Identita t und Persistenz Teil III Der ontologische Hintergrund Allgemeines zur Veranstaltung 4 Als einfu hrende Literatur zum Thema empfehlen wir: 1. Harold Noonan: Personal Identity, Routledge 1991. (chapter 5) 2. John Perry: Identity, Personal Identity, and the Self. MIT 2002 (Kopievorlage, chapter 4) III. Der ontologische Hintergrund 1 Was ist das Problem? Das Problem personaler Identitat u ber die Zeit ist das Problem, logisch hinreichende und notwendige Bedingungen dafu r anzugeben, wann eine Person P2 zu einem Zeitpunkt t2 identisch ist mit einer Person P1 zu einem fru heren Zeitpunkt t1. III. Der ontologische Hintergrund Was ist das ontologische Problem? Wir sagten bereits, dass es bei der Angabe logisch hinreichender und notwendiger Bedingungen nicht um Evidenz dafu r gehen soll, wann personale Identitat vorliegt, sondern was wir wissen wollen ist, worin personale Identitat besteht. III. Der ontologische Hintergrund 2 Und? Zunachst erscheint dies recht unproblematisch zu sein. Fu r jede Art K von persistierendem Ding, gibt es zusatzlich zu dem Problem, was es bedeutet ein K zu sein, das Problem notwendige und hinreichende Bedingungen dafu r anzugeben, wann ein K zu einem Zeitpunkt mit einem K zu einem anderen Zeitpunkt identisch ist. III. Der ontologische Hintergrund Und? Dieses Problem stellt sich dann fu r Personen genauso wie fu r Schiffe etc. III. Der ontologische Hintergrund 3 synchron/diachron Zusatzlich zu diesem Problem gibt es dann noch das analoge Problem der synchronen Identitat, das darin besteht, die notwendigen und hinreichenden Bedingungen dafu r anzugeben, wann zwei Personen zu einem Zeitpunkt identisch sind. III. Der ontologische Hintergrund synchron/diachron Auch dieses Problem stellt sich dann wieder fu r Schiffe etc. III. Der ontologische Hintergrund 4 genuine Fragen Wie Kripke in seinen Ausfu hrungen in Name und Notwendigkeit schon sagt, werden diese Fragen fu r wirkliche philosophische Fragen gehalten. Diese Untersuchungen sind nicht Nonsens sondern irgendwie, irgendwo gehaltvoll. III. Der ontologische Hintergrund ein genauerer Blick 1 Betrachtet man die Problemlage allerdings etwas genauer, sieht das ganze schon verwirrender aus. Es geht offenbar um Erfu llungsbedingungen fu r das Vorliegen einer bestimmten Relation öIdentitat u ber die Zeit. III. Der ontologische Hintergrund 5 ein genauerer Blick 2 Wie kann das aber sein? Es gibt keine verschiedenen Arten von Identitat, die unterschiedlich analysiert werden konnten. Es gibt nur eine Relation der Identitat und die ist in keiner Weise u berraschend oder ratselhaft. III. Der ontologische Hintergrund David Lewis Identity is an utterly unproblematic notion. Everything is identical to itself. Nothing is identical to anything else. There is never any problem about what makes something identical to itself; nothing can fail to be. And there is never any problem about what makes two things identical: two things never can be identical. III. Der ontologische Hintergrund 6 Ups! Dass A also dieselbe Person wie B ist, scheint nur zu bedeuten, dass A und B Personen sind und dass A mit B identisch ist. Das Problem personaler Identitat mu sste also in zwei Halften zerfallen: Was ist eine Person? Wann ist A und B identisch? Letzteres Problem ist durch Logikbu cher und die Bemerkungen von Frege und Kripke gelost. III. Der ontologische Hintergrund Identita tsfragen Dennoch sind es Fragen der zweiten Art, die unser Problem betreffen. In allen Ratselfallen personaler Identitat ist man sich u ber den Personenstatus der Beteiligten absolut im Klaren, es ist die Frage nach Identitat, die die eigentlichen Ratsel aufgibt. III. Der ontologische Hintergrund 7 Ein Losungsweg Die beiden Komponenten dieser Denkweise sind, (i) dass es nur eine Relation der Identitat gibt (es gibt keine sortal-relativen Identitatsrelationen), und (ii) dass es nicht moglich ist, diese eine Auffassung von Identitat in fundamentaleren Ausdru cken zu analysieren. III. Der ontologische Hintergrund Geach vs. Perry Ein Losungsweg besteht freilich darin, (i) aufzugeben und zu behaupten, dass alle Identitatsaussagen eigentlich sortal-relativ sind. Solche Relative-Identitats-Theorien werden von John Perry an verschiedenen Stellen umgebu gelt ("The Same F" ist die klassische Auseinandersetzung mit Peter Geach). III. Der ontologische Hintergrund 8 Quine und 4D Eine andere Moglichkeit geht auf Quine zuru ck und wird allgemein als Vierdimensionalismus (4D) bezeichnet. III. Der ontologische Hintergrund Alles irgendwie Objekt Eine Auffassung des 4D ist, dass alles ein physikalisches Objekt ist. Jegliche zwei augenblickliche Objekte an verschiedenen Zeitpunkten ausgewahlt, sind Zeitabschnitte eines physikalischen Objektes. (Diese Auffassung entspricht der mereologischen Auffassung). III. Der ontologische Hintergrund 9 Nicht alles interessiert uns Von diesen vielen physikalischen Objekten interessieren uns freilich nicht alle. Das Objekt, dass die Nase von Richard Nixon am Tag seiner Wahl und mein Computer heute ist, wird vermutlich nie jemanden interessieren. III. Der ontologische Hintergrund Interessante Objekte 1 Einige Objekte haben aber eine gewisse Sonderstellung in unserer Sprache und unserem Begriffssystem. Fu r jedes solche K, das zu diesen Favoriten gehort, entsteht dann das Problem, die notwendigen und hinreichenden Bedingungen dafu r anzugeben, ein K zu sein. III. Der ontologische Hintergrund 10 Interessante Objekte 2 Es gibt also in der Tat das Problem, die Bedingungen anzugeben, die ein physikalisches Objekt erfu llen muss, um ein Schiff, eine Person, oder ein Fluss zu sein. III. Der ontologische Hintergrund flussartig Nach Quine mu ssen die zeitlichen Teile eines physikalischen Objektes in keiner fu r uns interessanten Weise in Beziehung zueinander stehen. Wenn wir uns aber fragen, welche Bedingungen ein Objekt erfu llen muss, um ein Fluss zu sein, sieht die Sache anders aus: Nun mu ssen die Teile nicht nur von bestimmter Sorte sein, sie mu ssen auch in einer bestimmten Relation zueinander stehen öin einer flussartigen. III. Der ontologische Hintergrund 11 Fluss-Sein Wenn wir nun diese Bedingungen der riverkindship ausbuchstabieren sollen, geben wir nicht eigentlich Identitatsbedingungen an, sondern die Bedingungen dafu r, was es bedeutet, ein Fluss zu sein. III. Der ontologische Hintergrund synchrone Identita t 1 Laut Quine gilt dasselbe fu r die synchrone Identitat von Flu ssen. Soweit dieses Problem Sinn macht, ist es kein Problem der Identitat. Obwohl es fu r ein Objekt nicht hinreichend ist, dass seine momentanen Abschnitte einen bestimmten Charakter haben, ist es doch notwendig. III. Der ontologische Hintergrund 12 synchrone Identita t 2 Es gibt dann das Problem anzugeben, worin dieser Charakter besteht. Nichts kann aber als ein Fluss-zu-einem-Moment gelten, wenn seine Teile zu einem Moment nicht in einer besonderen Relation zueinander stehen. Diese Relation wird falschlich als "das Kriterium fu r die synchrone Identitat von Flu ssen" bezeichnet. III. Der ontologische Hintergrund temporale Wurmer Laut den 4Dimensionalisten haben Personen also zeitliche und raumliche Teile und die Frage nach Identitat, ist eigentlich die Frage nach der Artzugehorigkeit dieser Teile. III. Der ontologische Hintergrund 13 Perry 1 A class of K-occurences; An occurence function A unity relation, conceived as an equivalence relation among K-occurences (S: 92) III. Der ontologische Hintergrund Perry 2 R ist die unity-relation fu r Personen, die Relation, die angibt, dass wenn etwas eine Person ist, dann alle seine Teile paarweise in einer besonderen Beziehung zueinander stehen. III. Der ontologische Hintergrund 14 3D Diese Problemformulierung kann natu rlich auch fu r einen Dreidimensionalisten vorgenommen werden, ist aber entsprechend umstandlicher. Noonan gibt eine mogliche Formulierung an. III. Der ontologische Hintergrund P1/2 (P1) Notwendig, fu r jede Person x und alle Zeitpunkte t und t', wenn x zu t und t' existiert, dann Rxtt'. (P2) Notwendig, fu r jedes x, wenn fu r alle Zeitpunkte t und t': (wenn x zu t und t' existiert, dann Rxtt'), dann ist x eine Person. III. Der ontologische Hintergrund 15 mogliche Geschichte Was der Dreidimensionalist also macht, ist anzugeben, dass es nur bestimmte mogliche Geschichten von Entitaten geben kann. Eine Entitat kann nicht alles u berleben. R beinhaltet die Beschrankungen einer solchen Geschichte. (S. 92) III. Der ontologische Hintergrund simple view Der simple view behauptet entsprechend, dass es eine solche Beschrankung der Geschichte einer Person nicht gibt. Fu r ihn konnen Personen alles mogliche u berleben, sei es den Verlust ihres Korpers, ihrer Erinnerung, ihre Charakters, etc. III. Der ontologische Hintergrund 16
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