Die Zahl der Flüchtlinge im Landkreis hat sich seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt. Doch hinter der Statistik stecken Menschen. Foto: dpa Zahl der Flüchtlinge steigt rasant SOZIALES Die Flüchtlinge stellen auch den Landkreis Schwandorf vor Herausforderungen. Ihre Zahl hat sich seit Jahresanfang mehr als verdoppelt. ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● VON HUBERT HEINZL ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● SCHWANDORF. Zahlen sind nur die halbe Wahrheit. Hinter Zahlen verschwinden die einzelnen Menschen mit ihrem Schicksal, ihren Hoffnungen und Wünschen, ihren Glaubensvorstellungen oder Erwartungen. Trotzdem soll im folgenden in erster Linie von Zahlen die Rede sein. Denn, einmal unabhängig von den unterschiedlichen Biografien, können sie doch die Dimension des Themas verdeutlichen – oder zurechtrücken. ● Hans Prechtl, Pressesprecher am Landratsamt Schwandorf ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ZUSÄTZLICHE KOSTEN ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ➤ Bund und Länder: Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf und möglichst auch noch eine Perspektive zu bieten, kostet Geld. Den Löwenanteil tragen Bund und Länder – vor allem für Unterbringung, Sach- und Geldleistungen und Personal wie zusätzliche Lehrer, Polizisten oder Verwaltungsrichter. ➤ Kommunen: Auch die Kommunen sind gefordert. Der Landkreis Schwandorf etwa muss künftig zusätzliche Personalkosten stemmen. Im Ausländeramt wird die Zahl der Mitarbeiter laut ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Pressesprecher Hans Prechtl um drei auf zehn ausgestockt. Und das, obwohl die Regierung der Oberpfalz mit vier ehemaligen Beamten aushelfen will, die aus dem Ruhestand geholt wurden. Sie sollen auf Teilzeitbasis in der neuen Notunterkunft in der ehemaligen Triumph-Halle Schwandorf eingesetzt werden. Weitere Kosten entstehen etwa durch die steigenden Zuschüsse für ÖPNV-Ermäßigungen, für neue Sozialpädagogen oder Netzwerker in der Flüchtlingsarbeit. (hh) ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● EINE WOCHE – EIN THEMA ➤ Der Schwerpunkt: Eine Woche lang rückt die Mittelbayerische Zeitung die Flüchtlingssituation im Landkreis Schwandorf ganz besonders in den Mittelpunkt der Betrachtung. In unserer morgigen Ausgabe spricht Martin Neumeyer, der Flüchtlingsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung im MZ-Interview. !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! ➤ Diskutieren Sie mit uns auf www.facebook.com/schwandorf.mz ➤ Die Diskussion: Unter dem Motto „Deutschland ist bunt – Willkommen in Deutschland“ diskutieren Vertreter der Regierung der Oberpfalz, des Landkreises und der Stadt Schwandorf heute Abend ab 19.30 Uhr in der Schwandorfer Spitalkirche gemeinsam mit Martin Neumeyer, dem Flüchtlingsbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung über die Flüchtlingssituation im Landkreis Schwandorf. Anfang des Jahres 526 Flüchtlinge An den Brennpunkten der sogenannten „Flüchtlingskrise“, in der Stadt Passau etwa, an der deutsch-österreichischen Grenze, kommen mitunter Tausende Schutzsuchende an einem Tag am Hauptbahnhof an. Die Situation im Landkreis Schwandorf ist mit solchen Herausforderungen nicht zu vergleichen. Aber auch hier hat die Zahl der Flüchtlinge rapide zugenommen. Zum Jahresanfang verzeichnete das Landratsamt laut Sprecher Hans Prechtl genau 526 Asylbewerber – 410 Menschen in dezentralen Unterkünften, 116 Bewohner in der damals noch einigen Gemeinschaftsunterkunft in Teublitz-Koppenlohe. In den vergangenen neun Monaten hat sich die Zahl der Asylbewerber im Landkreis mehr als verdoppelt. Zum Stichtag 8. Oktober verzeichnet eine Statistik, die die Schwandorfer Volkshochschule zusammengestellt hat, 984 Menschen in dezentralen Wohnungen. ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Neben Koppenlohe (zurzeit 129 Bewohner) sind weitere Gemeinschaftsunterkünfte entstanden – in Neunburg v. Wald (141) und den beiden sogenannten „Außenstellen“ Pfreimd (57) und Schwandorf-Dachelhofen (60). Ihre Bewohner haben bereits alle einen Asylantrag gestellt und warten im Landkreis Schwandorf auf den Ausgang des Asylverfahrens. Eine Sonderrolle nehmen die 62 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Landkreis ein, die durch ihren Status bis zur Volljährigkeit prinzipiell vor einer Ab- ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ge, allein durch die beiden Gemeinschaftsunterkünfte, die in Nittenau (bis zu 75 Plätze) und im Schwandorfer Egelsee-Gebiet (bis zu 150 Bewohner). Und auch bei den dezentralen Unterkünften ist kein Ende in Sicht – nach wie vor ist ein Mitarbeiter des Landratsamts damit beschäftigt, angebotene Immobilien im gesamten Landkreis auf ihre Eignung hin zu überprüfen. Das bleibt natürlich nicht ohne Auswirkungen auf den regionalen Wohnungsmarkt. Der Schwerpunkt der Unterkünfte für Schutzsuchende liegt im Landkreis eindeutig auf den größeren oder zumindest gut erreichbaren Kommunen. Die Vorstellung von der idyllischen Flüchtlings-WG auf dem Land ist eine Mär. Nur in 16 von 33 Gemeinden sind überhaupt Asylbewerber untergebracht. Schwandorf der Spitzenreiter ● ● ● schiebung geschützt sind. Die Menschen in der provisorischen Erstaufnahmeeinrichtung oder „Notunterkunft“ in Wackersdorf – zum Stichtag 123 Personen – sind dagegen nicht gekommen, um länger zu bleiben. Sie halten sich nur zu Registrierung und Gesundheitscheck im Landkreis Schwandorf auf, und bis ein Platz in einer regulären Unterkunft für sie gefunden ist – wo auch immer. Die durchschnittliche Verweildauer beziffert das Landratsamt auf etwa acht Wochen. Bei 144 000 Einwohnern ergibt sich laut Aufstellung der Volkshochschule derzeit ein Flüchtlingsanteil von einem Prozent. Anders formuliert: Jeder hundertste Landkreisbürger ist aus seiner Heimat geflohen, um in Deutschland Schutz zu suchen. Die Zahl wird noch steigen, keine Fra- Die Stadt Schwandorf ist von der absoluten Zahl her mit Abstand Spitzenreiter bei der Flüchtlingsunterbringung und wird diese Position durch die geplante neue Gemeinschaftsunterkunft sowie den Umzug der provisorischen Erstaufnahmeeinrichtung von Wackersdorf in die ehemalige Triumph-Halle auch noch ausbauen. Zum 8. Oktober fanden in der Großen Kreisstadt allein in dezentralen Unterkünften 352 Flüchtlinge eine Bleibe, in Bruck waren es 94, in Burglengenfeld 91, in Oberviechtach 57. Setzt man die absoluten Zahlen jeweils in Relation zur Bevölkerung, wird rein rechnerisch so etwas wie die tatsächliche Belastung deutlich. Aber was heißt das schon? Hinter den Zahlen stecken Menschen. Wer sich auf sie einlässt, kann ganz unterschiedliche Leute kennenlernen – Überraschungen inclusive. Da gibt es jesidische Friseure, allein reisende Christen aus Damaskus, tschetschenische Moslems oder auch Albaner evangelischer Konfession. Im Landkreis kümmern sich zahlreiche Ehrenamtliche um sie. Aber auch deren Zahl steht in keiner Statistik.
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