Zürich, 27. November 2015 Economic Research Raiffeisen Economic Research [email protected] Tel. +41 044 226 74 41 Wochenausblick #49 Datum 30.11. Zeit 09:00 Land Ereignis/Indikator CH KOF Konjunkturbarometer Nov Vorwert 99.8 01.12. 02:00 CN Einkaufsmanagerindex Nov 49.8 49.9 Chinas Wachstumsabschwächung belastet die Weltwirtschaft 01.12. 02:45 CN Caixin PMI Verarbeitendes Gewerbe Nov 48.3 48.3 Wachstumsabschwächung dürfte sich fortsetzen 01.12. 07:45 CH BIP, qoq Q3 0.2% 0.2% Wenig Dynamik nach Frankenschock 01.12. 09:30 CH Einkaufsmanagerindex Nov 50.7 51.0 Industrie weiterhin mit wenig Schwung 01.12. 16:00 US ISM Verarbeitendes Gewerbe Nov 50.1 50.5 Wichtige Marke von 50 Punkten sollte nicht unterschritten werden 02.12. 11:00 EZ Konsumentenpreise, yoy Nov 0.1% 0.3% EZB besorgt über niedrige Inflation 03.12. 13:45 EZ EZB Zinsentscheid 04.12. 08:00 DE Bestellungseingänge, mom Okt -1.7% 1.0% Auftragslage nach enttäuschendem Vormonat im Fokus 04.12. 09:15 CH Konsumentenpreise, yoy Nov -1.4% -1.3% Talsohle dürfte erreicht sein 04.12. 14:30 US Neugeschaffene Stellen (ex. Landw.) Nov 271k 200k Starker Anstieg würde Zinsschritt im Dezember begünstigen Weitere expansive Massnahmen erwartet § Schweizer Wirtschaft kommt kaum vom Fleck § Richtungsweisender US-Arbeitsmarktbericht § Fokus: Draghi will nachlegen Die Negativnachrichten aus der Schweizer Industrie reissen 10 Monate nach der Aufhebung der Euro-Untergrenze nicht ab. Die Gewinnerosionen wirken sich teilweise erst mit zeitlicher Verzögerung in rückläufigen Beschäftigungszahlen aus. Trotz negativer Währungseffekte in der Industrie konnte die Schweizer Wirtschaft insgesamt im ersten Halbjahr 2015 eine Rezession vermeiden. Nächste Woche stehen die Wachstumszahlen für Q3 zur Veröffentlichung an und dürften bestätigen, dass die Wirtschaft noch kaum Tritt gefasst hat. Der anhaltend starke private Konsum dürfte einen Rückgang der Wirtschaftsleistung jedoch verhindern. Von den Investitionen erwarten wir ebenfalls einen leicht positiven Wachstumsbeitrag, auch wenn im Bausektor Zeichen einer Sättigung auszumachen sind. Wir gehen für Q3 insgesamt von einem BIPWachstum von 0.1% gegenüber dem Vorquartal aus, respektive von 0.7% gegenüber dem Vorjahr. Auch das KOF-Konjunkturbarometer und der Schweizer Einkaufsmanagerindex für November werden in den kommenden Tagen kaum Anlass für mehr Optimismus für die Schweizer Wirtschaft geben. Das KOF-Barometer dürfte mit knapp 100 Punkten nur ein geringes Wachstums anzeigen und den Einkaufsmanagerindex erwarten wir ebenfalls nur leicht im expansiven Bereich von über 50 Punkten. Die Konsumentenpreise im November verharren zudem tief unter null. Gegenüber Oktober gehen wir allerdings von keinem weiteren Rückgang aus, was die Inflation auf -1.3% bringen dürfte. Die kommenden Tage werden aber geprägt sein von Daten aus der Eurozone und den USA, die Auswirkungen auf die Geldpolitik in den beiden Wirtschaftsräumen haben können. In den USA wird der Arbeitsmarktbericht für November publiziert und damit der zentrale Faktor für den US-Zinsentscheid am 16. Dezember. Der gute Vormonatswert für die neugeschaffenen Stellen ausserhalb der Landwirtschaft von 271'000 kann unseres Erachtens zwar nicht wiederholt werden. Aber auch ein Wert von knapp unter 200'000 Stellen dürfte ausreichen, um die Zinserhöhungswahrscheinlichkeit in Economic Research Konsens Kommentar 100.2 Barometer zeigt Wachstum leicht unter dem langjährigen Schnitt den USA für Dezember hoch zu halten. Diese liegt zurzeit, gemessen an den Zinsfutures, bei 72%. Der ISM Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe gibt über die aktuelle Verfassung der US-Wirtschaft Aufschluss. Mit 50.1 Punkten liegt er nur knapp im Expansionsbereich. Ein Abrutschen unter 50 Punkte könnte für die Zinserhöhungserwartungen eine Neubeurteilung auslösen, auch wenn der Index für den Dienstleistungssektor anhaltend hohe Dynamik anzeigt. Während die Fed die Zinsen erhöhen möchte, um ein Zeichen zu setzen, dass die Wirtschaft mit ausreichend Schwung unterwegs ist, zeigt sich die Tendenz in der Eurozone gegenläufig. Die EZB-Offiziellen stellen die Sorgen um das Wirtschaftswachstum und zu niedrige Inflation deutlich ins Zentrum. Denn EZB-Präsident Draghi will geldpolitisch nachlegen, nachdem er bereits eine mögliche Ausweitung der expansiven Massnahmen angekündigt hat (siehe Fokus auf Seite 2). Der EZB-Zinsentscheid vom 3. Dezember könnte auch für die SNB-Lagebeurteilung eine Woche später zu einem entscheidenden Ereignis werden. Eine leichte Senkung des EZBEinlagensatzes von aktuell -0.2% wird erwartet und dürfte keine grosse Belastung für EUR/CHF bedeuten. Die Differenz der Kurzfristzinsen zwischen EUR und CHF hat in den vergangenen Monaten für EUR/CHF an Einfluss verloren. EZBPräsident Draghi müsste unseres Erachtens die Markterwartungen deutlich übertreffen, um den Franken gegenüber dem Euro ansteigen zu lassen. Ein zu schwacher EUR sollte aber auch nicht in Draghis Interesse sein, um die US-Zinserhöhung im Dezember nicht zu gefährden. Daher könnte die SNB auch bei einer weiteren, nicht übermässigen geldpolitischen Expansion seitens EZB deutlich weniger unter Zugzwang geraten, als es die Zinsmärkte zurzeit befürchten. Denn die Senkung des Ziels für den 3-Monatslibor auf -1% wird für Dezember bereits eingepreist. Wir gehen allerdings davon aus, dass die SNB diesen Schritt vermeiden kann und bei einem stärkeren CHF primär EUR kaufen würde. Gegenüber USD bleibt die Situation entspannt. Mit USD/CHF um 1.02 hat der Dollar im Jahresverlauf rund 2% zugelegt. [email protected] Fokus: Draghi will nachlegen aber umstritten. Im letzten Sitzungsprotokoll wurden Sorgen Zürich, 27. November 2015 über mögliche Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Geldmarktes sowie die Margen der Banken und ihre KreditRaiffeisen Economic Research vergabekapazitäten geäussert. Das Beispiel höherer [email protected] zinsen in der Schweiz zeigt zwar bisher keine gravierenden Tel. +41 044 226 74 41 Marktbeeinträchtigungen, jedoch einen Anstieg der Kreditzinsen aufgrund der gestiegenen Zinsabsicherungskosten der Banken. Während dieser Effekt der SNB nicht ganz ungelegen kommt, da damit einer Überhitzung des Immobilienmarktes entgegengewirkt wird, ist die EZB überhaupt nicht an restriktiveren Kreditkonditionen interessiert. Dies würde die verhaltene Investitionsdynamik weiter hemmen. Economic Research Die Unternehmen und Konsumenten in der Eurozone bleiben unverändert positiv gestimmt. Nach Auffassung der Europäischen Zentralbank (EZB) verläuft die Aufwärtsbewegung der Euroraum-Wirtschaft jedoch zu schleppend. Die anhaltend hohe Unterauslastung der Wirtschaft sowie die hohe Arbeitslosigkeit bergen die Gefahr, dass die aktuell durch die niedrigen Rohstoffpreise sehr tief gehaltene Inflation auch mittelfristig nur sehr langsam ansteigen wird. Zudem bestehe aufgrund der bereits seit längerem anhaltenden Periode niedriger Inflation das Risiko einer Entankerung der Inflationserwartungen. Damit ist das Erreichen des vorrangigen geldpolitischen Ziels der EZB gefährdet - nämlich die Inflationsrate für den Euroraum unter aber nahe der 2.0%-Marke zu halten. Wochenausblick #8 Trotzdem wird an den Zinsmärkten und auch von den Finanzanalysten mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Zinssenkung erwartet, derzeit von mindestens 10 Basispunkten (siehe Grafik). Nicht zuletzt wegen der aggressiven Rhetorik von Mario Draghi gehen auch wir neben einer Anpassung der Anleihenkäufe von einer Zinssenkung bei der kommenden EZB-Sitzung aus. Bei den letzten Lockerungsmassnahmen hat die EZB jeweils die Erwartungen übertroffen. Und Präsident Draghi wird im Rat wohl wieder für ein grosses Massnahmenpaket werben. Allerdings erscheint es uns diesmal vor allem wegen der möglichen negativen Auswirkungen eines hohen Negativzinses eher wahrscheinlich, dass nicht zu stark an der Zinsschraube gedreht wird - auch um eine komfortable Mehrheit beim EZB-Entscheid zu erreichen. Ein zu aggressives Vorgehen könnte zudem den sehnlich erwarteten Beginn der Zinsnormalisierung in den USA erneut weiter nach hinten verschieben und somit über einen stärkeren Euro zum Boomerang für die EZB werden. Da zudem von der europäischen Politik nicht ausreichend Unterstützung durch Strukturreformen für eine stärkere Konjunkturerholung erkennbar ist, auch nicht vom JunckerInvestitionsplan, hat die EZB angekündigt bei ihrer nächsten Sitzung am kommenden Donnerstag auf der Basis aktualisierter interner Prognosen die Angemessenheit ihrer geldpolitischen Massnahmen zu überprüfen und bei Bedarf zu handeln. Dabei wird der Fokus auf der Inflationsprognose für 2017 liegen. Die letzte EZB-Prognose vom September lag bei 1.7%. Die jüngste Analysten-Konsensschätzung zeigt einen Wert von 1.5%. Im Protokoll der letzten Sitzung vom Oktober kam zum Ausdruck, dass der EZB-Rat in der anschliessenden Kommunikation keine Zweifel daran aufkommen lassen wollte, dass ein anhaltendes Unterschiessen des Inflationsziels nicht toleriert werde und unverändert genügend effektive Instrumente zum Gegensteuern zur Verfügung stünden. Gleichzeitig wollte die Mehrheit des Rates allerdings keine übertriebenen Erwartungen wecken, dass man sich bereits auf bestimmte Massnahmen festgelegt habe. Zinssenkung eingepreist Zinsen in % 0.30 0.25 0.20 0.15 0.10 0.05 0.00 -0.05 -0.10 -0.15 -0.20 -0.25 -0.30 01/14 Die Reden und Interviews des EZB-Präsidenten Mario Draghi sowie seiner Direktoriumsmitglieder liessen in den letzten Wochen jedoch ihre Neigung erkennen, bereits am 3. Dezember entschieden handeln zu wollen. Vor allem Draghi betonte Ende letzter Woche nochmals, die Inflation entsprechend dem Mandat der Zentralbank so schnell wie möglich anheben zu wollen, und zwar mit allen verfügbaren Instrumenten. Neben einer Ausweitung des laufenden Anleihenkaufprogramms nach Volumen, Zusammensetzung und Laufzeit nannte Draghi explizit auch die Depositenrate. Die Depositenrate für Einlagen der Banken bei der EZB wurde bereits im Juni und September 2014 jeweils um 10 Basispunkte auf -0.2% in den negativen Bereich gesenkt. Eine weitere Absenkung der Depositenrate ist innerhalb des EZB-Rates Aktien Quelle: Bloomberg 27.11.2015 10:11 Economic Research 07/14 8906 2089 3493 11289 4924 %, 5 Tage %, YTD -1.2 0.3 1.2 1.5 0.3 -0.9 1.5 11.0 15.1 15.2 01/15 04/15 07/15 10/15 Geldmarktsatz (1-M-Libor) EZB-Hauptrefisatz Quelle: Bloomberg, Raiffeisen Research [email protected] aktuell EURCHF USDCHF EURUSD Gold Öl (Brent) 10/14 Erwarteter Geldmarktsatz in 1 Monat Währungen/Rohstoffe aktuell SMI S&P 500 Euro Stoxx 50 DAX CAC 04/14 EZB-Depositenrate 1.087 1.024 1.061 1068 45.2 Zinsen %, 5 Tage %, YTD 0.3 0.6 -0.3 -0.9 1.2 -9.5 3.0 -12.3 -9.9 -21.1 CHF USD EUR (DE) GBP JPY 3M 10YR bp, YTD -0.82 0.41 -0.11 0.57 0.07 -0.34 2.21 0.46 1.83 0.31 -66 4 -8 8 -2 Herausgeber Zürich, 27. November 2015 Economic Research Raiffeisen Schweiz, Economic Research Raiffeisen Economic Research [email protected] Tel. +41 044 226 74 41 Wochenausblick #8 Chefökonom Martin Neff Brandschenkestrasse 110d, CH-8002 Zürich 044 226 74 41 [email protected] Finanzmarktanalyse & Strategie Roland Kläger 044 226 74 22 [email protected] Santosh Brivio 044 226 74 35 [email protected] Makro- und Immobilien-Research Andreas Hauser 044 226 74 39 [email protected] Alexander Koch 044 226 74 37 [email protected] Lukas Seger 044 226 74 16 [email protected] Domagoj Arapovic 044 226 74 38 [email protected] Michael Kunz 044 226 74 15 [email protected] Christoph Vonwiller 044 226 74 17 [email protected] Möchten Sie diese Publikation abonnieren? Der Wochenausblick kann unter http://www.raiffeisen.ch/web/research+publikationen abonniert werden. Wichtige rechtliche Hinweise Kein Angebot Die in dieser Publikation veröffentlichten Inhalte werden ausschliesslich zu Informationszwecken bereitgestellt. 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