18 Hummler Standpunkte 6. Dezember 2015 | sonntagszeitung.ch Die andere Sicht von Peter Schneider Ich mache mir Sorgen um die Sicherheit unserer Tornados! Die Zunge an der Waage Nun wird natürlich heftig spekuliert und manipuliert im Hinblick auf die Bundesratswahlen vom kommenden Mittwochmorgen. Recht so. Das steigert den Unterhaltungswert unseres eher wenig aufregenden Landes und verhilft den Medien vor den Weihnachtstagen noch einmal zu einem auflagesteigernden Kick. In der Sache ist die Personenfrage allerdings höchstens zweitrangig. Aeschi, Gobbi oder Parmelin – die meisten Menschen haben ihre Begabungen, und alle haben ihre Fehler. Das gilt auch für die Damen und Herren Berset, Burkhalter, Leuthard, Maurer, Schneider-Ammann und Sommaruga. Jahrhundertbegabungen wie Ador, Nobs, Obrecht oder Wahlen sind halt selten; Jahrhundertbegabungen stellen sich ein, man kann sie nicht suchen. Und deshalb sollte man es besser sein lassen. Wichtiger wäre es, dass wir nun unser Haus institutionell in Ordnung bringen. Es ist gewiss richtig, wenn ab Mittwoch die zwei stärksten Parteien in unserem Land, die SVP und die SP, mit angemessenem Gewicht in der Regierung vertreten sind. Aber die Zusammenarbeit in einer Führungsequipe mit dermassen weit auseinanderliegenden Präferenzen kann nur gelingen, wenn ein paar – offen geäusserte oder auch nur still und heimlich abgemachte – Spielregeln aufgestellt und dann im Sinne eines Gentleman’s Agreement eingehalten werden. Dass es zu solchen Spielregeln kommt, dafür können die «Mitteparteien», nämlich FDP und CVP, sorgen. «Zuwahl und Wiederwahl müssen ihren Preis haben» Spielregel Nummer 1 lautet: Wer in der Regierung angemessen vertreten ist, verzichtet fortan auf das Instrument der Volksinitiative, sowohl bei der Lancierung als auch bei der Unterstützung. Die Volksinitiative ist als Mittel gedacht, dass sich eine Minderheit (und nicht eine gewichtige Regierungspartei!) beim Volk Gehör verschaffen und Regierung und Parlament zu einer Kursänderung zwingen kann. Die Initiative als parteipolitischer Hebel für Kräfte mit Regierungsverantwortung kommt einem Missbrauch des direktdemokratischen Instruments gleich. Die SP und ihre Entourage haben in den vergangenen Jahren diesen Missbrauch mehrfach begangen (Grundeinkommen, Erbschaftssteuern, 1:12) – der SVP kann man Gleiches nicht vorwerfen, denn ihr hatte man ja seit dem Rauswurf Blochers aus dem Bundesrat die Mitverantwortung faktisch entzogen. Die Masseneinwanderungsinitiative war so gesehen legitim, wäre es aber nicht gewesen, wenn die Bundesversammlung die Kalberei mit der Zuwahl von Frau Widmer-Schlumpf nicht begangen hätte. Spielregel Nummer 2: Versteckte Agenden in der Verwaltung sind zu eliminieren. Die Führung unseren Landes liegt beim Bundesrat, nicht bei Chefbeamten. Was diese gerne auch noch möchten, darf nicht den Gang der Dinge bestimmen, ob es sich nun um das Fernziel eines EUBeitritts und die Übernahme des Euro handle oder um die Abschaffung der Fettleibigkeit oder des Privatverkehrs. Versteckte Agenden haben dem Verhältnis zwischen Bürger und Staat in den letzten Jahrzehnten enorm geschadet. Der Bundesrat befindet sich gegenüber seinem Volk diesbezüglich in der Schuld. Spielregeln sind wichtiger als die Frage, wer konkret am Tisch mitspielen wird. FDP und CVP haben es in der Hand, sowohl nach links als auch nach rechts die richtigen Signale zu senden. Spieltheoretisch war die Konstellation noch selten so ideal, nicht Zünglein, sondern Zunge an der Waage zu spielen. Zuwahl und Wiederwahl müssen einen Preis haben! Konrad Hummler ist Verfasser der «Bergsicht» und Strategieberater mehrerer Firmen Keine Angst, wir betanken die mit Drei-Wetter-Taft. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit Volker Wieker, dem Generalinspekteur der Bundeswehr Foto: Keystone Unschön, aber klug Der Bundesrat hält am Vorschlag einer Frauenquote fest. Für Karin Kofler der richtige Entscheid. Denn der politische Druck bringt die Unternehmen auf Trab Gegen die Frauenquote zu sein, ist Mainstream. Jeder, der halbwegs liberal denkt – die Schreibende inklusive –, muss eine gesetzliche Quote als Eingriff in die unternehmerische Freiheit empfinden. Doch der Bundesrat schlägt nun genau das vor. Trotz heftiger Kritik in der Vernehmlassung zum neuen Aktienrecht hält die Landesregierung an der Idee fest, eine Frauenquote von 30 Prozent für Verwaltungsräte und 20 Prozent für Geschäftsleitungen von 250 börsenkotierten Firmen einzuführen. Es ist absehbar, dass die Quote im nach rechts gerückten Parlament kaum eine Chance haben wird, und es ist ein Leichtes, den Bundesrat wegen sei- Karin Kofler, Autorin Wirtschaft nes politisch unkorrekten Vorschlags zu verspotten. Doch die Regierung handelt klug. Sie setzt mit der Vorlage ein klares Signal, dass ihr die Förderung weiblicher Karrieren am Herzen liegt. So wie sie das schon mit der Einführung der Quote für Bundesbetriebe getan hat. Durch die Debatte, die das Traktandum in den Räten auslösen wird, bleibt das Thema Frauen auf der Agenda, und das ist dringend nötig. 6 Prozent Frauen sitzen gemäss Schilling-Report in den Geschäftsleitungen der grossen Schweizer Unternehmen, 15 Prozent sind es auf Verwaltungsratsstufe. Damit sind wir im internationalen Vergleich keine Welt- meister, auch wenn sich in den VRs viel getan hat in den letzten Jahren. Aber mittlerweile steht selbst die deutlich weniger internationalisierte deutsche Wirtschaft besser da in Sachen Frauen als die Schweiz. Ein Vergleich zwischen Unternehmen, die in den Börsenindizes DAX (Deutschland) und SMI (Schweiz) geführt werden, zeigt unser Land im Hintertreffen. Deutschland führt auf 2016 auch eine Quote für Aufsichtsräte sowie den Zwang zum Setzen von eigenen Zielen in Sachen Frauen ein. Nun kommen dank des Bundesratsvorschlags hoffentlich auch die Schweizer Unternehmen in die Gänge. Tatort.ch IS-Terror: Symbolwirkung des Strafrechts Dass die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Kantone angesichts des Phänomens der IS-Reisenden und der diffusen Terrorangst – Anschläge können uns alle treffen – mit Augenmass aktiv sind, ist richtig. Allerdings wäre es verfehlt, zu glauben, dadurch liesse sich Sicherheit auch nur ansatzweise gewährleisten. Anklagen und Verurteilungen sind auch nicht geeignet, den Menschen Angst zu nehmen. mitteln ausgerüsteten IS-Terroristen. Nicht zuletzt deshalb sollte das dem technischen Fortschritt angepasste Gesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) umgehend in Kraft gesetzt werden. Es dient ausschliesslich der Strafverfolgung sowie der internationalen Rechtshilfe und hat, wie von idealistisch verblendeten Gegnern behauptet wird, mit «Schnüffelstaat» nichts zu tun. Strafrecht ist weitestgehend Rückschau auf bereits Geschehenes. Sein präventiver Aspekt, die Besserung der Täter sowie das Abhalten von potenziellen Tätern von Delikten, stösst bei Terroristen, die allzeit bereit sind, sich auch selbst aus dem Leben zu sprengen, völlig ins Leere. Augenmass wird auch bei der gerichtlichen Beurteilung von Taten mit terroristischem Hintergrund gefragt sein, dies insbesondere bei kleinen Rädchen im Terrorgetriebe. Gerade in Fällen, die Volkszorn und Angst verständlich und nachvollziehbar erscheinen lassen, ist Besonnenheit besonders gefragt. Viele spätere Terroristen wurden erst in (französischen) Gefängnissen radikalisiert. Religion darf nicht weiter missbräuchlich als Angstmacher, Brandbeschleuniger oder Rechtfertigung für machthungrige, verblendete Fanatiker dienen. Vielmehr sind nun Emanzipation und Integration gefordert – weit bessere Ansätze zur Gewährleistung von Sicherheit der Bevölkerung als Repression. Wir haben uns (auch) in der Schweiz vor Augen zu halten: «Eines wissen Terroristen genau. Der wirksamste Sprengstoff ist die Angst.» ( Georg Skrypzak, *1946). Neben der Repression ist die Schweiz auf allen Ebenen – Bund, Kantone, Gemeinden – vorab im Bereich der eigentlichen Prävention Andreas Brunner war Leitender Oberstaatsanwalt des Kantons Zürich. Er schreibt einmal im Monat über Themen des Strafrechts Wichtig ist indessen, den Strafverfolgern zeitgemässe Instrumente zur Bekämpfung schwer krimineller Taten in die Hände zu geben. Dies auch im Hinblick auf die weltweit agierenden, mit modernsten Kommunikations- gefordert. Es gilt zusammen mit der grossen Mehrheit der in der Schweiz lebenden Muslime und Musliminnen den Nährboden für gewaltsame Radikalisierung auszutrocknen. Das kann vorab an gemeinsamen Anlässen, in Gesprächen und beim gemeinsamen Nachdenken über Werte von Gesellschaft und Religionen erfolgen.
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