Frankfurter Rundschau: "107 Mut machende Minuten"

Donnerstag, 3. März 2016
72. Jahrgang
Nr. 53
STADT UND KREIS OFFENBACH
Frankfurter Rundschau
107 Mut machende Minuten
RODGAU Andreas „Besi“ Beseler ist überwältigt von den Reaktionen auf seinen Kinofilm
Von Annette Schlegl
E
in paar Tage nach der Uraufführung seines Kinofilms ist
der an Multipler Sklerose erkrankte Rodgauer Extremsportler
Andreas Beseler immer noch ganz
aufgewühlt – auch wenn er sich
tags darauf auf dem Rennrad 110
Kilometer weit im Odenwald „den
Kopf frei gefahren“ hat. Die Reaktionen der Zuschauer nach der
Premiere im Darmstädter Citydome-Kino haben ihn überwältigt –
genauso wie der 107-minütige Kinostreifen, den der Darmstädter
Filmemacher Christian Gropper
mit seiner Ehefrau Barbara Struif
über ihn produziert hat. Den hatte Beseler nämlich selbst noch
nicht gesehen.
Minutenlang war bei der Premiere in Darmstadt nach dem
Filmabspann Applaus aufgebrandet. Ähnliches ist am heutigen
Donnerstag auch in Rodgau zu erwarten, wenn die „Die Tour fürs
Leben“ erstmals für das breite Publikum in Beselers Heimatstadt
gezeigt wird.
107 Minuten Dokumentarfilm
über zwei Radtouren – manch einer der geladenen Premierengäste in Darmstadt dachte da an Langeweile und Gähnattacken. Doch
das Gegenteil war der Fall: Die
großen Emotionen und der unbedingte Wille der Protagonisten
fesselten mit zunehmender Dauer
immer mehr. Die Zuschauer litten
mit Beseler, der für viele einfach
nur „Besi“ heißt, auf seinem 3600
Kilometer langen Radmarathon
quer durch Kanada, und erlebten
mit seinen 40 gesunden und
kranken Radsportfreunden auf
dem Weg nach Barcelona intensive Momente des Glücks. Und
mehr und mehr wurden die Höllenqualen der „Leinwandstars“
auch greifbar.
ie Spiel- und Lernstube Im
Eschig soll aufgelöst und ihr
Angebot in das Jugendzentrum
an der Mühlheimer Straße 360
verlegt werden. Dies bestätigt der
für Erziehung und Bildung zuständige Bürgermeister Peter
Schneider (Grüne) auf Anfrage
der Frankfurter Rundschau. Der
von der Stadt betriebene Kindertreff ist seit Jahrzehnten in zwei
Wohnungen in dem Wohngebiet
untergebracht und bietet Kindern
von sechs bis zwölf Jahren nachmittags Zeitvertreib und Hausaufgabenhilfe. Laut Jugendamtsleiter Hermann Dorenburg ist er
nur noch an drei Nachmittagen
geöffnet.
Esra Yedier ist mit dieser Verlegung des Angebots überhaupt
nicht einverstanden. Deshalb hat
die 27-Jährige, die in der Nähe
der Spielgruppe wohnt, nach ihren Angaben 38 Unterschriften
von Bewohnern der Straße Im
Eschig gesammelt, die das Angebot auch lieber in der Nachbarschaft behalten würden. Die Unterschriften hat sie Oberbürger-
OFFENBACH / DIETZENBACH
Polizei findet „Sammy“
ut 20 Monate nach einem
schweren Raubüberfall in
Offenbach ist der Polizei ein Tatverdächtiger ins Netz gegangen.
Eine erneute Öffentlichkeitsfahndung vor zwei Wochen nach einem der mutmaßlichen Täter,
der während des Überfalls „Sammy“ genannt wurde, führte die
Ermittler auf die Spur eines
51-jährigen
Dietzenbachers.
Nach Polizeiangaben soll er zusammen mit einem Komplizen
am 4. Juli 2014 den Offenbacher
in dessen Haus überwältigt, geschlagen und gewürgt sowie
mehrere Tausend Euro erbeutet
haben. Das Opfer erlitt schwere
Verletzungen.
Der 51-Jährige wanderte am
Dienstag in Untersuchungshaft in
eine Frankfurter Justizvollzugsanstalt. Die Fahndung nach dem
etwa 40 Jahre alten und 1,75 bis
1,80 Meter großen mutmaßlichen Komplizen läuft weiter. ann
Andreas Beseler flimmert ab heute mit seinen Freunden in Rodgau über die Leinwand.
VORFÜHRUNGEN
„Die Tour fürs Leben“ läuft ab heute,
Donnerstag, bis einschließlich 9. März
in „Besis“ Heimatort Rodgau.
Der Kinofilm wird täglich um 18.30
Uhr und 21 Uhr in den Saalbau-Lichtspielen, Dudenhöfer Straße 33, in
Jügesheim gezeigt.
Aus 55 Stunden Videomaterial entstand ein Streifen, der durch Schicksale,
Lebensmut, starken Willen und Zusammenhalt berührt.
Per Crowdfunding wurde die Produktion finanziert. 251 Unterstützer hatten
23 220 Euro zugesagt. ann
www.rad-statt-rollstuhl.de
„Mutmacherfilm“ hat Besi das
Projekt genannt, das in Zusammenarbeit mit Christian Gropper
entstanden ist, und das manchem
Zuschauer wohl einen Spiegel vor
Augen geführt hat, wie klein seine eigenen Probleme doch sind.
„Es war überwältigend, was mir
die Leute nach der Premiere geschrieben und gesagt haben“, sagt
der Hauptdarsteller. Menschen,
die er vorher noch gar nicht kannte, hätten bei ihm angerufen und
ihm erklärt, der Film müsse unbedingt in weiteren Kinos zu sehen
sein; sie selbst würden den Kontakt zu den Kinobesitzern herstellen.
„Götz Bielefeldt, der Sprecher
des Films, meinte, man müsse
Filmtrailer produzieren und den
OFFENBACH Anwohner protestieren / Stadt spart 10 000 Euro
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Räuber ist
gefasst
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Spiel- und Lerngruppe zieht um
Von Madeleine Reckmann
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meister Horst Schneider (SPD)
und verschiedenen Ämtern eingereicht.
Yedier kennt die Spiel- und
Lerngruppe seit ihrer Kindheit.
Heute sind ihr kleiner Bruder
und ein Cousin regelmäßige Besucher. „Die Nachbarn wenden
sich bei Problemen an die Sozialpädagogen“, erzählt Yedier. Gebe
es diese städtische Einrichtung
nicht mehr, würden Ansprechpartner im Viertel fehlen. Zudem
sei es zu gefährlich, kleine Kinder
in das Jugendzentrum zu schicken, während die Spiel- und
Lerngruppe gerade nebenan sei.
Nur 200 Meter entfernt
Die Stadt führt gute Gründe für
die Verlegung an. „Das ist eine
wirtschaftlich rationale und vernünftige Entscheidung“, verteidigt Jugendamtsleiter Hermann
Dorenburg den Entschluss seines
Amts. Denn die Stadt zahle jedes
Jahr etwa 10 000 Euro Miete für
die Wohnungen, obwohl im als
Jugendzentrum genutzten Mehrzweckgebäude genug Kapazitäten frei seien. Zudem liege das
Jugendzentrum neben der Friedrich-Ebert-Schule und nur 200
Meter von der jetzigen Spiel- und
Lerngruppe Im Eschig entfernt.
Die Kinder bräuchten auch nicht
die Mühlheimer Straße zu überqueren.
Die Räume im Jugendzentrum
sollen laut Dorenburg neu hergerichtet werden, damit die Spielgruppen sich dort heimisch fühlen könnten. Der Umzug werde
sich noch Monate hinziehen, sagt
Dorenburg. Ein Vorteil sei auch,
dass die beiden Wohnungen frei
würden und dem Mietmarkt wieder zugeführt werden könnten.
„Die Nachfrage nach Betreuung
am Nachmittag hat sich verändert“, sagt Dorenburg. Als die
Spiel- und Lerngruppe seinerzeit
entstand, sei das Kita- und HortSystem noch nicht so gut ausgebaut gewesen.
Schneider tritt Befürchtungen
entgegen, die Mädchengruppe
und die beiden anderen Angebote könnten entfallen. „Das Angebot wird in gleicher Weise im Jugendzentrum fortgesetzt“, sagt
er. Auch das pädagogische Team
werde sich nicht ändern.
MONIKA MÜLLER
Streifen auch auf Festivals zeigen“, erklärt Besi. Der Hamburger
Verlag Gruner+Jahr hat Interesse
bekundet. Besi soll die zweite Seite des Sportmagazins „11 Freunde“ zieren, soll in der Zeitschrift
„Geo“ zu finden sein und im April
in weiteren Verlagspublikationen.
Das größte Geschenk machte
ihm Gropper, der unentgeltlich
gearbeitet und auch Filmrechte,
FSK-Gebühren, Gebühren für die
Filmmusik, den Sprecher und den
Cutter bezahlt hatte: Nach der Uraufführung versprach der Filmemacherer, er schreibe mit Besi ein
Buch. „Wir müssen jetzt schauen,
dass wir einen Verlag finden“,
sagt er. „Aber wir schaffen das.“
Wer Beselers Willenskraft kennt,
hat daran keinen Zweifel.
Kostenlose
Waldbegehung
DIETZENBACH Förster erklärt
W
er schon immer etwas über
den
Eichenprozessionsspinner und seine Verbreitung
wissen wollte, ist bei der kostenlosen Waldbegehung richtig, die
die Städtischen Betriebe am
Samstag, 5. März, anbieten. Treff
ist um 9.30 Uhr der Parkplatz des
Kleingartenvereins Schilflache.
Forstamtsleiter Christian Münch
wird auch die Waldbewirtschaftung und Zertifizierung des Waldes ansprechen. ann
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