Tuatha Eric F. Bone Eine Science-Fiction-Kurzgeschichte Impressum Eric Franzbonenkamp Windfeln 8 42659 Solingen Facebook: https://www.facebook.com/Autor.Eric.Bone/ 1 Mit heftigem Krachen traf der Plasmastrahl in die Seite der Tuatha II. Es gab ein lautes, kreischendes Geräusch, als er sich durch ihr Inneres fraß, dann drang er auf der anderen Seite wieder hinaus und zerfaserte im Weltraum. Kapitän Jannet McSavin schaute, von Panik gelähmt, auf die Bildschirme vor ihr, die einer nach dem anderen rot wurden. Sie wusste genau, dass dieses Schiff für einen derartigen Angriff nicht gerüstet war. Die Tuatha II war (Wie ihr Schwesterschiff, die Tuatha I) ein Diplomatenkreuzer, bewaffnet und gepanzert, aber nicht auf schwere Weltraumkämpfe vorbereitet. Ihr fehlten die nötigen Schilde, um eine solche Waffe effektiv abzuwehren. Ein Plasma-Laser war zur Zeit das am höchsten entwickelte Kombigeschütz auf dem Markt. Eine Laserbatterie feuert Strahlen auf das Ziel, um die Hülle aufzuheizen und weich zu machen. Nur Sekundenbruchteile später wird ein Plasmastrahl gezielt auf die Schwachstelle gefeuert, was jede noch so starke Panzerung mühelos zerfetzt. Ohne Schilde war man in einer solchen Situation hoffnungslos verloren. So hatte sie der „Dosenöffner“, wie der Plasma-Laser im Raumfahrerslang genannt 2 wurde, ohne großen Widerstand durchschlagen. Die einzige Frage, die sich Jannet stellte war, wo zum Teufel ein paar Weltraumpiraten eine solch ungeheure Waffe herbekommen hatten. Ein einzelnes Geschütz kostete auf dem Schwarzmarkt so man überhaupt eins zu Gesicht bekam – mehrere Millionen Shards. Für die selbe Summe konnte man sich auf vollkommen legalem Wege einen Planeten kaufen. Wenn es sich bei ihren Angreifern also tatsächlich um Piraten handelte, welchen es nach Reichtum strebt, dann hätten sie diesen längst erreicht und keinen Grund mehr, ein Schiff voller Diplomaten anzugreifen. In ihre Konzentration mischte sich der Klang der Sirenen wie ein fernes Echo und an ihr Ohr drang eine Stimme aus dem Computerlautsprecher. Es war Jana, die künstliche Intelligenz des Bordcomputers, mit einer nicht gerade ermutigenden Information: »Schneller Druckabfall im Reaktorblock. Implosionsgefahr: 55%!« Hektisches Treiben auf der Brücke war die Folge. McSavin brüllte Befehle, wobei der wichtigste wohl war, sich so schnell wie möglich zu den Rettungsbooten zu begeben. 3 Nein, wahrscheinlich waren es gar keine Piraten. Vermutlich war das nur eine Tarnung, die sich aufgrund ihrer Feuerkraft aber im Nachhinein als sinnlos herausgestellt hatte. Das hier war ein Anschlag. An Bord der Tuatha II befanden sich einige hochkarätige Beamte des Sternenreiches, also eine lohnende Beute für die Separatisten. Jannet schob die für den Moment unwichtige Frage, wer denn einen solchen Anschlag beauftragen würde, beiseite. Darüber konnte sie grübeln, wenn sie und alle anderen an Bord lebend aus der Sache heraus waren. Die Brücke war schon zu zwei Drittel geräumt, nur einige Techniker waren noch dabei, den Bordcomputer zu versiegeln. Als sie damit fertig waren, machten auch sie sich schleunigst aus dem Staub. Jannet beschloss, dass es besser war, es ihnen gleich zu tun. Als sie den Raum verließ, hallte hinter ihr noch einmal Janas Stimme: »Reaktortemperatur steigt. Implosionsgefahr: 60%!« Mist! Wenn das Teil hochging, dann mussten sie sehr bald sehr weit weg von hier sein. Ein implo4 dierender Hyperantrieb war nach einem schwarzen Loch so ziemlich das Letzte, was sie aus der Nähe betrachten wollte. Sie begann zu rennen. Auf ihrem Weg schlossen sich ihr einige weitere Leute der Bordcrew an. Schließlich gelangten sie zu der Stelle, an der die Waffe der Feinde das Schiff durchschlagen hatte. Ein etwa drei Meter langes Stück des Ganges war einfach weg, und an seiner Stelle klaffte nun ein riesiges Loch. Die Magnetsperren in der Hülle taten zwar ihr bestes, dennoch schien die Luft hier bereits dünner zu werden. Sie mussten dort hinübergelangen, bevor die Sensorik den Druckabfall als gefährlich einstufte und die Schleusen automatisch geschlossen wurden. Eine Technikerin, die gerade dazugekommen war, begann leise vor sich hin zu fluchen. McSavin konzentrierte sich und begann, mit ihrem Blick den Bereich vor ihr zu sondieren. Es musste schließlich irgendwo einen Weg hinüber oder in einen der anderen Gänge geben. An der Decke war eines der Rohre nicht ausgerissen worden. Möglicherweise bot sich hier die Chance, sich hinüberzuhangeln. Prüfend begann 5 sie, kräftig daran zu ziehen. Es gab ein unsympathisches Knarzen, sonst passierte nichts. Jannet holte tief Luft, dann begann sie, sich hinüberzuschwingen. Nur nicht daran denken, dass ein Fehlgriff sie in den Weltraum hinausschleudern konnte. Leider hielten die Magnetsperren keine feste Materie auf, sie sorgten lediglich dafür, dass die Luft nicht so schnell entweichen konnte. Griff um Griff schwang sie sich nach vorne, und mit jedem Ruck knarzte und knackte das Rohr bedenklich, hielt aber letztendlich doch stand. Auf der gegenüberliegenden Seite angekommen schaute sie zurück, wo ihre Begleiter noch immer standen und zögernd hinter ihr her blickten. Mit einem Wink gab sie ihnen zu verstehen, dass der Weg sicher sei. Zaghaft begann der erste der Techniker damit, es ihr gleichzutun. Es folgten noch weitere Techniker, ein Offizier, zwei höhere Beamte und eine Reinigungskraft. Schließlich machten sie sich wieder auf den Weg. Die Rettungsboote waren nicht mehr weit, nur noch knapp 20 Meter den Gang hinauf. Im Hangar angekommen musste Jannet enttäuscht feststellen, dass alle Boote bereits gestartet waren. 6 Alle bis auf eins: Ihre alte Betsy stand noch genau dort, wo sie schon immer gestanden hatte. Jannet seufzte. Natürlich konnte es ihr nicht erspart bleiben, mit der alten Klapperkiste zu fliegen. Zielsicher traten sie an das betagte Schiff heran. Dort machten sich die Techniker sofort daran, die Triebwerke zu starten, während McSavin sich hinter den Steuerknüppel klemmte. Niemand atmete, als sie den Startknopf gedrückt hielt und ein ungleichmäßiges Vibrieren die Kabine durchfuhr. Dieses Ding war zuletzt vor ungefähr sieben Jahren geflogen. Alle Anwesenden hofften, dass es in dieser Zeit anständig gewartet worden war. Alle bis auf Jannet. Sie wusste es. Immerhin war die alte Betsy das letzte, was von der Tuatha I noch übrig geblieben war. Sie selbst hatte sie aus dem Hangar geflogen, als nichts anderes mehr half . Hinter ihnen war die Tuatha I in einem Feuerball aufgegangen. Das hatte ihr damals den Rang Kapitän und jede Menge Auszeichnungen eingebracht. Geradezu ironisch, wie sich jetzt alles wiederholte. Tief in ihrem Innersten bezweifelte Kapitän Jannet McSavin, dass es auch hierfür Auszeichnungen und Lob regnen würde. Diesmal war sie selbst Kapitän und 7 müsste dafür geradestehen. Mit diesem und vielen ähnlichen Gedanken steuerte sie den klobigen Transporter aus dem Hangar hinaus in den Weltraum. 8
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