«Die Lehrpersonen schätzen diese Einblicke und Begegnungen»

Jugend und Wirtschaft
«Die Lehrpersonen schätzen diese Einblicke und Begegnungen»
Der national tätige Verein Jugend und Wirtschaft will Wirtschaft und
Bildung näher zusammenbringen. Zu diesem Zweck bildet er Lehrerinnen und Lehrer zu Wirtschaftsthemen weiter – vor Ort in regional ver­
ankerten Unternehmen. Geschäftsführer Urs Marti erläutert das Konzept.
men zu weit weg von den Schulen? Den­
ken Sie beispielsweise an firmen­e igene
Eignungstests, die möglicherweise Wis­
sen prüfen, über welches die Jugendli­
chen noch gar nicht verfügen. Auch die
Unternehmen können bei diesen Kon­
takten ihre Position überprüfen.
Peter Brand
Herr Marti, Wirtschaft und Schulen
zusammenbringen – was bedeutet das
genau?
Wir schaffen Plattformen und Gelegenheiten, damit der Austausch zwi­
schen diesen beiden Partnern stattfin­
den kann. Dazu arbeiten wir auf verschie­d enen Ebenen. Einerseits begegnen
sich in unserem Verein die grossen Wirt­
schafts- und Bildungsverbände. Sie tau­
schen sich aus und entwickeln gemein­
same Ideen. Andererseits führen wir
wirtschaftsnahe Bildungsprojekte für die
Lehrpersonen durch. Dabei legen wir
grossen Wert auf den Praxisbezug und
gehen direkt in die Unternehmen. Dort
zeigen wir den Lehrerinnen und Lehrern,
welche Kompetenzen in den Unterneh­
men gefragt sind.
Bringt Wirtschaft und Schulen näher zusammen: Urs Marti, Geschäftsführer Verein
Jugend und Wirtschaft.
Warum ist es so wichtig, dass sich
Schule und Wirtschaft näherkommen?
Sind die Lehrpersonen denn zu weit
weg von der Arbeitswelt?
Es gibt viele Lehrerinnen und Lehrer, die
über gute Kontakte zur Arbeitswelt ver­
fügen und bestens vernetzt sind. Aber
es gibt eben auch solche, die keinen
direkten Draht zur Wirtschaft haben. Ge­
rade für sie sind unsere Angebote umso wertvoller. Wir öffnen einfache Wege
der Begegnung. Die Gegenfrage ist übri­
gens auch erlaubt: Sind die Unterneh­
Sie stellen den Lehrpersonen vier Bildungsangebote zur Verfügung. Um was
geht es konkret?
Das Projekt «explore-it» zum Beispiel
vermittelt den Lehrpersonen einen er­
lebnishaften und motivierenden Zugang
zu Technik und Naturwissenschaften.
Die Lehrerinnen und Lehrer arbeiten
mit einer Lernmaterialbox, die sie später
im Unterricht einsetzen können. Weiter
bieten wir das Projekt «Jugend debat­
tiert» an. Hier lernen die Lehrpersonen,
wie sie Jugendliche befähigen können,
zu kontroversen Themen Stellung zu
nehmen und ihren Standpunkt zu ver­
treten.
Was läuft in den Angeboten «Projektmanagement» und «Berufsfindung»?
Im Angebot «Projektmanagement» ver­
mitteln wir den Lehrpersonen die nöti­
gen Werkzeuge für diese Art von Un­
terricht, damit sie die Schülerinnen und
Schüler gut begleiten können. Idealer­
weise geschieht dies wieder mit Themen
der Wirtschaft. Die Lehrpersonen ent­
wickeln in einem Tagesprojekt fiktive
Ideen für eine Kooperation ihrer Schule
mit dem gastgebenden Unternehmen.
Beim Angebot «Berufsfindung» schliesslich machen sich die Lehrpersonen mit
einer konzeptorientierten Berufswahl vertraut. Es geht darum, dass sich alle Be­
teiligten ihrer Rolle bewusst sind und
die Jugendlichen optimal unterstützen
können.
Sie setzen bei Ihrer Arbeit ausschliesslich bei den Lehrpersonen an. Warum
nicht bei den Schülerinnen und Schülern?
Der Weg über die Lehrpersonen ist viel
nachhaltiger. Wir halten bewusst keine
Showlektionen an den Schulen ab, son­
dern stützen vielmehr die Lehrerinnen
und Lehrer, indem wir sie befähigen,
wirtschaftsnahe zu unterrichten und
das Gelernte eins zu eins im Schulalltag
einzu­s etzen. Die Lehrpersonen sind die
Mul­ti­p likatoren. Zudem knüpfen sie in
der Weiterbildung wertvolle Kontakte
mit der regionalen Wirtschaft.
Sie arbeiten wenn immer möglich mit
ganzen Lehrerkollegien. Weshalb?
Die Tragkraft in der Gruppe ist viel grös­
ser. Man geht zusammen hin, tauscht
sich aus, erlebt etwas, kommt positiv
in die Schule zurück und hat als Gruppe
das nötige Gewicht, um im Schulhaus
etwas zu bewirken. Besuchen einzelne
Lehrpersonen die Weiterbildung, finden
sie unter Umständen keine Unterstüt­
zung bei der Umsetzung. Dann verpufft
der Lerneffekt. Interessiert sich ein Kol­
legium, klären wir die inhaltlichen Be­
dürfnisse ab und suchen ein passendes
Unternehmen in der Region. Wir orien­
tieren uns bei der Ausgestaltung des
Programms stark an den Wünschen der
Schulen.
Alle Weiterbildungen finden in regional verankerten Betrieben oder Unternehmen statt. Was ist die Idee?
Für uns ist die regionale Verankerung
enorm wichtig. Die Lehrpersonen sollen
nicht ein beliebiges Unternehmen, son­
dern das örtliche Gewerbe kennen ler­
nen. Dieses Netz können sie bei ihrer
täglichen Arbeit nutzen. Umgekehrt ist
die Regionalität auch ein Mehrwert für
die Unternehmen. Auch sie profitieren
am meisten, wenn die Schulen vor Ort
an ihrer Arbeit interessiert sind. Das er­
möglicht ihnen, eine direkte und lang­
fristige Zusammenarbeit aufzubauen.
Wie gross ist die Nachfrage der Schulen?
Wer unsere Angebote kennt, ist begeis­
tert. Die Lehrpersonen schätzen die Ein­
blicke und Begegnungen enorm. Da wir
letztes Jahr im Rahmen des Pilotprojekts
nur ein paar wenige Weiterbildungen
durchgeführt haben, ist das Angebot
noch nicht so bekannt. Wir suchen Schu­
len, die gerne mitmachen, und gehen
zurzeit aktiv auf sie zu. Dieses Jahr soll es
so richtig losgehen. Ziel ist es, 2016
rund 700 Lehrpersonen auszubilden.
Wie engagiert machen die Unternehmen mit?
Sehr engagiert. Sie sind äusserst moti­
viert und öffnen ihre Türen gerne für
Weiterbildungen dieser Art. Mit dabei
sind nicht nur technische oder indus­
trielle Unternehmen, sondern auch ge­
werbliche und solche des Dienstleis­
tungssektors. Die Zusammenarbeit ist
erfreulich.
[email protected]
Jugend und Wirtschaft
Weitere Infos und Kontakt:
www.jugend-wirtschaft.ch
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