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„Mater Dolorosa“
Schaut die Mutter voller Schmerzen,
wie sie mit zerrissenem Herzen
unterm Kreuz des Sohnes steht:
Ach! Wie bangt ihr Herz, wie bricht es,
da das Schwerdt des Weltgerichtes
tief durch ihre Seele geht!
Diese Übersetzung eines lateinischen Gedichtes, das um 1200 geschrieben wurde, dient als
Einleitung der Ausstellung „Mater Dolorosa“. Die Worte treffen für jede Mutter zu, die ihr Kind
begraben muss und damit sind wir schon mitten im Thema der Sonderausstellung: Die
Trauer Elisabeths um ihre beiden Kinder, die Trauer im 19. Jahrhundert – allgemein und am
Wiener Hof im Speziellen.
Wir haben in unserem Kulturkreis „Den Tod“ aus dem Leben verbannt. Wir haben ihn als
angsterfülltes Ende in Spitäler, Altersheime, Hospize oder ähnliche Institutionen
abgeschoben. Im 19. Jahrhundert war der Tod präsenter. War, wenn man so möchte viel
stärker „Teil des Lebens“ und es war keine Seltenheit, einen aufgebahrten Toten zu sehen.
Es war üblich, sich auf diese Weise zu verabschieden.
Wie aber ging es Kaiserin Elisabeth mit dem Tod ihres ersten, erst zweijährigen Kindes? Wie
überwand sie den Selbstmord ihres erwachsenen Sohnes? Machte sie ihre Trauer sichtbar?
Während heute die meisten Menschen trauern können wie sie es möchten, gab es im 19.
Jahrhundert nicht nur an den europäischen Höfen, sondern übergreifend auch für die
bürgerliche Gesellschaft ein Reglement für die Hinterbliebenen. Die Trauerzeit teilte man in
drei Phasen: die tiefe Trauer, die einfache Trauer und das sogenannte Austrauern. In ihrem
äußeren Erscheinungsbild hatte sich die Frau an die Trauervorschriften zu halten. Aus
Pietätgründen mussten Prunk und Pomp zurückgenommen werden. Ihr Leid, ihre Abkehr
vom Trubel, zeigte die Trauernde durch die Schlichtheit ihrer Kleidung und den Verzicht auf
Farben. Für den Zeitraum der tiefen Trauer waren glänzende Stoffe undenkbar und während
der einfachen Trauer verwendete man glatte Wollstoffe oder schwarze stumpfe Seide. Dem
schlichten Kleid wurde auch der Trauerschmuck angepasst. Man vermied Gold und
Edelsteine und ersetzte diese Materialien hauptsächlich durch Jet, einer polierten
Braunkohleart, dessen tiefschwarze undurchsichtige Farbe genau passend war. Üblich
waren Nadeln, Spangen oder Armreifen aus stumpfem Jet, später auch aus dem glänzenden
englischen oder französischen Jet. Schließlich trug man auch schwarze Holz-, Kristall-,
Onyx- oder Glasperlen.
Trauerreglements waren eine Art Schutzschild, wie in der Zeitschrift „Der Bazar“ am 10.
August 1891 nachzulesen war: „Das eben ist mit der Zweck der Trauerkleidung,
Leidtragende zu schützen vor der rücksichtslosen Berührung mit der Außenwelt, eine
Schranke aufzurichten zwischen ihnen und der Heiterkeit der Unbeteiligten, welche das
wunde Herz so schmerzlich treffen kann.“
Das Thema Tod und Trauer deckt einen wichtigen Bereich im Leben der Kaiserin ab. Einen
Bereich, der wesentlich zur Bildung des Mythos beigetragen hat. Zum einen, weil man schon
zu Lebzeiten mit der trauernden Mutter Mitleid hatte und zum anderen, weil manche sich bis
heute leider auf Grund ähnlicher Erlebnisse mit Elisabeth identifizieren. Man sucht nach
Problemen, Sorgen und Schicksalsschlägen, die auch die Reichen und Schönen treffen.
Elisabeth musste zweimal in ihrem Leben ein Kind begraben. Das erste Kind war die Tochter
Sophie, die mit knapp zwei Jahren an der Ruhr gestorben ist. Die Reaktion der Kaiserin auf
diesen ersten schweren Schicksalsschlag, war Rückzug. Sie hat ihre zweite Tochter Gisela
und auch den 15 Monate später geborenen Rudolf in die Obhut ihrer Tante und
Schwiegermutter, Erzherzogin Sophie gegeben. Sie wusste, dass diese eine liebevolle
Großmutter war und die Fürsorge der Kinder sowieso immer übernehmen wollte. Auf
Abstand zu gehen, erschien ihr die beste Lösung zu sein und trotzdem, als das Schicksal
erneut zuschlug und ihr der erwachsene Sohn genommen wurde, war der Schmerz
sicherlich nicht viel geringer.
Es ergab sich die Möglichkeit, im Rahmen dieser Sonderausstellung, wieder originale
Erinnerungsstücke aus dem Besitz der Kaiserin zu zeigen. Vieles hat sich aus dem
sogenannten Schwarzzeug erhalten und konnte von der SKB angekauft werden. Zum Teil
auch aus Privatbesitz und so können in der Ausstellung auch Kleidungsstücke und
Accessoires bewundert werden, die einer breiten Öffentlichkeit noch nie zugänglich waren
(Gesichtsschleier SKB, Kleid mit Cape und Trauerschmuck von Privatleihgebern).
Pultvitrine:
Hier geht es um den Tod der Erzherzogin Sophie und dem Selbstmord des Kronprinzen
Rudolf.
Erzherzogin Sophie am Totenbett
Bildnis der erstgeborenen Tochter der Kaiserin. Das Kind liegt auf Rosen, Lilien und einer
Wolke. In den Händen hält es ein Kreuz, Aquarell auf Papier, Barabás Miklós, 1857
Sophie und ihre Schwester Gisela, die schon in Wien an der Ruhr erkrankt waren, wurden
auf eine Repräsentationsreise nach Ungarn mitgenommen. Während sich die Jüngere rasch
erholte, verschlechterte sich die Situation bei der knapp zweijährigen Sophie zusehends.
Franz Joseph und Elisabeth, die bereits ins Landesinnere weitergereist waren, eilten sofort
nach Budapest zurück. Das Kind war nicht mehr zu retten.
Fünfzehn Monate nach dem Tod der Tochter Sophie brachte Elisabeth ihren Sohn, Kronprinz
Rudolf zur Welt. Rudolf hatte sich vergeblich um die Liebe der Mutter bemüht. Ein einziges
Mal hatte die Kaiserin vehement und mit großen Folgen in sein Leben eingegriffen: als er
von einem völlig ungeeigneten, sadistischen Erzieher gequält wurde. Damals hatte sie Franz
Joseph ein Ultimatum gestellt und von diesem Augenblick an die Verantwortung für die
Auswahl der Lehrer und Erzieher ihres Sohnes übernommen. Der Kronprinz wurde in der
Folge zu einem liberalen, weltoffenen und bei Hof „unbeliebten“ Menschen.
Im Alter von dreißig Jahren befand er sich in einer tiefen Krise, hatte schwere Depressionen
und seine Gesundheit war wegen seiner Drogensucht angeschlagen. Als er im Herbst 1888
die erst sechzehnjährige Mary Vetsera kennen und lieben lernte, hatte er eine Geliebte
gefunden, die bereit war, mit ihm in den Tod zu gehen. Es kam zur Tragödie von Mayerling.
Die Todesnachricht
Es war der Vormittag des 30. Jänner 1889. Helene Vetsera war verzweifelt, da ihre Tochter
seit zwei Tagen abgängig war und sich in Wien das Gerücht verbreitet hatte, sie hätte eine
Affäre mit dem Kronprinzen. Die besorgte Mutter eilte in die Hofburg, wo sie von der
Vorleserin der Kaiserin Elisabeth empfangen wurde. Nach einigen Minuten trat Ihre Majestät
die Kaiserin ein, von Höchstwelcher die Baronin die furchtbare Todesnachricht erhielt.
Vorerst konnte Helene Vetsera die Tragweite der Mitteilung nicht erfassen. Sie verließ die
Kaiserin, ohne nach der Ursache des Todes ihrer Tochter gefragt zu haben. Doch kaum
zurück in ihrem Palais in der Salesianergasse, traf Eduard Graf Paar, der Generaladjutant
des Kaisers, bei der unter Schock stehenden Helene Vetsera ein. Er teilte ihr mit, dass ihre
Tochter „den ahnungslosen Kronprinzen vergiftet habe und dann sich selber“.
Eine unverschämte Lüge des engsten Mitarbeiters Kaiser Franz Josephs, denn zu diesem
Zeitpunkt war aufgrund der Verletzungen klar, dass die Beiden durch Kopfschüsse und nicht
durch Gift gestorben waren. Ebenso gab es keinen Zweifel daran, dass der Kronprinz der
Täter war, der zuerst Mary Vetsera und dann sich selbst getötet hatte. Graf Paar schob der
Baronesse alle Schuld zu, um dem Kaisersohn die Verantwortung für die Tat zu nehmen.
Tatsächlich erhielt Kaiserin Elisabeth als erste die Nachricht vom Tod ihres Sohnes. Sie war
es, die Kaiser Franz Joseph informierte, wobei man zunächst von diesem Giftmord ausging,
später von einem Herztod sprach und schließlich die Wahrheit erfuhr und vertuschte. In
zahlreichen Biografien wird betont, wie gefasst und stark Elisabeth in dieser Zeit war und wie
sehr sie ihren Gatten unterstützte. Kaum war Franz Joseph aber wieder ganz in seine Arbeit
vertieft, begann sie vermehrt zu reisen, einerseits um Ablenkung zu finden, andererseits, um
ungestört über vieles nachdenken zu können. Ob sie sich Schuld am Tod des Sohnes gab,
bleibt Spekulation. Wie sehr sie unter dem Verlust litt, kann vielleicht erahnt werden, wenn
man bedenkt. dass sie ab der Tragödie keine Glückwünsche zu ihren Geburts- und
Namenstagen mehr gestattete. Nach all den Schicksalsschlägen, die ihre Familie ertragen
musste, war es für sie widersinnig, freudig zu feiern.
Gedenkmappe und Foto Mayerling
Das Jagdschloss Mayerling wurde nach der Tragödie 1889 in ein Stift umgewandelt.
Anlässlich des Einbaues von sieben Glasgemälden in der Kapelle, wurde diese Mappe
angefertigt. Darin enthaltene Fotos zeigen das ehemalige Schloss, um 1889
Kronprinz Rudolf
Portrait im Profil in Uniform mit eigenhändiger Signatur, Heliografie, 1888
Vitrine 1 – Spitzenstola, Taschentücher, Gürtel und Schleife
Spitzenstola der Kaiserin Elisabeth
Gehäkelte Spitze, um 1890.
Taschentücher der Kaiserin Elisabeth
Das cremefarbene Taschentuch mit schwarzem Blümchenmuster und das schwarze mit
gezackter Bordüre waren ebenfalls Teil der Trauerkleidung, Baumwolle, um 1880.
Gürtel und Blusenschleife der Kaiserin Elisabeth
Kleider, Jacken und Blusen der Kaiserin zeichnen sich durch Schnitt, Verarbeitung und
Material aus. Bei der finalen Fertigung, beispielsweise bei der Entscheidung des
Abschlusses von Krägen, traf die Kaiserin die letzte Entscheidung, Samt, um 1880.
Vitrine 2 – Schirmchen, Taillengürtel, Tüllschleier
Sonnenschirm der Kaiserin Elisabeth
Dieses Accessoire aus schwarzer Seide und cremefarbenem Futter besticht durch einen
Griff aus Elfenbein mit reicher Blumenverzierung und aufgelegtem gekröntem Monogramm.
Das Kleinod stammt aus dem Nachlass von Erzherzog Franz Salvator, dem Schwiegersohn
der Kaiserin, um 1890.
Tüllschleier der Kaiserin Elisabeth
Elisabeth trug der Mode entsprechend gerne Gesichtsschleier wie diesen aus zartem
Chenille mit Tupfen. Sie dienten zum Schutz vor Staub, Wind und Mücken und waren für die
Kaiserin auch eine Möglichkeit, sich fremder Blicke zu entziehen, um 1880.
Taillengürtel der Kaiserin Elisabeth
Der in Paris gefertigte Gürtel aus schwarzem Seidenmoiree zeigt die unglaublich schlanke
Taille der Kaiserin von nur 51 cm. Elisabeth betonte ein Leben lang ihre zarte Taille durch
hohe Gürtel, um 1880.
Vitrine 3 – Kleid mit Cape, Halbschuhe
Kleid
Wie die meisten Kleider der Kaiserin besteht auch diese Robe aus mehreren Teilen. Zum
Rock aus Rips mit Spitzenbesatz gehört das hochgeschlossenem Oberteil mit
Spitzenrüschen und Puffärmeln. Dazu kann noch ein Cape aus Samt mit Perlenbesatz und
Seidenmasche getragen werden, um 1890.
Halbschuhe
Braune Halbschuhe aus Leder, mit Maschen und vergoldeten Schnallen. Sie zeigen keine
Unterscheidung zwischen linkem und rechtem Schuh; aus dem persönlichen Nachlass der
jüngsten Tochter, Erzherzogin Marie Valerie, um 1850.
Vitrine 4 – Handschuhe, Gesichtsschleier und Stockschirm
Handschuhe der Kaiserin Elisabeth
Diese Handschuhe aus schwarzem Seiden – Baumwollgemisch waren Teil des sogenannten
"Schwarzzeugs" der Kaiserin Elisabeth und stammen aus dem persönlichen Nachlass der
jüngsten Tochter Erzherzogin Marie Valerie, um 1880.
Hutschleier aus dem Besitz der Kaiserin Elisabeth
Der Schleier aus schwarzer Spitze mit gepunktetem Blumen- und Blattdekor war Teil eines
Hutes, um 1865.
Stockschirm der Kaiserin Elisabeth
Der Schirm ist aus schwarzer Seide mit gerafftem Tüllüberwurf, feinem Spitzenbesatz und
am Griff mit einer Spitzenschleife versehen, um 1880.
Vitrine 5 – Klappschirm, Fächer und Onyxschmuck
Schwarzer Klappschirm der Kaiserin Elisabeth
Dieser zusammenklappbare Sonnenschirm aus schwarzer Spitze ist ein besonders
extravagantes Accessoire aus der Garderobe der Kaiserin, um 1880.
Fächer der Kaiserin Elisabeth
Große Fächer waren wichtige und ständige ‚Begleiter‘ der Kaiserin. Sie dienten der
Ventilation, aber auch dem Schutz vor Sonne, Licht und neugierigen Blicken; schwarze
Spitze und Seide, um 1880
Schmuck der Kaiserin Elisabeth
Kette mit 120 cm Länge in originaler Schatulle und Ring, aus Gold und Onyx. Kaiserin
Elisabeth trägt auf zahlreichen Portraitbildern und Denkmälern ähnlich lange Perlenketten.
Die Nachfrage nach dieser Art von Schmuck verstärkte sich im 19. Jahrhundert und es
entwickelte sich daraus der heutige
Kaiserin Elisabeth hat sich sehr viel mit dem Tod und den Verstorbenen beschäftigt und
eigentlich hat sie sich damit mit dem Leben befasst. Der Tod ist nicht Endpunkt, sondern Teil
unseres Lebens und, wenn wir es schaffen, das zu verinnerlichen, wird er viel von seinem
Schrecken verlieren.