig. Nach dieser Annahme könnte Moses die mündliche Tradition leicht entscheidend geprägt haben (und könnte sogar einiges schriftliche Material hergestellt haben), und die endgültige Edition dürfte nicht mehr gemacht haben, außer sein Material zusammenzufassen. Warum könnte nicht einer der Herausgeber der Genesis-Schöpfungserzählung Moses selbst gewesen sein? Gewiss, in der Zeit Moses waren schon viele Schöpfungserzählungen in Kanaan, Mesopotamien und Ägypten entworfen worden: die Hebräer hätten sicherlich ihre eigene gehabt, in einem ähnlichen Umfang entworfen. Das Material war für Moses sicherlich da. Und das im zweiten Schöpfungsbericht (Gen 2-4) eingeführte Tetragramm („JHWH“, [ )]יהוהwurde (implizit) überliefert von Mose selbst im entscheidenden und zentralen Ex 3,14 („ICH BIN, DER ICH BIN“ [)]אהיה אשר אהיה. Ich weiche von der einmütigen Auffassung einer früheren Zusammenstellung der Tora ab (obwohl ich der einmütigen Auffassung zustimme, dass der kanonische Text später war, vielleicht 5. oder 6. oder 7. Jahrhundert): vielleicht war die Zusammenstellung der Tora früher als die ugaritischen Texte aus dem Tell in Ras Schamra; vielleicht sogar mehrere Jahrhunderte früher? Aber warum dann nicht Ockhams Rasiermesser anwenden und wieder auf die traditionelle Ansicht zurückgehen, dass Moses der Urheber ist? Offensichtlich wurde der Text von späterer Hand, als Moses, kompiliert, da ja Moses Tod mit enthalten ist, und es gibt eine Reihe von anderen offensichtlich späteren Interpolationen. Aber warum schließt das aus, dass Moses, wie ich sagte, „die mündliche Tradition entscheidend geprägt“ hat? Geht vor allem die Form von Gen 1 zurück auf Moses? Geht die Form von Gen 2-4 zurück auf Moses? Wenn nicht, warum nicht? Ockhams Rasiermesser missbilligt die Komplexität in der Spekulation, die nicht ausdrücklich gerechtfertigt werden kann. Ich bevorzuge für Hypothesen einen dreistufigen Durchgang: eine prähistorische, mündliche Überlieferung, die für sich sehr reich war; eine historische, mündliche Überlieferung, in der anerkannte Führer die bisherigen Tradition autoritativ formalisierten, vielleicht mit zumindest einigen schriftlichen Aufzeichnungen; und eine endgültige Erstellung der kanonischen Texte, wieder mit autoritativen Editoren. Ich habe das Wort „Redakteure“ vermieden, von dem ich denke, dass es zu beladen ist. Die Fortentwicklung von Schritt 2 zu Schritt 3 muss unscharf sein, denn es setzt die Entwicklung von Schrifttechnik voraus und die hebräische Schrift entstand eindeutig weit über dem Jahrtausend darüber, vor der Schaffung des kanonischen Textes: Ich denke, dieser Fortentwicklung ist schon interessant. Dennoch, halten wir die Dinge einfach. Ich denke, dass das 3-Stufen-Modell im Detail beurteilt werden kann, und es ist eine Überlegung wert. Korpel und de Moor sagen viele Male in ihrer Schrift, dass der hebräische Text spät entstand und sie schließen daraus, dass die alten ugaritischen Erzählungen, und andere, „Vorgänger“ sind. Es ist mir klar, dass auch der kanonische Text sicherlich spät entstand. Die Geschichten, festgehalten durch diese Texte, sind selber alt - ich schätze, mindestens so alt wie die kanaanäischen Texte. Ich glaube nicht, dass die kanaanäischen Erzählungen „Quellen“ für den hebräischen Text sind, und der (umfangreiche und sehr interessante) Nachweis, in dem Korpel und de Moor eine Familienähnlichkeit zwischen dem Ugarit (und andere) und hebräischen Texten zeigen, bedeutet nicht, dass das eine vom anderen abgeleitet ist. Es ist einfach nicht bekannt, welche Abhängigkeiten es gibt, wenn überhaupt. Das zieht sich laufend durch Korpel und de Moor’s Buch, was meiner Meinung nach ein Schwachpunkt ist. Das Problem ist, dass Korpel und de Moor sich in einer Schultradition bewegen, die ihre Wurzeln in der Revolution hat, mit der vorangestellten sogenannten „freigeistigen Aufklärung“. insbesondere H. S. Reimarus (dessen Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes posthum veröffentlicht wurde – die „Fragmentenstreit“ - zwischen 1774-78 von seinem Freund, dem Dichter G. Lessing) und den nachfolgenden Wissenschaftler der Tübinger Schule (F. C. Baur, D. F. Strauß und ihre Anhänger). Aber diese Gelehrten waren keinesfalls 15 „objektiv“. Im Gegenteil, sie hatten „significant axes to grind of their own“4. Sie waren systematisch skeptisch gegenüber jeder orthodoxen Position, vor allem weil sie unorthodox zu sein wünschten. Aber gerade wenn es keine Tugend in Orthodoxie an sich gibt, gibt es auch keine Tugend an sich im unorthodoxen. Die Frage ist, was ist wahr? Der Schluss, dass Orthodoxie korrekt ist, zündet nicht. Wie auch immer; zu behaupten dass Orthodoxie gestürzt werden sollte, garantiert hohe Umsätze für Bücher! Aber weder Populismus, noch Orthodoxie sind irgendeine Garantie für Wahrheit. Ähnlichkeiten zwischen Hebräisch und Ugaritic Poesie Das Gift erfüllte ihn ja, der Zerstörer machte ihn verdreht das Fleisch Šarruġāzizu fiel Er weinte wie ein Junge und weinte wie ein Kleiner Šapšu rief vom Himmel; Seht, warum ist es gefallen, mein Freund? warum ist das Fleisch von Šarruġāzizu gefallen? Und warum weinst du wie ein Junge tust Tränen vergießen wie ein Kleiner? KTU 1.107,7-12 Das Meer sah es und floh, der Jordan wich zurück. Die Berge hüpften wie Widder, die Hügel wie junge Lämmer. Was ist mit dir, Meer, dass du fliehst, und mit dir, Jordan, dass du zurückweichst? Ihr Berge, was hüpft ihr wie Widder, und ihr Hügel, wie junge Lämmer? Ps 114,3-6 In diesem Vergleich zwischen Ps 114 und der Antwort des Šapšu auf Adammus Todeskampf , lenke ich die Aufmerksamkeit auf die Form der Wiederholung einer ersten Aussage nach den gleichen Bedingungen durch einem Erzähler, aber in der zweiten Person („Das Meer sah es und floh ... Was ist mit dir, Meer, dass du fliehst“ ist ähnlich wie „das Fleisch Šarruġāzizu fiel ... Seht, warum ist es gefallen, mein Freund?“). Die Form der Parallelen ist ähnlich: zwei Zeilen sagen dasselbe in anderen Worten: Vergleiche „Er weinte wie ein Junge / und weinte wie ein Kleiner“ mit „Die Berge hüpften wie Widder / die Hügel wie junge Lämmer“, obwohl der letztere auch eine Progression hat. Diese Poesie in Dubletten (oder seltener; Drillinge), mit Linienpaaren, sagen mal Dasselbe, mal das Entgegengesetzte, und mal entwickelt es den Gedanken. Solch eine Form ist charakteristisch für diese Region. Es gibt auch eine Ähnlichkeit in der Art, wie kanaanäische und hebräische Literatur Namen behandelt. Hier wird Adammu auch Šarruġāzizu gerufen, wie der Hebräer Jakob auch Israel genannt wird (und JHWH wird auch Elohim genannt). Einer kann als Eigenname gesehen werden, und der andere als Titel, aber in allen Fällen ist der Name nicht einfach nur gleich eine Benennung: sie haben immer eine notwendige Bedeutung, die immer von tieferer Sinnhaftigkeit ist. Korpel und de Moor meinen, Šarruġāzizu sei ein „vorwegnehmender Beiname von Adammu ... [und] bedeutet, Der Prinz ist großzügig“; das heißt, er verweist auf das „großzügige“ (auch wenn durch Eigeninteresse motiviert) Handeln Ḥorrānus (der Prinz des Titels) im Ablassen des Giftes und der Wiedergabe des Lebens für Adammu und seine Frau, wenn auch nur vorübergehend. Hebräische „Beinamen“ werden auch durch ähnlich lange Ketten von Anspielung gekennzeichnet. Es sollte betont werden, dass Ähnlichkeit nicht unbedingt sachliche Abhängigkeit bedeutet. Viele Wissenschaftler haben zum Beispiel vorgeschlagen, dass Ps 29 („... Die Stimme des HERRN erschallt ...“) eine Übersetzung war oder nahe einer Anpassung eines kanaanäischen Psalms, wo 4 Bedeutung der Redewendung: man hat eine starke persönliche Überzeugung zu etwas und man will, dass andere Leute diese akzeptieren, und das ist der Grund, warum jemand etwas tut: 16 nicht JHWH sondern Baal, der Donnergott, seine ehrfürchtige Stimme über die ganze Erde erhebt. Robert Alter (Co-author von The Literary Guide to the Bible, 1987) erklärt diesen Gedanken, aber er weist es kategorisch ab:Kanaanäische Dichtung war die literarische Tradition, welche den unmittelbarsten Hintergrund für biblische Poesie konstituierte. Es wäre eine Überraschung, wenn die biblischen Dichter nicht Nutzen von den Bildern, Ausdrucksweisen und selbst mythologischen Elementen von vorangegangenen Traditionen, mit denen sie und ihr Publikum vertraut waren, gezogen hätten. Die Verwandtschaft von diesem Psalm [29], und gut viele andere, mit der syro-palestinensischen Tradition, ist in etwa wie jene von Paradise Lost [Milton, 1667], mit der Aeneid [29 v. Chr.-19 v. Chr.: Virgil] und der Ilias [~700 v. Chr.: Homer]. Virgil und Homer gaben Milton ein Vorbild und ein Repertoire von Geräten und Topoi [ein Ausdruck für klassische, griechische Rhetorik, bedeutet in etwa, „Binsenwahrheit“], mit dem er einen kosmischen Epos aus seiner eigenen, monotheistischen Perspektive bilden konnte, aber er hat nicht einfach nur die heidnischen Epik in Englisch „transportiert“. Robert Alter, The Book of Psalms (2007), Ps.29 Die hebräische und kanaanäische Poisie war sich natürlich zeitlich sehr viel näher, als Milton und Virgil (oder Homer!). Aber die Weltanschauung der hebräischen Dichter war nachweislich ganz anders, als jene der Kanaaniter: sie waren natürlich miteinander verwandt, aber sie leiten sich nicht durch einen gemeinsamen Vorfahren ab. Und sie waren nur auf einer literarischen Ebene miteinander Verwandt. Walter Brueggemann weist darauf hin, dass gerade die vage Behauptung einer Verwandtschaft der Bibel mit einer vorangegangenen paganen Dichtung, einer näheren Untersuchung nicht standhält. So fällt auch die allgemeinere Behauptung der familiären, philosophischen Ähnlichkeit zwischen israelitischen und kanaanäischen (und weiteren) Religionen. Er sagt, wesentlich stärker dagegenhaltend, mit Konsequenzen gerade für die christliche Ära (genau wie Korpel and de Moor), und Mircea Eliades Myth of the Eternal Returns zitierend, (1955; S.160-162), dass es „einen entscheidenden Unterschied zwischen den beständigen Religionen und dem Anspruch des Evangeliums [gibt]. Und dieser Kontrast findet sich genau in der Re-Charakterisierung davon, was möglich und unmöglich ist:Grundsätzlich kann der Horizont von Urbild und Wiedergabe nicht ungestraft überschritten werden bis wir eine Philosophie des Friedens, welche nicht Gott ausschließt, akzeptieren. Und tatsächlich erweist sich das als wahr, als der Horizont von Urbildern und Wiedergabe erstmals beim Juden-Christentum überschritten wird, welches eine neue Kategorie in der religiösen Erfahrung einbringt, die Kategorie des Glaubens. Es darf nicht vergessen werden, dass, wenn Abraham’s Glaube, als ein für Gott ist alles Möglich definiert werden kann [Gen.18,14], dass der Glaube des Christentums dann bedeutet, dass alles auch für den Menschen möglich ist [Mk 10,27].” W. Brueggemann (Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 94, 1979, 615-634; transl.1995) Schlussfolgerungen Korpel und de Moors Monographie ist zutiefst interessant. Sie rekonstruierten, übersetzten und interpretierten wichtige ugaritische Texte aus dem späten 13. Jh. v. Chr. mit beeindruckenden Gelehrsamkeit, und sie erklärten die Verbindungen mit dem hebräischen kanonischen Text und seiner Bedeutung, einen Text, der einer der zentralsten, von kultureller Bedeutung, bleibt, mit gleichbleibender Überzeugung. Diese Arbeit ist wichtig! Gleichzeitig haben sie ihre Schlussfolgerungen nicht zu weit getrieben. Sie betonen ausdrücklich die Vorläufigkeit der Schlussfolgerungen, die sie natürlich ziehen mussten. Dazu gehört unterstrichen, dass die ugaritischen „Schöpfung“-Berichte jetzt der hebräischen viel näher zu sein scheint, als andere verwandte Literatur es uns erwarten lassen würde: das hat an sich unser Verständnis in einer kleinen, aber fundamentalen Weise verändert. Sie zeigten auch, wie die ugaritischen Texte unser Verständnis durch einer Reihe von Assoziationen, von wichtigen Vorstellungen in den hebräischen Berichten, verändert. Die Bibelwissenschaft wird sich ändern müssen, um dieser neuen Arbeit entgegenkommen zu können. 17
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