Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht.

3.8.2015
Designforschung: Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht. | marktforschung.de
HOMEPAGE > HINTERGRÜNDE > FACHARTIKEL
Design und Qualitätsanmutung
Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht.
03.08.2015
Inwieweit beein usst das Design von Produkten deren Qualitätswahrnehmung? Und: kann dieser
Ein uss – so er existent ist – erfasst werden? Diesen Fragen geht der vierte Artikel unserer Serie über
Designforschung auf den Grund. (© GIM / Axel Loritz)
Im mittlerweile vierten Artikel unserer Serie über die Marktforschung als Akteur der
Designforschung gehen unsere Gastautoren Benjamin Dennig und Sebastian Klein (beide GIM) auf
Basis einer Forschungsstudie der Frage nach, inwieweit Produktdesigns die Qualitätswahrnehmung
beein ussen und wie man diesen Ein uss erfassen kann. Nach der ubiquitären Dimension
"Innovativität" untersuchen sie damit eine zweite maßgebliche Produkteigenschaft mit
übergreifender Designrelevanz. Die Forschungsergebnisse der Case Study haben es zum einen
inhaltlich in sich, zum anderen konnten brisante methodische Insights zu biometrischen
Messverfahren generiert werden.
Qualität: Alle wollen sie, alle bieten sie!
Qualität. Ein nahezu mythischer Begriff in der globalen Welt der Marken. Qualität weckt
Erwartungen, Qualität lässt sich gut vermarkten, Qualität ist ein Versprechen, das andere
Eigenschaften von Produkten oder Services nicht selten überstrahlt. Das Phänomen Qualität
ist eine Art universeller Wertmaßstab eines Angebots. Qualität kann ganz allgemein als die
Summe oder Güte der Eigenschaften von Produkten oder Services interpretiert werden.
Viele Unternehmen begreifen und kommunizieren Qualität als einen Hygienefaktor ihres
http://www.marktforschung.de/hintergruende/fachartikel/marktforschung/wenn­der­schein­truegt­oder­eben­nicht/
1/10
3.8.2015
Designforschung: Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht. | marktforschung.de
Portfolios, sofern sie sich nicht gezielt im Billigsegment positionieren. Um Qualitäten
vergleichbar zu machen, existieren Standards und Normierungen. Damit können z.B. die
Materialqualitäten eines Abendkleids aus Seide oder eines Bogen Papiers, aber auch die
Qualität einer Marktforschungsleistung für Kunden im B2C- und B2B-Bereich gut
eingeschätzt werden. Aber wie verhält es sich mit Produkten, bei denen es keine Normierung
gibt bzw. diese ästhetisch explizit vermieden werden soll? Kann man Qualität, die über das
Design, beispielsweise eines Staubsaugers, kommuniziert wird, messen?
Benchmark-Dimension über alle Designwahrnehmungsphasen
Stellen wir diese Frage noch einen Moment zurück und nähern uns dem Begriff und Thema
"Qualität" von der designbezogenen Richtung. Ein beliebtes Bonmot lautet: "Qualität ist,
wenn der Kunde zurückkommt – und nicht das Produkt." Das listige Zitat spiegelt eine tradierte
Qualitätsinterpretation wider, die für viele Hersteller seit jeher gültig ist. Es greift aber zu
kurz. Denn in nahezu allen saturierten Märkten und Produktkategorien zeigt sich inzwischen
ein insgesamt hohes Qualitäts-Niveau. Und daraus resultierend eine ebenso hohe
Qualitätserwartung an Produkte seitens der Konsumenten. Ebendiese Erwartungen werden
bereits am POS geweckt, das heißt: Die Konsumenten müssen Qualität bereits unmittelbar
vorm Einkaufsregal oder im Showroom, idealerweise gar in einem Online-Shop, erkennen
können. Bezogen auf die drei Designwahrnehmungs-Phasen, die wir im Rahmen unserer
Serie eingeführt haben (Erkennen – Erkunden – Nutzen), bedeutet das: Qualität zählt als
zentrale Produktdimension bereits unmittelbar beim Erkennen, hier stellen Konsumenten
innerhalb sehr kurzer Zeit – sozusagen "auf den ersten Blick" – unbewusst erste Hypothesen
über die Qualität der Produktmaterialien auf. Während der Erkundungsphase werden diese
Hypothesen dann überprüft, beziehungsweise abgeglichen mit den Erwartungen.
Qualität ist damit auch hinsichtlich des Designs elementar, sie ist die Messlatte, nach der sich
alle andere Eindrücke, die im Laufe des späteren Erkundens und Nutzens entstehen,
strecken müssen.
Das Delta forscherisch erkunden
Der erste optische Eindruck, den Konsumenten von einem Produkt haben, setzt also
Qualitätserwartungen frei. Und zwar in alle Richtungen. Im Rahmen des Erkundens (Phase 2)
stellt sich danach heraus, ob diese Erwartungen bestätigt oder frustriert, beziehungsweise
überrascht werden. Und damit wären wir bei einer designbezogenen De nition von Qualität:
Vor dem Hintergrund unserer bisherigen Studien verstehen wir sie als das Delta zwischen
antizipierter Erwartung an die Materialität versus real erlebter Material-Erfahrung. Es geht also
um eine Art Abgleich, um den Unterschied zwischen der Materialqualität, die Konsumenten
aufgrund des visuellen Eindrucks eines Designs erwarten (Erkennen, Phase 1) und der
http://www.marktforschung.de/hintergruende/fachartikel/marktforschung/wenn­der­schein­truegt­oder­eben­nicht/
2/10
3.8.2015
Designforschung: Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht. | marktforschung.de
Materialqualität, die sie später (Erkunden, Nutzen, Phase 2 + 3) wahrnehmen. Wie verläuft
nun dieser Abgleich? Wie kann das "Delta" auf Seiten der Konsumenten konkret aussehen?
Kann man es messen?
Diesen Fragen sind wir im Rahmen einer Grundlagenstudie zur Designwahrnehmung von
Sauggeräten (Nass-/Trockensauger) auf den Grund gegangen. Das Studiendesign bestand
aus zwei Modulen: erstens einem biometrischen Modul, in welchem ein Set an
biophysiologischen Messverfahren angewendet wurde. Dieses Modul sollte implizite
Emotionen während der Betrachtung der Testgeräte messen, das heißt: emp ndet man zum
Beispiel Zu- oder Abneigung gegenüber einem Stimulus. Im zweiten, anschließenden
qualitativen Forschungsteil mit persönlichen Tiefen-Interviews, sollten diese Emp ndungen
dann kontextualisiert und rekonstruiert werden. Das heißt, wir erforschten qualitativ, was
die Probanden dachten und empfanden, als sie die jeweiligen Sauggeräte testeten und
welche Produktbotschaften das jeweilige Gerät vermittelte.
Kombinieren von Messen und Explorieren
1) Biophysiologische Messungen
Im ersten Studienteil ging es also darum, verschiedene physiologische Parameter zu erheben,
um die impliziten Emotionsregungen der Studienteilnehmer zu messen, während sie sich mit
den Produkten auseinandersetzen. Insgesamt wurden sieben Sauggeräte getestet, sowohl
visuell als auch taktil, um alle Designeigenschaften zu erfassen. Dabei fanden drei
verschiedene biophysiologische Verfahren Anwendung (s. Abb. 1):
Erfassung dreier Gesichtsmuskeln: Corrugator (Skepsis, Prüfung); Zygomaticus (Freude,
Annäherung) und Levator (Ablehnung)
Ermittlung der Herzfrequenz: sie gibt über Aufregungs- oder Entspannungs-Zustände
Auskunft
Dokumentation elektrodermaler Aktivitäten an den Händen: dieses Verfahren dient dazu,
Stress, Gewöhnung, Staunen, Aufmerksamkeit, aber auch Desinteresse zu messen
http://www.marktforschung.de/hintergruende/fachartikel/marktforschung/wenn­der­schein­truegt­oder­eben­nicht/
3/10
3.8.2015
Designforschung: Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht. | marktforschung.de
Abb.1: Gesichtsmuskeln erfassen, Herzfrequenz ermitteln, Hautwiderstand tracken: Biometrische
Verfahren messen zwar – aber die Ergebnisse müssen zwingend auf Basis qualitativer Methoden
kontextualisiert werden. (Bild: GIM)
Zudem wurden alle Probanden mit Eye-Tracking-Brillen ausgestattet mit Hilfe derer
Blickfeld (also die tatsächlich beobachteten Elemente der Sauger) und biophysiologische
Messwerte im Nachhinein synchronisiert werden konnten
2) Qualitativer Teil
Im zweiten Studienteil ging es dann darum, in persönlichen Tiefen-Interviews, die
subjektiven Wahrnehmungen und Assoziationen der Testpersonen zu ergründen: Wie erging
es ihnen während der biophysiologischen Phase? Wie haben sie die Produkte
wahrgenommen? Welche Botschaften haben die Produkte vermittelt? Wie liefen die Phasen
des „Erkennens“ und des „Erkundens“ in der eigenen Wahrnehmung ab? Gemeinsam mit den
Studienteilnehmern rekonstruierten wir also präzise deren Erfahrungsprozesse.
Studienresultate mit Zündstoff, Teil 1: Inhalte
Die Studie ergab spannende Resultate – zunächst inhaltlich, aber erst Recht methodisch!
Zuerst zu den Inhalten. Der zentrale Befund lautet: Die antizipierte Erwartung konnte
http://www.marktforschung.de/hintergruende/fachartikel/marktforschung/wenn­der­schein­truegt­oder­eben­nicht/
4/10
3.8.2015
Designforschung: Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht. | marktforschung.de
nachgewiesen werden. Das bedeutet, die Studienteilnehmer glichen tatsächlich zwischen
Visuellem und der Materialität ab. Mit dem kombinierten Studiendesign aus Messung (Was
sagen die Maschinen?) und Exploration (Was sagen die Menschen?) konnten wir insgesamt
vier verschiedene „Delta-Ausprägungen“, beziehungsweise Abgleich-Muster identi zieren (s.
Abb. 2)
Abb.2: Gra sche Darstellung des inneren Abgleichs von erwarteter Qualität (Erkennen-Phase) und
erlebter/bewerteter Materialität (Erkunden-Phase) (Bild: GIM)
1. Kognitive Dissonanz im Positiven
In diesem Falle haben sich Konsumenten weniger von der Materialqualität erwartet, als sie
dann bei der konkreten haptischen Erfahrung tatsächlich erlebt haben.
Beispiel aus der Studie: Bei einem Gerät erweckten die vergleichsweise großen Räder beim
Betrachten den Eindruck, sie seien per se nicht bedienerfreundlich (Zitat Teilnehmer: "Die
wirken plump, haben eher Outdoor-Charakter."). Die haptischen Eindrücke kehrten
jedoch den visuellen Eindruck um: Die Gummierung der Reifen wurde als sehr positiv
erachtet und prägte letztlich den Gesamteindruck entscheidend ("Die lassen sich
http://www.marktforschung.de/hintergruende/fachartikel/marktforschung/wenn­der­schein­truegt­oder­eben­nicht/
5/10
3.8.2015
Designforschung: Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht. | marktforschung.de
überraschend gut bewegen und verkratzen den Boden nicht").
Beispiel aus einer anderen Produktkategorie: Ein Fahrradsattel "wirkt" beim ersten Anblick
hart und unbequem, zum Beispiel weil er sehr dünn oder außergewöhnlich geformt ist,
stellt sich aber beim Anfassen oder Probesitzen als sehr komfortabel heraus – unter
Umständen sogar gerade aufgrund der a priori eher skeptisch begutachteten Form. Gut für
die Konsumenten und das Produkt! 2. Kognitive Dissonanz im Negativen:
Dies ist der umgekehrte Fall zu Alternative 1 – und nach unserer bisherigen Erfahrung aus
Vorgänger-Studien über verschiedenste Produktbereiche leider der häu gere.
Beispiel aus der Studie: Der Hauptgriff eines Saugers wurde beim Anschauen als breit und
"gut angebracht" bewertet, was zu einer positiven Erwartung führte ("Der große Griff
macht es bestimmt einfach, das Gerät zu rollen oder zu tragen.") Doch beim Befühlen des
Materials kam die Frustration: Der Griff fühlte sich tatsächlich instabil an ("Der Griff gibt
nach – besser wäre hochwertigeres Material an den wichtigen Stellen, die man anfasst.").
Beispiel aus einer anderen Produktkategorie: Das mit Kunststoffteilen im Aluminium-Look
bestückte Interieur eines Mittelklassewagens wirkt beim Anblick edel und exklusiv, weckt
aber bei der "haptischen Erkundung" umgekehrte Empfindungen und Assoziationen ("Der
Schein trügt", "Billig", "Da hat der Hersteller aber am falschen Ende gespart" – im
schlimmsten Fall: "Ich fühle mich als Konsument getäuscht"). Der worst case für die
Konsumenten und möglicherweise auch für das Produkt: Hersteller investiert alles in die
Optik des Produkts – dieses wird dann aber als "Fake" abgestempelt. 3. Kognitive Bestätigung im Positiven:
In diesem Falle löst die Material-Experience das Versprechen ein, dass das Produktdesign in
der Phase des "Erkennens" in Richtung Konsument abgegeben hat.
Beispiel aus der Studie: Während der visuellen Begutachtung weckte der Saugschlauch
eines Geräts positive Erwartungen hinsichtlich des verwendeten Materials ("Der Schlauch
hebt sich ab von den anderen – sieht gut aus und wirkt hochwertig und elegant."). Die
taktile Erfahrung bestätigte die "Hypothese" ("Fühlt sich warm und angenehm an, tolles
Material.").
Beispiel aus einer anderen Produktkategorie: Eine Couchlandschaft weckt beim visuellen
Begutachten im Möbelhaus das Gefühl, man habe noch nie zuvor bequemer gesessen und
sich nach einem anstrengenden Tag lümmeln können – und beim Probesitzen bestätigt
sich diese Antizipation nahezu "eins zu eins". Der best case! Für alle Beteiligten.
http://www.marktforschung.de/hintergruende/fachartikel/marktforschung/wenn­der­schein­truegt­oder­eben­nicht/
6/10
3.8.2015
Designforschung: Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht. | marktforschung.de
4. Kognitive Bestätigung im Negativen:
Aus Sicht des Produkts mag diese Alternative ad hoc vielleicht als die negativste erscheinen.
Und doch birgt sie Chancen, denn die Konsumenten schrauben hier bereits während der
„Erkennen-Phase“ die Erwartungen an die konkrete Materialerfahrung soweit runter, dass
sie erst gar nicht entscheidend frustriert werden können (falls sie nicht sofort abgeschreckt
werden). Salopp gesagt: Sie antizipieren schlechte Qualität, sie bekommen sie auch, aber für
das Produkt muss das nicht per nicht per se nachteilig sein. Denn unter Umständen gehen die
Konsumenten aus bestimmten Gründen einen "trade off" ein, der einem Kauf nicht im Wege
steht.
Beispiel aus der Studie: Die Bedienelemente eines Geräts wurden während des Betrachtens
als "schlecht verarbeitet" bewertet – nur auf Basis des visuellen Eindrucks ("Die Knöpfe
scheinen schlecht eingelassen, sehen wackelig aus."). Die haptische Erfahrung bestätigte
dies: 2Die Knöpfe machen den Eindruck, als ob sie jeden Moment abfallen könnten."
Beispiel aus einer anderen Produktkategorie: Die Griffe eines Kick-Rollers kommunizieren
bereits "auf den ersten Blick", dass sie aus billigem Kunststoff bestehen. Das haptische
Erleben bestätigt die Antizipation: Das Material wird als unangenehm empfunden ("Zu
glatt", "Miese Qualität", "Hoffentlich habe ich genug Halt", etc.). Die Käuferin ist aber
dennoch nicht abgeschreckt, da sie das Vehikel nur selten nutzen wird und es zudem sehr
günstig im Preis ist ("Trade Off").
Studienresultate mit Zündstoff, Teil 2: Methoden
Die alles überragende methodische Erkenntnis dieser Studie dürfte einge eischte Verfechter
biophysiologischer Verfahren nachdenklich machen. Wir sind zu der Auffassung gekommen,
dass diese Messmethoden nicht alleinstehend angewandt werden sollten! Vielmehr
emp ehlt es sich dringend, sie stets mit qualitativen Verfahren zu kombinieren,
beziehungsweise sie durch qualitative Verfahren anzureichern. Wie wir darauf kommen, zeigen
wir im Folgenden anhand eines verblüffenden Learnings aus der Studie.
Bei einem Modell stellten wir durchgängig eine sehr negative visuelle Bewertung der
Probanden fest. Die biophysiologischen Messungen dokumentierten hier entsprechend
reihenweise negative Emotionen. Diese Ergebnisse wurden dann jedoch in Phase 2, also
während des haptischen Erkundens, regelrecht auf den Kopf gestellt. Einmal berührt,
änderte sich das Bild komplett: Positive Emotionen und Einstellungen gegenüber dem
Modell, das zuvor abgestraft wurden, dominierten das Feedback der Studienteilnehmer. Die
naheliegende Interpretation vor dem Hintergrund unserer vier Abgleich-Muster: Die
unmittelbare (positive) Materialerfahrung ist in der Lage, den ersten visuellen (negativen)
Eindruck, nicht nur auszugleichen, sondern sogar zu übertreffen (Alternative 1: Kognitive
http://www.marktforschung.de/hintergruende/fachartikel/marktforschung/wenn­der­schein­truegt­oder­eben­nicht/
7/10
3.8.2015
Designforschung: Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht. | marktforschung.de
Dissonanz im Positiven). Deshalb haben die Messtechniken "positiv ausgeschlagen". Klingt
logisch – hat sich aber als gefährlicher Trugschluss herausgestellt…
Denn im Rahmen der sich anschließenden Tiefeninterviews platzte die Bombe: Die Wende
zum Positiven, die die Messverfahren so eindrucksvoll und homogen markierten, basierte
vielmehr auf einer Art inneren Belohnungsprozesses der Teilnehmer, den wir am besten mit
einem Originalzitat eines Probanden illustrieren: "Ich habe es dem Teil doch sofort angesehen,
dass es nichts taugt – und so ist es dann auch gekommen." Im Klartext: Die gemessene positive
Reaktion basierte nicht etwa auf einem vermeintlich angenehmen, haptischen Gefühl,
sondern auf innerem Eigenlob: Ich hab's doch gewusst! Ohne die qualitativen Interviews
hätten wir somit einem heiklen Methoden-Effekt aufgesessen – eben dem "antizpatorischen
Effekt".
Gestolpert sind wir über die Frage: Sind das wirklich die gleichen Konsumenten, die ein
Produkt im Stadium des "Erkennens" (visuell) regelrecht niedergemacht haben, um dann
beim Messen auf Basis einer bloßen, kurzen Berührung, solch eindeutig und stark positive
Reaktionen zu zeigen?
Methodische Bottom Line: Messen alleine reicht nicht!
Nur damit wir nicht missverstanden werden: Uns geht es natürlich nicht darum,
biometrische Messverfahren per se zu diskreditieren! Selbstverständlich helfen diese
Verfahren - richtig eingesetzt- relevante Insights zu generieren. Jedoch sollten sie immer
zwingend (!) von anderen Forschungsverfahren ankiert werden. Biometrie bedarf nach
unserer Erfahrung dringend einer Kontextualisierung. Oder anders herum: Die Aussagekraft
rein auf biometrischen Verfahren generierter Daten alleine ist beschränkt. Die Methoden
sind nicht autark einsetzbar und zudem ressourcenintensiv. Sie sind nicht kontext-sensitiv,
erzeugen daher nur Anhaltspunkte, die mit Hilfe weiterer Methoden kombiniert werden, die
zum Ziel haben, zu verstehen und die Fragen stellen. Messen alleine reicht nicht! Diese
Erkenntnis haben wir übrigens im Laufe der letzten Jahre auch auf Basis diverser Mobile
Research-Studien gewonnen.
Outro: "Natürlich kostet Qualität, aber fehlende Qualität kostet mehr"
Dem Aphorismus des bekannten Chemikers Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger können wir nur
beip ichten. Und wir sehen ihn auch als Credo einer gelungenen Marktforschung. Will man
im Detail Qualitätswahrnehmungen ermitteln, sollte man auf die oft als kostspielig
wahrgenommenen qualitativen Tiefen-Interviews nicht verzichten. Ansonsten läuft man
Gefahr, Methodenfallen wie dem antizipatorischen Effekt aufzusitzen. Und kostspielige
Fehlentscheidungen zu fällen.
http://www.marktforschung.de/hintergruende/fachartikel/marktforschung/wenn­der­schein­truegt­oder­eben­nicht/
8/10
3.8.2015
Designforschung: Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht. | marktforschung.de
Die Autoren
Benjamin Denning und Sebastian Klein (Fotos: GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung)
Benjamin Dennig (GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung)
Benjamin Dennig ist Senior Research Manager bei der GIM Gesellschaft für innovative
Marktforschung in Heidelberg. Er ist seit 2006 bei der GIM, wo seine Schwerpunkte auf der
Designforschung (u.a. kitchen appliances), Ernährungsthemen und der social media
Forschung liegen. Zudem verantwortet er mit Sebastian Klein zusammen das interne
Kompetenzzentrum GIM Vision (audiovisuelle Aufbereitung von Studienergebnissen). Er hat
Politikwissenschaften und Soziologie studiert.
Sebastian Klein (GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung)
Sebastian Klein ist Senior Research Manager bei der Gesellschaft für Innovative
Marktforschung in Heidelberg. Er hat Soziologie und Musikwissenschaften studiert und ist
seit 2008 bei der GIM beschäftigt. Zu seinen thematischen Schwerpunkten gehören neben
der Designforschung (u.a. im Bereich kitchen appliances) auch Ernährungsthemen und Social
Media Forschung (u.a. Netnography). Daneben verantwortet er das interne
Kompetenzzentrum GIM Vision mit, welches zur audiovisuellen Aufarbeitung von
Studienergebnissen dient.
Lesen Sie auch die Teile 1 - 3 dieser Reihe:
Design oder nicht sein: Das ist hier die Frage
Consumers judge a product by it's cover: Warum Design mehr als nur "hübsch" sein muss
Auf der Suche nach dem "Sweet Spot": Wie innovativ dürfen Produktdesigns sein?
UNTERNEHMEN
http://www.marktforschung.de/hintergruende/fachartikel/marktforschung/wenn­der­schein­truegt­oder­eben­nicht/
9/10
3.8.2015
Designforschung: Wenn der Schein trügt. Oder eben nicht. | marktforschung.de
GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!
Zur Startseite
WERBUNG
http://www.marktforschung.de/hintergruende/fachartikel/marktforschung/wenn­der­schein­truegt­oder­eben­nicht/
10/10