Schlüsse aus Daten ziehen

Schlüsse aus Daten ziehen/ Argumentieren
Das Ziehen von Schlüssen aus Daten macht den Hauptbestandteil wissenschaftlichen
Arbeitens aus. Es werden Hypothesen generiert, Aussagen getroffen und Urteile über Dinge
und Vorgänge gefällt, die den Menschen tag täglich umgeben. Dies bedarf jedoch immer
einer empirischen Basis – den Daten. Ohne sie können sich Aussagen nicht lange halten und
verschwinden schnell unter den Deckmantel von Vorurteilen, Halbwahrheiten, Mythen,
Vermutungen oder so genannten „Stammtischmeinungen“. Daten sind also das Fundament,
auf welchem durch Analyse und Interpretation letztendlich gesicherte Aussagen, logische
Schlüsse und Schlussfolgerungen aufgebaut werden. Die Tatsache, dass Darstellung, Analyse
und Interpretation ein und desselben Datensatzes je nach Blickwinkel, Hintergrundwissen
oder Absichten und Ziele voneinander abweichen darf hierbei nicht außer Acht gelassen
werden. Das Argumentieren nimmt hier eine wichtige Rolle ein – entscheidet man sich für
einen bestimmten Weg beim wissenschaftlichen Arbeiten, so muss dieser sozusagen vor
jeglichen möglichen kritischen Einwänden verteidigt werden. Für und Wider der Art der
Datenbeschaffung, ausgewählte Methode der Analyse und Darstellungsweise der Daten und
Interpretation oder Schlussfolgerung müssen gut begründet sein.
Das Ziehen von Schlüssen aus Daten durchzieht nicht nur die Welt der Wissenschaft sondern
ebenso Alltag, Politik, Sport, Medizin, Wetter, etc. Überall greift man auf Daten zurück,
deren Analyse und geschickte Darstellung einen Beitrag zur Beschreibung der Welt leisten.
Ziel ist den Dingen eine Struktur zu geben und durch die Analyse Vorhersagen zu treffen um
nicht ganz dem Schicksal oder dem Zufall ausgesetzt zu sein.
Im ersten Moment nicht augenscheinlich, so basiert auch die Mathematik auf Daten und
dem Ziehen von Schlüssen aus diesen. Beispielsweise liefern in der Stochastik und Statistik
Befragungen oder Experimente Daten, die auf verschiedene Art und Weise verarbeitet
werden können. Es wird von Stichproben auf die Grundgesamtheit geschlossen oder die
Häufigkeitsverteilung beim 1000maligen Würfeln lässt auf die Wahrscheinlichkeit schließen
eine bestimmte Ziffer zu würfeln. Die Geometrie beispielsweise lebt ebenso von Daten – ob
es sich um Koordinaten, Längen oder Vektoren handelt. Das Messen von verschiedenen
Längen und Flächen lässt etwa auf bestimmte proportionale Zusammenhänge schließen.
Ähnlich verhält es sich beim mathematischen Beweisen. Bereits bewiesene Aussagen und
Axiome fungieren als ´Daten´, mit welchen durch logische Folgerung bestimmte
mathematische Aussagen bewiesen werden. Die Liste der Beispiele ist lang und sollte auf
diesem Weg nur einen Einblick geben, in wie weit sich die große Idee „Schlüsse aus Daten
ziehen / Argumentieren“ als Kernidee wissenschaftlichen Arbeitens durch die Mathematik
zieht. Hierzu wurden Arbeitsblätter erstellt, die durch einen besonderen Aufgabentypus
Schüler und Schülerinnen der Sekundarstufe in verschiedenen Altersklassen an eine etwas
ungewohnte Art des Lösens mathematischer Probleme heranführen soll. Weg vom starren
Rechnen eingekleideter Aufgaben, die oftmals nur einen Lösungsweg oder Lösung zulassen,
sollte der Blick auf eine Mathematik gelenkt werden, die etwas spannender und
facettenreicher ist als ihr Ruf. Es wurden Aufgabenstellungen herangezogen, bei denen
durch vorgegebene oder selbst zu erhebende Daten durch geschicktes Berechnen, Darstellen
und Analysieren des Problems mathematische Schlüsse gezogen werden. Die recht offene
Aufgabenstellung bietet Spielraum für verschiedene Wege sich den mathematischen
Inhalten aus den Gebieten Stochastik und Geometrie gegenüberzustellen. Im Sinne der
Metakompetenz auch verschiedene Herangehensweisen und Taktiken des Lösens der
Aufgaben zu begründen sollen die Schülerinnen und Schüler bei einigen der Aufgaben ihre
Gedankengänge versprachlichen und so lernen mathematisch zu argumentieren.
- Schlüsse aus Daten ziehen BLOCK A
Geometrie
1
Aufgabe 1)
a) Miss zusammen mit deinem Nachbarn die Umfänge und Durchmesser von verschiedenen
runden Gegenständen und trage die Daten in die unten stehende Tabelle ein.
Gegenstand
Durchmesser
(cm)
Umfang (cm)
b) Du hast nun einige Daten gesammelt. Hast du vielleicht schon eine Idee oder Vermutung,
wie Durchmesser und Umfang zusammenhängen? Welche Schlüsse kannst Du aus den Daten
ziehen? Wie kannst du diese Schlüsse begründen?
c) Beim wissenschaftlichen Arbeiten benötigt man Daten, aus denen durch Analyse und
Interpretation bestimmte Schlüsse gezogen werden.
Versetze dich in die Lage eines Geologen, der für seine Forschungsarbeiten Daten über einen
Vulkankrater benötigt. Leider ist dieser sehr steil und tief – er kann lediglich den Umfang des
Kraters messen, für den Durchmesser fehlen im die technischen Hilfsmittel. Für ihn ist dies
aber dennoch keinesfalls ein Problem…
Mit 4 km/h Schritttempo benötigt er ziemlich genau ein Stunde um den Vulkankrater zu
umlaufen. Wie kann er daraus den Durchmesser des Kraters errechnen?
(Nimm die Daten aus a) zur Hilfe)
d) Du weißt nun die ungefähre Größe des Durchmessers des Vulkankraters. Mit ungefähren
Daten gibt sich aber leider kein Wissenschaftler zufrieden. Auch die Mathematiker nehmen
Vorlieb mit exakten Daten.
Schau dir zur Wiederholung folgenden Kasten noch einmal genau an:
Wenn zwei Größen proportional zueinander sind, ist die Verdopplung (Verdreifachung,
Halbierung, ...) der einen Größe stets mit einer Verdopplung (Verdreifachung, Halbierung,
...) der anderen Größe verbunden. Man schreibt auch x ~ y („x proportional zu y“).
Sind zwei Größen proportional zueinander, so sind sie auch quotientengleich. Der Quotient
eines beliebigen Wertepaares einer proportionalen Funktion bleibt also gleich.
x1 : y1 = x2 : y2 = x3 : y3 = …
Umfang und Durchmesser eines Kreises sind immer proportional zueinander und aus diesem
Grund auch quotientengleich. In diesem Fall habt ihr in der ersten Aufgabe wahrscheinlich
ohne dass es euch bewusst war mit der Kreiszahl π gerechnet. (bzw. mit dem gerundeten
Wert der Kreiszahl). Ihr habt aus euren gemessenen Daten den Schluss gezogen, dass der
Umfang eines Gegenstands immer etwa ____mal so groß ist wie sein dazugehöriger
Durchmesser. Da Genauigkeit in der Mathematik hohe Priorität hat greift man auf π zurück
und erhält folgenden Zusammenhang:
Umfang (des Kreises) = π • Durchmesser (des Kreises)
U=π•d
(π = 3,1472…)
- Schlüsse aus Daten ziehen -
BLOCK A
2
Geometrie
Dieses Bild kommt euch bestimmt bekannt vor. Es stammt vom italienischen Universalgenie
Leonardo da Vinci. Er war Maler, Bildhauer, Architekt, Anatom, Mechaniker, Ingenieur und
Naturphilosoph. Das Bild ist ein Versuch einer Antwort auf die Frage:
Kann man aus Körpermaßen Schlüsse ziehen?
Aufgabe 1)
a) Mit einem Meterstab sollt ihr zunächst eure Unterarmlänge und eure Körpergröße
messen.
Name
Julia
(3 Jahre
alt)
Körpergröße in
cm
60
Karla
(7 Jahre
alt)
Heinz
(50 Jahre
alt)
120
181
Unterarmlänge
in cm
(Unterarm: Ellenbogen bis Fingerspitzen der ausgestreckten Hand; Hand- und Arminnenflächen)
b) Du hast nun einige Daten gesammelt. Kannst du aus den Daten Schlüsse ziehen?
Formuliere Vermutungen.
c) Du kennst den Begriff der Proportionalität und den der ´linearen Funktionen´. Schau dir
zur Wiederholung folgenden Kasten noch einmal genau an:
Wenn zwei Größen proportional zueinander sind, ist die Verdopplung (Verdreifachung, Halbierung,
...) der einen Größe stets mit einer Verdopplung (Verdreifachung, Halbierung, ...) der anderen Größe
verbunden.
Proportionalität ist ein Spezialfall der Linearität. Linear ist jeder Zusammenhang zwischen zwei
Größen, dessen Darstellung in x-y-Koordinaten eine Gerade ist; Proportionalität bedeutet, dass
diese Gerade durch den Koordinatenursprung geht.
Was haben die Daten aus a) zu den Körpergrößen und Unterarmlängen mit Proportionalität/
Linearität zu tun?
d) Trage nun die Daten aus a) in das folgende Koordinatensystem ein.
Körpergröße
Unterarmlänge
e) Kannst aus dem Diagramm in d) Schlüsse ziehen? Worauf kann man schließen, wenn man
beobachtet, dass die Punkte auf einer Geraden liegen? Finde Gründe, warum dies so sein
muss.
f) Tim behauptet: "Es handelt sich weder um einen proportionalen, noch um einen linearen
Zusammenhang der beiden Größen. Denn nach dem Kasten aus in c) müsste eine Gerade
entstehen, wenn ich die Punkte verbinde...“
Zieht Tim den richtigen Schluss? Begründe.
e) Katrin sagt:
„Mir genügt ein Datensatz aus zwei Körpergrößen und den dazugehörigen Unterarmlängen.
Wenn ich zu diesen beiden Wertepaaren in einem Koordinatensystem eine
Verbindungsgerade zeichne, kann ich bei JEDEM Menschen anhand seiner Unterarmlänge
auf seine Körpergröße schließen“.
Hat Katrin recht? Schreibe auf, was Du ihr antworten würdest.
- Schlüsse aus Daten ziehen 2
BLOCK B
Aufgabe 1)
Gustav erstellt mit Tinkerplots folgendes
Diagramm. Welche Schlüsse kann er aus
der
Verteilung der Merkmalsträger
ziehen?
Handelt es sich bei den Merkmalsträgern
um erwachsene Menschen oder doch
eher um Jugendliche?
Aufgabe 2)
Sabine und Ralf streiten:
Ralf: „Größe und Gewicht korrelieren stark:
Je größer ein Mensch desto schwerer ist er
auch.“
Sabine: „Versteh ich nicht ganz. Ich bin
größer als meine Mutter, aber ich wiege
etwa 10kg weniger als sie…“
Was könnte Ralf antworten, um Sabine den Sachverhalt zu verdeutlichen?
Aufgabe 3)
Felix und Sandra diskutieren über die Olympischen Spiele. Sie fertigen beide jeweils einen
Graphen zu den Wurfweiten an: (selber Datensatz)
Sandra:
Felix:
Nun fangen die beiden an zu diskutieren:
Sandra: „Seit Anfang der 90er stagnieren die Wurfweiten, bzw. sind
sogar leicht rückläufig. Die Zeiten der großen Rekorde beim
Diskuswerfen sind vorbei…“
Felix: „Du hast doch keine Ahnung. Schau mal meinen Graphen an.
Die Wurfweiten schnellen sprichwörtlich in die Höhe. Dass
nicht in jedem Jahr zwangsläufig ein neuer Rekord gebrochen wird ist ja wohl klar, aber die Tendenz ist eindeutig,
wie man an meiner angepassten Gerade sehen kann…
Anna hat aufmerksam zugehört. Sie denkt sich: „Wer hat nun Recht?
Werden die richtigen Schlüsse aus den Graphen gezogen? Sind die
Graphen korrekt? Überzeugen die Argumente der beiden?“
Was würdest du, wenn Du Anna wärst, zu Sandra und Felix sagen?
Schlüsse aus Daten ziehen
BLOCK B
1
Stochastik
Gegeben ist das Gehaltsgefüge einer fiktiven Firma:
Bezeichnung
Arbeiter
Arbeiter, gehobene
Position
Leiter von
Arbeitsgruppen
Management
Vorstandsvorsitzender
SUMME
Anzahl
1.103
Durchschnitt (in €)
968
492
2004
48
5466
8
10.245
1
400.000
1.652
--------
Gruppe (in €)
a) Vervollständige die Tabelle. Was verdient die jeweilige Gruppe insgesamt? (Anzahl x
Durchschnitt)
b) Ist die Bezahlung in der Firma gerecht? Formuliere Aussagen und Beispiele, die
verdeutlichen, dass die Bezahlung (un-)gerecht ist?
(Beispiel: Ein Manager der Firma verdient etwa das 5-fache eines Arbeiters)
c) Im Folgenden geht es um die richtige Argumentation. Gut begründete Meinungen
basieren auf Daten. Diese befinden sich in der obigen Tabelle.
Der Vorstandsvorsitzende behauptet: „Uns geht es doch allen gut. Im Schnitt verdient ein
Mitarbeiter unserer Firma ______________€. Da können sich andere Firmen eine Scheibe
davon abschneiden.“
Zieht der Vorstandsvorsitzende den richtigen Schluss aus den ihm vorliegenden Daten (dem
Gehaltsgefüge)? Was könnten die Manager der Firma behaupten, um die Aussage des
Vorstandsvorsitzenden zu stützen?
d) Das Gehaltsgefüge der Firma wird von außen, z. B. von einer Gewerkschaft begutachtet.
Argumentiert aus der Sicht der Gewerkschaft warum das Gehalt der Arbeiter angehoben
werden sollte. (Hinweis: Verwendet für Eure Argumentation insbesondere den Median und
das arithmetische Mittel.)
- Schlüsse aus Daten ziehenBLOCK C
Tinkerplots©
(http://www.keypress.com/x5715.xml)
Öffne die Datei „Muffins“. Klicke „Plot“ (rot markiert) und zieht ihn auf eine freie Stelle im
Fenster. Jeder Punkt im „Dotplot-Fenster“ repräsentiert einen der über 500 Schüler, die an
einer Umfrage teilnahmen.
Aufgabe 1)
Ziehe zunächst die beiden Merkmale „Größe“ und „Gewicht“ auf die beiden Achsen.
Tinkerplots teilt die Fälle nun in Gruppen ein. Wählt einen beliebigen Punkt und zieht diesen
nach rechts und einen anderen danach nach oben, um die Einteilung zu verfeinern.
Schließlich entsteht ein Streudiagramm. Wie sieht die Verteilung der Merkmalsträger aus?
Beschreibe den Zusammenhang zwischen den Merkmalen.
Aufgabe 2)
Klickt auf den Button im linken unteren Eck des Dotplot-Fensters. Die Karten werden
sozusagen nun neu gemischt. Findet ihr noch andere Zusammenhänge von verschiedenen
Merkmalen? Finde es heraus, indem du andere Merkmale auf die Achsen ziehst.
Aufgabe 3)
Ziehe verschiedene Merkmale auf die Achsen und experimentiert mit den Funktionen
„Stack“, „Order“, „Seperate“. Was kannst du beobachten, wenn du die verschiedenen
Befehle anklickst?
Kannst du zusätzliche Schlüsse mit Hilfe dieser Funktionen ziehen? Wieso hast du gerade
diese Merkmale untersucht? Falls du einen neuen Zusammenhang entdeckst hast, erläutere
warum dieser auch Sinn macht.
Aufgabe 4)
Um das Programm besser kennen zu lernen, kannst du versuchen, die folgenden Fragen zu
beantworten
a) Wie viele weibliche Personen haben an der Umfrage teilgenommen?
b) Wie viele männliche Schüler interessieren sich ´sehr stark´ für Sport? Tipp: Merkmal
„Sport“
c) Wie viel Prozent der Befragten haben einen BMI zwischen 20 und 30? (Klicken des
Merkmals „BMI“, anschließend „Seperate“ und bei der Funktion „Counts“ auf das %Zeichen)
Aufgabe 5)
Wie kann dir Tinkerplots helfen, aus Daten Schlüsse zu ziehen? Gib Gründe an, warum die
Aussagen/Schlüsse gelten. Erläutere an Beispielen.