Januar 2016 Vor sechs Monaten haben der Iran und die E3+3 das Atomabkommen unterzeichnet. Seitdem ist Teheran in den Augen vieler Regierungen der Aufstieg zum seriösen Partner auf der internationalen Bühne gelungen. Laut der Internationalen Atomenergiebehörde und anderen Beobachtern hat sich das Regime in Teheran bei der Erfüllung seiner im Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) festgehaltenen Verpflichtungen bislang keine größeren Verstöße geleistet. Der sog. Implementierungstag, an dem der Iran seine aus dem JCPOA ergehenden Pflichten erfüllt hat und der Sanktionsabbau beginnt, steht kurz bevor. Die wiederholten Tests ballistischer Raketen, deren militärischer Zweck die Bestückung mit Nuklearsprengköpfen ist, lassen bzgl. der langfristigen Absichten Teherans im Umgang mit seinem Atomprogramm jedoch Zweifel aufkommen. Auch bei den Nachbarn des Iran führen dessen Ambitionen, sich u.a. durch seine militärischen Fortschritte zur vorherrschenden Regionalmacht zu entwickeln, zu zunehmender Verunsicherung und internationalen Spannungen. Besonders mit Saudi-Arabien ist der Iran auf einen direkten Konfrontationskurs gegangen. So folgten auf die Exekution des schiitischen Klerikers Nimr al-Nimr in Saudi Arabien Angriffe auf dessen diplomatische Vertretungen im Iran; Revolutionsführer Khamenei drohte den Saudis mit der “Rache Gottes”. Gerade im Bereich der Menschenrechte hat sich die iranische Bilanz eher verschlechtert als verbessert. Vor dem Hintergrund der scharfen Proteste gegen die Hinrichtungen in Saudi-Arabien überraschend: Den Berichten verschiedener NGOs zufolge hat der Iran im vergangenen Jahr über 1000 Menschen hingerichtet und hat damit, gemessen an der Bevölkerungszahl, die höchste Hinrichtungsrate weltweit. 1 Atomabkommen & Sanktionen Baldige Implementierung des Atomabkommens & Ende der Sanktionen US-Außenminister John Kerry verkündete Anfang des Monats, dass die Implementierung des Atomabkommens nur noch wenige Tage entfernt sei. Nachdem die zur Erfüllung des Abkommens verpflichtende vorübergehende Stilllegung des Schwerwasserreaktors in Arak schon verkündet wurde, ist dies durch die iranische Atombehörde nun doch wieder dementiert worden. Dennoch werde die Stilllegung zeitnah erfolgen. Mit der Implementierung des Abkommens würden die Sanktionen gegen das iranische Atomprogramm nach und nach abgebaut. Eine Vielzahl europäischer Unternehmen hat schon jetzt umfangreiche Verträge für ihren Wiedereinstieg in den iranischen Markt unterzeichnet. So wird z.B. Siemens im Iran große Infrastrukturprojekte durchführen. Quellen: http://www.haaretz.com/world-news/1.696248 http://www.timesofisrael.com/irans-deputy-nuclear-chief-denies-that-arak-reactor-wassealed/ http://meta.tagesschau.de/id/107201/siemens-vor-grossauftraegen-im-iran Antisemitismus & Hetze Teheran startet neuen Holocaust-Karikaturen Wettbewerb Wie bereits im vergangenen Jahr hat der Iran auch für 2016 einen Internationalen Karikaturen-Wettbewerb angekündigt, der den millionenfachen Mord an Juden leugnet. Nach Angaben des Leiters des Hauses der Karikaturen in Teheran, Masud Shojai-Tabatabai, werden die Gewinner des Wettbewerbs im Juni 2016 in Irans zweitgrößter Stadt Maschhad ermittelt. Den antisemitisch motivierten Wettbewerb begründet Shojai-Tabatabai mit dem Recht auf Meinungsfreiheit. Die „Künstler“ sind zudem aufgerufen, den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu verunglimpfen. Im vergangenen Jahr haben auch deutsche Teilnehmer Karikaturen eingereicht. Quelle: http://www.bild.de/politik/ausland/iran/neuer-holocaust-karikaturen-wettbewerb43858686.bild.html Regionale Sicherheit Iran-Saudi Arabien Konflikt Nach der Hinrichtung des schiitischen Klerikers Nimr al-Nimr in Saudi Arabien, wurden in Teheran die Botschaft und in Maschhad das Konsulat Saudi-Arabiens gestürmt, verwüstet und in Brand gesteckt. Einstimmig verurteilte der UN Sicherheitsrat die Erstürmung der saudischen Vertretungen und forderte den Iran auf, diplomatisches Eigentum und Personal zu schützen und seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Revolutionsführer Khamenei drohte Saudi 2 Arabien mit der “Rache Gottes”. Die ihm nahestehende Zeitung Kayhan forderte konkret dazu auf, saudische Ziele anzugreifen. Infolge dieser Ereignisse brach das saudische Königreich seine diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran ab. Bahrein, Sudan, Kuwait und die Arabischen Emirate verwiesen iranische Diplomaten ebenfalls des Landes und reduzierten ihre diplomatischen Kontakte zur Islamischen Republik. Quellen: http://www.irna.ir/en/News/81904588/ http://www.dw.com/de/un-sicherheitsrat-verurteilt-angriff-auf-saudische-botschaft-inteheran/a-18958534 https://nowruziran.wordpress.com/2016/01/04/iran-kayhan-editor-shariatmadari-urgesmuslim-world-to-attack-royals-politicians-military-bases-saudi-arabia/ Weitere geheime Lagerungsstätte für Langstreckenraketen & Raketentests Kürzlich erschienene Aufnahmen zeigen den iranischen Parlamentspräsidenten Ali Laridschani bei der Einweihung einer zweiten geheimen unterirdischen Anlage zur Lagerung von ballistischen Raketen. Erst im Oktober und im Dezember des vergangenen Jahres testete der Iran „Emad“-Raketen mit großer Reichweite und zeigte Bilder einer ebenfalls unterirdischen Raketenlagerungsstätte. Die Tests der Raketen verstoßen gegen die UN Resolution 1929 und könnten eine weitere Eskalation in einer von Konflikten zerrütteten Region provozieren. Die USA planen daher von dem Atomabkommen unabhängige Sanktionen, die sich gegen das iranische Raketenprogramm richten werden. Quellen: http://www.dw.com/en/iran-shows-off-second-underground-ballistic-missile-facility/a18959948 http://www.theguardian.com/world/2015/oct/15/iran-reveals-huge-underground-missilebase-with-broadcast-on-state-tv http://www.theguardian.com/world/2015/dec/16/iran-violated-sanctions-with-missile-testsays-un-panel?CMP=twt_gu http://www.nytimes.com/2016/01/11/opinion/irans-other-scary-weaponsprogram.html?_r=2 Festsetzung von US-Marinesoldaten durch den Iran Am 13. Januar 2016 kamen zwei Boote der US-Marine vom Kurs ab und geriet in iranische Hoheitsgewässer, wo die Boote durch iranische Soldaten aufgebracht und die US-Soldaten festgenommen wurden. Die Amerikaner wurden nach Verhandlungen zwischen beiden Regierungen schnell wieder freigelassen. Die Aussagen eines iranischen Admirals, nach denen seine Marine bereit war, die US-Marine zu beschießen, und die aggressive Selbstverständlichkeit, mit der das iranische Militär gegen Amerikaner vorgeht, deuten jedoch trotz des glimpflichen Ausgangs des Vorfalls auf neues Selbstverständnis Teherans in der Region hin. Quellen: http://www.reuters.com/article/us-usa-iran-boats-diplomacy-idUSKCN0US02E20160114 3 http://www.timesofisrael.com/iran-naval-chief-we-were-ready-to-fire-at-us-aircraft-carrier/ Menschenrechte Drei Hinrichtungen pro Tag Nach Berechnungen von Amnesty International und weiteren NGOs wird die Zahl der Exekutionen durch das Regime in Teheran im Jahr 2015 auf über 1000 gestiegen sein. In keinem anderen Land auf der Welt werden laut der UN pro Kopf mehr Menschen hingerichtet als im Iran. Ehebruch und gleichgeschlechtlicher Sex, Drogen-Delikte, Abkehr vom islamischen Glauben und Beleidigung des Propheten sowie Verbrechen gegen die nationale Sicherheit, die meist vage als „das Säen von Korruption auf Erden“ betitelt werden, sind nur einige der sogenannten Kapitalverbrechen, die im Iran mit dem Tode bestraft werden. Beschuldigte, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren, werden ebenfalls nicht von der Todesstrafe ausgenommen. Die von der internationalen Staatengemeinschaft als moderat betrachtete Rouhani-Regierung hat seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2013 weitaus mehr Menschen hinrichten lassen als ihre Vorgängerregierungen. Quellen: http://www.theguardian.com/world/2015/jul/23/executions-iran-1000-this-year-amnestyinternational https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/iran#todesstrafe http://shaheedoniran.org/wp-content/uploads/2015/10/SR-Report-IranOct2015.pdf#page=4 http://www.iranrights.org/ Iran auf der Rangliste der Pressefreiheit: Platz 173 von 180 Nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen befinden sich derzeit 17 Journalisten und 19 Online-Aktivisten in iranischen Gefängnissen. Der Iran belegt derzeit Platz 173 von 180 Ländern auf der Rangliste der Pressefreiheit. Die Medien unterliegen einer umfassenden staatlichen Kontrolle, das Internet wird zensiert, Zeitungsredaktionen geschlossen und kritische Journalisten sowie Blogger zu langen Haftstrafen verurteilt. Zuletzt kam es im November zu einer Verhaftungswelle von Journalisten, denen vorgeworfen wurde, ein Spionagenetzwerk zu etablieren, dass Medien und Politik zu infiltrieren versuche. Die Rouhani-Regierung versucht im Vorfeld der iranischen Parlaments- und Expertenratswahlen, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Quellen: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/iran/ http://www.rferl.org/content/iran-journalist-arrests-former-culture-official/27341093.html 40.000 Autos von Frauen beschlagnahmt Seit März 2015 wurden zehntausende Fahrzeuge von Frauen, die während der Fahrt nicht ordnungsgemäß gekleidet waren, konfisziert. Laut eines Beschlusses werden die Autos von Frauen, die kein Kopftuch tragen oder ihr Haar nicht bedecken, für eine Woche beschlagnahmt. Zudem erwarten die Frauen darüber hinausgehende Strafen. Quelle: http://www.n-tv.de/politik/Kein-Kopftuch-Dann-ist-das-Auto-weg-article16576226.html 4
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