Immer streit um die Aktenversendungspauschale

Kosten und Gebühren
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KOSTENRECHT
Immer Streit um die Aktenversendungspauschale
| Mit dem 2. KostRModG wollte der Gesetzgeber den Streit um die Aktenversendungspauschale beenden. Er hat Nr. 9003 KVGKG dahin ergänzt, dass
die Pauschale nur für die beim Versenden von Akten auf Antrag anfallenden
Auslagen an Transport- und Verpackungskosten je Sendung mit 12 EUR
­erhoben wird. So wollte er klarstellen, dass mit der Pauschale ersetzbare
Auslagen gemeint waren. Eine aktuelle Entscheidung des OLG Saarbrücken, die einer Entscheidung des OLG Koblenz (20.3.14, 2 Ws 134/14; Strafsenat, nicht Kostensenat) widerspricht, zeigt dass dies nur beschränkt
­gelungen ist und sich der Streit auf anderer Ebene fortsetzt. |
Entscheidungsgründe
Das OLG Saarbrücken fasst seine Rechtsauffassung in zwei Leitsätzen wie
folgt zusammen:
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◼◼Leitsätze: OLG Saarbrücken 14.10.15, 1 Ws 164/15
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Abruf-Nr. 146050
1. Wenn ein externer Kurierdienst von der Justizverwaltung im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung für unter anderem Aktentransporte durch Verbringung der Akte von einer von der Versendungsstelle ortsverschiedenen Justizbehörde und Einlegung in ein dortiges Gerichtsfach mittels einer Pauschale
vergütet wird, sind Auslagen nicht nur justizinterner Art, sondern Auslagen an
Transport- und Verpackungskosten im Sinne der Nr. 9003 KVGKG angefallen,
für welche die Aktenversendungspauschale zu erheben ist.
2. Es ist in diesem Fall unerheblich, ob die Kosten für den einzelnen verfahrensgegenständlichen Aktentransport konkret und isoliert ermittelbar sind.
(Abruf-Nr. 146050)
Hier war wegen des niedrigen Beschwerdewerts von 12 EUR eine Entscheidung des OLG nur deshalb zustande gekommen, weil das AG die Beschwerde
zum LG nach § 66 Abs. 2 GKG ebenso zugelassen hatte, wie das LG die weitere Beschwerde zum OLG nach § 66 Abs. 4 GKG.
PRAXISHINWEIS | Wird der Beschwerdewert von 200 EUR nach § 66 Abs. 2 GKG
nicht erreicht, sollten Sie daher stets beantragen, die Beschwerde zuzulassen.
Rechtsmittelmöglichkeit aktivieren
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
Nach Auffassung des OLG Saarbrücken kann die Aktenversendungspauschale erhoben werden, obwohl die Akte nicht an die Kanzleiadresse des Verteidigers versandt wurde, sondern in dessen Gerichtsfach beim AG eingelegt wurde.
MERKE | Soweit ersichtlich besteht Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur,
dass die Versenden der Akte von der Versendungsstelle zu einer ortsverschiedenen Justizbehörde mit der Folge, dass sie in eine dortiges Gerichtsfach eingelegt
wird, geeignet ist, die Aktenversendungspauschale auszulösen (NK-GK/Volpert,
Nr. 9003 KV GKG, Rn. 16).
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Das OLG sieht – zu Recht – auch kein Hindernis darin, die Auslagen zu erheben, dass nach dem Wortlaut der Gesetzesbegründung der Ersatz „barer
Auslagen“ beabsichtigt war, während der Transporteur bargeldlos vergütet
wurde (so OLG Düsseldorf 27.8.15, III-4 Ws 160/15, Abruf-Nr. 146051).
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Abruf-Nr. 146051
MERKE | Auch in anderen Zusammenhängen wird heute noch von „Barauslagen“ gesprochen. Gemeint sind damit Auslagen in Abgrenzung zu den rein internen Aufwendungen. Insoweit ist es angezeigt, dass in allen Rechtsbereichen die
Wortwahl präziser erfolgt.
Nach Auffassung des OLG Saarbrücken sind nicht nur justizinterne Kosten
angefallen, weil der externe Kurierdienst mittels einer Pauschale vergütet
wird. Dabei bleibe es unerheblich, dass die Kosten für den einzelnen verfahrensgegenständlichen Aktentransport nicht konkret und isoliert ermittelbar
sind, weil der Kurierdienst für die Fahrt als solches, nicht aber für den Transport des jeweils einzelnen Stückgutes pauschal vergütet wird.
Relevanz für die Praxis
Das könnten aber die Strafsenate des OLG Koblenz (AnwBl. 14, 657) und des
OLG Köln (AGS 14, 513) anders sehen. Nach deren Auffassung muss durch die
Aktenversendung ein konkreter, bezifferbarer Geldbetrag verursacht werden.
Allerdings ging es in beiden Entscheidungen darum, dass die Gerichte die
­Akten mittels Dienstwagen versendet hatten, mithin ein abweichender Sachverhalt gegenüber der Konstellation des OLG Saarbrücken vorlag.
Abweichende
Auffassungen, aber
auch abweichende
Sachverhalte
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
Das OLG Saarbrücken hält die Auffassung der OLG Koblenz und Köln mit dem
Sinn und Zweck einer Pauschale, der gerade darin bestehe, die entstehenden
Aufwendungen nicht konkret und einzelfallbezogen beziffern zu müssen, für
schwer in Einklang zu bringen. Es könne keinen Unterschied machen, ob justizexterne Dienstleister dergestalt bezahlt werden, dass diese jedes einzelne
Paket gesondert in Rechnung stellen, oder ob sie eine aufgrund des zu
erwartenden Transportaufkommens kalkulierte Pauschale für bestimmte
Abrechnungszeiträume erhalten. Gerade in den Fällen der G
­ esamtpauschale
sei eine Aktenversendungspauschale sinnvoll, da in Konstellationen, in
denen die konkret stückbezogenen Kosten schon feststehen oder mit geringerem Aufwand ermittelbar seien, hierfür kein Bedarf bestehe.
PRAXISHINWEIS | Auch wenn es im Einzelfall nur um 12 EUR geht, summieren
sich die Aufwendungen dafür, Akten zu versenden, im Laufe des Jahres in einer
Rechtsanwaltskanzlei erheblich und erreichen schnell vierstellige Beträge. Entsprechend werden die Mandanten belastet. Es kann deshalb sinnvoll sein, dass
Sie eine immer wiederkehrende Form der Aktenübermittlung kostenrechtlich
mit einer Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 66 GKG überprüfen, sofern
die örtlichen Justizbehörden eine Aktenversendungspauschale erheben. Da das
Verfahren nach § 68 Abs. 8 GKG gerichtsgebührenfrei ist, besteht insoweit kein
Kostenrisiko. Allerdings werden auch keine Kosten erstattet, sodass der damit
verbundene Aufwand nicht vergütet wird. Im allgemein betriebswirtschaftlichen
Sinne kann er gleichwohl sinnvoll sein.
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