Fair Trade

Fair Trade:
Verantwortungsbewusster
Konsum zur Unterstützung von
Menschen in Entwicklungsländern
Präsentation im Rahmen der Veranstaltung
„Lebenslanges Lernen in der beruflichen Bildung“
am 25.11.2015 in Triesdorf
Prof. Dr. Paul Michels
Hochschule Weihenstephan – Triesdorf
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Lebensumstände in Afrika treiben Menschen in die Flucht,
Chancen auf bessere Zukunft in Europa ziehen sie an.
FAZ.online am 23.04.2015: „Selbst wenn die schlimmsten Brandherde im nahen Osten
eingedämmt werden können … ändert doch das … nur wenig an dem großen
Wohlstandsgefälle zwischen dem europäischen Norden und dem afrikanischen
Süden.“
Länder des Südens:
Armut, Elend, Folgen
des Klimawandel,
Unterdrückung,
Verfolgung,
Bürgerkrieg
Länder des Nordens:
Wohlstand,
menschenwürdiges
Auskommen,
Zukunftschancen.
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Inhalt:
Fair Trade Konzepte
Fairtrade Towns
Fazit
3
Verortung von Labels im Dreiklang der Nachhaltigkeit:
ökonomisch
sozial
ökologisch
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Was bedeutet fairer Handel?
Fairer Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf
Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach
mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel
strebt*, um die Situation der benachteiligten
Produzenten in Afrika, Asien und Südamerika zu
verbessern.
* Auszug aus der Definition von FINE (Zusammenschluss der vier
internationalen Dachverbände des Fairen Handels)
• F Fairtrade Labelling Organizations International (FLO)
• I International Fair Trade Association (IFAT), seit 2009 World Fair Trade
Organization (WFTO)
• N Network of European Worldshops (NEWS!), seit 2009 Teil der World Fair
Trade Organization
• E European Fair Trade Association (EFTA)
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Fair Trade Produkte:
Lebensmittel: Kaffee, Tee, Honig, Kakao, Zucker,
Bananen, Fruchtsäfte, Reis, Wein, Nüsse und
Gewürze
Non-Food: Blumen, Sportbälle, Holz, Gold und
Baumwolle
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69 % davon Kaffee, Bananen, Blumen, Schokolade
12,3 Millionen Euro Prämieneinnahmen für die
Produzentenorganisationen.
Vertrieb über kirchliche Organisationen, Weltläden,
Naturkostfachhandel, Super- und Verbrauchermärkte,
Discounter und Drogeriemärkte.
Zum Vergleich: Bio-Umsatz in D 2014: 7,9 Mrd. Euro.
Quelle: Fairtrade Deutschland e.V. Absatz Fairtrade-Produkte im Einzelnen,
URL: https://www.fairtrade-deutschland.de/produkte/absatz-fairtrade-produkte/
, Abruf 24.10.20115
Umsatzentwicklung von Produkten
mit dem Fairtrade-Siegel in Deutschland
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Fair Trade Kernanforderungen und
Entwicklungsanforderungen:
Anforderungen separat definiert für Kleinproduzenten,
lohnabhängige ArbeiterInnen und Vertragspartner /
Kooperativen.
Kernanforderungen („core requirements“), die alle
Produzenten gleichermaßen (meist von Anfang an) erfüllen
müssen
Entwicklungsanforderungen, bei denen die Produzenten
Möglichkeit haben, ihre eigenen Prioritäten zu setzen. (wird
meist nach drei Jahren überprüft).
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Umweltschutz, Biodiversität
Vollständiger Überblick über alle Standards auf
www.fairtrade.net/standards.html
Soziale
Kriterien
demokratische und transparente
Organisationsstrukturen
keine ausbeuterische Kinderarbeit
Entwicklung der lokalen Strukturen durch
Fair-Trade-Prämie
Ökologische
Kriterien
direkter Handel
fairer kostendeckender Preis
langfristige Handelsbeziehungen
Bereitstellung von Vorfinanzierungsmöglichkeiten
Ökonomische
Kriterien
Fair Trade Prinzipien (FLO-Standards):
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Fair Trade Siegel: Ökonomische Kriterien
direkter Handel:
Verzicht auf Zwischenhändler soweit möglich
fairer Preis:
Einkauf zu festgelegten Mindestpreisen, die sich an Kosten einer nachhaltigen
Produktion orientieren. Falls der Marktpreis höher ist als der Mindestpreis, ist der
Marktpreis zu bezahlen. Zusätzlicher Aufschlag wird bei Bio-Anbau.
langfristige Handelsbeziehungen:
der Importeur erklärt sich zu langfristigen Handelsbeziehungen mit der
Produzentenorganisation bereit. => Planungssicherheit.
Bereitstellung von Vorfinanzierungsmöglichkeiten:
auf Anfrage erhalten die Produzentenkooperativen Kredit bzw.
Zahlungsvorschuss von bis zu 60 Prozent des Einkaufspreises der Produkte.
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Weltmarktpreise von Rohkaffee und FLO-Mindestpreis
FLOMindestpreis
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Weltmarktpreise von Rohkaffee
+0,20 $ Fairtrade Prämie auf Mindestpreis
bzw. Weltmarktpreis, wenn dieser höher ist
+0,30 $ Bio-Prämie wenn Richtlinien des
ökologischen Landbaus eingehalten werden.
FLOMindestpreis
http://www.fairtrade.net/price-and-premiuminfo.html?no_cache=1&tx_zwo3pricing_pi1[productType]=84&tx_zwo3pricing_pi1[country]=0&tx_zwo3pricing_pi1[sub
mit_button]=Go
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Fair Trade Siegel: Soziale Kriterien
demokratische und transparente Organisationsstrukturen:
Produzentenkooperativen müssen demokratisch organisiert sein und
größtmögliche Transparenz aufweisen
keine ausbeuterische Kinderarbeit:
keine ausbeuterische Kinderarbeit oder Beschäftigung von Zwangsarbeitern.
Entwicklung der lokalen Strukturen durch FT-Prämie:
zusätzliche Fairtrade-Prämie für Gemeinschafts- und soziale Projekte zur
Verbesserung der Lebens- und Arbeits- und Umweltbedingungen (z.B. für
Krankenhäuser, Apotheken, für Erwachsenenbildung, Schulen und
Kindergärten, für Straßen- und Brückenbau, Umweltschutzmaßnahmen) Über
die Verwendung wird demokratisch entschieden (z.B. über sog. Joint Body, mit
Vertretern des Managements und der Arbeiter).
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Fair Trade Siegel: Ökologische Kriterien
Umweltschutz:
Verbot besonders schädlicher Chemikalien. Oft ist Fairtrade Vorstufe für Bio-Anbau.
(ca. 66 Prozent in der Fairetrade Produkte in Deutschland tragen Bio-Siegel).
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Standards, Zertifizierung und Lizenzvergabe
bei Fairtrade
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Fairtrade International in Zahlen:
Fairtrade unterstützte 2013:
• 2.110 Produzentenorganisationen mit
• 210.900 Lohnarbeitskräften u. 1.305.500 Kleinbauern (62% in Afrika)
• in 70 Ländern.
Verkaufserlöse in 12/13: 944 Mio. Euro
Prämienauszahlungen in 12/13: 95,2 Mio. Euro (24% für Bildung, 37%
für Produktivitäts- und Qualitätssteigerungen)
Quelle: Fairtrade International (2015) Fairtrade in Zahlen – Reichweite und Wirkung,
Sechster Monitoringbericht 2014
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Vergleich ausgewählter Konzepte
Siegel
Herausgeber
Eigenschaften
TransFair e.V., Köln,
+ Prüfkriterien der FLO
(Fairtrade Labelling Organisations International),
die über die FLO-cert
überprüft werden.
direkter Handel *** fairer kostendeckender Preis ***
langfristige Handelsbeziehungen *** Bereitstellung
von Vorfinanzierungs-möglichkeiten *** demokratische
und transparente Organisationsstrukturen *** keine
ausbeuterische Kinderarbeit *** Entwicklung der
lokalen Strukturen durch Fair-Trade-Prämie ***
Umweltschutz, Biodiversität
GEPA Gesellschaft zur
Förderung der Partnerschaft mit der Dritten
Welt mbH, Wuppertal,
Gesellschafter u.a. Brot
für die Welt und Misereor
“GEPA fair plus” geht über die FLO-Standards hinaus:
• kein Mengenausgleich, d.h. 100 % der Produkte
stammen aus fairem Handel,
• 100 %-ige Rückverfolgbarkeit: In jedem Produkt
sind die Rohstoffe nachweislich aus fairem Handel
• Qualitäts- und Länderzuschläge
Naturland - Verband für
ökologischen Landbau
e.V. mit zusätzlichen
Prüfkriterien der FLO
Naturland fair geht über die FLO-Kriterien hinaus:
• 100% ökologisch nach Naturland Richtlinien
• nicht auf die Länder des Südens beschränkt
• Unterschiedliche Kriterien für „benachteiligte
Regionen“ und „OECD-Ländern“
UTZ CERTIFIED
Foundation, Amsterdam:
eigene Standards, kontrolliert durch lokale und
internationale Zertifizierer
UTZ zielt auf Rückverfolgbarkeit entlang der
Lieferkette, Professionalisierung des integrierten
Anbaus und des Farmmanagements sowie auf
Rohstoffsicherung für die Zukunft ab. Zusammenarbeit
mit großen Unternehmen wie Mars, IKEA, Migros,
Tchibo, Nestlé.
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Vertikale Integration der Rohstoffproduktion
Zwei Leuchtturmprojekte von Ritter Sport in Nicaragua
1. Seit 1990 läuft Projekt mit 3.500 Kakaobauern in 20
Kooperativen und einem Produktionsvolumen von 600 bis
1.000 Tonnen Kakao. Kakaobohnen werden zentral
gesammelt, getrocknet und nach Deutschland transportiert.
Ritter zahlt Weltmarktpreis plus Prämienzuschlag, zur
Weiterentwicklung der Bauern.
2. Rittersport kaufte im Jahr 2012 2.500 ha brache Weideflächen
und forstete sie mit nachhaltigen Mischkulturen auf (1,5 Mio.
Kakaobäume mit einer Kapazität von ca. 3.000 Tonnen Kakao
im Jahr 2023) => 220 Arbeitsplätze mit hohen Sozialstandards,
integrierter Anbau, Verbesserung der Biodiversität.
Erwartetes Volumen (ab 2023) aus beiden Projekten: 4.000
Tonnen Kakao. Derzeit benötigt Ritter 12.000 Tonnen Kakao. Zum
Vergleich Fairtrade Kakao im Jahr 2014 mit 420 Tonnen.
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Quelle: Martin, Anna (2015) Nachhaltigkeitskonzepte bei der Kakaoproduktion, Bachelorarbeit im Fach
Lebensmittelmanagement an der HSWT.
Quelle: GEPA GmbH, Musterkalkulation, pdf aus dem Internet,
URL: http://www.gepa.de/home.html, Abruf 24.10.20115
Preise: GEPA vs. Fairtrade vs. Weltmarkt
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Preise: Komponenten des GEPA-Kaffeepreises
% am Verbraucherpreis von
8,49 € / 500g
Genossenschaften
20%
30%
15%
35%
Weiterarbeitung,
Steuern,
Siegelgebühren
Einzelhandel
GEPA
(Produktentwicklun
g und Vertrieb)
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Quelle: GEPA GmbH, GEPA-Kaffeepreis, pdf aus dem Internet, URL: http://fairplus.de/fileadmin/redaktion/dokumente/Fair_plus/fair_/Kaffeekalkulation_3-12a.pdfl, Abruf 24.10.20115
Preisvergleiche:
Siegel
Herausgeber Produkt- und Preisbeispiele
TransFair e.V.
Darboven Cafe Intencion 500g
Schirmer Bio Café Creme 1000 g
Fairglobe Bio Café del Mundo 500g
9,90 € (19,80 €/kg)
14,80 €/kg
4,99 € (9,98 €/kg)
GEPA
GEPA Café Camino Bio 250 g
GEPA Bio Kaffee Kilimanjaro 250g
GEPA Bio Kaffee Nicaragua pur 250g
4,49 € (17,96 €/kg)
6,99 € (27,96 €/kg)
5,49 (21,96 €/kg)
Marken, Markenartikler
i.d.R.
ohne
Siegel
Jacobs Krönung 500g
Melitta Auslese 500g
Tchibo Beste Bohne 2x250g
Tchibo Privatkaffee 2x250g
Tchibo Privatkaffee 2x250g
5,69 € (11,38 €/kg)
4,99 € (9,98 €/kg)
5,99 € (11,98 €/kg)
5,69 € (11,38 €/kg) in Aktion
6,69 € (13,38 €/kg) regulär
Quellen:
Gepa und Marken: www.rewe-online.de
Transfair: www.kaffeebremen.de bzw. Fairglobe über Lidl Onlineshop http://www.lidl.de/de/search?query=fair
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Abruf: jeweils 26.10.2015,
Inhalt:
Fair Trade Konzepte
Fairtrade Towns
Fazit
24
Fairtrade Towns fördern gezielt den Fairen Handel auf
kommunaler Ebene.
Weltweit:
2.200
in Deutschland:
370
In Bayern:
78
Stand:
Oktober 2015
25
5 Kriterien der Fairtrade Towns
1.
2.
3.
4.
5.
Ratsbeschluss zur Unterstützung des Fairen Handels: Bei allen öffentlichen
Sitzungen sowie im Büro des Ober-/Bürgermeisters wird fair gehandelter Kaffee
ausgeschenkt und ein weiteres Fairtrade Produkt angeboten.
Steuerungsgruppe wird gebildet, die die Aktivitäten auf dem Weg zur Fairtrade
Town koordiniert (mindestens drei Personen aus den Bereichen
Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft)
Mindestens zwei Fairtrade-Produkte im Sortiment der lokalen
Einzelhandelsgeschäfte, Floristen sowie in Cafés und Restaurants. Richtwert ist
hier die Einwohnerzahl der Kommune. (Bei 10.000 Einwohnern: 4 Geschäfte, 1
Schule/Verein/Kirchengemeinde, 2 Gastronomiebetriebe!)
Fairtrade in öffentlichen Einrichtungen: Produkte aus Fairem Handel in
öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Vereinen und Kirchen sowie
Bildungsaktivitäten zum Thema Fairer Handel.
Öffentlichkeit: lokale Medien berichten über die Aktivitäten zum Thema
Fairtrade in der Kommune (mind. 4 Medienaktivitäten im Jahr).
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Inhalt:
Fair Trade Konzepte
Fair Trade Städte
Fazit
27
Fazit:
1. Das Fairtradesiegel
kennzeichnet den Basisstandard für
fairen Handel, der von anderen Organisationen meist übertroffen
wird. GEPA setzt darüber hinaus auf Rückverfolgbarkeit statt
„Mengenausgleich“ und zahlt Qualitätsprämien. Bei Naturland fair
und Rapunzel „Hand in Hand“ ist biologischen Anbau
vorgeschrieben.
2. UTZ certified setzt auf Rückverfolgbarkeit, Produktivität und
Qualitätsverbesserungen und wird vor allem von großen
Verarbeitern genutzt. Es gibt keinen Mindestpreis. Ziel ist auch
die Rohstoffsicherung der Industrie.
3. Durch den Konsum von Fairtrade, GEPA und anderen Fair-TradeProdukten erhalten Konsumenten die Chance, ihre Solidarität
mit den Ländern des Südens auszudrücken und einen Beitrag zur
Verbesserung der Einkommens- und Lebenssituation der
Landbevölkerung dort zu leisten.
4. Fairtrade Towns bieten gute Möglichkeiten, um Engagement zu
bündeln und durch Bildungs- und Informationsarbeit das
Verständnis für die Situation der Menschen im Süden zu fördern.