Erinnerung an Walter Stösser - DAV

Erinnerung an Walter Stösser
Von Rolf Constantin
Vor 80 Jahren verunglückte der bekannte Bergsteiger
an der Morgenhorn-Nordwand tödlich.
Nicht nur in Pforzheim, auch im berühmten Bergsteigerviertel Münchens, gibt es eine Walter-Stösser-Straße. Der
ehemalige Lehrer an der Schule von Dillweißenstein war zu
seiner Zeit eine herausragende Kletterpersönlichkeit, die es
immer wieder schaffte, schwierigste Routen in unbekanntem Gelände zu bestreiten. Die ”Klettergilde Battert” - ein
kleiner, aber leistungsfähiger Alpinistenclub, hatte in ihm
ein Vorbild und zusammen mit Fritz Kast, dem langjährigen
Hüttenwart der Sektion Pforzheim, unternahm Walter Stösser in den Alpen viele Erstbegehungen. Zum Battert ging es
damals noch mit dem Fahrrad und manche Fahrt dorthin
gestaltete sich als Familienausflug, erzählte Dagmar Rumpf,
die Stadtarchivarin von Baden-Baden, die im Stadtarchiv
Pforzheim einen aufschlussreichen Vortrag über Walter Stösser hielt. Sie ging dabei auch auf die 100-jährige Geschichte
des Batterts ein, dessen Felsen bis zu 60 Metern in die Höhe
reichen. Es ist das größte und beliebteste Klettergebiet im
Schwarzwald, und der ”Luis Trenker der Goldstadt” machte
hier Erstbegehungen, die noch heute zu den Klassikern zählen. Mit Veröffentlichungen in alpinen Fachzeitschriften und vielen Lichtbildvorträgen trug
er dazu bei, die Stadt Pforzheim und den Battert in Alpinistenkreisen bekannt zu machen.
Für den blondgelockten Charakterkopf und Wortführer der Gilde, Walter Stösser, war der
Battert stets Vorbereitung auf seine alpinen Klettertouren, die 1935 - am zehnten Jahrestag
seiner Alpenkarriere - ein jähes Ende nahmen, als er mit dem Pforzheimer Theo Seybold bei
einem tragischen Unfall mit in die Tiefe gerissen wurde.
Der Hüttenwirt der Gspaltenhorn-Hütte berichtete von dem Unglück als Augenzeuge:
”Ganz klar war der Morgen des 1. August 1935. Um 4 Uhr sind die beiden Bergsteiger fortgegangen, um 5 Uhr in die Felsen eingestiegen. Um 10.30 Uhr waren sie am Eis. Ich konnte
die beiden im Eisbruch gut erkennen. Um 13 Uhr sah ich sie in 3.400 Meter Höhe etwa
200 Meter unter dem Morgenhorn. Da niemand auf der Hütte war, konnte ich den Kampf in
den Eisbrüchen verfolgen. Sie kamen nur langsam voran. Die nächsten zwei Stunden brachten
sie nur 20 Meter höher. Da löste sich plötzlich unter ihnen ein Abbruch und krachend stürzten
die Eismassen in die Tiefe. Stösser wollte danach offenbar eine bessere Deckung ausfindig
machen und stieg als erster ab. Er schlug unterhalb von Seybolds Stand zur Sicherung einen
Eishaken. Dann kam Seybold nach. Aber nur drei bis vier Schritte. Dann löste sich ein zweites
Firnstuck. Nach diesem Bruch standen beide regungslos in der Eiswand.”
Beide kamen nicht mehr zurück und es konnte sie auch keiner finden.
Walter Stösser, am 1. Dezember 1900 in Pforzheim geboren, war verheiratet und hatte zwei
Kinder. Er führte eine Reihe von Erstbesteigungen durch und war Obmann der Klettergilde
am Battert. Seine Angehörigen überließen der Sektion Pforzheim umfangreiches Diamaterial,
das in diesen Tagen dem Stadtarchiv zur besseren Verwahrung übergeben wurde.