FREITAG, 9. OKTOBER 2015 Ein Multitalent der leichten Muse SINGEN Zum Start in die Saison präsen tierte das Theater «Die Färbe» in Singen vorgestern Abend eine echte Bühnenuraufführung: nämlich eine über zweistündige Revue, die den Titel «… und sonst gar nichts?» trägt. Diese Show ist teils prickelnd, teils nach denklich; es wirken ein Liveorchester sowie das neu zusammengestellte «Färbe»-Showballett unter der Leitung der Choreografin und «Färbe»-Inten dantin Milly van Lit-Simon mit. «… und sonst gar nichts?» thematisiert die Lebensgeschichte des in Deutschland aufgewachsenen Friedrich Hollaender (1896–1976). Dieser war ein überzeu gendes Multitalent der leichten Muse. Denn er betätigte sich als Kabarettist, Pianist, Schriftsteller sowie Komponist für Film und Bühne. Die Autoren Rainer Wallraf und Rolf von Sydow haben diese Biografie im Kontext der geschichtlichen Ereignisse zwischen den goldenen Zwanzigerjahren und der Nachkriegszeit niedergeschrieben. Kreativ und ideenreich inszeniert Dieser mitreissende Rausch musi kalischer Heiterkeit und Lebenslust ist aber auch mit ernsthaften Untertönen versehen. Kreativ und ideenreich inszeniert hat das Ganze der «Färbe»Schauspieler Patrick Hellenbrand, der die Hauptrolle gleich selber darstellt. Hellenbrand war aber auch der ruhende Pol inmitten einer wirbelnden und amü santen Varieté- und Kabarett-Stim mung. Und man staunt, wie das «Fär be»-Ensemble mit Bernadette Hug, Jes sica Tietsche, Elmar F. Kühling, Helmut Jakobi und Ben Ossen neben seinen ausgeglichenen schauspielerischen Qualitäten auch gesanglich überzeugte. Dies war Fabian Dobler, dem musikali schen Leiter der Aufführung, zu ver danken. Mit Kompositionen von Hollaender begleitete er als Pianist zusam men mit Irene Husmann an der Violine, Antje Steen an Bandoneon und Akkor deon sowie Lars Olav Schaper am Kontrabass das Bühnengeschehen. So er tönte unter vielen anderen der be kannte Song «Ich bin von Kopf bis Fuss auf Liebe eingestellt», den die legen däre Marlene Dietrich im Film «Der Blaue Engel» singt. Aber auch das bekannte humorige Couplet «Stroganoff», das Elmar F. Kühling als Koch verkleidet sang, gehörte zu den Höhepunkten dieser gelungenen Mischung aus kabarettisti schen, gesanglichen und tänzerischen Szenen. (Si) Patrick Hellenbrand (l.) spielte die Hauptrolle gleich selbst. Bild Bruno Bührer Kirchturmspitze bleibt am Boden HILZINGEN In Hilzingen wird derzeit die bekannte Barockkirche St. Peter und Paul restauriert. Gestern hätten die obersten Turmteile eigentlich wieder auf den Kirchturm aufgesetzt werden sollen. Doch dazu kam es nicht. «Der neue Termin ist der 27. Oktober», sagt Erwin Wieser vom Bauförderverein St. Peter und Paul. Grund für die Verzö gerung seien Blechnerarbeiten. Es sei – entgegen den ursprünglichen denk malpflegerischen Forderungen – viel mehr neues Blech als geplant für die Restaurierung nötig. Ausserdem kämpfe der einzige Blechner in der Region mit Personalengpässen. Der Turm werde somit auch bei der Kirch weih sicher noch nicht fertig sein. (jcg) Klettgau/Reiat 19 Interview Der Rechtsanwalt Jens Onnen nimmt Stellung zur Causa Zementi Süd in Thayngen «Wie der Streit enden wird, ist offen» Der Schaffhauser Baurechtsexperte Jens Onnen ist skeptisch. Für ihn ist unklar, ob die SwissImmoRec im Streit um das Thaynger Zementi-Süd-Areal eine materielle Enteignung erfolgreich geltend machen kann. Wie beurteilen Sie das Verhalten des Gemeinderats, die Bauherrin heftig zu kritisieren? Onnen: Bis auf das Hinauszögern des Geschäfts kann man dem Gemeinderat meines Erachtens keinen Vorwurf machen. Der Gemeinderat darf so dezidiert Stellung nehmen? Onnen: Der Gemeinderat hat sogar den Auftrag, im öffentlichen Interesse zu handeln. Er sieht in diesem Fall Indizien für negative Auswirkungen auf die Ge meinde, weshalb er es sich zum Ziel ge setzt hat, den befürchteten Auswirkun gen durch planerische Massnahmen zu begegnen. Die eingereichte Volksinitia tive veranlasste den Gemeinderat über dies, sich in diesem wichtigen Geschäft proaktiv zu verhalten. VON DARIO MUFFLER Herr Onnen, hat eine Gemeinde das Recht, ein Stück Land umzuzonen? Jens Onnen: Der Zonenplan ist ein Planungsinstrument in der Raum planung. Er hat den aktuellen Verhältnissen zu entsprechen, sodass er eben angepasst werden können muss, also ja. Ein Grundeigentümer kann sich somit nicht sicher sein, dass das eigene Land immer in derselben Zone bleibt? Onnen: Nein, ein Grundeigentümer kann sich nicht darauf verlassen. Wenn es einer Anpassung und einer Über arbeitung des Zonenplans bedarf, kann eine Umzonung oder auch eine Ausoder Einzonung erfolgen. In Thayngen schlagen der Gemeinderat und das Parlament jetzt eine Umzonung des Zementi-Areals von der Industriezone in die Gewerbezone vor. Ist das eine materielle Enteignung? Onnen: Der Gemeinderat beabsichtigt, einen Teil des Zementi-Areals von der Industriezone in eine Gewerbezone umzuzonen. Eine derartige Umzonung, welche ja die Überbaubarkeit an sich nicht infrage stellt, muss grundsätzlich keine materielle Enteignung sein. So wie die Ausgangslage heute ist, lassen sich wohl für beide Ansichten Argumente finden, wes halb der Gemeinderat ja die Auffassung der be troffenen Grundeigentü merin nicht teilt. Für den Schaffhauser Rechtsanwalt Jens Onnen geht es bei der Zementi Süd um eine «richterliche Interessenabwägung, die vorgenommen werden muss». Bild Selwyn Hoffmann stark in seiner Eigentumsfreiheit ein geschränkt. Die materielle Enteignung wurde dort verneint – ebenfalls bei einer Umzonung von einer Industriezone in eine Gewerbezone. Also wird es in Thayngen auf einen Rechtsstreit hinauslaufen? Onnen: Davon gehe ich aus. Es geht in diesem Fall um eine richterliche Interessenabwä gung, die vorgenommen werden muss. Die Ge meinde handelt im öf fentlichen Interesse. Das private Interesse ist grundsätzlich, auf dem Grundstück etwas bauen zu können. Das wird mit der beabsich Was muss erfüllt sein, damit eine materielle tigten Umzonung nicht Enteignung gegeben ist? verhindert. Es wird le Jens Onnen Baurechtsexperte Onnen: Die Umzonung diglich nicht mehr zu muss den Eigentümer lässig sein, die Recyc massiv einschränken und eine schwere linganlage zu erstellen. Wie der Streit Beschränkung der Eigentumsfreiheit enden wird, ist völlig offen. bedeuten. Es gibt einen Bundesge richtsentscheid in einem vergleichba Was könnte denn für eine materielle Enteignung der SwissImmoRec ren Fall aus dem Kanton Zürich. Dort wurde argumentiert, der Eigentümer sprechen? könne das Grundstück nach wie vor Onnen: Grundsätzlich kann sich die überbauen und sei nicht unzulässig Grundeigentümerin auf den Stand «Ein Grundeigentümer kann sich nicht darauf verlassen, dass sein Land immer in derselben Zone bleibt.» punkt stellen, das Land als Industrie zone gekauft und deshalb Geld inves tiert zu haben. Man habe dort die Recyclinganlage erstellen wollen. Auch das Bahngleis sei hierfür bestens ge eignet. Man habe aufgrund der gelten den Zonenordnung entsprechende Renditeerwartungen mit der Anlage verbunden. Bei einer nur noch gewerb lichen Nutzung seien die wirtschaft lichen Faktoren viel schlechter, und auch das Bahngleis stelle dann keinen Wert mehr dar. Und was spricht dagegen? Onnen: Massgeblich ins Gewicht fallen dürfte wohl der Umstand, dass der Handwechsel des Baulandes zu einem Zeitpunkt geschah, als bereits klar war, dass diese Zone im Rahmen der Weiter entwicklung der Gemeinde überprüft und geändert wird. Wenn die Grund eigentümerin bereits heute a lternative Projekte nennt, wie sie in der Gewerbe zone zulässig wären, bietet sie ja Argu mente, dass die Einschränkung nicht derart massiv ist, dass man von einer Enteignung der Eigentumsrechte spre chen müsste. Zudem könnte man durchaus auch in einer Gewerbezone eine Recycling anlage erstellen, wenn die Immissionen nicht zu gross wären. Sie sprechen die Volksinitiative «Umzonung des Holcim-Süd-Areals» an. Wie hätte die Situation bei einer Annahme derselben ausgesehen? Onnen: Dann hätte sich die Frage einer materiellen Enteignung viel stärker ge stellt. Mit der Umzonung des Areals in eine Schutzzone und teilweise in eine Zone für öffentliche Bauten und An lagen wäre eine viel weitergehende Eigentumsbeschränkung bewirkt wor den. Dann hätte sich das Problem der materiellen Enteignung verschärft. Wer entscheidet in so einem Fall über die Entschädigungssumme? Onnen: Das fällt in die Kompetenz der kantonalen Schätzungskommission. Deren Entscheid kann vor dem Ober gericht angefochten werden. Die letzte Instanz ist das Bundesgericht. Wie lange dauert so ein Prozess in der Regel? Onnen: Mindestens drei Jahre. Wie hoch wären die Kosten für die Gemeinde bei einer materiellen Enteignung? Onnen: Es ist die Differenz zwischen dem Landwert in der Industriezone und dem Restwert nach der Umzonung zu ermitteln. Ist die Annahme des Gemeinderats, es sei eine Entschädigung von 700 000 Franken zu leisten, realistisch? Onnen: Wenn wirklich einem Begeh ren auf Entschädigung aus materieller Enteignung stattgegeben wird, dann dürfte dieser Betrag kaum ausreichen. Das Baugesuch ist noch immer hängig. Onnen: Die Gemeinde muss es innert nützlicher Frist behandeln und dem kantonalen Planungsamt einen ent sprechenden Antrag stellen. Ohne Fahrausweis den Vortritt missachtet Auf der Strasse über die Siblinger Höhe kollidierte gestern ein 21er-Bus mit einem Auto. Zwei Personen wurden dabei verletzt. SIBLINGEN/SCHLEITHEIM Zwischen Siblin gen und Schleitheim ist es gestern Nachmittag zu einer Kollision zwischen einem Auto und einem Bus der Linie 21 gekommen, wie die Schaffhauser Poli zei meldete. Etwa um 12.30 Uhr übersah ein 74-jähriger Schweizer, der in Siblin gen mit dem Auto von einer Neben strasse in die H14 einbog, den Bus, der auf der H14 ausserorts von S iblingen her in Richtung Schleitheim unterwegs war. In der Folge kollidierte der vor trittsberechtigte Bus heftig mit der rechten Fahrzeugseite des Autos. Bei dieser heftigen Kollision wurde der Autofahrer so schwer verletzt, dass er mit einem TCS-Helikopter ins Spital ge flogen werden musste. Eine 70-jährige Schweizerin, die als Buspassagierin unterwegs war, musste mit Verletzun gen von einer Ambulanz ins Spital überführt werden. Für die Bergung der Unfallopfer und die Sicherung der Un fallstelle standen rund 25 Angehörige des Wehrdienstverbandes Oberklett gau und der Feuerwehr Mittelklettgau im Einsatz. Grenzwächter unterstütz ten die Verkehrslenkung während der Unfallaufnahme. Zwei Ambulanzen aus der Schweiz und eine aus Deutschland standen ebenfalls im Einsatz. Wie erste Ermittlungen der Schaffhauser Polizei ergaben, besitzt der Unfallverursacher keinen gültigen Führerausweis. Auf grund der Bergungs- und Unfallaufnah mearbeiten musste die H14 zwischen Schleitheim und Siblinger Höhe etwa bis 15 Uhr gesperrt werden. (r.) An beiden involvierten Fahrzeugen entstand ein beträchtlicher Sachschaden. Bild SHPol
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