Bäume pflanzen!

Gottesdienst am 10.01.2016 – 9.30 Uhr – ref. Kirche Elgg
“Bäume pflanzen!“
(Schriftdeutsche Fassung der Predigt in Mundart)
Text: Röm 12,12
Predigt
Liebe Gemeinde
Eigentlich wollte ich diese Predigt heute ja so beginnen, dass ich all diejenigen aus Ihren Reihen bitten wollte, die Hand zu erheben, die mit ihren guten Vorsätzen für 2016 schon das erstes Mal gescheitert sind.
Aber keine Angst, das machen wir jetzt natürlich nicht. Zum einen, weil es für die Ehrlichen
unter Ihnen schon ein bisschen unangenehm hätte werden können, zum anderen aber auch,
weil sich die allermeisten von Ihnen wohl gar nicht angesprochen gefühlt hätten von dieser
Frage, und zwar deshalb nicht, weil sie das neue Jahr schlicht und einfach ohne besondere
Vorsätze begonnen haben.
Dieser Brauch, sich am Anfang eines neuen Jahr etwas ganz Bestimmtes vorzunehmen, hat es
nicht leicht heutzutage. Angesichts der hohen Misserfolgsquoten muten solche Vorsätze ja
wirklich auch ein wenig naiv an…, und sowieso: „Wenn schon gute Vorsätze, wieso müssen
sie dann partout am Anfang eines Kalenderjahres gefasst werden? Jeder Tag im Jahr ist doch
schliesslich gut genug für einen Neuanfang!“ So werden nicht wenige von uns denken!
Ja, das mag tatsächlich so sein – und trotzdem oute ich mich jetzt da einmal. Ich finde gute
Vorsätze nämlich noch eine ganz gute Sache. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich behaupte keineswegs, ich sei im Befolgen dieser Vorsätze auch nur ein bisschen talentierter oder
erfolgreicher als der ganz normale Durchschnitt; nein, das nicht, aber irgendwie sind mir solche Vorsätze noch wichtig. Wichtig deshalb, weil sie mich dazu bringen, mir nicht nur zu
überlegen, was ich mir vom Leben…, von anderen… oder gar von Gott erwarte, sondern
weil sie auch mich selber ein Stück weit in die Pflicht nehmen…; so, dass ich mir auch einmal Gedanken dazu mache, was ich von mir selber erwarte…, an welchen Erwartungen an
mich selber ich mich orientieren möchte in der Zeit, die da vor mir liegt. Und der Jahresanfang ist für solch ein Unterfangen natürlich nicht der einzig mögliche, aber doch ein guter
Zeitpunkt.
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Also, was könnte das sein, darauf in Zukunft ein bisschen mehr zu achten noch ganz lohnenswert wäre? Die meisten Vorschläge dazu erreichen uns zweifellos aus der Gesundheitsecke: weniger Stress, mehr Bewegung und Sport, gesünder essen. Alles gut und recht – aber
irgendwie ist das nicht so meins. Ich schaue deshalb nicht zuerst in den Dr. Stutz-Ratgeber,
sondern lieber mal in die Bibel.
Und tatsächlich: Fündig wird man da ziemlich schnell. Einer dieser Texte, die dazu etwas zu
sagen haben, macht mir immer wieder ganz besonders Eindruck –Auszüge daraus haben wir
vorhin in der Lesung gehört: Derjenige Abschnitt aus Römer 12, in dem Paulus darüber
spricht, von was das Zusammenleben der Menschen aus christlicher Perspektive geprägt sein
sollte.
Material genug hat es da, um sich das eine oder andere als Vorsatz zu Herzen zu nehmen. Ja,
mehr als genug Material…, ein Leichtes wäre es, zwanzig verschiedene Predigten darüber zu
halten.
Besonders ins Auge gestochen allerdings ist mir vor einigen Wochen, als ich diesen Text wieder einmal gelesen haben, ein ganz bestimmter Vers…: Vers 12 nämlich:
„Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Trübsal, beharrlich im Gebet.“
Geduldig und frohgemut im Hoffen, auch dann, wenn „Trübsal“ herrscht und die Aussichten
alles andere als gut sind…, standhaft im Gebet, fest also in der Beziehung zu Gott…, darin,
wie wir ihn erfahren…, darin, was wir als seinen Auftrag auch an uns erkennen.
Dazu ist mir die Geschichte in den Sinn gekommen, die ich Ihnen heute mitgebracht habe,
einige von Ihnen werden sie vielleicht schon kennen. Es ist eine phantastische, eine wunderbare und wunderhafte Geschichte…, erschienen 1949 und verfasst vom französischen Dichter
und Autor Jean Giono,1 der beschreibt, wie er 1910 als junger Mann eine mehrtägige Wanderung im kargen Bergland der Provence unternommen und dort eine Begegnung gehabt hat, die
sein Leben verändern sollte. Er schreibt:
„Vor etwa vierzig Jahren machte ich eine lange Wanderung durch jene uralte, Touristen
völlig unbekannte Gegend der Alpen, deren Höhenzüge in die Provence übergehen. (…)
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Die französische Originalfassung des Textes erschien 1949 in Buchform unter dem Titel L’homme qui plantait
des arbres im Verlag Editions Galimard, Paris. Die folgenden Zitate stammen aus: Jean Giono, Der Mann, der
Bäume pflanzte, Carl Hanser Verlag, München 2006.
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Zu der Zeit, als ich dort meine weite Wanderung unternahm, war es ein kahles, eintöniges
Ödland in etwa zwölfhundert bis dreizehnhundert Metern Höhe, wo nichts wuchs ausser
wildem Lavendel.
Ich durchquerte diesen Landstrich in seiner breitesten Ausdehnung, und nach dreitägiger
Wanderung befand ich mich in einer unvergleichlich trostlosen Wüstenei. Ich kampierte
neben den Überresten eines verlassenen Dorfes. Seit dem Vorabend hatte ich keine Wasservorräte mehr, und ich brauchte zu trinken. Die dicht wie ein altes Wespennest beieinanderstehenden, wenn auch verfallenen Häuser legten nahe, dass es hier früher Wasser
gegeben haben musste, einen Brunnen oder einen Wasserschacht. Es gab tatsächlich einen Brunnen, aber er war ausgetrocknet. Die fünf, sechs von Wind und Regen verwitterten Häuser ohne Dachstuhl, die kleine Kapelle mit dem eingestürzten Glockenturm waren
genauso angeordnet wie die Häuser und Kapellen in bewohnten Dörfern, aber alles Leben war aus ihnen gewichen.“
Auf seiner Suche nach Wasser trifft er einen Schäfer, einen Schafhirten, der ihm zu trinken
gibt und ihn in seinem Steinhaus übernachten und ausruhen lässt. Er ist ein stiller Zeitgenosse,
dieser Schäfer, still, aber auf eine faszinierende Weise in sich ruhend und mit sich selber im
Reinen in dieser kargen, trostlosen Gegend. Der junge Wanderer ist fasziniert und wird neugierig; und nach und nach erfährt er, dass der Schäfer – Elzéard Bouffier mit Namen und 55
Jahre alt –dieses entbehrungsreiche Leben ganz freiwillig gewählt hat, nachdem er früher im
Tal gelebt, dort aber Frau und Sohn verloren hatte.
Am ersten Abend – die beiden haben eben schweigend ihr Abendessen eingenommen – passiert etwas Besonderes:
„Der Schäfer (…) ging einen kleinen Sack holen und schüttete einen Haufen Eicheln auf
den Tisch. Dann untersuchte er höchst aufmerksam eine nach der anderen und schied die
guten von den schlechten. Ich rauchte meine Pfeife, bot mich an zu helfen. Er antwortete,
das sei seine Sache. Tatsächlich: Als ich die Sorgfalt sah, mit der er diese Arbeit verrichtete, bestand ich nicht darauf. Das war unser ganzes Gespräch. Als er auf der Seite der
guten Eicheln einen ordentlichen Haufen beisammen hatte, zählte er Zehnergrüppchen
ab. Dabei sonderte er wiederum kleine Früchte oder solche mit leichten Rissen aus, denn
er nahm sie genauestens in Augenschein. Als er auf diese Weise hundert vollkommene Eicheln vor sich hatte, hörte er auf, und wir gingen schlafen.“
Am nächsten Tag wird klar, was Elzéard Bouffier mit diesen hundert Eicheln vorhat. Statt
eines Wander- oder Hirtenstocks nimmt er einen etwa anderthalb Meter langen, daumendi3
cken Eisenstab mit auf die Weide, überlässt dort seine Schafe der Obhut seines treuen Hundes
und steigt etwa zweihundert Meter den Hügel hinauf.
„An seinem Ziel angekommen, stiess er seine Eisenstange in die Erde und bohrte so ein
Loch, in das er eine Eichel steckte; dann machte er das Loch wieder zu. Er pflanzte Eichen.“
Seit drei Jahren schon tut dies der Schäfer zu diesem Zeitpunkt schon, wie der junge Mann
erfährt. Etwa hunderttausend Eicheln hat er schon in den Boden gesteckt. Von diesen hunderttausend seien zwanzigtausend angegangen, so die Schätzung des Schäfers, die Hälfte
würde wohl eingehen oder irgendwelchen Nagetieren zum Opfer fallen…:
„Blieben zehntausend Eichen übrig, die an diesem Ort, wo vorher nichts gewesen war,
wachsen würden.“
In der Folge besucht der junge Wanderer den Schäfer – abgesehen von den Jahren während
der beiden Weltkriege – jedes Jahr. Und Jahr für Jahr lässt sich beobachten, wie dieses stille,
einsame und sonst von niemandem bemerkte Lebenswerk Form annimmt. Zu den Eichen sind
mit der Zeit Buchen hinzugekommen und auch Birken in den Talgründen, in denen der Schäfer genug Wasser im Boden vermutet hatte.
Über den ersten Besuch, den der Erzähler dem Schäfer nach der Unterbrechung von einigen
Jahren während des Ersten Weltkriegs abgestattet hat, schreibt er:
„Die Eichen von 1910 waren nun zehn Jahre alt und grösser als ich und als er. Der Anblick war beeindruckend. Mir verschlug es buchstäblich die Sprache, und da er ohnehin
schweigsam war, gingen wir den ganzen Tag still durch seinen Wald. Er war, in drei Abschnitten, elf Kilometer lang und an seiner weitesten Stelle drei Kilometer breit.
Wenn man bedachte, dass alles – ohne technische Hilfsmittel – aus den Händen und der
Seele dieses Mannes hervorgegangen war, dann wurde einem klar, dass die Menschen
nicht nur zu zerstören, sondern auch Neues zu schaffen vermochten (…).
Ab 1920 ist kein Jahr vergangen, ohne dass ich Elzéard Bouffier besucht hätte. Nie sah
ich ihn wanken oder zweifeln. Gott allein weiss, ob ER seine Hände dabei im Spiel hatte.
Ich habe die Rückschläge des Schäfers nicht gezählt. Man kann sich jedoch leicht vorstellen, dass er für ein solches Ergebnis Widrigkeiten überwinden musste; dass er, um den
Sieg einer solchen Passion sicherzustellen, gegen Verzweiflung ankämpfen musste. In einem Jahr hatte er mehr als zehntausend Ahornbäume gepflanzt. Sie waren alle eingegan-
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gen. Im Jahr darauf liess er die Ahornbäume sein, um es wieder mit Buchen zu versuchen, die noch besser gediehen als Eichen.
(Dabei) darf man nicht vergessen, dass er in vollständiger Einsamkeit tätig war; so vollständig, dass er sich gegen Ende seines Leben das Sprechen abgewöhnt hatte. Oder sah
er vielleicht keine Notwendigkeit dafür?“
Dass sich die Natur in diesem abgelegenen Gebiet langsam, aber beständig veränderte, blieb
natürlich nicht unbemerkt. Verschiedentlich kamen Forstbeamte und Leute aus dem Ministerium und waren ganz aus dem Häuschen, hier zum ersten Mal einem Wald beim Wachsen
zuschauen zu können, der – vermeintlich – ganz von alleine entstanden ist. Dass das alles mit
dem Schafhirten Elzéard Bouffier zu tun haben könnte, dass kam niemandem im Ernst in den
Sinn.
Und so entstand in dieser Einöde – kahlgeschlagen vor langer Zeit zugunsten der Produktion
von Holzkohle, von den Menschen verlassen, die in diesen Dörfern keine Zukunft mehr hatten
– wieder neues Leben. Nach und nach siedelte sich wieder Wild an…, führten die Bäche dank
des veränderten Biosystems wieder Wasser…, wurden wieder Menschen ansässig.
1945 besuchte der Erzähler unserer Geschichte den Schäfer Elzéard Bouffier – inzwischen 87
Jahre alt – zum letzten Mal. Er beschreibt, wie er die Plätze seiner ersten Wanderung kaum
wiedererkannte. Sogar eine Buslinie war neu eingerichtet:
„Der Autobus setzte mich in Vergons ab. 1913 hatte dieser Weiler von zehn bis zwölf
Häusern drei Einwohner. Sie waren verwildert, hassten sich gegenseitig, lebten vom Fallenstellen; physisch und moralisch etwa auf dem Stand von Steinzeitmenschen. Um sie
herum wurden die verlassenen Häuser von Brennnesseln verschlungen. Ihre Lebensbedingungen waren hoffnungslos. (…)
Und nun: Alles war anders. Sogar die Luft. Anstelle der jähen, heftigen Windstösse, die
mich früher empfingen, wehte eine sanfte, dufterfüllte Brise. Ein Rauschen ähnlich dem
von Wasser kam von den Höhen; es war der Wind in den Wäldern. Schliesslich, was noch
erstaunlicher war, hörte ich das wirkliche Rauschen von Wasser, das sich in ein Becken
ergiesst. Ich sah, dass man einen Springbrunnen angelegt hatte, der üppig sprudelte und,
was mich am meisten rührte, dass man daneben eine Linde gepflanzt hatte, die schon etwa vier Jahre alt sein mochte, bereits kräftig, das unverrückbare Symbol einer Auferstehung.
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Überdies zeigte Vergons Spuren jener Arbeiten, die nur mit Hoffnung unternommen werden. Die Hoffnung war also zurückgekehrt. Man hatte die Ruinen weggeräumt, verfallene
Mauerresten abgerissen und fünf Häuser aufgebaut. Der Weiler hatte nunmehr achtundzwanzig Einwohner, darunter vier junge Familien. Um die frisch verputzten neuen Häuser lagen Gemüsegärten, in denen bunt durcheinander Gemüse und Blumen, Kohl und
Rosen, Lauch und Löwenmäulchen, Sellerie und Anemonen wuchsen. Es war ein Ort geworden, an dem man gern lebt.“
Und ganz zum Schluss schreibt er:
„Wenn ich bedenke, dass ein einziger Mann mit seinen bescheidenen körperlichen und
moralischen Kräften genügt hat, um aus der Wüste dieses Land Kanaan hervorzubringen,
finde ich, dass das Menschsein trotz allem etwas Wunderbares ist. Und wenn ich dann
zusammenrechne, wieviel Beständigkeit, Seelengrösse, Ausdauer und Selbstlosigkeit nötig
waren, um ein solches Ergebnis zu erreichen, überwältigt mich eine ungeheure Hochachtung vor diesem alten Hirten (…), der ein Werk geschaffen hat, dass Gottes würdig ist.“
Das Bild dieses Schafhirten stand mir vor Augen…, die Geschichte von Elzéard Bouffier kam
mir in den Sinn, als ich auf der biblischen Suche nach „guten Vorsätzen“, nach Orientierung
für das neue Jahr die Stelle im Römerbrief gelesen habe, die wir vorhin gehört haben:
Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Trübsal, beharrlich im Gebet.
Mag die Welt um uns herum sich noch so sehr von ihrer lebensfeindlichen Seite zeigen…,
mag uns unsere Umgebung noch so sehr wie eine grosse, karge, trostlos kahlgeschlagene Einöde vorkommen…, mögen die Lebensbäche noch so sehr versiegt sein…, ja, mag die Lage
noch so hoffnungslos erscheinen: das Werk von zwei Händen…, das Werk eines einfachen
Menschen kann genügen, dass so vieles anders wird…, dass aus der Hoffnung eines einzelnen neue Hoffnung auch für andere entstehen kann …, dass neues Wasser, neues Lebenswasser fliessen kann …, dass ein Land Kanaan möglich wird dort, wo vorher bloss öde Wüste
war…: mit frohem Lebensmut…, mit Hoffnung…, mit Geduld und Beharrlichkeit…, auch in
der Trübsal (dann also, wenn die Aussichten eigentlich nicht rosig, hell und klar sind)…, und
im Gebet…, in der Beziehung zu Gott…, ob mit vielen oder wenigen Worten…, in dem Auftrag…, mit dieser Aufgabe, mit der er gerade mich…, gerade Sie…, gerade uns alle betraut.
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Ein stärkeres – und ein stärkenderes – Bild für ein neues Jahr, das vor uns liegt, kann ich mir
nicht vorstellen…: eben, mit Fröhlichkeit, Geduld und Beharrlichkeit unserer Bestimmung
nachzugehen…, dieser Aufgabe, die wir erfüllen können, und mag sie auf den ersten Blick
noch so unscheinbar wirken.
Elzéard Bouffiers Aufgabe war es, Bäume zu pflanzen. Welches ist unsere Aufgabe, unser
Auftrag? Welches sind – im übertragenen Sinn – die „Bäume“, die wir pflanzen sollen? Welches sind die „Samen“, die wir aussäen können? Und welches die „Wälder“, die wir – Baum
für Baum – entstehen lassen können?
Überlegen wir uns das doch alle einmal! Ja, wieso nicht – Tag für Tag – die Eicheln der
Freundlichkeit aussähen? Oder diejenigen der Grosszügigkeit…, der echten, zuwendenden
Anteilnahme am Schicksal anderer? Wieso nicht – Tag für Tag – die Eicheln des Lächelns in
den Boden unseres Alltags stecken…, die Eicheln der Fürsorge und Liebe unseren Kindern
und Kindeskindern gegenüber? Die Eicheln des Einstehens für all diejenigen, die schwächer
und ärmer dran sind als wir – egal, welchen Pass sie haben? Die Eicheln auch davon, dass wir
anderen von unserer Hoffnung erzählen…, den Samen unseres Glaubens weitertragen, unseres Glaubens an einen Gott, der unser Heil will?
Auch wir können – nicht von heute auf morgen, aber Schrittchen für Schrittchen – ein Land
Kanaan schaffen…, jeder und jede mit seinem oder ihrem kleinen Beitrag…, ein Land, in
dem Milch und Honig fliesst…, in dem Leben möglich ist…, Leben voller Hoffnung und
Achtsamkeit…, Leben in einer Welt, die wir in unserem Umgang mit anderen Menschen, mit
unserer Um- und Mitwelt als Schöpfung verstehen können, wie Gott sie gemeint hat. Wir alle
können unseren kleinen Teil dazu beitragen…: fröhlich in der Hoffnung…, geduldig auch in
der Trübsal…, beharrlich im Gebet!
Ach ja, noch ein Nachtrag zum Schluss, und zwar zur Geschichte vom Hirten Elzéard Bouffier und der Frage, ob sie denn tatsächlich wahr sei.
Dem Autor, Jean Giono, wurde diese Frage wiederholt gestellt. Viele begeisterte Menschen,
die seine Geschichte gelesen hatten, wollte sich aufmachen, die Wälder von Elzéard Bouffier
zu finden, sein Grab zu besuchen…, und wussten aber nicht genau, wohin sie dazu zu gehen
hatten.
Jean Giono hat sich darüber gefreut! Er hat sich gefreut, welches Feuer, welche Hoffnung in
diesen Menschen durch seine Geschichte entstanden war. Freimütig hat er aber dann einmal
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zugegeben: Nein, diese Geschichte ist so, wie er sie erzählt hat, historisch nicht passiert. Die
Wälder sind „real“ ebenso wenig zu finden wie ein Grab eines Schäfers mit Namen Elzéard
Bouffier.
Aber – und das ist ja eine Frage, die uns auch bei Bibeltexten immer wieder begegnet: Ist die
Geschichte deshalb, weil sie nicht so passiert ist, einfach nicht wahr? Ist ihre „Wahrheit“
letztlich nicht viel tiefer…, viel grösser? Viel tiefer und grösser, weil sie Menschen inspiriert
hat… , ihnen Hoffnung ins Herz geschrieben und neuen Mut gegeben hat, sich für das Gute
einzusetzen? Macht nicht das die eigentliche, die zentrale „Wahrheit“ dieser Geschichte aus?
Ich glaube, so ist es tatsächlich. Für mich jedenfalls ist diese Geschichte „wahr“ in einem
Sinn, der mich zu stärken vermag durchs ganze Jahr – gerade auch dann, wenn es darum gehen soll …:
Fröhlich zu sein in der Hoffnung…, geduldig zu bleiben auch in trüben Zeiten…, beharrlich
zu bleiben gerade auch dort und in dem, wo und wozu mich Gott hingestellt hat.
Doch, dies soll ein Vorsatz sein für dieses Jahr und darüber hinaus.
Könnten auch Sie sich dem anschliessen? Wenn ja: Wunderbar! Dann fangen doch auch wir
an, unsere „Bäume“ zu pflanzen – wir haben noch viel vor!
In Jesus Christus,
Amen.
Elgg, 10.01.2016
Stefan Gruden
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