Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit

 Hintergrund
Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Zusammenstellung von Informationen
Erarbeitet im Rahmen des Projektes
Gute Geschäfte machen - Erfolgreiche Modelle für den stationären Einzelhandel
Februar 2016
HafenCity Universität Hamburg HCU
Dipl.-Ing. Stefan Kreutz
Überseeallee 16
20457 Hamburg
[email protected]
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Inhalt
Vorbemerkung ............................................................................................................................................ 1
Das Projekt „Gute Geschäfte machen“ ....................................................................................................... 2
Vergleichende Übersicht der sozio-ökonomischen Daten der sieben Beispielstädte ................................. 4
Auf offener Straße: Geschäftsstraßen gemeinsam gestalten ..................................................................... 5
Stadtportrait Berlin ...................................................................................................................................... 7
Literatur / Quellen ..................................................................................................................................... 14
Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße Moabit ................................................................................. 15
Literatur / Quellen ..................................................................................................................................... 19
Vorbemerkung
Das Projekt „Gute Geschäfte machen - Erfolgreiche Modelle für den stationären Einzelhandel“ ist ein
Beitrag zum Wissenschaftsjahr „Zukunftsstadt“ 2015. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung. Projektzeitraum war September 2015 bis Februar 2016.
Projektteam: Prof. Dr. Ingrid Breckner und Dipl.-Ing. Stefan Kreutz (HafenCity Universität Hamburg) in
Zusammenarbeit mit Thomas Böhm und Carsten Sommerfeldt (Literarische Unternehmungen Berlin)
Als Grundlage für die Portraits der sieben ausgewählten Städte sind hier Daten und Informationen zur
Stadt- und Zentrenentwicklung zusammengestellt und dokumentiert. Enthalten sind (soweit vorhanden)
Informationen zur Demographie, sozio-ökonomischen Struktur und Entwicklung, räumlichen Struktur,
Handels- und Innenstadtentwicklung sowie Zielen und Entwicklungsperspektiven. Ergänzend zu den
Informationen zur Gesamtstadt folgen Informationen zu einzelnen Themenschwerpunkten. Außerdem
wird einleitend die Geschichte des Einzelprojektes erzählt.
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
1
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Das Projekt „Gute Geschäfte machen“
Das Projekt „Gute Geschäfte machen - Erfolgreiche Modelle für den stationären Einzelhandel“ ist ein
Beitrag zum Wissenschaftsjahr „Zukunftsstadt“ 2015. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung. Projektzeitraum war September 2015 bis Februar 2016. Projektteam: Prof. Dr. Ingrid Breckner und Dipl.-Ing. Stefan Kreutz (HafenCity Universität Hamburg) in Zusammenarbeit mit Thomas Böhm
und Carsten Sommerfeldt (Literarische Unternehmungen Berlin)
Gute Geschäfte im Sinne des Projekts tragen zu einer lebendigen und nachhaltigen Stadt bei. Sie sind
nicht nur ökonomisch tragfähig, sondern leisten darüber hinaus auch wertvolle Beiträge für die Nachbarschaft, den Stadtteil oder die Gesamtstadt. Das Projekt stellt die Macher und Unterstützer ausgewählter
guter Geschäfte vor: Einzelhändler, Stadtplaner und Kulturveranstalter in Berlin, Eberswalde, Regensburg, Wuppertal, Freiburg, Lübeck und Hamburg.
Das Projekt versteht sich als Begegnungsort
für Einzelhändler, Existenzgründer, Stadtverwaltung, Stadtmarketing, Wissenschaft
und eine interessierte Öffentlichkeit. Es
möchte inspirieren, informieren und ermutigen, Dialog ermöglichen und eine Diskussion
über Chancen und Risiken des Einzelhandels in der Zukunftsstadt entfachen und begleiten.
© Elke Ehninger „Die Stadt braucht den Handel – aber der
Handel braucht nicht die Stadt!“ Stimmt diese provokante These wirklich oder wie sieht er aus, der
Handel in der Zukunftsstadt? Gehört der kleinteilige, inhabergeführte Einzelhandel der Vergangenheit
an?
Viele Prognosen für den stationären Einzelhandel sind düster: Die Bedeutung von inhabergeführten
Fachgeschäften als Vertriebsform geht seit Längerem zugunsten größerer Einzelhandelsketten und der
wachsenden Zahl an Shoppingcentern zurück. Rund 73 Prozent der Internetnutzer shoppen auch im
Netz. Für 2020 wird erwartet, dass 20 Prozent des Gesamtumsatzes des deutschen Handels im Onlinebereich gemacht werden. Experten prognostizieren, dass 50.000 Einzelhändler bis 2020 pleite sind –
das wären 12,5 Prozent aller deutschen Einzelhändler. Diese Entwicklung trifft besonders kleine und
mittlere Läden in Innenstadtlagen, vor allen Dingen Geschäfte, die besonders unter dem Angebotsdruck
großer Handelsketten und Onlineshops leiden. Bereits heute gibt es Stadtquartiere, in denen der klassische Einzelhandel bereits verschwunden ist.
Es gibt aber auch Stadtquartiere, in denen neue Einzelhandelskonzepte und andere innovative Formen
des quartiersbezogenen Wirtschaftens und Arbeitens zu finden sind bzw. sich entwickeln. Diese Ansätze
stehen hier im Fokus. „Gute Geschäfte machen“ verstehen wir dabei als doppeldeutigen Begriff: Es geht
im Handel natürlich immer um gute Geschäfte im wirtschaftlichen Sinne. Gleichzeitig geht es uns aber
auch um gute Zusammenarbeit, gute Beziehungen zum Quartier, guten Service und gute Qualität der
Produkte sowie gute Atmosphäre in den Geschäften.
Durch Online-Handel und Strukturwandel im Einzelhandel geraten die gewachsenen Handelslagen
vielerorts unter Druck. Klassische Konzepte wie „Unternehmer“, „Kunde“, „Nachfrage“, „Ladengeschäft“,
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
2
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
„Einkaufsstraße“ verändern sich und werden teilweise infrage gestellt. Der traditionelle Abverkauf von
Waren funktioniert nur noch in bestimmten Segmenten, die sehr stark preisdominiert sind. Der Einkauf
im Internet wird von vielen Konsumenten als alternativlos günstig und bequem angesehen – auch weil
viele Alternativen vor Ort entweder unattraktiv oder auch nicht bekannt sind. Beim Einkauf steht heute
das gewünschte Produkt im Vordergrund und nicht mehr das verfügbare Angebot im Geschäft.
2015 haben sich nur noch rund 32 Prozent der Verbraucher als traditionelle Handelskäufer bezeichnet,
die nicht gerne im Internet einkaufen. Die Veränderungen im Verbraucherverhalten und der Nachfrage
haben vielschichtige Ursachen. Hierzu zählen der demografische Wandel, veränderte Haushaltsstrukturen, das verfügbare Einkommen für Konsum sowie Individualisierung und zunehmende Heterogenisierung der Konsummuster. Als „hybrides Einkaufsverhalten“ wird die Mischung aus Preisbewusstsein und
Erlebnisbedürfnis bezeichnet. Dabei sind auch neue Wertmaßstäbe im Käuferverhalten zu beobachten,
wie zum Beispiel nachhaltiger Konsum oder die Bevorzugung lokaler und regionaler Produkte. Und auch
die strikte Trennung zwischen Online oder Offline löst sich auf – „Bricks and Clicks“ werden integriert,
alle Vertriebskanäle parallel genutzt. Viele Onlinehändler öffnen mittlerweile stationäre Ladengeschäfte,
viele traditionelle Einzelhändler verkaufen ihre Produkte auch online – im eigenen Shop oder auf virtuellen Marktplätzen.
Es entstehen neue Geschäfts- und Handelsformen und haben das Potential, die Städte der Zukunft zu
prägen. Einige Stichworte hierzu sind Share-Economy und Collaborative Consumption (Teilen statt Besitzen), Pop-Up-Stores („Experimentierflächen“ auf Zeit), Co-Working (Gemeinschaftliche Nutzung von
Flächen), Individualisierte Produktion von Unikaten oder kleiner Serie, Prosumenten (Produzenten und
Konsumenten rücken zusammen), Streetfood und Foodtrucks (Neue Formen mobilen Handels) sowie
Handels- und Gewerbekonzepte sozialer Träger oder gemeinnützige Genossenschaften als Geschäftsform.
Verkaufsflächen werden immer mehr zu „Third Places“, zu hybriden Orten irgendwo zwischen Privatheit
und Öffentlichkeit, auf dem Weg zwischen Zuhause und Arbeitsort. „Kuratierter Konsum“ wird gefragt:
Geschäfte, bzw. deren Inhaber lotsen ihre Kunden durch Auswahlprozesse, z. B. durch eine pointierte
Auswahl von Produkten, durch Beratung oder durch Kaufentscheidungshilfen.
Vor diesem komplexen Hintergrund war die Leitfrage des Projektes, wie es stationären Einzelhändlern
gelingen kann, die Tragfähigkeit ihrer Geschäftsideen zu verbessern und ihre zukünftigen Handlungsspielräume so zu erweitern, dass sie ihre Existenz langfristig sichern. Ziel ist dabei, dass der stationäre
Einzelhandel seine wichtigen Funktionen für die Stadt auch weiterhin wahrnehmen kann.
Deshalb haben wir Geschäfts- und Handlungskonzepte innovativer Akteure des stationären Einzelhandels und der Stadtentwicklung im Hinblick auf die Tragfähigkeit ihrer Ideen untersucht. Dabei ging
es auch um die Bedingungen und Hemmnisse ihrer Verwirklichung und eine mögliche Vorbildfunktion für
die Übertragung an andere Orte. Hierzu haben wir Beispiele aus sieben Städten ausgewählt – von der
wachsenden Metropole bis zur Mittelstadt im strukturellen Wandel. In acht öffentlichen Veranstaltungen
vor Ort haben Geschäftsleute und mit dem Einzelhandel und/oder der Stadtentwicklung vor Ort befasste
Akteure gemeinsam mit den Stadtforschern der HafenCity Universität ihre Erwartungen und Ideen für die
Zukunft des stationären Handels in ihrer Stadt präsentiert und diskutiert. Die Erkenntnisse dokumentieren wir in diesem Bericht.
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
3
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Vergleichende Übersicht der sozio-ökonomischen Daten der sieben Beispielstädte
Berlin
Eberswalde
Freiburg
Hamburg
Lübeck
Regensburg
Wuppertal
Einwohnerzahl
(2014)
3.469.849
38.844
222.203
1.762.791
214.420
142.292
345.425
Bevölkerungsprognose
(2012-2030)
+ 10.3 %
- 6,2 %
+ 11,9 %
+ 7,5 %
+ 0,7 %
+ 7,2 %
- 4,4 %
Beschäftigungsquote
(2011)
49,0 %
57,3 %
53,7 %
55,9 %
52,3 %
58,6 %
53,2 %
Arbeitslosenquote
(01.2016)
10,7 %
8,2 %
(LK Barnim)
6,2 %
7,7 %
10,1 %
4,2 %
10,0 %
Zentralität*
107,9
(2014)
k. A.
146
114,5
(2012)
143,4
(2015)
158,8
(2013)
109,9
(2013)
Kaufkraft – Index**
(2014)
91,7
76,7
94,2
110,8
91,8
112,5
97,1
(2013)
Kaufkraft – Index 2014
(Kreisebene)
91,7
90,9
(LK Barnim)
94,2
110,8
91,8
112,7
97,1
Einzelhandelsumsatz
Index 2014
102,3
100,8
137,9
122,3
136,3
175,6
106,7
Quellen: Laufende Raumbeobachtung des BBSR (www.raumbeobachtung.de); Wegweiser Kommune (www.wegweiser-kommune.de); Bundesagentur für Arbeit (https://statistik.arbeitsagentur.de 2016), GfK (Kaufkraft- und Einzelhandelsumsatz-Index auf Kreisebene) sowie Internetseiten
der Kommunen (Zentralität und Kaufkraft-Index).
* Der Zentralitätsindex errechnet sich aus dem Verhältnis der Umsatzkennziffer des Einzelhandels und der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft.
Liegt die Kennziffer über dem Bundesdurchschnitt von 100, werden die Umsätze stark von Kunden aus dem Umland beeinflusst. Die Zentralitätskennziffer erlaubt damit Aussagen zur überregionalen Bedeutung der Stadt.
** Kaufkraftkennziffern geben über die regionale Einkommensverteilung pro Einwohner in einem Gebiet Auskunft. Der Kaufkraftindex dient zur
Darstellung des verfügbaren Einkommens. Der Kaufkraft-Bundesdurchschnitt pro Einwohner wird durch die Wertmarke 100 repräsentiert.
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
4
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Auf offener Straße: Geschäftsstraßen gemeinsam gestalten
In einer Geschäftsstraße gibt es viele Einzelhändler, die in der Regel sprichwörtlich einzeln handeln. Ihre
einzige Gemeinsamkeit ist die gleiche Adresse, aber ansonsten haben die Händler häufig wenig miteinander zu tun – und schon gar nicht mit der sozialen Infrastruktur oder den Kulturschaffenden aus der
Umgebung. Dabei brauchen gute Geschäfte auch eine gute Nachbarschaft! Das Geschäftsstraßenmanagement will das ändern, die Akteure einer Straße vernetzen und zu gemeinsamen Aktionen motivieren. Zum Beispiel in der Turmstraße in Berlin Moabit.
Die Turmstraße ist eine traditionelle Geschäftsstraße mit wechselhafter Geschichte und ein wichtiger
Standort für die Nahversorgung in Moabit. Über 500 Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleister sowie
bedeutende öffentliche Einrichtungen sind rund um das Rathaus Moabit ansässig. Aufgrund von sogenannten Funktions- und Bedeutungsverlusten der Turmstraße wird seit 2008 die Gebietsentwicklung mit
erheblichen Mitteln des Bundes und des Landes Berlin gefördert. In diesem Zusammenhang wurde 2011
ein Geschäftsstraßenmanagement eingerichtet. Es verfolgt das Ziel, die Turmstraße als Einzelhandelsschwerpunkt für den Stadtteil zu sichern, die gewerbliche Struktur zu stärken und ein Händlernetzwerk
aufzubauen. Als Grundlage hierfür wurde 2013 das „Zentrumskonzept zur Stärkung und Steuerung von
Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie im Stadtteilzentrum Turmstraße“ vorgelegt.
Vor einem Jahr hat sich die „Turmstraßen Initiative Moabit“ (TIM) gebildet. Hier treffen sich regelmäßig
Händler, Gastronomen, Kulturschaffende und soziale Einrichtungen aus dem Gebiet. Unterstützt vom
Büro „die raumplaner“ hat die TIM schon im ersten Jahr verschiedene Aktionen in der Nachbarschaft
organisiert, z. B. ein Kiezfest und eine Weihnachtsbaumaktion. Eine Kiezkarte mit Geschäften, Restaurants und Ateliers in Moabit wurde genauso produziert wie die TurmTüte, eine Einkaufstasche aus Papier. Für die Zukunft sind ein gemeinsamer Internetauftritt sowie weitere öffentlichkeitswirksame Aktionen geplant.
Die größte Herausforderung für Initiativen wie TIM liegt darin, möglichst viele Händler zu motivieren, sich
an der Vernetzung aktiv zu beteiligen, um „die Realität der Straße“ abzubilden. Viele Unternehmen machen jedoch nur bei einzelnen temporären Aktionen mit, engagieren sich aber nicht dauerhaft und verbindlich. Daher braucht es für den Aufbau eines solchen Netzwerkes professionelle Koordinatoren, die
Akteure motivieren und vernetzen sowie Aktivitäten koordinieren. Die Händler alleine könnten diese Aufgabe neben ihrem Kerngeschäft, also dem eigenen Laden nicht leisten. „Wir verstehen uns als Vermittler
zwischen dem einzelnen Laden und der Verwaltung. Wir stellen die Menschen in den Mittelpunkt, weniger die Zahlen“, beschreibt Georg Thieme seine Aufgabe als Geschäftsstraßenmanager im Auftrag des
Bezirksamtes.
Auch die Frage nach der Verbindlichkeit der Zusammenarbeit ist von zentraler Bedeutung für Bündnisse
von Geschäftsleuten. Soll es nur ein loses Netzwerk geben oder braucht es eine verbindliche Struktur,
etwa einen Verein? Viele Händler scheuen die Gründung von Vereinen wegen der formalen Voraussetzungen. Denn schon die Netzwerkarbeit und Aktionen bedeuten erheblichen Mehraufwand neben dem
eigenen Geschäft. Daher muss neben dem Aufwand insbesondere der Nutzen solcher Aktivitäten deutlich werden, z. B. Kooperationen mit benachbarten Unternehmen oder gemeinsame Werbung für den
Standort. Damit auch in der Turmstraße weiterhin gute Geschäfte gemacht werden können.
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
5
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Gute Geschäfte Veranstaltung: Auf offener Straße – Stadtplanung in Moabit
am 13.1.2016 um 8 Uhr (Frühstück TIM) und 10 Uhr (Rundgang Turmstraße)
mit Georg Thieme (die raumplaner / Geschäftsstraßenmanagement)
Rundgang über die Turmstraße (Foto: Carsten Sommerfeldt)
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
6
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Stadtportrait Berlin
Zusammenstellung relevanter Daten zu Handel und Stadt
Indikator
Daten
Stand
Einwohner im Stadtgebiet
3.469.849
2014
Einwohner im Einzugsbereich
(Metropolregion)
Bevölkerungsprognose
Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg 5.871.002
31.12.2013
+ 10,3 %
2012-2030
Demographische Struktur
Unter 18 Jahre 15,3 %, 65-79 Jahre 14,8 %
Natürlicher Saldo je 1.000 EW 0,6
Wanderungssaldo je 1.000 EW 10,3
Bildungswanderung je 1.000 EW 76,6
insg. 1.269.147
Handel, Verkehr, Gastgewerbe: 269.248
2013
30.06.2014
31.03.2013
49 %
2011
Arbeitslosenquote
10,7 %
01.2016
Haushaltsstruktur/-größe
09.05.2011
Zentralität
Einpersonen-/Singlehaushalte: 49,1 %
Paare ohne Kind(er): 22,5 %
Paare mit Kind(ern): 15,4 %
Alleinerziehende Elternteile: 8,7%
107,9
Kaufkraft
Index 91,7
2014
Einzelhandelsumsatz
Index 102,3
2014
Bruttoinlandsprodukt
€ 105,1 Mrd. (€ 105.148.850.000)
davon in Handel/Verkehr/Gastgewerbe/ Information
€ 19,0 Mrd. (€18.981.370.000)
Top-Lage bis 120 qm: 50-340 EUR/qm
1A-Lage bis 120 qm: 25-220 EUR/qm
Hauptzentren bis 120 qm: 25-75 EUR/qm
1,26 qm
31.08.2013
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Arbeitsort in der Gemeinde)
Beschäftigungsquote
Mietpreise im Handel
Verkaufsfläche je Einwohner
2014
2014
01.04.2014
Quellen: Laufende Raumbeobachtung des BBSR (www.raumbeobachtung.de); Wegweiser Kommune
(www.wegweiser-kommune.de); Bundesagentur für Arbeit (https://statistik.arbeitsagentur.de 2016), GfK
(Kaufkraft- und Einzelhandelsumsatz-Index auf Kreisebene) sowie Internetseiten der Kommunen (Zentralität und Kaufkraft-Index).
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
7
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
* Der Zentralitätsindex errechnet sich aus dem Verhältnis der Umsatzkennziffer des Einzelhandels und
der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft. Liegt die Kennziffer über dem Bundesdurchschnitt von 100, werden die Umsätze stark von Kunden aus dem Umland beeinflusst. Die Zentralitätskennziffer erlaubt damit
Aussagen zur überregionalen Bedeutung der Stadt.
** Kaufkraftkennziffern geben über die regionale Einkommensverteilung pro Einwohner in einem Gebiet Auskunft. Der Kaufkraftindex dient zur Darstellung des verfügbaren Einkommens. Der KaufkraftBundesdurchschnitt pro Einwohner wird durch die Wertmarke 100 repräsentiert.
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
8
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
RÄUMLICHE STRUKTUR
Das Zentrenkonzept bzw. die Zentrenhierarchie des Berliner Stadtentwicklungsplans Zentren 3 sieht zwei große
Zentrumsbereiche vor. In der westlichen Innenstadt besteht dieser aus
zwei Zentrumsbereichskernen (CityWest Wilmersdorfer Straße und CityWest Zoo / Ku’damm / Tauentzienstraße), in der Mitte/östlichen Innenstadt
setzt sich der Bereich aus drei Zentrumsbereichskernen
(Potsdamer
Platz, Friedrichstraße, Alexanderplatz)
zusammen. Hinzu kommen acht
Hauptzentren, die sich außerhalb des
Innenstadtringes verteilen, sowie zahlreiche Stadtteil- und Ortsteilzentren
(Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2011 Stadtentwicklungsplan Zentren 3).
Als verbindendes Element zwischen den einzelnen Zentren fungieren Zentrentragende Stadträume
mit a) höchster/hoher Urbanität und b) mit ausgeprägter Urbanität (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2011 Stadtentwicklungsplan Zentren 3).
ZENTRENENTWICKLUNG
Ein besonderes Merkmal des Berliner Konzepts zur Entwicklung der städtischen Zentren ist die Stärkung der jeweiligen Besonderheiten (City West, Historische Mitte, multikulturell geprägte Einkaufslagen, Szeneviertel usw.) (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2011 Stadtentwicklungsplan Zentren 3:
40-41).
Die City West (Top-Konsumlage Tauentzienstraße und Kurfürstendamm) ist die tradierte Einzelhandelslage des westlichen Stadtgebiets. „Wohl mit keiner anderen Straße wird der Berliner Einzelhandel
so emotional verbunden wie mit dem Kurfürstendamm, der bereits schon zur Vorwendezeit eine große
auch kulturell-politische Bekanntheit innehatte.“ Auch heute zieht die City West insbesondere an den
Wochenenden unzählige Sightseeing- und Shopping-Touristen aus Deutschland und der ganzen
Welt an, die neben Monumenten der Zeitgeschichte wie der Gedächtniskirche oder Sehenswürdigkeiten
wie dem Zoologischen Garten, auch das besondere Einzelhandelsangebot an der Tauentzienstraße und
dem Kurfürstendamm besuchen, so z. B. das KaDeWe (Kaufhaus des Westens) als größtes kontinentaleuropäisches Warenhaus. Die stetig steigenden Touristenzahlen haben die City West seit Jahren
wieder in den Fokus nationaler und vor allem internationaler Einzelhändler rücken lassen, die vermehrt
die Konsumlagen für ihre Pilot- und Flagshipstores anstreben (CBRE Einzelhandelsreport Berlin 2014:
3-4).
Die City Ost stellt die zentrale Geschäftslage des ehemaligen Ost-Berlins dar und umfasst die Friedrichstraße mit dem Boulevard Unter den Linden, dessen umliegenden Seitenstraßen sowie den zentralen
Alexanderplatz. Das Scheunenviertel, besser auch bekannt als Quartier rund um den Hackeschen
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
9
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Markt, gehört zwar geographisch zur City Ost, wird jedoch als separates Marktgebiet betrachtet. Das
Quartier hat sich mittlerweile zur international etablierten Trendlage entwickelt, die ein fundamental
anderes Publikum anspricht als die restliche City Ost, so dass es als eigenständige Einzelhandelsdestination gilt. Die Friedrichstraße gilt als die Berliner Business- und Tourismuslage in der City Ost und
knüpft seit der Nachwendezeit an ihre ehemalige Bedeutung in wilhelminischer Zeit wieder an. Mit rund
3,4 km von der Torstraße jenseits der Spree über den historisch bedeutenden Checkpoint Charlie bis
nach Kreuzberg ist sie die längste Einkaufsstraße Berlins. Aufgrund ihrer zentralen Lage zu historischen und zeitgeschichtlichen Plätzen wie dem Brandenburger Tor, dem Gendarmenmarkt, dem Holocaust Mahnmal, dem Boulevard „Unter den Linden“ oder dem Checkpoint Charlie erfährt die Friedrichstraße eine konstante Frequenz von nationalen und internationalen Städtetouristen auf Sightseeing-Tour. Weitere hohe Frequenzen generiert die Straße durch ihre Lage im CBD, dem Central Business District, der City Ost (CBRE Einzelhandelsreport Berlin 2014: 28-31).
Quelle: Engel & Völkers Marktreport 2014 Berlin 2014
ZIELSETZUNGEN / ENTWICKLUNGSPERSPEKTIVEN
„Die BerlinStrategie/Stadtentwicklungskonzept Berlin 2030 greift (…) die bestehenden Berliner Planungen und Programme auf und entwickelt davon ausgehend ein Leitbild für die gesamtstädtische
Entwicklung. (…) Mit dem Konzept werden richtungsweisende Strategien, Ziele und Handlungsfelder benannt und in Transformationsräumen verortet. (…) Die BerlinStrategie liefert abgestimmte und
einheitliche Positionen, um die Stadt im Wettbewerb mit anderen deutschen und europäischen MetropoEin Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
10
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
len als wettbewerbsfähigen und attraktiven Wirtschaftsstandort und lebenswerte Stadt zu profilieren. [Durch die gemeinsame Diskussion mit der Fachöffentlichkeit und der allgemeinen Öffentlichkeit]
hat das Konzept solide Identifikationsmöglichkeiten für langfristige Engagements und Kooperationen der
Beteiligten zur Umsetzung einer gemeinsam getragenen Vision für Berlin geschaffen.“ (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt: BerlinStrategie/Stadtentwicklungskonzept Berlin 2030 Ziele und
Zweck).
Die zehn Transformationsräume sind ausgewählte Räume, die in die polyzentrale Struktur Berlins eingebunden sind. Kennzeichnend für diese Räume sind spezifische Eigenschaften, die einzeln oder gemeinsam auftreten können. Vorhandene Flächenpotenziale sollen genutzt werden, die Stadt wirtschaftlich zu profilieren und ihre internationale Ausstrahlungskraft zu steigern. Defizite in der sozialen Ausgangslage, bei den sozio-ökonomischen Voraussetzungen oder bei baulich-räumlichen Strukturen sollen
dort exemplarisch gelöst werden. Darüber hinaus stehen in den Transformationsräumen durch öffentliche und private Investitionen zeitnah deutliche Veränderungsprozesse an (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt BerlinStrategie 2015: 58).
Im Mittelpunkt der Entwicklung Berlins stehen die städtischen Zentren. Dem Einzelhandel kommt dabei
eine herausragende Bedeutung zu. Das Hauptziel ist stets, eine attraktive Einzelhandels- und Zentrenstruktur in Berlin zu erhalten und zu stärken. Dabei sind sowohl die quantitativen als auch die qualitativen Entwicklungsoptionen zu berücksichtigen. Inhaltliche Schwerpunkte (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2011 Stadtentwicklungsplan Zentren 3: 24):
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Berlin als Metropole stärken
Polyzentralität sichern und entwickeln
Funktionsmischung in den Zentren stärken
Quantitäten steuern, um Qualitäten zu steigern
Nahversorgung sichern
Großflächige Einzelhandelseinrichtungen stadtverträglich integrieren.
Verhältnis zu den Einzelhandels- und Zentrenkonzepten der Bezirke: Der StEP Zentren 3 hat aufgrund seiner gesamtstädtischen Ausrichtung vorrangig die Profilierung und Entwicklung der städtischen
Zentren zum Ziel. Zur Nahversorgung enthält er grundlegende programmatische, aber keine räumlich
konkreten Aussagen. Er ist daher durch Konzepte der Bezirke zu ergänzen. Für die Sicherung der
Nahversorgung kommt den bezirklichen Einzelhandels- und Zentrenkonzepten eine besondere
Bedeutung zu (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2011 Stadtentwicklungsplan Zentren 3: 15).
Übergeordnete Steuerungsgrundsätze: Das zukünftige Handeln und die Entscheidungen aller relevanten Stellen sollen auf einheitlichen und transparenten Grundsätzen basieren. Dies gilt sowohl auf der
Ebene der Gesamtstadt als auch auf der Ebene der einzelnen Bezirke. Diese Regeln funktionieren als
übergeordnete Steuerungsgrundsätze und bieten Gewerbetreibenden und Investoren einen hohen Grad
an Planungs- und Investitionssicherheit. Sie regeln unter anderem die Ansiedlung großflächiger/nichtgroßflächiger Einzelhandelsbetriebe mit/ohne zentrenrelevanten Kernsortimenten etc. (siehe 2.3. Übergeordnete Steuerungsgrundsätze) (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2011 Stadtentwicklungsplan
Zentren 3: 30).
Handlungsbedarf in den Zentren: Für die städtischen Zentren sollen innovative Strategien entwickelt
werden, die ihre Funktion und Attraktivität langfristig sichern. Ziel dieser Strategien ist es, Konzepte,
Maßnahmen und die Aktivitäten der verschiedenen Akteure zu bündeln. Der öffentlichen Hand kommt
dabei die Funktion einer Impulsgeberin und Koordinatorin zu. Ziele der Zentrenentwicklung (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2011 Stadtentwicklungsplan Zentren 3: 38):
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
11
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Gute Geschäfte machen
Die lokale Identität stärken;
Aufenthaltsqualitäten im öffentlichen Raum verbessern;
Straßen und Plätze als zentrentragende Stadträume erhalten;
Einzelhandel und Dienstleistungen als Motor der Zentren qualifizieren und die Mischung der Funktionen sichern;
Die räumlich funktionalen Strukturen optimieren;
Privates Engagement, Kooperationen und Netzwerke fördern.
Stärkung der Besonderheiten der städtischen Zentren (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2011
Stadtentwicklungsplan Zentren 3: 40-41).
Zukunftsfähige Nahversorgungsstrukturen (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2011 Stadtentwicklungsplan Zentren 3. 43-45).
„Im Rahmen der Anfang 2015 abgeschlossenen flächendeckenden Einzelhandelserhebung für den
Statusbericht zum StEP Zenten 3 wurden u.a. die folgenden Erkenntnisse gewonnen:



Es ist zu beobachten, dass das jährliche Wachstum an Verkaufsflächen tendenziell abnimmt, was
als Indiz einer Marktsättigung und einer Verschärfung des Wettbewerbs gewertet werden
kann.
Die Verkaufsflächenausstattung pro Einwohner beträgt in Berlin durchschnittlich 1,2 m². Der
höchste Wert kann im Bezirk Mitte mit 1,8 m² gemessen werden, gefolgt von 1,5 m² in Charlottenburg-Wilmersdorf. Die niedrigsten Werte verzeichnen die Bezirke Lichtenberg (0,9 m²) und Friedrichshain-Kreuzberg (0,9 m²).
Die Verkaufsflächen in ausgewählten Standorttypen haben sich von 2009 zu 2014 markant verändert. Zu beobachten sind deutliche Verkaufsflächen-Zuwächse in den Zentrumsbereichskernen
sowie Zuwächse in Haupt- und Ortsteilzentren. Die Stadteilzentren verlieren jedoch an Verkaufsfläche.“ (SenStadtUm 2015: Shoppen, Bummeln, Surfen)
„Vor allem die Haupt-, Stadtteil- und
Ortsteilzentren stehen aktuell unter
Druck – suchen in einer „Sandwichposition“ zwischen den prosperierenden
Zentrenbereichskernen und den Fachmarktagglomerationen nach einer neuen Rolle.“ (SenStadtUm 2015: Shoppen, Bummeln, Surfen)
„Die Stadtteillagen spielen für die internationale Bedeutung des Berliner Einzelhandelsmarktes eine untergeordnete
Rolle, sind jedoch für die jeweiligen
Wohnquartiere von besonderer Bedeutung. Dies liegt daran, dass das „wahre“
Berliner Leben und die berühmte Urbanität der Stadt abseits der Haupteinkaufsstraßen stattfinden. Die
Stadtteillagen haben hier nicht nur eine besondere nahversorgende Funktion sondern sind auch Treffpunkte für das soziale und kulturelle Leben im Kiez. (…) In einem Rhythmus von rund 10 bis 15 Jahren
wurden und werden Wohnquartiere entwickelt (dies ist auch als Prozess der Gentrifizierung bekannt),
neue, wohlhabendere Bevölkerung zieht ins Quartier, ihr folgen zuerst mittelständische Gastronomen,
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
12
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
dann Szene-Mode-Labels und Systemgastronomen und schlussendlich nationale Filialisten und teilweise sogar internationale Pioniere. Im Vergleich zu diesen Quartieren geraten gerade Quartiere außerhalb
des S-Bahn-Rings weiter unter sozialen- wie wohnungspolitischen Druck, der sich auch in den schleichenden Trading-Down-Prozessen in einigen Stadtteillagen bemerkbar macht.“ (CBRE 2014:82 f.)
„Gemessen am Indexwert zur einzelhandelsrelevanten Kaufkraftkennziffer für die Bundesrepublik
Deutschland (=100), ergibt sich für die Berliner Bevölkerung 2009 ein unterdurchschnittliches Kaufkraftniveau von knapp 94. (…) Im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten wie München oder Hamburg
liegt Berlin auch 20 Jahre nach dem Mauerfall zum Teil deutlich hinter dem einzelhandels-relevanten
Kaufkraftniveau. Auch gegenüber benachbarten Städten wie Potsdam oder anderen ostdeutschen
Großstädten wie Dresden unterschreitet Berlin das Kaufkraftniveau. Darüber hinaus bestehen auch zwischen den einzelnen Bezirken Berlins Unterschiede. Während die Kaufkraftkennziffer beispielsweise in
den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte, Lichtenberg und Pankow zwischen 91 und 93 und damit
unter dem Berliner Durchschnitt liegen, weisen Steglitz-Zehlendorf, Reinickendorf und CharlottenburgWilmersdorf mit einem Kaufkraftniveau von 96 bis 102 deutlich bessere Werte auf. Gesamtstädtisch
kann festgehalten werden, dass das Kaufkraftniveau in den Berliner Randbereichen in der Regel deutlich über dem Niveau der zentralen Gebiete liegt. Auch können Tendenzen eines West-Ost- sowie eines
Süd-Nord-Gefälles erkannt werden.“ (SenStadtUm 2011 Stadtentwicklungsplan Zentren 3: 57).
Ein Viertel aller Berliner Einkaufsfläche ist in innerstädtischen Shopping-Centern konzentriert (BZ
26.9.2015). Daher wird die Stadt auch inoffiziell als „Hauptstadt der Shopping-Center“ bezeichnet (CBRE
Einzelhandelsreport Berlin 2014: 85): „Die Shopping-Center unterscheiden sich zum Teil deutlich in
Aufmachung und Angebot. Von der Mega-Mall wie die dieses Jahr eröffnende Mall of Berlin am Leipziger Platz, zum Alexa am Alexanderplatz, über etablierte Stadtteil-Center wie das Eastgate, die Gropius
Passagen oder die Spandau Arca-den bis hin zu spezialisierten Shopping-Centern wie das Stilwerk in
der Kantstraße oder das jüngst eröffnete Bikini Berlin, hat Berlin viel zu bieten.“
„Der Berliner Markt ist in 2014 gekennzeichnet durch: eine stabile Nachfrage auf hohem Niveau, die
preistreibend für die Top-Lagen wirkt, einen starken Trend in die Zentren, bei gleichzeitig zunehmendem
Leerstand in den B-Lagen einen beginnenden „online geht offline“ – Trend, der in B-Lagen zu kürzeren
Vertragslaufzeiten und steigenden Anforderungen an die Flächenflexibilität führt. Im Einzelhandel wird
die Fläche zunehmend durch Information ersetzt. Das heißt, die Verkaufsfläche bei den offlinern wird
eher reduziert und auf ein virtuell erweitertes Flächenkonzept umgestellt. Neue Unternehmen aus dem
Online-Bereich fragen hingegen erstmalig Präsenzstandorte nach. Die Reichweite einer lokalen Präsenz
wird außerhalb der gut kalkulierbaren Standorte getestet, so dass die Nachfrage nach kurzen Laufzeiten
steigt. Die weiterhin hohe Nachfrage nach Flächen lässt daher nicht in allen Lagen und Flächenkonstellationen die Preise steigen. Die dynamischen Entwicklungen von Standorten und Stadtteillagen zeichnen
ein sehr differenziertes Bild bei den Miethöhen.“ (IHK Orientierungsrahmen für Einzelhandelsmieten
2014)
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
13
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Literatur / Quellen
CBRE GmbH (2014): Einzelhandelsreport Berlin.
Engel & Völkers Commercial (2014): Marktreport 2014 Berlin
IHK Berlin (2014): Orientierungsrahmen für Einzelhandelsmieten 2014.
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (2015): BerlinStrategie / Stadtentwicklungskonzept
Berlin 2030. (URL: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/stadtentwicklungskonzept/)
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (2015): Shoppen, Bummeln, Surfen. Trends im Einzelhandel und ihre Wirkungen in den Berliner Zentren. Dokumentation des Fachgesprächs am
18.02.2015 im Mendelsohnbau.
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (2011): Stadtentwicklungsplan Zentren 3.
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
14
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße Moabit
Die Turmstraße im Berliner Bezirk Mitte ist eine traditionelle Geschäftsstraße und ein wichtiger Standort
für die Nahversorgung im Ortsteil Moabit. Das Gebiet verfügt über eine hervorragende stadträumliche
Lage und eine sehr gute Anbindung an den ÖPNV. Auf der Turmstraße und den einmündenden Nebenstraßen sind über 500 Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleister, sowie bedeutende öffentliche
Einrichtungen, wie das Rathaus Tiergarten, das Brüder-Grimm-Haus und die denkmalgeschützte Arminiusmarkthalle ansässig. In den zurückliegenden Jahren hat die Turmstraße jedoch einen erheblichen
Funktions- und Bedeutungsverlust erlitten.
Die Turmstraße in Berlin-Moabit ist seit Ende 2008 Fördergebiet im Bund-Länder-Programm “Aktive
Stadt- und Ortsteilzentren” (Im März 2011 folgte die förmliche Festlegung als Sanierungsgebiet) und
soll als urbanes Stadtteilzentrum mit vielfältigen Nutzungs- und Aneignungsmöglichkeiten weiterentwickelt werden. Handlungsschwerpunkte sind die Verbesserung des öffentlichen Raums, die Umgestaltung des Kleinen Tiergartens/Ottoparks, die Stärkung kultureller und öffentlicher Einrichtungen, die Stabilisierung bzw. Weiterentwicklung der Turmstraße als Stadtteilzentrum mit Einkaufs- und Versorgungsstandorten.
Die Fördermittel werden jährlich auf Antrag des Bezirksamts Mitte von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt bewilligt. Das Fördervolumen Aktive Stadt- und Ortsteilzentren liegt bei durchschnittlich 2,0 Mio. € pro Jahr.
Im Rahmen der Beteiligungsverfahren sind in der Stadtteilvertretung u.a. die Haus- und Grundeigentümer sowie die Gewerbetreibenden vertreten.
Das Handlungskonzept AZ Turmstraße sieht ein Bündel von verschiedenen Maßnahmen und Strategien zur Verbesserung der städtebaulichen Situation vor. Zu den wichtigsten Zielen und Maßnahmen gehören:
Aufwertung der Einkaufs- und Geschäftsstraßen: Die Turmstraße und ihr näheres Umfeld sollen sich
wieder zu einem funktionsfähigen und vielfältigen Stadtteilzentrum Moabits entwickeln. Die Gewerbetrei-
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
15
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
benden, Immobilieneigentümer und lokalen Akteure sollen beim Aufbau einer Standortgemeinschaft unterstützt werden.
Weitere Ziele sind Verbesserung von öffentlichen Einrichtungen; Verbesserung von Grün- und Freiflächen; Aufwertung der öffentlichen Straßen und Plätze; Städtebauliche Entwicklung; Verbesserung der
Wohnverhältnisse.
Die Umsetzung der Maßnahmen des Aktiven Stadtzentrums und Sanierungsgebiets erfordert umfangreiche Arbeiten zur Konkretisierung und Abstimmung der Konzepte, zur Beteiligung der Öffentlichkeit
und zur Vorbereitung und Begleitung der Erstellung von Bauplanungsunterlagen und der Maßnahmendurchführung. Neben der Umsetzung der baulichen Maßnahmen im öffentlichen Raum stellen der Aufbau und die Durchführung eines Geschäftsstraßenmanagements unter Einbeziehung der Gewerbetreibenden eine zentrale Komponente der Aufwertungsstrategie für das Stadtteilzentrum Turmstraße dar.
Ein Schwerpunkt im Rahmen des AZ-Programms ist die Aktivierung der Gewerbetreibenden und die
Einrichtung eines Geschäftsstraßenmanagements (GSM). Dieses soll dazu beitragen, die Turmstraße unter Berücksichtigung der vielfältigen Potenziale und vorhandenen Ansätze zu einem attraktiven
und funktionsfähigen Einkaufs- und Versorgungsstandort für Moabit zu entwickeln. Lokale Akteure –
darunter Händler, Dienstleister, Gastronomen und Eigentümer – sollen professionelle Unterstützung
erhalten und für ein gemeinsames, institutionelles Handeln gewonnen werden. Basierend auf einem
2011 mit vielen Akteuren der Turmstraße gemeinsam entwickelten Handlungskonzept setzt das GSM
verschiedene Projekte und Maßnahmen zur Stärkung der Turmstraße um.
Ziele des Geschäftsstraßenmanagements (GSM) sind: Entwicklung der Turmstraße als Einzelhandelsschwerpunkt; Stärkung und Qualifizierung der gewerblichen Struktur; Aufbau eines Händlernetzwerkes sowie Einrichtung eines Gebietsfonds. Zu den Aktionen zählen die Erstellung eines Einkaufsführers
mit ausgewählten Händlern sowie das Kiezfest.
Im Frühjahr 2015 haben engagierte Gewerbetreibende die Händlergemeinschaft TIM (Turmstraßen
Initiative Moabit) gegründet. Zwei Drittel der Geschäfte im Gebiet sind inhabergeführt.
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
16
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Als Verfügungsfonds dient der Gebietsfonds. Projekte zur Steigerung der Attraktivität des Aktiven Zentrums Turmstraße als Einzelhandels- und Gewerbestandort werden mit bis zu 50 % der Projektkosten
(maximal 10.000 Euro Zuschuss pro Projektidee) unterstützt. Der Fonds fördert vor allem kleinere Baumaßnahmen an und in Gebäuden, Projekte und Maßnahmen zur Gestaltung von Straßenräumen und
Plätzen sowie (Marketing-) Aktionen, die auf die Geschäftsstraße positiv aufmerksam machen. Eine Jury
aus lokalen Akteuren entscheidet etwa alle drei Monate über die Förderung.
Das GSM richtet Veranstaltungen wie den Stammtisch Turmstraße und gemeinsame monatliche
Frühstücke mit Gewerbetreibenden aus mit dem Ziel, die lokalen Akteure zu vernetzen und gemeinsames Handeln anzuregen. Es sucht intensiven Kontakt zu Immobilieneigentümern und Hausverwaltungen und engagiert sich mit anderen Initiativen vor Ort für die Reaktivierung von leerstehenden Gewerbeeinheiten.
Mit dem „Zentrumskonzept zur Stärkung und Steuerung von Einzelhandel, Dienstleistung und
Gastronomie im Stadtteilzentrum Turmstraße“ hat das GSM ein Konzept vorgelegt, das helfen soll,
den Branchenmix im Gebiet zu verbessern. Es wurde vom Büro „die raumplaner“ erarbeitet und 2013
von der Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Mitte verabschiedet.
In der Beschlussvorlage für die Bezirkspolitik vom Oktober 2013 schreibt die Verwaltung: „Die Turmstraße im Berliner Bezirk Mitte, Ortsteil Moabit, ist eine traditionelle Geschäftsstraße, die im Stadtentwicklungsplan Zentren 3 als Stadtteilzentrum eingestuft ist. Aufgrund erheblicher Funktionsschwächen
und eines schleichenden Bedeutungsverlustes als Einkaufsstraße wurde das Gebiet rund um die Turmstraße im Jahr 2008 in das Förderprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ aufgenommen und im
April 2011 als Sanierungsgebiet förmlich festgelegt.
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
17
Hintergrund Geschäftsstraßenma
anagementt Moabit
G
Gute Gesch
häfte mach
hen
Die
e Einrichtun
ng eines Geschäftsst
G
traßenman agements im Januar 2011 ist Teeil der Bem
mühungen von
v
Be
ezirk und Se
enat, das Stadtteilzent
S
trum Turmsstraße als rä
äumlichen, funktionalenn und identtitätsstiftend
den
Ke
ern Moabitss wiederzug
gewinnen. Dem
D
Gesch äftsstraßen
nmanageme
ent stehen ü
überwiegend kommu
unika
ative Instru
umente zur Verfügung, um das G
Gebiet gemeinsam im Sinne der Zielerfüllun
ng „Revitalissieherun
ng der Geschäftsstraß
ße“ zu entwiickeln. Das Sanierung
gsrecht bietet hingegeen deutlich umfangreic
u
re Steuerung
gs- und Ein
ngriffsmöglic
chkeiten. D
Das Zentrum
mskonzept verfolgt dass Ziel, beid
de Ebenen im
Ra
ahmen der rechtlichen
n Möglichke
eiten miteina
ander zu verzahnen.
v
Es soll eineerseits eine
en Beitrag zur
Ko
onkretisierun
ng und Errreichung de
er Sanierun gsziele leis
sten und an
nderseits diie Bemühungen des GeG
schäftsstraße
enmanagem
ments zur Ve
erbesserung
g des Nutzu
ungs- und Branchenmi
B
ixes untersttützen.
as Zentrumsskonzept be
eschränkt sich
s
bei Ana
alyse und den
d Handlun
ngsempfehllungen auf jene drei NutN
Da
zungskategorrien, die im
m Hinblick auf
a die Stärrkung des Stadtteilzen
S
ntrums eineer vorrangig
gen Steueru
ung
be
edürfen: Ein
nzelhandel, Dienstleis
stungen u nd Gastronomie. Neben dem zzentralen Ve
ersorgungsbereiich und dem
m Erweiteru
ungsgebiet werden au
uch aus Sic
cht des Zen
ntrumskonze
zeptes wese
entliche Ang
gebo
otsstrukturen
n in der näh
heren Umgebung betrrachtet. Das
s Geschäfts
sstraßenmaanagement hat Leitbild
der
en
ntworfen, die
e speziell auf
a die Ges
schäftsstraß
ße zugeschn
nitten sind. Deren übeergreifendes
s Motto lautet:
„D
Die Turmstrraße – eine
e Geschäfts
sstraße, in Vielfalt vereint.“
1. Die Turmsstraße steht für Tradittion und Dyynamik, Angebote für jedermannn und für die urbane Mischung aus E
Einkaufen un
nd Erholung
g, Gastrono
omie und Se
ervice sowie
e Kunst undd Kultur.
gkeit, gute Orientierung
O
g und Aufennthaltsqualität.
2. Die Turmsttraße steht für Mobilität, Lebendig
g
Strang ziehe
en.“
an einem S
3. Die Turmsttraße steht für die Vielffalt ihrer Akkteure, die gemeinsam
pril 2013 wurde
w
im ehemaligen H
Hertie-Kauffhaus (SchlieIm Ap
ßung in 2008) ein
e neues WohnW
und Geschäfts
szentrum (E
Einzelha
andelsfläche
e: 5.700 qm
m, Büro- / G
Gewerbefläc
che: 1.780 qm,
q
Wohn
nfläche: 2.6
630 qm eingeweiht). M
Mieter sind Filialisten wie
w
C&A, DM, Fielm
mann, Reno und ein Supermark
kt. Projekte
entwickle
er war die MIB
M AG, Lars Neubaueer.
ntwicklung Schulth
heiss-Quarttier: Auf
En
de
em 23.000 Quadratm
meter große
en Grundstü
ück Stromsstraße Ecke
e Turmstraß
ße entstehe
en 150 Ge
eschäfte, 30.000
3
Qua
adratmeter
Ve
erkaufsfläch
he, ein Hotel mit 300 Zimmern,
8.0
000 Quadrratmeter Bü
ürofläche, 400
4
Parkplä
ätze in eine
er Tiefgarag
ge - alles verteilt
v
auf
dre
ei Gebäude
e. Investmentvolumen
n ca. 200
Millionen Eu
uro. Grundsteinlegung
g war im
Se
eptember 2
2015, im Herbst
H
2017
7 soll die
Eröffnung geffeiert werde
en. Im Vorfe
eld gab es
vie
el Protest vvon Anwohn
nerinitiativen. Sie fürch
hteten um den Erhalt der Kiezsttrukturen un
nd wollten die
Hä
ändler in de
er Turmstraß
ße schützen. Die Plän
ne seien für Touristen und
u betuchtte Leute ge
emacht, so die
Kritik. Denn a
aus dem Kie
ez könne die
e Kaufkraft nicht komm
men. (Berliner Morgenppost, 18.9.2015)
Ein
n Beitrag für das Wissensschaftsjahr Zukunftsstad
Z
dt
18
Hintergrund Geschäftsstraßenmanagement Moabit
Gute Geschäfte machen
Literatur / Quellen
Aktives Stadtzentrum Turmstraße: http://www.turmstrasse.de/
Berliner Morgenpost (2015): Bauprojekt: Moabit bekommt eine eigene Mall. Ausgabe vom 18.9.2015.
Bezirksamt Mitte von Berlin / Abt. Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung (2013): Beschlussvorlage über das Zentrenkonzept zur Stärkung und Steuerung von Einzelhandel, Dienstleistungen und
Gastronomie im Stadtteilzentrum Turmstraße vom 30.10.2013.
Bezirksamt Mitte von Berlin / Abt. Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung (2013): Zentrumskonzept zur Stärkung und Steuerung von Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie im Stadtteilzentrum Turmstraße. Bearbeitung die raumplaner. 22.08.13.
MIB AG (o.J.): Projektblatt Turmstraße, Berlin Mitte.
Stadtteilzeitung ecke: Verschiedene Ausgaben (online unter http://www.turmstrasse.de/).
Ein Beitrag für das Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt
19