Vorlesung AT II Strafen Univ.-Prof. Dr. Susanne Reindl-Krauskopf Sommersemester 2016 Strafen im StGB Hauptstrafen • • Freiheitsstrafe Geldstrafe Nebenstrafen • • Konfiskation Verfall (Charakter als Strafe strittig) Keine Körper- / Todesstrafe • • Absolutes Verbot in Art 85 B-VG „relatives“ Verbot im 6.ZPEMRK Freiheitsstrafe • Gesetzl Grundlage = § 18 StGB • Lebenslange FS • • • Meist alternativ zu zeitl. FS angedroht Möglichkeit zur bedingten Entlassung nach mind. 15 J Vollzug (§ 46 Abs 6) Keine Strafbarkeitsverjährung, aber FS von 10-20J statt lebenslanger FS nach Ablauf von 20J (§ 57 Abs 1) • Zeitliche FS (§ 18 Abs 2) • • mindestens ein Tag und höchstens 20 J konkret verhängtes Ausmaß in vollen Tagen messbar Geldstrafe / Allgemeines • Gesetzliche Grundlage = § 19 • Vor- und Nachteile der GS • Berechnung nach Tagessatzsystem • • Anzahl der TS: entsprechend Unrechtsgehalt der Tat und Schwere des Verschuldens Höhe des TS: entsprechend persönlichen Verhältnissen und wirtschaftl Leistungsfähigkeit • „Einbußeprinzip“ • „vergleichende Gerechtigkeit“ Geldstrafe / Tagessatzsystem • Anzahl der Tagessätze • • • • entsprechend Unrechtsgehalt der Tat und Schwere des Verschuldens nach den Strafzumessungsgrundsätzen der §§ 32 ff Absolute Untergrenze: 2 TS (§ 19 Abs 1) Obergrenze • je nach Strafdrohung des Delikts im BT • kann überschritten werden zB bei § 39 (Rückfall) Geldstrafe / Tagessatzsystem • Höhe des Tagessatzes • • • entspr persönl Verhältnissen und wirtschaftl Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt des Urteils erster Instanz mind 4 Euro, max 5.000 Euro (§ 19 Abs 2) Berechnung • Bezugspunkt: tatsächl od potentielles Nettoeinkommen • Abzug verschiedener Beträge • Existenzminimum für Rechtsbrecher selbst • Unterhaltsleistungen, zu denen er verpflichtet ist • Andere Verpflichtungen? Geldstrafe / Tagessatzsystem • Höhe des Tagessatzes Berechnungsbeispiel A wird wegen Sachbeschädigung zu 40 Tagessätzen verurteilt. Er verdient monatlich 2.000 Euro netto und bezieht auch ein 13. und 14. Monatsgehalt. A hat eine Tochter, für die er unterhaltspflichtig ist. Abgesehen von der Kreditrückzahlung für sein Motorrad (Rate von monatlich 150 Euro) hat er keine regelmäßigen Zahlungsverpflichtungen. Wie hoch ist die zu bezahlende Geldstrafe? Geldstrafe / Tagessatzsystem • Durchsetzung der GS • Unverzügliche Bezahlung der gesamten GS • Aufforderung zur Zahlung binnen 14 Tagen (§ 409 StPO) • Einbringung nach GEG; bei Uneinbringlichkeit • • Ersatz-FS: 1 Tag EFS = 2 TS GS (§ 19 Abs 3) Gemeinnützige Leistung statt EFS: 4h GL = 1 Tag EFS (§ 3a StVG) Geldstrafe / Tagessatzsystem • Zahlungserleichterungen • Zahlungsaufschub bei unbilliger Härte (§ 409a StPO) • Ratenzahlung (§ 409a Abs 4 StPO) • Nachträgliche Milderung der Strafe (§ 31a Abs 2) • • Höhe des TS wird neu bemessen Neue Bemessung gilt nur für noch nicht bezahlte TS • Zahlungsverbindlichkeit erlischt Rechtsbrechers (§ 411 StPO). mit Tod des Konfiskation • Rechtsgrundlage = § 19a • Konfiszierbare Werte • Gegenstände, die • • • zur Begehung einer Vorsatztat verwendet wurden, vom Täter bestimmt waren, bei einer Vorsatztat verwendet zu werden, durch die Vorsatztat hervorgebracht wurden oder • Ersatzwerte für solche Gegenstände • die zur Zeit der Entscheidung erster Instanz im Eigentum des Täters stehen. Konfiskation • Konnex zur vorsätzlichen Straftat • • • Vorsatzdelikt; vollendet oder versucht Gleichgültig, in welcher Beteiligungsform Straftat = rechtswidrige und schuldhafte Tat, keine Strafaufhebungs- oder Strafausschließungsgründe • Im Eigentum des Täters • idR Alleineigentum • Verhältnismäßigkeit • • Gemeinsam mit Hauptstrafe tatschuldangemessene Reaktion Verhältnismäßig ieS (§ 19a Abs 2) Verfall / Allgemeines • Strafe versus andere Art der Reaktion • Berechnung nach Bruttoprinzip! • Verfall nach §§ 20 f • Erweiterter Verfall nach §§ 20b f Verfall • Rechtsgrundlage = § 20 und § 20a • Relevante Vermögenswerte • • • • Körperl und unkörperl Werte, die • für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder • durch die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung erlangt wurden (§ 20 Abs 1). Nutzungen dieser Werte (§ 20 Abs 2) Ersatzwerte für diese Vermögenswerte (§ 20 Abs 2) Vermögenswertersetzender Geldbetrag (§ 20 Abs 3) • Schätzbefugnis Verfall • Unzulässigkeit des Verfalls • bei Verjährung der Straftat (§ 57 Abs 4) • bei Befriedigung / Sicherung zivilrechtl Ansprüche aus der Tat (§ 20a Abs 2 Z 2) • soweit seine Wirkung durch andere rechtl Maßnahmen erreicht wird (§ 20a Abs 2 Z 3) Verfall • Unzulässigkeit des Verfalls • gegenüber Dritten • • • bei entgeltl Erwerb in Unkenntnis der Straftat (§ 20a Abs 2 Z 1) bei Erwerb in Unkenntnis der Straftat, sofern Ersatzwerte und Nutzungen betroffen sind (§ 20a Abs 1) bei einem Vorgehen nach § 20 Abs 3 (vermögenswertersetzender Geldbetrag) Erweiterter Verfall • Rechtsgrundlage = § 20b und § 20c • Relevante Vermögenswerte • Werte in Verfügungsmacht • • einer kriminellen Organisation (§ 278a) einer terroristischen Vereinigung (§ 278b) • als Mittel zur Terrorismusfinanzierung zur Verfügung gestellte Werte • Vermögenswerte ungeklärter Herkunft im zeitl Zusammenhang mit bestimmten Straftaten • Nutzungen und Ersatzwerte • Wertersetzender Geldbetrag Erweiterter Verfall • Unterbleiben des erweiterten Verfalls (§ 20c) • Wie bei Verfall nach § 20 • zusätzlich bei Bestehen eines Rechtsanspruchs von an den Vereinigungen nicht beteiligten Personen Abschlussbeispiele zu Konfiskation und Verfall 1. A verursacht mit seinem PKW einen Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang. 2. B fälscht Urkunden. 3. C „erwirtschaftet“ Millionen durch Drogenhandel. 4. D erhält als Lohn für seinen letzten Auftragsmord ein Säckchen Diamanten, die er weiterverkauft. 5. E erhält als Lohn für seinen Auftragsmord ein Samureischwert, das er entsprechend seinem Auftrag auch als Mordwaffe verwendet hat. 6. F hat wertvolle Bilder gestohlen, die aber bei ihm nicht mehr auffindbar sind. § 18 StGB - Freiheitsstrafen (1) Freiheitsstrafen werden auf Lebensdauer oder auf bestimmte Zeit verhängt. (2) Die zeitliche Freiheitsstrafe beträgt mindestens einen Tag und höchstens zwanzig Jahre. § 19 StGB - Geldstrafen (1) Die Geldstrafe ist in Tagessätzen zu bemessen. Sie beträgt mindestens zwei Tagessätze. (2) Der Tagessatz ist nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz zu bemessen. Der Tagessatz ist jedoch mindestens mit 4 Euro und höchstens mit 5 000 Euro festzusetzen. (3) Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dabei zwei Tagessätzen. § 19a StGB - Konfiskation (1) Gegenstände, die der Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendet hat, die von ihm dazu bestimmt worden waren, bei der Begehung dieser Straftat verwendet zu werden, oder die durch diese Handlung hervorgebracht worden sind, sind zu konfiszieren, wenn sie zur Zeit der Entscheidung erster Instanz im Eigentum des Täters stehen. (1a) Die Konfiskation erstreckt sich auch auf die zur Zeit der Entscheidung erster Instanz im Eigentum des Täters stehenden Ersatzwerte der in Abs. 1 bezeichneten Gegenstände. (2) Von der Konfiskation ist abzusehen, soweit sie zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis steht. § 20 StGB - Verfall (1) Das Gericht hat Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, für verfallen zu erklären. (2) Der Verfall erstreckt sich auch auf Nutzungen und Ersatzwerte der nach Abs. 1 für verfallen zu erklärenden Vermögenswerte. (3) Soweit die dem Verfall nach Abs. 1 oder 2 unterliegenden Vermögenswerte nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind (§§ 110 Abs. 1 Z 3, 115 Abs. 1 Z 3 StPO), hat das Gericht einen Geldbetrag für verfallen zu erklären, der den nach Abs. 1 und Abs. 2 erlangten Vermögenswerten entspricht. (4) Soweit der Umfang der für verfallen zu erklärenden Vermögenswerte nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden kann, hat das Gericht ihn nach seiner Überzeugung festzusetzen. § 20a StGB – Unterbleiben des Verfalls (1) Der Verfall gegenüber einem Dritten nach § 20 Abs. 2 und 3 ist ausgeschlossen, soweit dieser die Vermögenswerte in Unkenntnis der mit Strafe bedrohten Handlung erworben hat. (2) Der Verfall ist überdies ausgeschlossen: 1. gegenüber einem Dritten, soweit dieser die Vermögenswerte in Unkenntnis der mit Strafe bedrohten Handlung entgeltlich erworben hat, 2. soweit der Betroffene zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat befriedigt oder für sie Sicherheit geleistet hat, oder 3. soweit seine Wirkung durch andere rechtliche Maßnahmen erreicht wird. (3) Vom Verfall ist abzusehen, soweit der für verfallen zu erklärende Vermögenswert oder die Aussicht auf dessen Einbringung außer Verhältnis zum Verfahrensaufwand steht, den der Verfall oder die Einbringung erfordern würde. § 20b StGB – Erweiterter Verfall (1) Vermögenswerte, die der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation (§ 278a) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b) unterliegen oder als Mittel der Terrorismusfinanzierung (§ 278d) bereitgestellt oder gesammelt wurden, sind für verfallen zu erklären. (2) Ist eine rechtswidrige Tat nach den §§ 165, 278, 278c, für deren Begehung oder durch die Vermögenswerte erlangt wurden, oder ein solches Verbrechen begangen worden, sind auch jene Vermögenswerte für verfallen zu erklären, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit dieser Tat erlangt wurden, sofern die Annahme naheliegt, dass sie aus einer rechtswidrigen Tat stammen und ihre rechtmäßige Herkunft nicht glaubhaft gemacht werden kann. (3) § 20 Abs. 2 bis Abs. 4 StGB gilt entsprechend. § 20c StGB – Unterbleiben des erweiterten Verfalls (1) Der erweiterte Verfall nach § 20b Abs. 1 StGB ist ausgeschlossen, soweit an den betroffenen Vermögenswerten Rechtsansprüche von Personen bestehen, die an der kriminellen Organisation oder terroristischen Vereinigung oder Terrorismusfinanzierung nicht beteiligt sind. (2) § 20a StGB gilt entsprechend.
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