JURISTISCHE FAKULTÄT MÜNCHENER EXAMENSTRA INING PROBEKLAU SUR SCHWERP UN KTBEREICHE WS 2015/ 16 Schwerpunktbereich 4 Die I-AG ist eine Investmentbank. Ihre Aktien notieren im Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse (Open Market). S ist der Leiter der M&A Abteilung. Er ist seit knapp 20 Jahren im Geschäft und einer der „Superstars“ der Branche. Sein Team ist für ca. 60% des Umsatzes der I-AG verantwortlich. S hat im letzten Jahr eine Vergütung von 35 Mio. € erhalten. Er hat ein Ferienhaus in Saint-Tropez, eine Yacht in Monte-Carlo und eine Geliebte (G) in Frankfurt. Doch das ist ihm nicht genug. I. S berät ein Konsortium von Private-Equity-Unternehmen bei seinem Plan, den großen börsennotierten Automobilzulieferer A zu übernehmen. Als Kaufpreis sollen mindestens 140 € geboten werden; der aktuelle Kurs der A -Aktie beträgt 100 €. Die Gespräche sind noch in der Anfangsphase. S schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Übernahmeangebot kommen wird, auf 30%. Er kauft 250.000 Call-Optionen auf A-Aktien mit einem Ausübungspreis von 110 €. Zudem ruft S die G an. Sie hatte S noch am Vorabend gesagt, sie werde demnächst ihre A-Aktien verkaufen. S spricht ihr auf die Mailbox: „Baby, von Deinen Verkaufsplänen würde ich Dir abraten. Glaub mir einfach; Du glaubst mir ja auch sonst alles. Ich freue mich auf Dich. See you later!“ Einen Monat später unterbreitet das Private-Equity-Konsortium ein öffentliches Übernahmeangebot für sämtliche A-Aktien zum Preis von 140 €. S übt seine Optionen aus, G verkauft ihre Aktien. Hat sich S strafbar gemacht? Vorschriften außerhalb des WpHG sind nicht zu prüfen. II. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen S. Der Sachverhalt wird vollständig aufgeklärt und auch der I-AG mitgeteilt. Das Verfahren wird schließlich gegen Geldzahlung eingestellt. Der Vorstand der I-Bank berät über interne Sanktionen gegen S. Er entscheidet sich dafür, den S lediglich zu verwarnen und ihm die Boni für das laufende Geschäftsjahr zu streichen. Er solle nicht entlassen werden, da er so wichtig für die Bank sei. Auch prüft der Vorstand nicht, inwieweit das Compliance-System geändert werden muss. Drei Jahre später stellt sich heraus, dass S genauso weitermachte wie bisher, ohne dass die I-Bank hiervon etwas mitbekam. Die I-Bank erleidet einen Bitte wenden! LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 erheblichen Reputationsschaden. Sie verliert allein im laufenden Geschäftsjahr Einnahmen aus dem M&A-Geschäft in Höhe von 800 Mio. €. P ist im Vorstand der I-AG für das Privatkundengeschäft zuständig. Er war an der Vorstandssitzung beteiligt, in der über Sanktionen gegen S beraten wurde. Er verteidigt sich damit, dass er erstens nicht für das M&A -Geschäft zuständig gewesen sei, zweitens gute wirtschaftliche Gründe für die Weiterbeschäftigung des umsatzstarken S bestanden und ihm als Vorstand ein unternehmerisches Ermessen zustehe. Drittens sei ein Gutachten der eigenen Rechtsabteilung zu der Frage „Wie lässt sich rec htlich einwandfrei begründen, dass Herr S weiter in unserem Haus beschäftigt bleibt?“ zu dem Ergebnis gekommen, dass S nicht entlassen werden müsste. Hat die I-AG einen Schadensersatzanspruch gegen P gem. § 93 AktG? Gehen Sie davon aus, dass die I-AG berechtigt gewesen wäre, S nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen fristlos zu entlassen. III. Die Geschäfte der I-AG laufen immer schlechter. Am 1.5.2015 ist sie überschuldet, ohne dass eine Sanierungschance besteht. Obwohl dies leicht erkennbar ist, führt der Vorstand die Geschäfte zunächst weiter. Am 15.6.2015 wird Privatkunde K von einem Mitarbeiter der I-Bank falsch beraten und erleidet dadurch einen Schaden in Höhe von 1,5 Mio. €. Nachdem die Bank Insolvenz angemeldet hat, fragt er, ob er sich bei dem Privatkundenvorstand P schadlos halten kann. Hätte P rechtzeitig Insolvenz angemeldet, hätte sich K – was stimmt – nicht von der I-Bank beraten lassen. Hat K einen Anspruch gegen P gem. § 823 Abs. 2 iVm § 15a InsO? Ignorieren Sie § 46b KWG. Abgabe: ausschließlich im Klausurtermin Besprechung: 27.1.2016, 14-16 Uhr, Raum V002 (Vestibülbau), ProfessorHuber-Platz 2 Rückgabe und Korrektorensprechstunde: nach Ankündigung auf der Homepage Bitte wenden!
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