Vorlesung: Erinnern und Vergessen: Mittelalterliche Memoria in Bild

Kunsthistorisches Institut, Lehrstuhl für Kunstgeschichte des Mittelalters
Die Überprüfung der Wunden Christi durch die Apostel, Tumba des Grabmals von Kardinal Luca Fieschi (gest. 1336), vor 1343, ehem. Dom
San Lorenzo zu Genua (heute Museo Diocesano in Genua)
Vorlesung: Erinnern und Vergessen: Mittelalterliche Memoria in Bild und Schrift
Leiter: Dr. Mateusz Kapustka (Vertretung Lehrstuhl Kunstgeschichte des Mittelalters,
[email protected])
Tutorin: Carla Gehler ([email protected])
Zeit: HS15, montags, 16:15–17:45 Uhr
Beginn: 14. September 2015
Raum: TBA
Beschreibung:
Die Vorlesung thematisiert die Grundzüge der mittelalterlichen Memorialkultur als eine
Domäne der Zusammenarbeit von verschiedenen Bild- und Schriftmedien. Die Tradierung der
Information für die Nachwelt und die darin eingebetteten Formen von Grab- und Denkmälern
bestimmt seit lange die wichtigsten Problemfelder der kunsthistorischen Mediävistik. Im
Schatten dieser vertrauten Monumentalthemen verbleiben allerdings solche Kulturphänomene
wie das hochentwickelte rhetorische Instrumentarium der Erinnerungskunst (Mnemonik), die
damnatio memoriae als politische Auslöschungstechnik, oder die historiografische
Fiktionalisierung des Vergangenen im Bild. Die kunsthistorisch relevanten Bildobjekte verfügen
dabei mit ihren visuellen Typologien und Assoziationen über ein anderes Bedeutungssystem, als
die schriftlichen Entwürfe des Geschehenen. Als solche werden sie im Kontext der
hermeneutisch orientierten Geschichtsphilosophie vorgestellt und in ihren Diskurs zur
Möglichkeit der Repräsentation der Vergangenheit eingebaut. Die Vorlesung hat folglich das
Ziel, die beiden Seiten der mittelalterlichen Gedächtniskultur – das produktive Erinnern und das
planmässige Vergessen – miteinander zu verbinden und nach ihren gegenseitigen
Konditionierungen zu suchen. Die Medien der Memoria werden dabei als Mittel
problematisiert, die aufgrund der dem Bild und der Schrift jeweils spezifischen Dimension von
Aktualität ein gewünschtes Bild der Vergangenheit liefern sollen: durch Aneignung,
Transformation und Ablehnung.
Programm
14. Sept.
1. Memoria und Geschichtsschreibung: Die kulturelle Gedächtnisfunktion der
Bilder (Einführung)
21. Sept.
2. Liturgisches Gedächtnis und Ästhetik der Teilnahme: Das Passionstheater als
historisches Spiel der Erinnerung
28. Sept.
3. Autorität durch Wiederholung: Mnemonische Bildinstrumente als rhetorische
Speichermedien
5. Okt.
4. Das frühe Christentum und die damnatio memoriae: Bilder zwischen
Aneignung, Transformation und Ablehnung
12. Okt.
5. Vom Tropaion zum Kreuz: Etablierung einer Ikonotrophäe
19. Okt.
6. Bild, Fälschung und historiografische Verschleierung
26. Okt.
7. Renovatio imperii: Transfer, Spolien und Memoria
2. Nov.
8. Grabmäler als Informationsträger I: Dynastische Sicherungen
9. Nov.
9. Grabmäler als Informationsträger II: Kirchliche Tradierungen
16. Nov.
10. Leichnam als Bild: Das Privileg des Verschwindenlassens
23. Nov.
11. Die Fülle der Leerstelle: Mittelalterlicher Bildersturm als Sinnstiftung
30. Nov.
12. Die Anderen vergessen: Mittelalterliche Anti-Traditionen der Herausforderer
Christi
7. Dez.
13. Das mittelalterliche Weltbild und die kopernikanische Wende: Ein Riss im
Gedächtnis des Firmaments
14. Dez.
14. MCP