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Text Anne Abeler
Foto Benedikt Krusel
NÄHRSTOFF
Dienstag, 18 Uhr in Münster: Ich packe
mehrere Leinenbeutel und einen Eierkarton in meine Fahrradtaschen. Auf
geht’s – zehn Minuten mit dem Rad zum
Lebensmitteldepot meiner Community
Supported Agriculture (CSA). Für ein Jahr
zahle ich jeden Monat einen individuell
festgelegten Betrag an den nahegelegenen Gärtnerhof Entrup in Altenberge und
bekomme dafür die dort produzierten
Bio-Lebensmittel je nach Ernteertrag.
Beim Depot angekommen scheinen am
Ende der Straße noch die Rücklichter des
Lieferwagens vom Hof, der weiter seiner
Route zum Verteilen der Lebensmittel
folgt. Die Produkte werden im Kellerraum
einer Wohngemeinschaft verstaut. Dort
markiere ich als erstes meinen Namen in
der Liste mit zehn weiteren CSA-Mitgliedern. So weiß jeder, dass ich da war. Aus
dem wöchentlichen Hof-Brief erfahre ich
heute, dass endlich Platz für den geplanten
Schafstall geschaffen wurde, der Mangold
bald geerntet werden kann und helfende
Hände für das Einkochen der Tomaten am
Samstag gesucht werden. Im Depot fällt
der erste Blick auf den Käse. Heute gibt es
Pecorino und Fetakäse – großartig – und
wie jede Woche ein Brot und drei Eier
pro Person. Außerdem sind diesmal Lollo
Bionda, Möhren, Pastinaken, Kartoffeln,
Fenchel, Zwiebeln, Tomaten, Auberginen,
Rote Beete, Ruccola, Mais, Paprika, Petersilie, Basilikum und als Besonderheit ein
Stück Lamm geliefert worden. Fenchel
schmeckt mir leider auch nach unzähligen
Zubereitungsvariationen nicht besonders,
den gebe ich lieber in die Restekiste. Daraus können sich die anderen bedienen.
Dann kommt Mareike herein.
Sie will morgen einen Rote-Beete-Salat
machen und so tausche ich meine Rote
Beete gegen ihre Aubergine. Schließlich
verabreden wir uns am kommenden
Samstag gemeinsam mit dem Rad zum 15
Kilometer entfernten Hof zu fahren, um
dort mit den anderen CSA-Mitgliedern
Tomaten einzukochen.
Alle Sachen gut eingetütet, die
Radtaschen festgeschnallt und so geht
es zurück nach Hause. Kaum angekommen klingelt es – zwei Freundinnen mit
einer Flasche Rotwein auf der Suche
nach einem Abendessen. Mal sehen,
was wir aus den Sachen kochen können.
Wir entscheiden uns für Kartoffelecken mit Auberginen-Paprika-Paste und
Salat. Während die Kochaktion beginnt,
verstaue ich die Lebensmittel im Kühlschrank und plane im Kopf schon einmal
grob die Woche: Morgen werden wir im
Park am Lagerfeuer grillen: Lamm, Mais
und dazu Ruccola-Pistazien-Pesto. Christine, ein CSA-Mitglied, hat ein tolles
Rezept für eine Tomaten-Basilikum-Sauce
auf dem CSA-Blog veröffentlicht, das ich
ausprobieren werde. Was ich diese Woche
allerdings aus den Pastinaken zaubern
soll, weiß ich nicht. Die kenne ich noch
nicht so gut. Da werde ich Oma anrufen.
Zugegeben, der Sommer ist
unübertroffen vielfältig und geschmackvoll, während der Winter zahlreiche Kohlvariationen bietet, derer ich manchmal
überdrüssig werde. Und doch habe ich
mich für ein zweites CSA-Jahr entschieden. Ein weiteres Jahr, in dem ich mit
fast hundertfünfzig Menschen in meiner
Umgebung über einen sehr ähnlichen
gedeckten Abendbrot-Tisch verbunden
bin. Woche für Woche lerne ich meine
Regionalität und Saisonalität kreativ zu
gestalten. Dabei unterstütze, erlebe und
genieße ich eine Form von ökologischer
Landwirtschaft, die beweist, dass wir neue
Ideen denken und leben können! Lieben
Dank an die Entruper!
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COMMUNITY SUPPORTED AGRICULTURE
(CSA), Versorgungsgemeinschaft, Wirtschaftsgemeinschaft,
Gemeinschaftlich getragene
Landwirtschaft oder Solidarische Landwirtschaft – all diese
Begriffe beschreiben eine Alternative zur kommerziellen Agrarwirtschaft. In Deutschland entstand 1988 der erste CSA-Hof:
Die Wirtschaftsgemeinschaft
Buschberghof nahe Hamburg.
Heute gibt es knapp 20 solcher
Initiativen in Deutschland.
Eine klare Definition für CSA
gibt es nicht, da jede Gemeinschaft individuelle Ausprägungen hat. Im Normalfall schaffen
die Verbraucher nach individuellen Möglichkeiten im Vorhinein die finanzielle Grundlage
für die landwirtschaftliche Produktion. Dafür bekommen sie
je nach Bedarf die erwirtschafteten Produkte. Verbraucher
und Erzeuger aus einer Region
teilen verbindlich für ein Jahr
gemeinsam Risiko und Ertrag
der biologischen Landwirtschaft. Die Potentiale des Hofes
sollen genutzt werden, um die
lokale Gemeinschaft zu versorgen. Die Verbraucher können
über die Bewirtschaftung des
Hofes mitbestimmen, den Produktionsprozess nachvollziehen,
kennen letztendlich die gesamte
Wertschöpfungskette ihrer Nahrung und den Erzeugern ist es
möglich, ohne wirtschaftlichen
Druck verantwortungsvoll ökologische Produkte zu schaffen.