Bananenbänkle Ich sitze wie so manchmal auf dem Berg. Den Berg

Bananenbänkle
Ich sitze wie so manchmal auf dem Berg. Den Berg, den ich einfach schon seit Jahren kenne. Der
seit Jahren mein Berg ist. Beziehungsweise halt.
Ich sitze in den Weinbergen auf dem Berg, den ich einfach schon seit Jahren kenne. Seit Jahren ist eigentlich sogar untertrieben. Seit Jahrzehnten. Um genauer zu sein seit mehr als zwei Jahrzehnten. Seit es mich eben gibt. Nun ja, und das sind mittlerweile mehr als 21 Jahre. Ich sitze also,
wie so manchmal auf dem Berg, genauer gesagt da in den Weinbergen. Und da sitze ich nicht einfach nur so rum. Nein, ich sitze auf einer Bank. Und jetzt kann ich nicht mehr sagen, dass das schon
seit Jahren, und schon immer so ist. Und gottverdammt. Ja. Ich muss meine Oma zitieren, die
immer sagt „Das ist schon immer so“ und „Früher war alles besser“.
Ich sitze auf dieser Bank: wundervoller Ausblick. Naja, also war es mal. Früher, wo alles
besser war. Also dawo ich herkomme ist das, dawo und wo alles besser war. Und in dem Falle finde
ich das wo auch angebrachter, als das als. Denn dawo die Bank steht. Und ich immer sitze, wie so
manches Mal, auf diesem Berg, dawo die ganzen Weinberge sind. Da ist das ja ein Ort. Also ich
frage ja nicht: „als sitzt du da?“ sondern „Wo sitzt du da?“ – Eigentlich auch nur eine Kleinigkeit.
Aber eine entscheidend große Kleinigkeit. Denn dawo die Bank steht, hat sich vieles verändert.
Diese Bank, in den Weinbergen, auf diesem Berg, mit der tollen Aussicht. Links im Kessel das
schöne Schduddgard und rechts, ein endloser Blick ins Remstal. Auf jeden Fall diese Bank. Mit dieser Ausblick. Das ist – oder ich muss eher sagen, dass war das Bananenbänkle. Das Bananenbänkle,
dawo man als Kind saß, die Füße in der Luftbaumeln lies, weil sie zu kurz waren um auf dem
Boden Kreise in den Boden zu ziehen. Dawo man sich erholt hat vom auf dem Berg rumrennen,
dawo man sich der Größe und Weite dieser Welt gar nicht bewusst war, weil der Blick zwar in die
Weite ging, allerdings nur die Belohnung für das Erklimmen der Weinberge gewesen ist. Und letztlich dawo, ich saß, allein, zu zweit, zu dritt, keine Ahnung, da wo wir saßen und das Knacken am
Stil der Banane das Größte dieser Welt war. Dawo man saß und Happen für Happen, mal schnell,
mal genüsslich, mal im Regen, mal in der Sonne, mal stehend, mal rennend, mal liegend, mal sitzend, mal lachend und mal weinend da saß und die Banane aß. Genau da. Da war das Bananenbänkle. Und da wo alles besser war. Damals. Da konnte man auf dieser Bank in den Weinbergen auf
dem Berg sitzen und die Welt die Welt sein lassen. Dem Trubel des Alltags entfliehen. Man konnte
einfach man selbst sein. Und bestenfalls in Ruhe seine Banane essen. Und heute. Heute sitzt man
da. Und man verspürt absolut kein Gefühl der Freiheit. Nichts. Vor einem drei Stehlen und Platten
darauf. Tische. Hinter einem das gleiche Gebilde. Nur größer. Schirme. Neben einem nicht einfach
Natur und grün. Nein, zwei weiter Bänke.
Da fühlt man sich eingeengt. Räumlich, in seinen Gedanken, in seiner Freiheit. Ja man fühlt sich
sogar gestört. Die haben da einfach was verändert. In meinem Leben. Ohne zu fragen. Einfach so.
Und nein, das macht der Blick über die Heimat auch nicht wieder wett. Ich sitze nicht mehr einfach
so auf dieser Bank. Auf dem Bananenbänkle. Aus Wut stehe ich auf den Stehtischen um dem Himmel näher zu kommen und damit verbunden versuche ich Freiheit zu erlangen. Nichts. Ich strecke
meinen rechten Arm aus. Nach oben. In meiner Hand fest umschlungen die Banane. Ich ähnle in
meinem Aussehen ein bisschen der amerikanischen Freiheitsstatue. Ich steh da. Warte. Nichts passiert. Ich schaue nach links nach rechts. Niemand da. Ich meine, es ist auch mitten in der Nacht, wer
ist schon so verrückt und vertritt sich nachts um drei Uhr die Beine um mich dort oben illegaler
Weise auf dem Tisch stehen zu sehen, wie ich verzweifelt versuche die alte Freiheit und die Leichtigkeit des seins zurück zu erobern. Mit einer noch nicht einmal ganz reifen hellgrün-gelblichen
Banane in der rechten Hand. Mein Blick, rechts-links, immer noch niemand da. Mir kommt ein
Song von Kraftklub in den Sinn „Ja ok jetzt steh ich hier doch-bin allein vor einer Wand-da bin nur
ich und sonst nichts nur dieser Stein in meiner Hand (in meinem Fall wohl eher ne Banane)-Es ist
ein einsamer Krieg gegen den Dreck der mich umgibt-den verfickten Dreck den scheinbar keiner
keiner außer mir sieht“ und dann. Dann schieß ich mit meiner Banane drei Schüsse in die Luft und
singe:
Und ich schieße in die Luft (bäng, bäng, bäng) -Ich zieh in den Krieg aber keiner zieht mit
-Drei Schüsse in die Luft (bäng, bäng, bäng) -Der einzige hier draußen bin leider wieder ich -Und
ich schieße in die Luft (bäng, bäng, bäng)… Ich schließe meine Augen. Ich merke, wie sich ganz
langsam meine Hüften in Bewegung setzen, ich tanze auf dem Wackeligen Stehtisch und meine
Hand fängt an achten-förmig die Banane zu schwingen, so wie man es mit Fahnen macht. Ich
schweife ab. Vor meinen Augen tut sich das Taubertalfestival auf. Ich bin auf dem Kraftklubkonzert.
Stehe auf einer wackeligen Mülltonne, die umfunktioniert ist, als Pfandsammelbehältnis, in meiner
Hand eine Viva-con-Agua-Fahne und ich genieße das Gefühl von Freiheit, dass ich in diesen
Momenten immer verspür. Von innen heraus. Die Welt steht für einen Moment still. Der Scheinwerfer dreht von der Bühnendecke runter auf mich. Ich stehe im Lichtkegel. Und Schwups, stehe ich
auch wieder dawo ich eigentlich stehe. Auf diesem Tisch, vor der Bank in den Weinbergen auf dem
Berg. Der Lichtkegel bewegt sich weiter auf mich zu. Ein Auto. Ich springe vom Tisch, ich renne
und renne und renne. Den Berg hinunter, die Weinreben huschen rechts und links an mir vorbei. Ich
kralle mich an der Banane fest. So fest es geht. Als ich denke, ich bin weit genug gerannt und in
Sicherheit, bemerke ich, dass früher wirklich alles besser war. Da war die Banane am Ende meines
Trips zum Bananenbänkle in meinem Bauch und nicht zusammengemanscht zwischen meinen Fingern und die untere abgequetschte Hälfte irgendwo in den Weinbergen verschütt gegangen. Die
Banane hat ihren Dienst als Bote der Freiheit jahrelang zweifelsohne bravurös gemeistert. Doch
jetzt. Jetzt hat sie wohl abgedankt und die Menschheit versucht mit Panoramaterrassen den Überblick zu behalten und verliert dabei das wesentliche aus den Augen. Das Bananenbänkle heißt jetzt
Panoramaterrasse. Also: R.I.P. Bananenbänkle!