Ausgabe 2015/2016 sozialpolitik Ein Arbeitsheft für die Sekundarstufe I Grundwissen Soziales Europa Inhalt Leben in Europa (Seiten 2 und 3) Lernen in Europa (Seiten 4 und 5) Arbeiten in Europa (Seiten 6 und 7) Soziale Sicherheit in Europa (Seiten 8 und 9) Mitmachen in Europa (Seiten 10 und 11) www.sozialpolitik.com Leben in Europa M1: Was Jugendliche über Europa denken M2: Frieden in Europa „In Frankreich haben religiöse Fanatiker die Im Jahr 2012 hat das norwegische Nobelkomitee der Karikaturisten der Zeitschrift ‚Charlie Hebdo‘ er- Europäischen Union, abgekürzt EU, den Friedensnobel- schossen. In ganz Europa haben sich die Menschen preis verliehen. In der Begründung heißt es: mit dem Spruch ‚Je suis Charlie‘ – ‚Ich bin Charlie‘ für Meinungsfreiheit solidarisiert. Da habe ich gemerkt, „Die Union und ihre Vorgänger haben über sechs dass Europa mehr ist als Schuldengipfel und Gurken- Jahrzehnte lang zur Entwicklung von Frieden und verordnungen.“ Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten beige- Jannes, 17 Jahre tragen. [...] Das entsetzliche Leiden im Zweiten Weltkrieg zeigte die Notwendigkeit eines neuen Europas. „Europa ist eben der Ort, an dem wir leben. Nicht Deutschland und Frankreich hatten innerhalb von mehr, nicht weniger. Besonders cool oder so ist das 70 Jahren drei Kriege* ausgefochten. Heute ist Krieg zwi- ja nicht. Zuerst aber bin ich Deutsche.“ schen Deutschland und Frankreich undenkbar. [...] Der Annika, 15 Jahre Fall der Berliner Mauer ermöglichte den Beitritt mehre- „Ich kann in andere Länder reisen, dort arbeiten ein neues Zeitalter in der europäischen Geschichte. oder studieren und muss noch nicht mal Geld um- Die Teilung zwischen Ost und West ist in weiten Teilen tauschen. Das ist für mich Europa.“ beendet. Die Demokratie wurde gestärkt. Viele ethnisch Irina, 16 Jahre bedingte Konflikte wurden gelöst. […] Die Aussicht auf „Ich darf schwul sein. Ich muss nicht an Gott Menschenrechte in diesem Land gefördert.“ glauben. Ich kann sexy Klamotten anziehen oder Punk sein. Ich kann die Musik hören, die ich gut finde. Ich kann heiraten, wen ich will, oder es sein lassen. Ich darf sagen, was ich denke. Das ist für mich Freiheit hier in Europa.“ rer zentral- und osteuropäischer Staaten und eröffnete eine EU-Mitgliedschaft der Türkei hat Demokratie und * deutsch-französischer Krieg 1870/1871, Erster Weltkrieg von 1914 bis 1918, Zweiter Weltkrieg von 1939 bis 1945 Quelle: Pressemitteilung des norwegischen Nobelkomitees: „The Nobel Peace Prize 2012“, www.nobelprize.org, 12. Oktober 2012, eigene Übersetzung Tobias, 17 Jahre „Ich bin Deutschtürke, also zur Hälfte EU-Bürger und dann auch wieder nicht. Ich weiß nicht so recht, ob ich dazugehöre.“ Dursun, 16 Jahre M3: Herausforderungen für die Europäische Union Nach dem Zweiten Weltkrieg war die größte Heraus- „Europa ist für mich ein Staatenbund, in dem die forderung, Frieden zwischen den Ländern in Europa zu reichen Staaten auf Kosten der armen leben. In dem schaffen. Das ist im Bereich der Europäischen Union Banken, Wirtschaftsbosse und korrupte Politiker gelungen. Im Laufe der vergangenen 70 Jahre ist der Länder wie Griechenland in den Ruin treiben, wäh- Einfluss der Europäischen Politik auf das Leben der rend alle zuschauen und das zulassen.“ Menschen immer größer geworden, die Bedeutung der Julia, 18 Jahre einzelnen Staaten dagegen geringer. Quellen: eigene Befragung Der Lebensstandard ist fortlaufend gestiegen, doch noch immer bestehen große Unterschiede innerhalb 2 „Ein vereintes Europa – das bedeutet für mich Frieden der EU. In einigen Mitgliedsstaaten verursacht die statt Krieg, Freiheit statt Unterdrückung, Demokratie Schuldenkrise schwere wirtschaftliche und soziale statt Tyrannei, Gleichheit statt Ungerechtigkeit und Probleme. Seit 2014 belastet der Ukraine-Konflikt die nicht zuletzt Selbstbehauptung in einer Welt, in der Beziehungen zu Russland und stellt die EU-Außenpo- die vergleichsweise kleinen europäischen National- litik vor große Herausforderungen. Hinzu kommt die staaten alleine auf weiter Flur chancenlos wären.“ Bedrohung durch islamistischen Terror in Europa. Sie Christian, 17 Jahre stärkt einerseits den Zusammenhalt der Europäer und Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung: „Was bedeutet für dich Europa?“, Blog zur Europawahl 2014, https://www.bpb.de/ dialog/europawahlblog-2014/178657/was-bedeutet-fuer-dicheuropa? gibt aber andererseits nationalistischen oder rechts- deren demokratisch-humanistisches Wertesystem, populistischen Gruppen und Parteien neuen Auftrieb. steht a p o r u E ‘: e rli „‚ Je suis Cha– ‚Hass und Terror zusammen als siegen‘“ werden niem ar 2015 12. Janu enblatt.de, h www.woc LesetIpp raine: k U r e d “ n „Krieg i ende in Europa Zeitenw nk.de, „Auf dem ‚Schwarzarbeiterstrich‘: Tagelöhner aus Osteuropa verkaufen ihr handwerkliches Können“ www.n-tv.de, 29. Mai 2013 landfu eutsch www.d r 2014 Broschüre „Europa – Das Wissensmagazin für Jugendliche“ kostenlos zum Herunterladen bei der Bundeszentrale für politische Bildung unter www.bpb.de/shop/lernen embe 27. Dez „Die verlorene Generation – Südeuropas Jugend wird abgehängt“ www.zeit.de, 29. Januar 2014 M4: Europa und die Europäische Union Im Internet http://europa.eu/about-eu/ eu-history/index_de.htm Internetseite der Europäischen Union zu ihrer Geschichte Tipp: Wird am Ende der Internetadresse das „de“ durch Länderkürzel wie „en“ oder „pl“ ersetzt, erscheinen die Artikel in der jeweiligen Landessprache. ArbeItsAufträge 1. a) Wähle unter den Zitaten das aus, mit dem du am wenigsten übereinstimmst. Begründe deine Entscheidung. b) Formuliere deine Haltung zu Europa, indem du auf einem Blatt Papier den Satzanfang vervollständigst: „Europa ist für mich …“. Vergleiche deine Aussagen mit den anderen in der Klasse. (M1) M5: Rechte und Pflichten 2. a) Gruppenarbeit: Entwerft mithilfe eures Geschichtsbuchs einen Zeitstrahl als „Fieberkurve des Friedens“ mit historischen Stationen von Feindschaft und friedlicher Annäherung in Europa. b) Vergleicht die Situation in Europa zur Zeit der Nobelpreisverleihung 2012 mit heute. Arbeitet heraus, welche Aspekte sich verändert haben und welche gleich geblieben sind. c) Listet die Herausforderungen auf, die im Text und in den Schlagzeilen genannt werden. (M2, M3) 9 das aktive und das passive Wahlrecht, das heißt, Jeder Bürger eines Mitgliedsstaats der Europäischen das Recht zu wählen und gewählt zu werden, sowohl Union ist auch EU-Bürger und hat bestimmte Rechte: bei den Wahlen zum Europäischen Parlament als auch bei Kommunalwahlen am Wohnort, 9 das Recht, sich im gesamten Gebiet der Europä- ischen Union frei zu bewegen und aufzuhalten, 9 das Recht, in jedem anderen EU-Land zu arbeiten und sich dort niederzulassen (Freizügigkeit für Arbeitnehmer und Niederlassungsfreiheit für Unternehmen), 9 das Recht, die Dokumente der EU-Organe einzu- sehen, 9 das Recht, sich mit einer Beschwerde, genannt 3. a) Stelle eine Liste aller EU-Länder auf. b) Überprüfe, welche europäischen Länder in dieser Liste fehlen. c) Erläutere den Unterschied zwischen Europa und der Europäischen Union. (M4) Petition, an das Europäische Parlament oder den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden. Damit die Gemeinschaft funktioniert, sind alle EU-Bürger aufgefordert, ihre Rechte aktiv wahrzunehmen, mitzureden und mitzubestimmen. Aus einem Wahlrecht erwächst zum Beispiel die moralische Verpflich- 4. Gruppenarbeit: Überlegt, welche weiteren Rechte für EU-Bürger geschaffen werden sollten. Begründet eure Überlegungen. Diskutiert anschließend die Vor- und Nachteile eurer Ideen. (M5) tung, wählen zu gehen, und aus einem Recht auf 9 das Recht, in Ländern außerhalb der EU den Schutz von Botschaften eines anderen EU-Landes in Anspruch zu nehmen, wenn es dort keine Botschaft des eigenen Landes gibt, Information die Verpflichtung, sich zu informieren. nach: Europäisches Parlament, Informationsbüro in Deutschland, www.europarl.de 3 Lernen in Europa M1: Europa auf Probe Auszubildende zur Klavier- und Cembalobauerin, Nutzername „Croissant“, zum Betriebspraktikum in Großbritannien Nils Bejamin, Schüler, zum Austauschjahr in Spanien Student aus Göttingen, anonym, zum Auslandsstudium in Polen „Der erste Abend war richtig klischeemäßig „Für den Auslandsaufenthalt an der War- spanisch: Bis zwei Uhr nachts saßen wir saw School of Economics (SGH) kann man draußen, aßen Tapas und spanisches Fin- sich im BWL-ERASMUS-Büro bewerben. gerfood und machten uns an die ersten Nachdem ich meine Zusage erhalten habe, „Ich war für vier Wochen in einer Repara- Konversationsversuche. Da wusste ich wurden mir gleich nützliche Links von den turwerkstatt mitten in London in einem bereits, dass ich es […] mit der Gastfamilie Erasmus-Koordinatoren zugeschickt. Des kleinen Team von knapp 15 Leuten. Mir hat absolut perfekt getroffen hatte. Anfangs fiel Weiteren bekommt man als Austausch- sich dort eine völlig neue, super spannende es mir ziemlich schwer in der Schule, was student einen polnischen Buddy zugeteilt. Welt eröffnet. Ich konnte selbstständig ar- hauptsächlich an dem Sprachproblem lag. Dieser hilft dann bei allen möglichen Din- beiten und habe einfach mal etwas anderes Ich habe also damit begonnen, mir einen gen, zum Beispiel bei der Wohnungssuche. gesehen als ausschließlich den Neubau von Ordner voll mit Spanischvokabeln anzule- […] Die Kurse sind meist interaktiv gestal- Klavieren. Sprachlich habe ich zwar jedes gen, die ich dann den ganzen Vormittag in tet. Es wird diskutiert, und in fast jedem Fettnäpfchen mitgenommen, aber vermut- der Schule gelernt habe. Schule in Spanien Kurs musste ich neben der Klausur auch lich gerade dadurch sehr viel gelernt. Ich ist sehr unterschiedlich zu der in Deutsch- eine Präsentation halten. […] Zusammen- habe viele verschiedene Seiten von London land, die Fächer werden […] im Frontalun- fassend kann ich sagen, dass das Auslands- kennen gelernt und neue Freunde gefun- terricht gestaltet, der Lehrer redet die jahr in Warschau die beste Entscheidung den. Das Sahnehäubchen ist, dass mir ein meiste Zeit, Schüler müssen mitschreiben war, die ich hätte treffen können. […] Job nach Beendigung meiner Ausbildung und den Unterrichtsinhalt für die Examen Ich hätte nie gedacht, dass man so viel angeboten wurde.“ Quelle: Initiative „let’s go!“, www.letsgoazubi.de lernen. […] Jugendliche werden in Spanien über sich selbst lernen kann, wenn man in sehr viel länger wie Kinder behandelt, sie so einem internationalen Umfeld lebt sind oft ziemlich unselbstständig und woh- und lernt.“ nen länger zuhause.“ 4 Quelle: Deutsches Youth For Understanding, www.yfu.de Quelle: Georg-August-Universität Göttingen, www.uni-goettingen.de M2: Förderung von Ausbildung und Austausch Erasmus+ ist das Programm der Europäischen Union für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport. Im Internet Es läuft von 2014 bis 2020 und fördert die Bildung und Auslandsaufenthalte junger Menschen mit insgesamt www.letsgoazubi.de fast 15 Milliarden Euro. Internetseite der LandesGewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks mit Erfahrungsberichten und Kontakten zu EUgeförderten Auslandspraktika EU B S Hochschule B Jugend in Aktion Zielgruppen - Schüler - Lehrkräfte - Pädagogen - Studierende - Hochschulpersonal - Auszubildende - Berufsschüler - Bildungspersonal - alle Jugendlichen, besonders solche, die sich an ihrem Wohnort oder grenzüberschreitend engagieren Institutionen, Organisationen - Bildung von Schulpartnerschaften - Partnerschaften von Schulbehörden - Partnerschaften zwischen Hochschulen - länderübergreifende Forschung - Partnerschaften zwischen Unternehmen - Berufsbildungseinrichtungen - Initiativen in der Jugendpolitik oder in der politischen Bildung - Kunstprojekte - Europäischer Freiwilligendienst M - Schüleraustausch, Fortbildung, Hospitation - gemeinsame Projekte, zum Beispiel zur Inklusion oder gegen zu hohe Schulabbrecherquoten - Studienaufenthalte, Praktika, Sprachkurse - Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Politik - Angleichung von Studiengängen - Praktika, länderübergreifende Qualifizierung - gemeinsame Projekte, zum Beispiel gegen Jugendarbeitslosigkeit - Jugendbegegnungen - Erwerb interkultureller Kompetenzen - Berufsorientierung Quelle: eigene Zusammenstellung nach: www.erasmusplus.de und http://ec.europa.eu ¢ Programme ¢ Erasmus+ M3: Europaweite Anerkennung von Abschlüssen M4: Der Europass Die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union Wer sich in einem anderen EU-Land bewerben möchte, können in jedem EU-Land ihrer Wahl leben und arbei- kann den Europass verwenden. Das ist kein Ausweis, ten. Dennoch bleibt ihre Mobilität durch verschiedene sondern eine Sammlung von Dokumenten, mit deren Sprachen, aber auch verschiedene Bildungssysteme Hilfe sich Qualifikationen und Kenntnisse in verständ- und Zeugnisse eingeschränkt. Das in Deutschland licher und standardisierter Form darstellen lassen. verbreitete duale System der Berufsausbildung, also die Kombination von Ausbildung im Betrieb und Un- Der Europass enthält drei Vorlagen, die der Bewerber terricht in Berufsschulen, gibt es zum Beispiel nur in ausfüllen kann: einen Lebenslauf, einen Sprachen- wenigen EU-Ländern. Mithilfe des Europäischen Qua- pass, in den die eigenen Sprachkenntnisse nach fest- lifikationsrahmens für lebenslanges Lernen, abgekürzt gelegten Kompetenzstufen eingetragen werden, und EQR, möchte die EU Ausbildungen besser vergleichbar den Europass Mobilität, in dem Auslandserfahrungen machen. Dazu werden die in der jeweiligen Ausbildung dokumentiert werden. Hinzu kommen Zeugniserläu- erworbenen Fertigkeiten beschrieben sowie deren terungen, in denen die Ausbildungsinhalte und die Grad an Selbstständigkeit und Verantwortung einge- Noten auf Deutsch, Englisch oder Französisch erläutert ordnet. Die acht Ausbildungsstufen im EQR reichen werden. Die Vorlagen können in allen Amtssprachen von grundlegenden Kenntnissen (zum Beispiel von der EU im Internet heruntergeladen werden unter angelernten Mitarbeitern) bis zur Beherrschung eines http://europass.cedefop.europa.eu/de/home. www.youthreporter.eu www.europeers.de Internetangebote von JUGEND für Europa zur Information und zum Erfahrungsaustausch mit jungen Leuten, die im Ausland aktiv sind www.europass-info.de Informationen und Formulare zum Europass www.anerkennung-indeutschland.de www.ihk-fosa.de Informationsseiten (mehr‑ sprachig) zur Anerkennung von Berufsabschlüssen ArbeItsAufträge 1. Finde heraus, welche Ziele die Europäische Union verfolgt, wenn sie Programme zum europaweiten Austausch finanziert: Welche Vorteile bringt dies den EU-Ländern, welche den einzelnen Teilnehmern persönlich? (M1, M2) 2. Der EQR unterscheidet zwei Kompetenzkategorien: Fachkompetenz (unterteilt in Wissen und Fertigkeiten) und Personale Kompetenz (unterteilt in Sozialkompetenz und Selbstständigkeit). Erarbeite beispielhaft für einen frei gewählten Beruf, welche Kompetenzen konkret unter die genannten Kategorien fallen könnten. (M3) 3. a) Nenne die Bestandteile des Europasses. Welche kannst du selbst ausfüllen? Für welche brauchst du Hilfe? b) Deine Freundin oder dein Freund möchte den Europass auch für eine Bewerbung in Deutschland verwenden. Würdest du dazu raten? Begründe deine Meinung. (M4) hoch spezialisierten Wissensgebiets (zum Beispiel von Wissenschaftlern mit Doktortitel). 5 Arbeiten in Europa M1: Europäischer Arbeitsmarkt M3: Arbeitslosenquoten von 15- bis 24-Jährigen Von rund 500 Millionen Einwohnern der Europäischen Angaben in Prozent Union gehören ungefähr 240 Millionen Menschen zwischen 15 und 64 Jahren zum Europäischen Arbeitsmarkt, dazu zählen auch die registrierten Arbeitslosen. Mit dem Beitritt der osteuropäischen Mitgliedsstaaten wurden die wirtschaftlichen Unterschiede größer. Das mittlere Jahreseinkommen* lag im Jahr 2012 umgerechnet zwischen rund 2.016 Euro in Rumänien und 32.779 Euro in Luxemburg. In Deutschland lag es bei 19.595 Euro. Die Arbeitslosenquote lag in Griechenland im September 2014 bei 25,7 Prozent. Deutschland hingegen verzeichnete im November 2014 eine Arbeitslosenquote von lediglich 5,0 Prozent und wirbt um qualifizierte Fachkräfte aus anderen Ländern. * Hier ist nicht das Durchschnittseinkommen gemeint, sondern das Medianeinkommen. Es liegt genau in der Mitte, das heißt: Die Zahl der Menschen mit einem höheren Einkommen ist genauso groß wie die der Menschen mit einem niedrigeren Einkommen. Quelle: Eurostat, mit eigener Berechnung und Wechselkursen vom 17. Februar 2015 M2: Fachkräfte für Deutschland „Zwei Jahre lang hat sich Ivàn Gonzalez Lopez in Murcia im Südosten Spaniens von einem Job zum nächs‑ ten gehangelt. […] Nach ein paar Wochen allerdings musste er jedes Mal feststellen, dass er ausgenommen wurde, die Löhne oft geringer waren als vereinbart. So rang sich Ivàn Gonzalez schließlich durch, mit seinem mittleren Schulabschluss den Schritt ins stabilere Deutschland zu wagen. […] Jetzt steht Ivàn Gonzalez in Lübeck auf einer Baustelle im Gewerbegebiet. Stolz präsentiert er das rote T-Shirt mit dem Logo der E-Tec Nord, eines Unternehmens für Elektrotechnik. Bis zum Ende der Ausbildung will Ivàn auf jeden Fall bleiben. Und dann? Würde aus dem spanischen Schnupperarbeiter eine deutsche Fachkraft werden? ‚Wir freuen uns, wenn Ivàn bleibt, aber verlangen kann man das nicht‘, sagt der Unternehmer Klaus Felgenhauer. Viele Betriebe versuchen derzeit, Azubis jenseits der Grenzen zu finden. […] Noch vor wenigen Jahren wäre das kaum vorstellbar gewesen: Unternehmen bemühen sich, Azubis mitzunehmen, trotz Schwächen. Lange * EU-Mitgliedsstaat seit 2014 konnten sie sich die Besten eines Jahrgangs herauspicken – unter Realschülern wie Gymnasiasten. Aber Quelle: Eurostat, Stand: April 2014 diese Besten gehen heute an die Universitäten. Und die Zweitbesten ebenfalls. […] So ist in den letzten zehn Jahren die Zahl derer, die sich für eine Ausbildung interessieren, um rund zehn Prozent gesunken.“ Quelle: Inge Kutter, Rudi Novotny, DIE ZEIT Nr. 28/2014, 3. Juli 2014, gekürzt und leicht bearbeitet 6 Erläuterung: Bei vielen Medien werden diese Zahlen falsch interpretiert. So wird häufig gemeldet, in Griechenland sei jeder zweite Jugendliche arbeitslos. Von der Gesamtgruppe der 15- bis 24-jährigen Griechen gehört jedoch nur ein Drittel zur Gruppe der so genannten Erwerbspersonen. Von diesem Drittel ist die Hälfte ohne Arbeit. Die übrigen Jugendlichen, die eine Ausbildung machen oder studieren, werden als Nichterwerbspersonen bezeichnet. Das heißt, dass von der Gesamtgruppe aller 15- bis 24-jährigen Griechen nur etwa jeder Sechste arbeitslos ist. Im Internet www.ba– auslandsvermittlung.de M4: Deutschland als Gewinner? Internetseite der Bundesagentur für Arbeit zur Vermittlung deutscher Arbeitskräfte ins Ausland mit Informationen zum Bedarf und den wichtigsten Regelungen in Europa und der Welt www.make-it-in-germany.com Informationsseite (mehrsprachig) für ausländische Fachkräfte, die in Deutschland Arbeit suchen www.boeckler.de Basiswissen zur Mitbestimmung in Deutschland und Europa mit Datenbank zum Ländervergleich ArbeItsAufträge 1. Arbeite heraus, aus welchen Gründen sich deutsche Unternehmen um die Anwerbung von Arbeitskräften bemühen. Erkläre, welche anderen Möglichkeiten es gäbe, Arbeitskräfte zu finden. (M1, M2) © Zeichnung: Heiko Sakurai, 2013 M5: Mitbestimmung in Europa Die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt bietet Chancen gegründet werden. Seine Rechte sind im Betriebs- und Risiken. Damit die Risiken nicht allein von den Ar- verfassungsgesetz geregelt. Er kann bei sozialen An- beitnehmern getragen werden, sind Mitbestimmungs- gelegenheiten mitbestimmen (zum Beispiel bei den rechte wichtig. Arbeitsbedingungen) und bei personellen Angelegenheiten mitwirken (zum Beispiel bei Einstellungen oder In den EU-Ländern gibt es Regeln dafür, wie Arbeit- Kündigungen). Bei wirtschaftlichen Entscheidungen nehmer an den Entscheidungen ihres Betriebs oder muss er informiert werden. Unternehmens beteiligt werden können oder müssen. Arbeitnehmer können Betriebsräte wählen, die ihre Für Unternehmen, die in mehreren Ländern ansässig Interessen gegenüber der Unternehmensleitung ver- sind, gilt die EU-Richtlinie zu Europäischen Betriebs- treten. Die Mitbestimmungsrechte unterscheiden sich räten. Sie schreibt Mindestnormen fest. Wenn ein jedoch erheblich: In einigen Ländern müssen die Be- Unternehmen europaweit mehr als 1.000 und in zwei triebsräte nur informiert werden, in anderen bestim- Ländern jeweils mehr als 150 Menschen beschäftigt, men sie mit, wenn es um Sicherheitsfragen oder um kann ein Europäischer Betriebsrat eingefordert werden. Fragen zu einzelnen Arbeitnehmern geht. Im Jahr 2014 gab es in der EU etwa 1.000 Europäische Deutschland hat im europäischen Vergleich sehr Betriebsratsgremien mit insgesamt 20.000 Betriebs- viele Mitbestimmungsrechte. Bereits ab fünf ständig räten. Sie müssen informiert und angehört werden, beschäftigten Arbeitnehmern kann ein Betriebsrat Entscheidungskompetenzen besitzen sie jedoch nicht. 2. Die Abwanderung von Fachkräften wird auch als „Brain Drain“ („Gehirnabfluss“ oder auch „Talentschwund“) bezeichnet. a) Beschreibe, welche positiven und negativen Folgen dieser Prozess jeweils für Deutschland und für die EU-Krisenländer hat. Beziehe dabei auch mit ein, wie sich die Situation darstellt, wenn die Fachkräfte im neuen Land bleiben oder in ihr Heimatland zurückkehren. b) Interpretiere die Karikatur, indem du die Darstellung beschreibst und die Kritik des Zeichners herausarbeitest. (M2, M4) 3. Erkläre in eigenen Worten: Warum bedeuten 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit nicht, dass die Hälfte der Jugendlichen auf der Straße steht? (M3) 4. a) Stelle dar, welche Rechte Arbeitnehmervertretungen (Betriebsräte) besitzen. b) Beschreibe, was ein Europäischer Betriebsrat ist, und begründe, warum man hier nur eingeschränkt von einer Form der Mitbestimmung reden kann. c) Erkläre, warum es nicht nur nationale (also auf das jeweilige Land bezogene) Betriebsräte gibt. (M5) 7 Soziale Sicherheit in Europa Welche Ziele möchten Sie noch erreichen? „Ich möchte mit einem Realschulabschluss und meinem Gesellenbrief ‚Fachkraft im Gastgewerbe‘ abschließen. Dann habe ich endlich die Voraussetzung zur Sozialassistentin. Und ich habe auch schon einen Schulplatz an der Berufsfachschule Sozialassistent/in Burgwedel […]. Wenn alles gut geht, kann ich 2016 mit meiner Erzieherinnenausbildung beginnen.“ Quelle: www.esf-meine-geschichte.de/inhalt/derya-nietznik, gekürzt und sprachlich leicht bearbeitet M2: Zusammenhalt fördern Bei der Gründung der Europäischen Wirtschaftsge meinschaft im Jahr 1957 vereinbarten die Mitglieds- M1: Wie der Europäische Sozialfonds (ESF) hilft staaten, in sozialen Fragen zusammenzuarbeiten. Da die Arbeitslosigkeit damals wie heute ungleich verteilt war, konzentrierte man sich auf die Frage der Beschäftigung. Der ESF wurde gegründet, um Fördergelder, die Derya Nietznik im Interview mit www.esf-meine-geschichte.de für Umschulungen, Fortbildungen und die Förderung von beruflicher Mobilität eingesetzt wurden, gemeinsam zu verwalten. Man will damit erreichen, dass alle Wie fing Ihre persönliche Geschichte an? Welche Menschen, die arbeiten können und wollen, Arbeit beruflichen Ziele hatten Sie? finden und damit zu einem wirtschaftlichen Aus- „Im Alter von etwa 14 Jahren habe ich ein Schulprakti- gleich unter den Regionen in Europa beitragen. Geför- kum in einem Kindergarten in Munster gemacht. Von dert werden Vorhaben, die Ausbildungen verbessern, dem Tag an stand für mich fest, ich möchte auch Er- neue Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen, Existenz- zieherin werden und in einem Kindergarten arbeiten, gründer unterstützen, öffentliche Dienste stärken und aber dafür braucht man mindestens den Realschul- benachteiligten Menschen beim beruflichen Einstieg abschluss. Für jemanden wie mich, die damals noch oder Wiedereinstieg helfen. In festen Zeiträumen wer- eine Förderschule besuchte, eine utopische Idee. Meine den die Richtlinien des ESF an die aktuellen Notwen- Umwelt reagierte darauf natürlich eher in der Art, ‚das digkeiten angepasst. schaffst du nie‘ […]. Über eine Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme kam ich […] zur Volkshochschule Heidekreis und konnte die Ausbildung ‚Helferin im Gastgewerbe‘ und damit meinen Hauptschulabschluss machen. Durch einen Hinweis meines ehemaligen M3: Sozialschutz in der EU Ausbildungsteams nahm ich Kontakt zum ESF-Projekt Alle Bürger der Europäischen Union genießen sozia- ‚VisA – Vielfalt schafft Arbeit‘ auf.“ len Schutz. Dieser ist jedoch in den Mitgliedsländern unterschiedlich geregelt. Die Abstimmung der Sozi- Welche Förderung haben Sie erhalten? alversicherungen in der EU folgt den folgenden vier „Die gezielte Unterstützung in meiner Ausbildung Grundsätzen: durch die Ausbilderinnen und die Sozialpädagogin der Volkshochschule hat mir den ersten Berufsabschluss überhaupt erst ermöglicht. Ich habe mir wieder mehr zugetraut, besonders schulisch. Bei allem, was ich beruflich plante und planen werde, ist immer wichtig, dass mein finanzielles Überleben gesichert ist, denn ich bin auf mich alleine gestellt. Es gibt keine mich finanziell unterstützende Familie. Daher ist die Hilfe des VisA-Projektes bei allen Anträgen besonders wichtig.“ 1. Jeder EU-Bürger unterliegt jeweils einem nationalen System am Wohn- oder Arbeitsort. 2. Alle EU-Bürger haben in allen Mitgliedsländern die gleichen Rechte und Pflichten (Gleichbehandlung). 3. Ansprüche aus früheren Versicherungszeiten sollen auch in anderen Ländern angerechnet werden. 4. Niemand verliert einen Anspruch, wenn er in ein anderes EU-Land zieht. 8 LesetIpp Comicbände zum ESF „Durchstarten“ und „Neuer Schwung“, kostenlos zu bestellen im EU-Bookshop unter http://bookshop.europa.eu. Im Internet Es gibt keine einheitlichen Gesetze zur Kranken-, Ren- Wer beispielsweise als deutscher Staatsbürger seine ten- oder Arbeitslosenversicherung in der EU. Auch die Ausbildung in Frankreich absolviert, hat bei einem staatlichen Sozialleistungen wie Kindergeld oder Sozial- Unfall das gleiche Recht, die dortigen Sozialleistungen hilfe sind unterschiedlich. Gemeinsame Regeln gibt es in Anspruch zu nehmen wie ein französischer Bürger. Internetseite der Bundesregierung zum Europäischen Sozialfonds dort, wo die nationalen Bestimmungen aufeinander Mit Abschluss eines Arbeitsvertrags wird er automa- www.sozialkompass.eu abgestimmt werden müssen, damit kein EU-Bürger tisch Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung Rechte oder Leistungen verliert. in Frankreich. In einem anderen EU-Mitgliedsstaat zu leben und zu arbeiten führt also zu keiner sozialen Benachteiligung. M4: Die Arbeitslosenversicherung in drei EU-Ländern im Vergleich Deutschland Polen Großbritannien mindestens 12 Monate in den letzten 2 Jahren vor der Arbeitslosmeldung mindestens 365 Kalendertage in den letzten 18 Monaten vor der Arbeitslosmeldung Es müssen 26 oder mehr Wochenbeiträge eingezahlt worden sein. Sie müssen so hoch oder höher als der Mindestsatz sein, der für das betreffende Jahr gilt. Wie lange wird Arbeitslosengeld gezahlt? je nach Alter und der Länge der Versicherungspflicht von 6 bis zu 24 Monaten in der Regel 6 Monate, erhöht auf 12 Monate in Regionen, in denen die Arbeitslosenquote 150 Prozent des polnischen Durchschnitts übersteigt, oder bei Arbeitslosen über 50 Jahren mit 20 Arbeitsjahren oder arbeitslosem Ehepartner ohne Leistungsanspruch und einem Kind unter 15 Jahren maximal 182 Tage Grundbetrag umgerechnet 198 Euro pro Monat für die ersten 3 Monate, danach umgerechnet 155 Euro. Je nach Länge der Berufstätigkeit werden zwischen 80 und 120 Prozent des Grundbetrags gezahlt. altersabhängig, von 18 bis 24 Jahren umgerechnet 70 Euro, ab 25 Jahren umgerechnet 87 Euro pro Woche 67 Prozent (mit Kindern) oder 60 Prozent des letzten Verdiensts nach Steuerabzug Quelle: www.sozialkompass.eu, Stand: Januar 2015 Die Datenbank ermöglicht einen Vergleich der europäischen Sozialsysteme in den Bereichen Familie und Mutterschutz, Krankheit und Pflege, Arbeitslosigkeit und Arbeitsrecht, ergänzt durch ein Glossar mit sozialpolitischen Grundbegriffen. ArbeItsAufträge Wie lange muss man gearbeitet und Versicherungsbeiträge gezahlt haben, um Arbeitslosengeld zu erhalten? Wie hoch ist das Arbeitslosengeld? www.esf.de 1. a) Beschreibt, wie der ESF Derya geholfen hat, und überlegt, welche beruflichen Aussichten sie ohne ein Hilfsprogramm gehabt hätte. b) Entwickelt in Gruppenarbeit ein Schaubild, das über die Ziele und Bereiche des ESF informiert. c) Untersucht in Gruppen auf www.esf-meinegeschichte.de ein weiteres Fallbeispiel und erläutert, welche ESF-Maßnahmen geholfen haben. Ordnet das Beispiel in euer Schaubild ein. (M1, M2) 2. Nimm Stellung zu folgenden Standpunkten: a) Das Geld, das der ESF ausgibt, sollte besser den einzelnen Ländern zur Verfügung stehen. b) Wer aus einem Land fortgezogen ist, soll von diesem Land auch keine Sozialleistungen mehr erhalten. Nachdem einige Schüler ihre Stellungnahme vorgelesen haben, stimmt ihr in der Klasse ab, wer den jeweiligen Standpunkt für richtig und wer ihn für falsch hält. (M2, M3) 3. Arbeite heraus, von welchen Faktoren die Leistungen der Arbeitslosenversicherung in den drei Ländern in der Tabelle abhängen. Zeige die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede auf. (M4) 4. Partnerarbeit: Recherchiert auf www.sozialkompass.eu zu einem der vorgestellten 15 Themen, und erstellt eine Tabelle ähnlich wie M4, in der ihr Deutschland mit zwei EU-Ländern eurer Wahl vergleicht. Entscheidet, welche der Regelungen ihr am besten findet, und begründet eure Entscheidung. (M4) 9 Mitmachen in Europa M1: Europäische Bürgerinitiative gegen Armut bewegen, […] den Anteil derjenigen Menschen, die EU-Bürger können seit dem 1. April 2012 durch eine Prozent zu reduzieren (derzeit 16 Prozent). […] Im „Wir möchten die Europäische Kommission […] dazu unterhalb der Armutsgrenze leben, auf unter drei Europäische Bürgerinitiative an der EU-Politik mitwir- Vertrag von Maastricht wird von den Mitgliedsstaaten ken. Sie können die Europäische Kommission dadurch verlangt, dass das jährliche Haushaltsdefizit nicht auffordern, sich mit einem Thema zu befassen oder mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts eine Gesetzesinitiative zu ergreifen. Dazu müssen sich betragen darf. Die Maßnahmen, […] um dieses Ziel eine Million Bürger aus mindestens einem Viertel der zu erreichen, haben die Tendenz, dem Wohlergehen EU-Mitgliedsstaaten an einer solchen Initiative betei- der Bevölkerung zu schaden […]: Kürzungen der ligen. Eine laufende Europäische Initiative, die bis zum Sozialausgaben in Spanien, Erhöhung der Mehrwert- Jahresende 2015 Unterzeichner sammelt, heißt: „Für steuer in Frankreich, Reduzierung des Mindestlohns ein soziales Europa! Für eine verstärkte Zusammen- in Irland und Griechenland oder die Gefährdung des arbeit der EU-Mitgliedsstaaten bei der Bekämpfung öffentlichen Gesundheitssystems in Slowenien. Die von Armut in Europa.“ Ihr Begründer Maxim Orhon Drei-Prozent-Haushaltsdefizitgrenze sollte nicht erklärt das Ziel: ausgenutzt werden, um soziale Errungenschaften und Lebensbedingungen in ganz Europa infrage zu stellen.“ Quelle: Europäische Kommission, amtliches Register der Europäischen Bürgerinitiativen, http://ec.europa.eu/citizens-initiative M2: Ablauf einer Europäischen Bürgerinitiative Sie sucht sich mindestens sieben Mitstreiter aus mindestens sieben Mitgliedsstaaten, um einen Bürgerausschuss Frau Aporu ist EU-Bürgerin. Sie ist von zu bilden. Gemeinsam beschreiben sie die ihrer Idee überzeugt und weiß, wie sie Ziele ihrer Europäischen Bürgerinitiative, EU-weit umgesetzt werden könnte. abgekürzt EBI, und beantragen eine Registrierung bei der EU. Die EU-Kommission prüft den Antrag: Ist die EU für die Ziele der EBI zuständig? Ist der Bürgerausschuss korrekt gebildet? Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, wird die EBI genehmigt. 2 Monate 1 Jahr Frau Aporu und andere EBI-Aktivisten sammeln mindestens eine Million In jedem Land prüft eine Behörde die Gültigkeit der Unterschriften. Unterschriften. Außerdem muss sie Um Online-Unterschriften sammeln zu in sieben Ländern eine festgelegte können, muss die EBI ihr Sammelsystem Mindestanzahl von Unterstützern fin- überprüfen lassen. den, damit das jeweilige Land zählt. In Deutschland zum Beispiel 74.250, in Luxemburg 4.500. 1 Monat 3 Monate Die EBI-Papiere werden der EU-Kommis- Die Kommission entscheidet, ob die Idee sion zur Prüfung vorgelegt. Ein Mitglied der Kommission spricht mit Frau Aporu oder ihren Mitstreitern. Außerdem dürfen die EBI-Aktivisten ihre Idee dem Europäischen Parlament vorstellen. 3 Monate der EBI umgesetzt wird oder nicht. Sie formuliert eine formelle Antwort an Frau Aporu und die EBI, in der sie die Entscheidung begründet. nach: Europäisches Parlament, www.europarl.europa.eu 10 Im Internet M3: Volksentscheid Der Volksentscheid ist ein Mittel der direkten Demokratie: Das Volk, das heißt alle wahlberechtigten Bürger, stimmt über eine Vorlage ab, zum Beispiel über ein Gesetz. Die Vorlage stammt entweder von einer Volksinitiative oder vom Parlament. Das Ergebnis des Volksentscheids ist bindend. In mehr als 20 EU-Staaten gab und gibt es Volksentscheide, auch zu europäischen Fragen. In vielen osteuropäischen Staaten konnten die Bürger im Jahr 2003 beispielsweise über den EU-Beitritt ihres Landes abstimmen. In Deutschland besteht in den meisten Bundesländern die Möglichkeit, über Volksinitiativen einen Volksentscheid für das jeweilige Bundesland herbeizuführen. sechs. Allerdings erhalten die kleinen Länder relativ zu www.europarl.europa.eu ihrer Größe mehr Sitze. Im Europäischen Parlament Internetseite des Europäischen Parlaments bilden die Abgeordneten Fraktionen, also Gruppen mit unterschiedlicher Länder zusammenarbeiten. http://ec.europa.eu/ citizens-initiative Das Europäische Parlament ist eine Volksvertretung, Internetseite der Europäischen Kommission zur Europäischen Bürgerinitiative gleicher politischer Ausrichtung, in denen Vertreter ähnlich wie der Deutsche Bundestag. Es tagt abwechselnd in Brüssel und in Straßburg. Je wichtiger die Entscheidungen der EU für das Leben der Bürger wurden, desto lauter wurden die Forderungen, die Europäer beteiligen. Die Macht des Parlaments nahm allmählich zu. Im Jahr 1986, sieben Jahre nach der ersten Direktwahl 1979, wurde es an der allgemeinen Gesetzgebung in Europa beteiligt. Seit 1992 und dem Vertrag von und darf Untersuchungsausschüsse einsetzen, um die Arbeit der EU-Verwaltung zu kontrollieren. Im Jahr 2007 erhielt das Parlament mit dem Vertrag von Lissabon die Kontrolle über die gesamten Ausga- Jeder EU-Bürger kann die Politik in Europa mitbestim- ben des EU-Haushalts. Die Europäische Kommission men. Alle fünf Jahre finden Wahlen zum Europäischen allerdings, die eigentliche Regierung der EU, wird nicht Parlament statt – die nächsten im Jahr 2019. Jedem vom Parlament gewählt. Sie wird von den Regierungen Land wird dabei eine bestimmte Zahl von Mandaten, der Mitgliedsstaaten bestimmt und vom Parlament also Parlamentssitzen, zugeordnet, wobei die Größe nach einem Anhörungsverfahren bestätigt oder abge- der Bevölkerung berücksichtigt wird. Deutschland hat lehnt. seit der letzten Wahl 2014 96 Sitze. Kleine Länder wie Estland, Luxemburg, Malta und Zypern haben lediglich Initiative zur Demokratisierung der Europäischen Union über eine direkt gewählte Volksvertretung daran zu Maastricht kann das Parlament Gesetze verhindern M4: Europawahl www.mehr-demokratie.de/ europa.html nach: Europäisches Parlament, Informationsbüro in Deutschland, www.europarl.de ¢ Europa ¢ Geschichte M5: Sitzverteilung im Europäischen Parlament ArbeItsAufträge 1. Nenne die Voraussetzungen, unter denen die Europäische Kommission eine Europäische Bürgerinitiative genehmigt. (M1, M2) 2. Gruppenarbeit: a) Wie steht ihr zu der Forderung der Initiative? Begründet euren Standpunkt. b) Recherchiert in Gruppen nach einem weiteren Beispiel für eine Europäische Bürgerinitiative auf http:// ec.europa.eu/citizens-initiative und stellt diese in der Lerngruppe vor. (M1) 3. Erläutere, worin die Unterschiede zwischen einer Europäischen Bürgerinitiative und einem Volksentscheid bestehen. (M2, M3) 4. Entwickelt aus den Informationen zur Europawahl und dem Schaubild zur Sitzverteilung im Europäischen Parlament ein Quiz mit Multiple-Choice-Fragen. Tauscht euer Quiz mit denen anderer Lerngruppen aus und löst die Fragen. (M4, M5) 5. Projekt: Führt in Gruppen eine Straßenumfrage durch: „Wie demokratisch ist die EU?“ Sammelt die Aussagen und wertet aus, welche Aspekte häufig kritisiert und welche gelobt werden. Quelle: Europäisches Parlament, www.europarl.europa.eu, Stand: August 2014, außen die Zahlen der deutschen Abgeordneten 11 Das weißt du! Kreuzworträtsel zur Sozialpolitik in Europa 1. Länderkürzel für Lettland (Seite 3) 5. das Recht, in jedem anderen Land der EU zu leben 2. Online-Datenbank, mit der man die unterschiedlichen sozialpolitischen Regelungen der EU vergleichen kann (Seite 9) 3. Dokumentensammlung, die Qualifikationen und Kenntnisse abbildet und mit der man sich europaweit bewerben kann (Seite 5) 4. eine ernste Herausforderung für die Sozialpolitik und soziale Gerechtigkeit in der EU (Seite 2) und zu arbeiten (Seite 3) 6. Name des EU-Programms für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport, das die Zusammenarbeit von Bildungsinstitutionen fördert (Seite 5) 7. ein Gründungsmitglied der Europäischen Union (Seite 3) 8. Arbeitnehmer, die in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt besonders gefragt sind (Seite 6) Lösungswort: IN _ _ _ _ _ _ _ _ GEEINT Ausstellung „Soziales Europa“ Bildet Kleingruppen und erstellt ein Poster oder Kunstwerk zu einer Ausstellung unter dem Motto „Soziales Europa“. Die Form und die inhaltliche Aussage eures Beitrags sind völlig frei (zum Beispiel Collage, Podcast, Skulptur, Video beziehungsweise Kritik, Zustimmung). Formuliert einen erklärenden Text zu eurem Exponat, der neben eurer persönlichen Interpretation auch Faktenwissen aus dem Heft aufführt. Teilt euch so auf, dass möglichst alle Kapitel im Heft künstlerisch umgesetzt werden. besteLLung Impressum Bestellservice Jugend und Bildung Herausgeber: Stiftung Jugend und Bildung in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales 65341 Eltville Fax: (0 61 23) 9 23 82 44 E-Mail: [email protected] Vertretungsberechtigte: Dr. Alexander Jehn (Präsident), Michael Jäger (Geschäftsführer) Internet: www.sozialpolitik.com oder www.jubi-shop.de Vereinsregister: Amtsgericht Charlottenburg, VR 24612 B bestell-nr. A999-eu fachliche und pädagogische beratung: Berit Heintz (Deutscher Industrie- und Handelskammertag), Roland Henke (Ministerialrat, Niedersächsisches Kultusministerium), Edmund Kammerer (Leitender Ministerialrat a. D., Unternehmenssprecher), Prof. Dr. Helmut Keim (Europäische Fachhochschule Brühl), Siegmut Keller (Ministerialrat, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg), Jeanette Klauza (Deutscher Gewerkschaftsbund), Wolfgang Oppel (Berufsbildungsexperte), Detlef Schlüpen (Projektmanagement) Für SmartphoneNutzer: Bestellung im Internet Zur leichteren Lesbarkeit wurde meist die männliche schreibweise gewählt. Angesprochen sind natürlich immer Leserinnen und Leser! Verlag: Eduversum GmbH, Wiesbaden redaktion: Frauke Hagemann, Katja Rieger redaktionsschluss: Juli 2015 texte: Dr. Stefan Kappner, Susanne Patzelt fotos: titel: Fotolia/Westend61, seite 2: Shutterstock/pixinoo, Europäische Kommission, Shutterstock/A_Lesik, Fotolia/by-studio, Shutterstock/JoemanjiArts, seite 4: Shutterstock/ YanLev, seite 7: Heiko Sakurai, seite 8: Europäische Kommission, privat/Derya Nietznik gestaltung: Doris Franke, Seeheim-Jugenheim Druck: apm alpha print medien AG, Darmstadt Barrierefreie PDF-Datei: Verlagsgesellschaft Weinmann, Filderstadt
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