Willy Rink Die Erfindung des ewigen Juden Ein Rückblick auf wahnhafte Vorurteile im Dritten Reich MMXV Willy Rink Die Erfindung des ewigen Juden Ein Rückblick auf wahnhafte Vorurteile im Dritten Reich MMXV 1 Copyright: © 2012 Willy Rink Herstellung und Verlag: epubli GmbH, Berlin www.epubli.de ISBN 978-3-7375-4668-3 2. Auflage 2015 Das auf dem Umschlag dieses Buches dargestellte Plakat "Der ewige Jude" (H. Stalüter, 1937) ist mit Genehmigung des Bundesarchivs, Koblenz, widergegeben. Signatur: Plak 003-020-019. 2 Für Zerline Löwenberg Lothar Löwenberg Kurt Löwenberg Helga Löwenberg Karl Heinz Löwenberg Klara Ackermann Arthur Ackermann Selma Löwenstein Hermann Löwenstein Ilse Löwenstein Menschen meiner Jugendwelt, die deportiert und ermordet wurden 3 Inhalt *** Vorwort 1 Jüdische Gesichter 10 Jüdische Idiome 39 Jüdische Berufe 47 Jüdische Namen 59 Jüdische Schläue 77 Jüdische Rasse 99 Jüdischer Glaube 112 Nachwort 139 *** Anhang Tödliche Definitionen 150 4 Vorwort Dieses Buch gibt den Inhalt einer Reihe von Vorträgen über das wahnhafte Judenbild in Hitlers Drittem Reich wider, die ich vor einiger Zeit als Visiting Professor an einer amerikanischen Hochschule, also in einer anderen Sprache, vor Hörern aller Fakultäten, gehalten habe. Diese Vorträge, nun ins Deutsche und vom Redemanuskript in Buchtext übertragen und um mancherlei Gedanken und Erinnerungen erweitert, haben damals bei den jungen amerikanischen Hörern große Aufmerksamkeit gefunden, weil sie vom Holocaust zwar wussten, aber die Hintergründe des Judenhasses und Judenmordes in Hitlers Deutschem Reich kaum kannten. Allenfalls die unfassbaren Opferzahlen waren ihnen geläufig. Das wird bei vielen jungen Deutschen heute kaum anders sein. Die meisten von ihnen wissen nicht wirklich, was damals geschehen ist. Hier zur Aufklärung beizutragen, ist die Absicht des Verfassers. Das Buch, das nun vorliegt, gilt dem Andenken jüdischer Menschen, die zum Alltag meiner Jugend in einer deutschen Stadt gehört haben. Angehörige, Freunde, Nachbarn, Bekannte. Der Name dieser Stadt, es war Wiesbaden, tut nichts zur Sache, es hätte jede beliebige andere deutsche Großstadt sein können, denn die Judenverleumdung und Judenverfolgung waren damals, in meiner Jugendzeit, allgegenwärtig. Es gab in Hitlers Drittem Reich keine öffentliche Enklave der Menschlichkeit. Es geht in diesem Buch um die Erinnerung an Menschen, die Hitlers Mordgesellen zum Opfer fielen, wenn sie das Land nicht rechtzeitig verlassen konnten oder wollten. Es geht um meine jüdischen Angehörigen. Um die jüdischen Eigentümer des Hauses, in dem wir wohnten und die beiden anderen jüdischen Familien im Haus. Um die jüdischen Kaufleute in unserem Viertel, bei denen wir ständige Kunden waren. Um den jüdischen Schuhmacher und den jüdischen Schneider, die unversehens nicht mehr für ihre christlichen Kunden arbeiten durften. Um den jüdischen Kinderarzt, der mich, das Kind armer Leute, ohne Honorar behandelt hat. Der den weiten Weg von seiner Praxis im Villenviertel zu uns, ins Westend, in dem kleine Leute wohnten, nicht scheute, als ich die Masern oder Scharlach hatte. Um den jüdischen Lehrer, den alle Schüler respektierten, weil er im Ersten Weltkrieg 1 deutscher Soldat und Träger des Eisernen Kreuzes I. und II. Klasse war. Ein Lehrer, der uns mit leuchtenden Augen berühmte Gedichte und Geschichten so nahebrachte, dass auch wir kleine Buben leuchtende Augen bekamen. Ein Pädagoge, der die Schule gleichwohl verlassen musste, weil er Jude war. Es geht um die wenigen jüdischen Schul- und Spielgefährten, die freilich bald, mit oder ohne ihre Eltern, das Land verlassen haben. Ich könnte andere Juden nennen, denen ich damals begegnet bin. Menschen aus unserem Viertel, die deportiert und ermordet wurden, weil ihnen die Ausreise, die Flucht, nicht rechtzeitig gelungen ist oder weil sie trotz aller Demütigungen ihre Heimat nicht verlassen wollten. Menschen, die ich natürlich nicht alle gut kannte. Das gilt erst recht für die zahlreichen Juden, die in den besseren Stadtvierteln wohnten. Fabrikanten, Kaufleute, leitende Angestellte, höhere Beamte, Rechtsanwälte, Architekten, Ärzte und andere Angehörige freier Berufe. Ihre gesellschaftlichen Positionen und ihre schönen Häuser und stattlichen Etagenwohnungen in den Villenvierteln haben sie nicht vor der Deportation bewahrt. Sie starben wie meine jüdischen Angehörigen und unsere jüdischen Nachbarn und Bekannten in Buchenwald, Dachau, Auschwitz, Theresienstadt, Belcec, Sobibór, Majdanek und anderen Schreckensstätten. Bis auf jene, die ihrem Leben ein Ende setzten, als sie deportiert werden sollten. Das waren in unserer Stadt rund sechzig Menschen. Jeder zwanzigste der Juden, die vor den Deportationen noch in unserer Stadt lebten, hat sich damals das Leben genommen. Das Gift hatten sie sich rechtzeitig beschafft. Ich bin, Sohn einer evangelischen Mutter und eines jüdischen Vaters, damals von einem Katholiken, dem zweiten Mann meiner Mutter, adoptiert worden und so – als Sohn einer christlichen Familie - jeglichen judenfeindlichen Attacken entkommen. Denn es gab damals keinerlei Anlass, meiner Herkunft nachzuforschen. Das konnten jene meiner Cousins und Cousinen nicht von sich sagen, die ebenfalls christlich-jüdischen Ehen entstammten, aber der Jüdischen Gemeinde angehörten, weil ihre Eltern es so beschlossen hatten. Denn Hitlers Schergen haben sich ungeachtet ihrer rassistischen Rhetorik an die Mitgliederverzeichnisse der Jüdischen Gemeinden, allenfalls noch an die Karteien der Meldebehörden gehalten, wenn sie feststellen wollten, wer in ihren Augen Jude oder sogenannter Judenmischling war. Die üblichen 2 Klischees vom Aussehen und Verhalten der Juden haben ihnen jedenfalls nicht geholfen. Nun also, alt geworden, kann und will ich die Fragen noch einmal stellen, die mir in meiner Jugend niemand beantwortet hat. Was es denn mit den antijüdischen Vorurteilen auf sich hat, die damals in der Schule ebenso wie im Alltag verbreitet wurden. Böswillige Bilder, denen man auch heutzutage und hierzulande, wenngleich selten, immer noch begegnen kann. Das gilt auch für die projüdischen Klischees, die damals von gutwilligen Zeitgenossen vorgebracht wurden, von gläubigen Christen, die sich dem Nächsten verbunden wußten und aufgeklärten, liberalen Menschen, die sich gegen den verordneten Judenhass wehrten. Argumente, die ebenfalls heute noch zu hören sind. Denn Judeophobie und Judeophilie sind, wie mir viel später klar geworden ist, Zwillinge, die sich nur im Vorzeichen ihrer Vorurteile unterscheiden. Sie gehören zusammen, weil sie Juden nicht als normale Menschen sehen wollen, als Menschen wie Dich und mich. Menschen, die sich nur durch ihren Glauben und seine unheilvolle Geschichte von den Christen unterscheiden. Gleichwohl gilt dieses Buch vor allem den antijüdischen Vorurteilen, denen ich in meiner Jugend begegnet bin. Antijüdische Klischees, die einen Juden erfunden haben, den es niemals gegeben hat. Diese von Hass und Neid erfundene Gestalt des Juden steht im Mittelpunkt meines Textes. Ich will, älter und alt geworden, endlich festhalten, was es mit den Vorurteilen auf sich hat, die damals, in meiner Jugend, in der Schule verbreitet wurden. In allen Fächern. Selbst der Religionsunterricht war damals nicht immer frei von Anbiederungen an Hitlers verzerrte Gedankenwelt. Der ewige Jude: Das Klischee vom jüdischen Gesicht, von der jüdischen Mimik und Gestik, der jüdischen Sprache, dem Mauscheln, dem Schachern, den deutschjüdischen Namen als anmaßender Verkleidung fremder Herkunft und den Berufen, in die die Juden vornehmlich drängten, weil ihnen schwere, vor allem körperliche Arbeit vorgeblich nicht lag. Die abfälligen Reden von der jüdischen Intelligenz, die von den Judenfeinden als Geschäftstüchtigkeit, Durchtriebenheit und Gerissenheit oder, wenn es um Schriftsteller, Wissenschaftler, Journalisten, Schauspieler und Regisseure ging, als destruktive, volksferne Intellektualität verleumdet wurde. Ich werfe, wie gesagt, im Vorbeigehen auch einen Blick auf die judenfreundlichen Klischees, die damals als Begleiter der herrschenden Judenfeindschaft von manchen Menschen vertreten wurden. Und ich beschreibe die 3 Verachtung vieler alteingesessener Angehörigen der Jüdischen Gemeinde in unserer Stadt gegenüber den später zugewanderten Ostjuden, die von jenen als befremdliche Glaubensgenossen, als ungebetene Gäste wahrgenommen wurden. Aber diese innerjüdischen Dissonanzen, die widersprüchlichen Selbstbilder unter Juden, sind nicht zu verstehen, wenn man die antijüdischen Vorurteile der anderen Deutschen nicht kennt, die damals den Westjuden nicht anders als den Ostjuden galten. Irritiert von den antijüdischen Parolen, die damals den Schulunterricht beherrschten, wollte ich erfahren, ob die Juden eine Glaubens- oder eine Herkunftsgemeinschaft oder beides sind. Von einer jüdischen Nation war in jenen Jahren auch unter den Juden, wenn sie nicht Zionisten waren, noch keine Rede. Man sprach allenfalls vom jüdischen Volk und meinte die Menschen jüdischen Glaubens. Die Antwort ist wichtig, denn den Glauben kann man in der Not verleugnen, die Herkunft nicht, wenn sie in Karteien und Dokumenten festgehalten ist. Herkunft, das hiess damals im Schulunterricht Rasse. Arische oder jüdische Rasse. Die vielen anderen Völker auf dieser Erde, die Mehrheit aller Menschen, wurden in der Schule damals so gut wie gar nicht erwähnt. Immer nur die Arier und die Juden, die unser Unglück sind. Ihre vorgebliche Rasse, ihre Herkunft, war für Juden ein unsichtbares, ein imaginäres Brandmal, das bis zum Tod haftete und niemals und von niemandem jemals entfernt werden konnte. Auch durch den Wechsel zum Christentum blieb der Jude dem Rassisten, was er immer war. Der von Verachtung, Neid und Missgunst erfundene Fremdling, der nicht dazu gehörte. Der ewige Jude. Auf dieser Reise in die Vergangenheit stelle ich mir natürlich die Frage nach der jüdischen Identität, also danach, was Menschen zu Juden macht. Ob das Judentum wie das Christentum, der Islam und andere große Religionen ein Glaube ist, der allen Menschen offensteht, oder ob es den Nachweis jüdischer Herkunft, die vermeintliche Abstammung von den biblischen Urvätern braucht, um Jude zu sein. Einen ethnischen Pass, sozusagen. Ob die Juden - jenseits aller anti- und projüdischen Vorurteile - eine Glaubensgemeinschaft, ein Volk, eine Nation oder eine Rasse sind. Damit will ich Antworten auf Fragen finden, die mir in meiner Jugend niemand geben konnte oder wollte. In meiner 4 Familie wurde die Erörterung dieser Dinge eher gemieden. Man wolle sich mit dem Unfug, der über Juden verbreitet wurde, nicht befassen, wurde mir damals gesagt. Darum war ich den antijüdischen Parolen lange irritiert ausgesetzt, Vorurteilen, denen ich in der Schule, im Radio, im Kino, in der Zeitung und auf Plakaten begegnet bin. Vielleicht geht es auch dem Leser dieses Buches so, der einer anderen Generation angehört und niemals recht verstanden hat, was damals, in den Hitlerjahren, in Deutschland geschehen ist. Wirklich verstehen - ich meine damit: sich fremdes Denken, Fühlen und Handeln als eigenes vorzustellen - kann das freilich, vorab gesagt, ein Heutiger auch dann nicht, wenn er sich redliche Mühe gibt. Denn was damals geschah, liegt jenseits der Grenzen unseres Verständnisvermögens. Die äußeren Abläufe, von Historikern und Zeitzeugen festgehalten, nehmen wir zur Kenntnis, aber die Beweggründe der Akteure bleiben für immer rätselhaft, bleiben fremd. Sie verharren im Dunkel einer fremden Vorstellungswelt. Dieses Buch berichtet nicht vom Schicksal einzelner Juden, die ich als Knabe kannte. Verwandte, Nachbarn, Freunde und Bekannte. Das habe ich in meinem Buch „Das Judenhaus“ (2010) bereits getan. Es geht allein um die antijüdischen Vorurteile, denen diese Menschen ausgesetzt und die das Startsignal zu schrecklichen Verbrechen waren. Es geht, erneut gesagt, nicht um den wirklichen, sondern um den vom Vorurteil, vom Hass, vom Neid erfundenen Juden. Damals stand ich diesen judenfeindlichen Zerrbildern ratlos und hilflos gegenüber. Ich hatte jüdische Angehörige, ich kannte andere Juden, ich verstand aber als Knabe nicht wirklich, was es bedeutete, Jude zu sein. Ich wußte nur so viel, dass fromme Juden nicht in die katholische oder evangelische Kirche, sondern in die Synagoge gingen. In das große, fremdartige Gotteshaus mit seiner glänzenden blauen Kuppel, das mitten in der Stadt stand, bis es von Hitlers Leuten angezündet wurde. Meine jüdischen Onkel und Tanten lebten allesamt in christlich-jüdischen Ehen, und ich habe nicht erlebt, dass einer von ihnen je in die Synagoge oder in eine christliche Kirche gegangen wäre. Geschweige denn, dass sie im Familienkreis Gebete gesprochen und religiöse Feste begangen hätten. Allenfalls ihre Kinder haben sie einvernehmlich bei der jüdischen oder einer christlichen Gemeinde angemeldet und mit dieser Wahl, ohne es zu wissen, über deren späteres Schicksal entschie5 den. Denn „Halbjuden“, die der jüdischen Gemeinde angehörten, wurden unter Hitler als Juden behandelt. Sie waren „Geltungsjuden“, und sie wurden später mit ihren jüdischen Angehörigen in den Tod geschickt. Ihre Cousins und Cousinen, die einer christlichen Gemeinde angehörten, kamen glimpflich davon, obwohl sie ebenfalls „Halbjuden“ waren. Sie wurden nicht deportiert und ermordet, durften aber die staatlichen Schulen nicht mehr besuchen und waren mancherlei weiteren Schikanen unterworfen. Das blieb mir, wie gesagt, erspart. Aber in mir lebte immer die Angst, dass man meine Herkunft aufdecken könnte. Meine jüdischen Angehörigen waren allesamt Areligiöse, waren linke Aktivisten, die an Marx und die kommende kommunistische Welt, an Kampf und Sieg des Proletariats und nicht an biblische Gestalten und Geschichten glaubten, und darum wußte ich eben als Knabe nicht wirklich, nicht richtig, was es bedeutete, Jude oder Christ zu sein. Darüber wurde, wie gesagt, nicht gesprochen, weil es offenbar keinen plausiblen Anlass gab. Darum war ich, wenn ich zurückblicke, als kleiner Junge ratlos der von Hass und Verachtung getränkten antijüdischen Hetze ausgesetzt, die damals von Goebbels und seinen Gehilfen erdacht und geschickt gelenkt worden ist. Dieses Gift, das den ungewappneten Verstand durch absurde Vorurteile zu verwirren vermochte, war allgegenwärtig. Im Kino, im Radio, in der Zeitung, in Illustrierten, auf Flugblättern, auf Plakaten und vor allem im Schulunterricht und in den Schulbüchern, die nach Hitlers Machtübernahme ausgetauscht worden waren. Wie die Lehrer, die nun, wenn sie bleiben durften, das Parteiabzeichen trugen und antijüdische Parolen weitergaben. Ihre Erzählungen von den jüdischen Drückebergern und Kriegsgewinnlern, von der jüdischen Presse, die im Ersten Weltkrieg mit ihren defaitistischen Berichten den Durchhaltewillen des deutschen Volkes zerstörte, von den jüdischen Gewerkschaftsbonzen, die mit Streiks die Kriegsproduktion lahmlegten und so den heimtückischen Dolchstoß gegen die kämpfende Truppe führten, die angeblich vor dem Endsieg stand. Die Lüge von den jüdischen Finanzhalunken, die die wehrlosen deutschen Menschen durch die Hyperinflation um ihr Vermögen brachten. Das Klischee vom Weltjudentum und seiner verderblichen Rolle in der Menschheitsgeschichte. Das Weltjudentum, das - eine groteske Sicht - einerseits den Kapitalismus im Westen, andererseits den Bolschewismus im Osten erfunden hat, um die 6 Menschen unter die jüdische Knute zu bringen. Dieser Aberwitz wurde darauf gestützt, dass Juden auch in London, New York und Moskau lebten und dass einige unter ihnen bekannte Führungsfiguren ihres Landes waren. Und immer wieder die Rede vom Kampf der arischen gegen die jüdische Rasse, die nach der Weltherrschaft strebe. Von den Juden, die als Schmarotzer vom Blut ihrer Wirtsvölker lebten. Den Juden, die unser Unglück sind. Juden, die man an ihrem Gesicht, ihrem Körper, ihrer Sprache und ihrem Verhalten erkennen kann, wenn man aufmerksam ist. Während dieser Erzählungen unserer Lehrer habe ich immer an meine jüdischen Angehörigen, an die jüdischen Nachbarn, die jüdischen Spielgefährten und die anderen Juden denken müssen, die ich als Knabe kannte. Zwischen ihnen und den finsteren Gestalten, die da im Schulunterricht geschildert wurden, konnte ich keinerlei Ähnlichkeit entdecken. Und zu Hause wurde, wie erwähnt, nicht darüber gesprochen, weil man diese törichten Parolen, das Zerrbild des vom Hass, vom Neid und der Abscheu erfundenen Juden, lange, allzulange nicht ernst genommen hat. Meine Angehörigen haben Hitler, dieser befremdlichen, aus dem Nichts aufgestiegenen Gestalt, allenfalls einige Jahre bis zum erwarteten Scheitern gegeben. In ihrer Sicht war er nichts weiter als der Knecht des Kapitals, das ihn an die Macht gebracht hatte. Sie haben diesen Mann, seine Intelligenz und seinen besessenen Willen, wie wir nun wissen, leichtfertig unterschätzt. Und die historischen Umstände, die ihm entgegenkamen, sträflich verkannt, weil sie nicht in ihr marxistisches Weltbild passten. Darum wollten sie nicht über die antijüdischen Argumente sprechen, denen ich damals allerorten begegnet bin. Schon gar nicht mit einem naseweisen Schüler, der von Politik nichts verstand. Sie haben stattdessen kommunistische Flugblätter verteilt, sind verhaftet, verurteilt und eingesperrt worden. Noch nicht, weil sie Juden, sondern weil sie Kommunisten waren. Wie viele andere Juden, Arbeiter und Intellektuelle, die damals im Kommunismus den Weg auch zu ihrer eigenen Emanzipation gesehen haben. Darum bin ich lange ohne Antwort auf meine Fragen geblieben. Stattdessen hat man mich bereits als Kind mit linken, mit marxistischen Glaubensartikeln gefüttert. Einen Kommunisten hat das freilich damals nicht aus mir gemacht. Aber ich bin als kleiner Junge an der Hand eines Onkels oder einer Tante bei kommunistischen Umzügen mitgelaufen, und ich habe wie meine erwachsenen Angehörigen die Internationale laut mitgesungen. Soweit 7 ich den Text kannte, der damals auf großen kommunistischen Versammlungen zu Schalmeienklängen gesungen wurde. Die marxistische Weltsicht hat mich erst später, während des Studiums interessiert, als Antikommunismus und Antisemitismus längst getrennt Wege gingen. Auch dann bin ich kein Marxist geworden, weil alles, was in Stalins Welt vonstatten ging, dagegen sprach. Aber das ist nicht Thema dieses Textes. Und damals, in meiner Knabenzeit, wurden die linken Aufmärsche bald durch die der SA, SS und der anderen Organisationen des Hitlersystems verdrängt. Es gab für kleine Buben wie mich keinen Grund, da mitzumarschieren. Und die linken Aktivisten, darunter meine Onkel und Tanten, hatte man ohne Zögern eingesperrt. Nicht, weil sie Juden, sondern Kommunisten waren. Schalmeien habe ich seitdem nie wieder gehört. Dieses Buch ist, wie gesagt, keine Autobiographie. Kein Bericht, der dem Gang meines Lebens folgt. Keine detaillierte Schilderung von einzelnen Ereignissen oder von einzelnen jüdischen Menschen meiner Jugendwelt. Obwohl sie natürlich, wenn ich schreibe, immer vor meinen Augen sind. Aber es geht eben nicht um bestimmte Menschen und ihre Erlebnisse, sondern um die antijüdischen Vorurteile, denen ich in meiner Jugend begegnet bin. Von daher der Titel dieses Buches: Es geht nicht um die wirklichen, sondern um die erfundenen Juden, um ein Judenbild, das der törichte Hass geschaffen hat. Um Vorurteile, die in ihrer Summe den Boden gebildet haben, auf dem Hitlers Wahn und seine unbegreiflichen Verbrechen gedeihen konnten. Bleibt zu sagen, dass ich kein Experte in Fragen des Judentums und seiner Geschichte bin. Ich habe darum den Wissenschaftlern, die sich von Haus aus mit diesen Dingen befassen, nichts Neues zu sagen. Zu jeder der angesprochenen Fragen existieren Fachpublikationen, mit denen man, alles in allem, Tausende Regalwände füllen könnte. Dort stehen sie natürlich auch, irgendwo und allesamt. Diese eindrucksvolle Expertise habe ich nach Maßgabe meiner Möglichkeiten respektvoll zur Kenntnis genommen. Ich kann und will sie nicht ergänzen oder gar übertreffen. Die Gedankenführung ist allein an meinen eigenen Erlebnissen und Erfahrungen orientiert und so, als forschenden Rückblick eines Einzelnen, sollte der Leser sie auch verstehen. Dieses Buch gibt nur das Fragen und die ganz und gar persönlichen Antworten 8 eines Zeitzeugen wider, der versucht, die Gründe und Hintergründe der antijüdischen Vorurteile zu verstehen, die damals, in meiner Jugendzeit, verbreitet wurden. Dieser Text ist eine Erzählung, kein Forschungsbericht. Er spricht nicht Wissenschaftler, sondern neugierige Laien, vor allem junge Menschen an, die mehr über die damalige Zeit wissen wollen, über Vorurteile, die hier und da immer noch lebendig sind. Sie, die Schüler und Studenten, stehen als Leser vor meinen Augen, wenn ich schreibe. Als ob sie meine Enkel und Urenkel wären. Sie sollen sich ein Urteil über die judenfeindlichen Parolen bilden können, ohne sich im Dickicht von Fachausdrücken und fachlichen Hinweisen zu verirren, das sie in einem ernsthaften Studium der Fachpublikationen meistern müssten. Ich will es ihnen leicht machen, mehr über die Zeit zu erfahren, in der ich ebenfalls Schüler war. Über die Dreißiger und Vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, in denen Hitler, der Mörder von Abermillionen Menschen, Herrscher des Deutschen Reiches war. Über Ereignisse, die für immer einen Schatten auf die Geschichte der Deutschen werfen. 31. März 2012 Willy Rink Zur 2. Auflage Der Text der ersten Auflage dieses Buches ist unverändert in diese zweite Auflage übernommen worden, obwohl mancherlei Ereignisse und Überlegungen es wert gewesen wären, in den vorliegenden Text aufgenommen zu werden. Dieser bleibt gleichwohl als Ganzes und Rundes erhalten. 15. Mai 2015 Willy Rink 9 Jüdische Gesichter Viele Menschen waren damals, in meiner Jugend, sicher, dass sie Menschen jüdischen Glaubens, wenn sie ihnen begegnen, als Juden erkennen können. Abfällige Stereotypen über jüdische Nasen, Ohren, Augen, Lippen, Beine, Füße und Haare, kurz, über vorgebliche Körpermerkmale der Juden, beherrschten in den Hitlerjahren den Schulunterricht. Dieses Zerrbild jüdischer Fremdlinge war freilich keine Erfindung jener Zeit, und es wurde nicht nur im Schulunterricht verbreitet, sondern es lässt sich, wie ich später lernte, in Deutschland bis in das Mittelalter zurückverfolgen, als jüdische Familien sich im Westen Deutschlands in größerer Zahl niederließen. Die “Gottesmörder” und “Gottesleugner”, die sich weigerten, Christen zu werden, wurden zuweilen als Teufelswesen charakterisiert, die an ihren abstehenden Ohren, den dunklen und engstehenden Augen, der gebogenen Nase und den markanten Nasenflügeln, den wulstigen Lippen, krummen Beinen, platten Füßen und krausen Haaren zu erkennen seien. In mönchischen Werken jener Zeit kann man leicht solche Bilder des Juden finden. Deren vorgebliche körperliche Merkmale wurden als Warnzeichen für die Christen verstanden, den Brunnenvergiftern, rituellen Kindermördern und Verbreitern tödlicher Epidemien gegenüber Vorsicht walten zu lassen. Das haben Menschen geglaubt, auch wenn sie nie in ihrem Leben einen Juden wissentlich zu Gesicht bekommen haben. Das so phantasierte jüdische Äußere wurde schon damals als Widerschein eines diabolischen Charakters genommen. Worin unterschieden sich die Juden, die ich in jungen Jahren kannte, von den Menschen anderen Glaubens? Den Katholiken und Protestanten? Gab es so etwas wie das "Jüdische Gesicht", von dem damals in der Schule so viel die Rede war? Hatten die Juden meiner Jugendwelt Ähnlichkeit mit den Fratzen, die von den Plakatwänden und -säulen herab den Passanten das verordnete Zerrbild des Juden aufdrängten? Den jüdischen Schurken, die in befohlenen Filmen deutsche Frauen schändeten und in den Freitod trieben? Den gerissenen jüdischen Geschäftsleuten, die ihre Kunden und Lieferanten, ehrbare deutsche Kaufleute allesamt, in den Bankrott zwangen. Den jüdischen Intellektuellen, 10 die die deutsche Kultur verhöhnten. Den Juden, die unser Unglück sind. Die Juden in unserer Stadt, die ich als Knabe kannte, zeigten wenig Ähnlichkeit mit den finsteren Figuren, die auf den Plakaten, auf den Flugblättern und in den Filmen dem Betrachter entgegentraten. Allenfalls einige orthodoxe Juden waren an Bart und Kleidung erkennbar, wenn sie die Straße betraten. Die alteingesessenen Juden, die ich kannte, ließen sich auch bei großer Aufmerksamkeit nicht von anderen Deutschen unterscheiden. Weder anhand der Kleidung, noch anhand des Gesichts oder ihrer Mimik, Gestik und Sprache. Meine jüdischen Angehörigen hatten ebenso wie die anderen Juden, die ich damals kannte, keine befremdenden, engstehenden Augen, keine abstehenden Ohren, gekrümmten Nasen, wulstigen Lippen und krausen Haare. Vielleicht mehr dunkle und weniger blonde Haare, mehr dunkle und weniger blaue Augen, mehr lange, schmale und weniger kurze, breite Nasen. Phänotypische Residuen, Relikte einer fernen Vergangenheit, einer langen Geschichte, die nahöstliche Gesichter ins nördliche Europa verpflanzt und durch die jahrhundertelange Ausgrenzung, durch die erzwungene Endogamie in der Ghettowelt erhalten hat. Erst die Öffnung der Ghettos hat durch die wachsende Verbreitung interkonfessioneller Ehen neue jüdische Gesichter hervorgebracht. Aber auch die Christen wiesen nicht immer die von der herrschenden Propaganda plakatierten deutschen Gesichter auf, denn im Laufe der Jahrhunderte haben viele fremde Armeen und Ströme von Immigranten und Transmigranten das physiognomische Repertoire der deutschen Bevölkerung aufgemischt und – vor allem im Westen und Süden des Landes mancherlei Gesichtszüge hinterlassen, die dem damals verordneten Selbstbild der Deutschen nicht entsprachen. Jedenfalls war es nicht möglich, jemandem nach einem flüchtigen Blick ein jüdisches Gesicht zuzuweisen. Dafür war die physiognomische Vielfalt der deutschen, vor allem der großstädtischen Bevölkerung auch damals schon viel zu groß. Das hat freilich auch viele Juden nicht daran gehindert, von jüdischen Gesichtern zu sprechen, die an ihren über Jahrtausende bewahrten orientalischen Zügen erkennbar seien. In Wirklichkeit haben sich die physiognomischen Unterschiede damals, in meiner Kindheit, bereits in einem so großen Spielraum bewegt, dass ohne die antijüdischen Vorurteile, ohne das verordnete Zerrbild des Juden kein Grund bestanden 11 hätte, von jüdischen Gesichtern zu sprechen. Jedenfalls, wenn es um alteingesessene jüdische Familien ging. Schließlich war es mehr als ein Jahrhundert her, dass die Ghettos abgeschafft und die erzwungene Endogamie beendet wurden. Allenfalls die vielen osteuropäischen Juden, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts nach Westeuropa und Nordamerika ausgewandert sind, um dem Elend und der Verfolgung in ihrer Heimat zu entkommen, haben nicht nur fremde Gesichter, sondern eine fremde, dem Deutschen ähnliche Sprache, fremde Verhaltensweisen und seltsame Kleider mitgebracht, die sie als osteuropäische Juden erkennbar machten. Das galt nicht nur im Deutschen Reich und in der Habsburger Monarchie, sondern in allen europäischen Ländern, in denen sich die Ostjuden damals niedergelassen haben. Und in den Vereinigten Staaten, die das Ziel von Millionen ostjüdischer Auswanderer waren. Wenn es also physiognomische Gemeinsamkeiten unter den Angehörigen des jüdischen Glaubens in der Tat gab und gibt - und wenn man die freche Frage unterdrückt: Lassen sich denn auch Katholiken und Protestanten derlei Gemeinsamkeiten zuweisen -, so bleibt, vorab gesagt, dass körperliche Eigenheiten nicht viel über Menschen erklären können. Denn aus den Gesichtszügen, der Haar- und Hautfarbe, der Schädelform oder anderen äußeren Merkmalen konnte damals nicht auf den Charakter und die Intelligenz des Menschen geschlossen werden, der solche Züge zeigt. Auch heute erlauben die Ergebnisse der ernsthaften Forschung keine solchen Schlüsse. Noch nicht. Die Frage, ob es typische jüdische Gesichtszüge gibt, läßt sich ganz unabhängig von jeglicher Rassendoktrin diskutieren. Anders gesagt, man kann diese Frage erörtern, falls sie einem überhaupt wichtig erscheint, ohne anzunehmen, dass ein Zusammenhang zwischen Gesicht und Charakter, Gesicht und Intelligenz besteht. Weil es eine solche Wertigkeit von Gesichtern außerhalb von Theater und Film nicht gibt. Was es braucht, ist zu definieren, wer Jude ist und welche mess- und vergleichbaren Eigenschaften jüdische und nichtjüdische Gesichter unterscheiden. Alsdann wäre eine repräsentative Auswahl von Juden einerseits, von Nichtjuden andererseits zu treffen, deren Gesichter in die Analyse eingehen. Welche Eigenschaften sollen alsdann ein Gesicht zum “jüdischen” machen? Hält man sich an die antijüdischen Zerrbilder, die über Jahrhunderte hin in Europa verbreitet waren, dann wären das, wie bereits 12 beschrieben, eine niedrige Stirn, engstehende, dunkle Augen, abstehende Ohren, gebogene Nasen, starke Nasenflügel, breite Lippen und krauses Haar. Womöglich auch krumme Beine und platte Füße, obwohl das Verunglimpfungen waren, mit denen jüdischen Männern die Wehrfähigkeit abgesprochen wurde, die sie vielerorts und über lange Zeit ohnehin nicht besaßen. Jede dieser Eigenschaften müßte natürlich auf mess- und vergleichbare Weise bestimmt werden, und ein Vergleich der relativen Häufigkeit des Vorkommens dieser “jüdischen” Gesichtszüge bei der jüdischen und der nichtjüdischen - das hieß damals in Europa: der christlichen - Vergleichsgruppe würde dann darüber entscheiden, wer im Durchschnitt das “jüdischere” Gesicht hat - die Juden oder die Nichtjuden, die an dem Vergleich teilnehmen. Nimmt man Europa als Untersuchungsfeld - das schließt Südeuropa mit seiner Vielfalt von Gesichtern ein, die in Nordeuropa damals eher selten zu sehen waren -, dann möchte ich keine Wette darauf eingehen, welche der beiden Gruppen am Ende im Durchschnitt das “jüdischere” Gesicht aufweisen würde: Die jüdischen oder die nichtjüdischen, die christlichen Probanden. Weil die Welt voller Nichtjuden ist, die ein “jüdisches” Gesicht besitzen, und ebenso voller Juden, die ganz und gar kein “jüdisches” Gesicht aufweisen. Aber auch dann, wenn die meisten Menschen jüdischen Glaubens ein “Jüdisches Gesicht“ hätten, wenn ihr Äußeres dem verbreiteten Klischee entspräche, wäre kein Anlass, diesen körperlichen Merkmalen bestimmte charakterliche Eigenschaften zuzuweisen und so in die Fänge der rassistischen Physiognomik zu geraten. Die moderne Biologie stützt deren Behauptungen jedenfalls nicht. Darum ist es im Grunde überflüssig, Mutmaßungen über jüdische Gesichter anzustellen. Wie gesagt: Das Klischee vom “Jüdischen Gesicht” haben die meisten Menschen damals, in meiner Jugendzeit, auf das Äußere vieler Ostjuden gestützt, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts aus dem Zarenreich und den östlichen Gebieten des Habsburger Reiches eingewandert sind, Menschen, deren Gesichter oft fremde Züge zeigten, physiognomische Merkmale, die bei der eingesessenen Bevölkerung eher Ausnahme waren. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob diese ostjüdischen Gesichter semitischen oder anderen Vorfahren zu verdanken waren. Diese Migranten haben dem großen Spektrum der deutschen Physiognomien einige Varianten hinzugefügt, so wie das in der Gegenwart 13 in Deutschland für die Gesichtszüge vieler muslimischer Immigranten und für ihre Kinder und Kindeskinder gilt. Von Generation zu Generation mehrt sich der Anteil von Ehen mit Partnern anderer Herkunft, und die mitgebrachten Gesichter verschwinden auf lange Sicht. Sie gehen in der größeren Vielfalt einheimischer Antlitze auf, wie man das schon seit langem in den klassischen Einwanderungsländern beobachten kann. Nur bei einzelnen Menschen tauchen dieser oder jener Gesichtszug und andere körperliche Merkmale später wieder auf. Wie ein Hauch aus einer fernen, fremden Zeit. Und mit den fremdländischen Gesichtern verschwinden Menschen, von denen man vorlaut behaupten könnte, dass sie “muslimische Gesichter” haben. Nicht anders ist es den jüdischen Gesichtern damals in der nichtjüdischen Umwelt ergangen. Sie sind allmählich in der Vielfalt anderer Gesichter aufgegangen. Allenfalls einzelne Merkmale haben sich in manchen Gesichtern Generationen später wieder gemeldet. So auch manche Züge ostjüdischer Gesichter, die damals das Klischee vom jüdischen Gesicht beherrschten. Diese phänotypischen Wiedergeburten hat man uns in der Schule anhand der von Gregor Mendel entdeckten Vererbungsregeln erklärt und damit den verderblichen Einfluss der Vermischung menschlicher Rassen begründet. Solche Verbindungen wurden als Rassenschande abgelehnt. Als ob das Äußere eines Menschen Kennzeichen für seinen Charakter wäre. Als ob “Charakter” überhaupt eine leicht fassbare Sache wäre. Die Gegend in unserer Stadt, in der ich groß geworden bin und in der damals viele Ostjuden lebten, wird heute von nörgelnden Nachbarn Klein-Istanbul oder das türkische Viertel genannt. Wenn ich durch die altbekannten Straßen im Westend gehe, dann sehe ich wieder viele fremde Gesichter, höre fremde Sprachen, spüre fremde Gerüche und sehe die seltsamen Auslagen hinter den Scheiben der vielen kleinen türkischen Läden. Das alles erinnert mich an meine Jugendjahre, in denen man in diesen Straßen manchmal Menschen mit schwarzen Hüten, Schläfenlocken, ungetrimmten Bärten und langen schwarzen Mänteln sehen und hören konnte, Menschen, die sich in einer fremden Sprache unterhielten, die von fern an das Deutsche gemahnte, ohne es doch zu sein. Fremde Gesichter also, damals wie heute. 14 Was zählt: Über den Charakter und die Intelligenz der Menschen, die die einen oder anderen Gesichtszüge haben, ist damit, allen gängigen Vorurteilen zuwider, überhaupt nichts ausgemacht. Ganz gleich, ob es türkische, marokkanische oder eben ostjüdische Gesichter sind. Es gibt, wenn wir der ernsthaften Forschung glauben, bislang keine erkennbare und anerkannte Verknüpfung von Gesicht, Charakter und Intelligenz, wenn man die anerzogene Mimik und Gestik, die Sprechweise und andere angelernte Verhaltensmerkmale beiseite läßt. Denn solche erworbenen Eigenschaften, Widerschein des sozialen Milieus, in dem die Menschen aufgewachsen sind, werden allzu oft und allzu gerne als angeborene Charakterzüge genommen. Das traf auch die ostjüdischen Migranten in unserer Stadt, Menschen, deren oftmals fremde Gesichter samt ihrer fremden, rauhen Haut, ihrer Mimik, Gestik, Sprache und ihrer Bräuche, an denen sie festhielten, von den Einheimischen als Zeichen ihrer Andersartigkeit gedeutet wurden. Sie haben die uralten antijüdischen Stereotypen am Leben gehalten. In unserem Viertel, dem Westend, einer Welt der Arbeiter und kleinen Angestellten, lebten damals viele Ostjuden. Menschen, die wohl der niedrigen Mieten wegen hier wohnten. Gewiss auch, weil sie gerne unter ihresgleichen waren, weil sie sich in der mitgebrachten Sprache unterhalten konnten und weil es in diesem Viertel von Juden geführte Läden gab, in denen koschere Lebensmittel zu kaufen waren. Weil orthodoxe Betstuben in der Nähe waren. Wir hatten zwar keine ostjüdischen Freunde und Bekannten, aber ich erinnere mich gleichwohl an einige Ostjuden, die damals, kurz vor und nach dem Beginn von Hitlers Herrschaft, in unserem Viertel als Händler, Trödler und Hausierer zu sehen waren. Da war der ostjüdische Ratenhändler, der, vor Jahren aus Polen gekommen und als Ausländer nur geduldet, in seiner vom Jiddischen gefärbten Sprache von Tür zu Tür ging, um im Auftrag eines alteingesessenen jüdischen Händlers, der Geld, Lager und Laden besaß, Radiogeräte auf Raten zu verkaufen und die ausgehandelten Abschläge dann Woche für Woche zu kassieren. Der ostjüdische Obsthändler, der sein Geschäft in einem Keller hatte, der von der Straße her über eine Treppe, vorbei an Bananen- und Apfelsinenkisten, erreichbar war. Der ostjüdische Trödler, der in den Höfen mit lauter Stimme nach alten Kleidern und getragenen Schuhen rief, die er gut zu bezahlen 15 versprach. Kleider und Schuhe, die er an einen jüdischen Händler verkaufte, der sie reinigte und reparierte und dann in seinem Laden an Kunden verkaufte, die sich neue Kleider und Schuhe nicht leisten konnten. Die jüdische Weißmacherin, die von Tür zu Tür ging und Textilien verkaufte, die sie in Polen, ihrer früheren Heimat, eingekauft hatte. Der arme, alte und gebrechliche Ostjude mit seinem langen, grauen Bart, dem schwarzen Mantel und dem breitkrempigen schwarzen Hut, der Tag für Tag die Mülltonnen in den Höfen nach leeren Flaschen durchsuchte, die er bei einem jüdischen Altwarenhändler verkauften konnte. Das sind die Ostjuden, allesamt Immigranten der ersten Generation, an die ich mich erinnern kann. Menschen, die sich in ihrem Äußeren, ihrer Kleidung, ihrer Sprache und ihrem Verhalten deutlich von den alteingesessenen Juden unterschieden, die solche Tätigkeiten längst mieden. Das Klischee vom “Jüdischen Gesicht” hat sich also damals nicht so sehr am Spektrum der Gesichter längst etablierter deutscher Juden orientiert, sondern am Erscheinungsbild osteuropäischer Juden, die über Jahrhunderte in der geschlossenen Welt ihrer kleinen Dörfer und Städte und in den Ghettos im Osten Europas – im Zarenreich und in den östlichen Provinzen ÖsterreichUngarns - gelebt und gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in großer Zahl nach Westeuropa und Nordamerika ausgewandert sind. Die Menschen, die den Pogromen der zaristischen Zeit und dem Elend in ihrer Heimat durch die Flucht in den Westen entronnen sind, haben die Zahl und die Größe der jüdischen Gemeinden in den westlichen Ländern, die zuvor eher bescheiden waren, schnell steigen lassen. Denn es waren am Ende Millionen Menschen, die in den Westen, meist in die USA, gegangen sind. Jene, die in Deutschland blieben, waren wegen ihrer Kleidung, ihrer Sprache, ihrer Mimik, Gestik und ihrer Gebräuche den im Westen lebenden Juden nicht anders als den Katholiken und Protestanten fremd. Viele alteingesessene Juden, die in die nichtjüdische westliche Lebenswelt eingepasst und in Hinsicht auf ihr Verhalten, ihr Äußeres, ihren Beruf und ihre Sprache ganz und gar angeglichen und nur durch ihren Glauben ausgesondert waren, sahen mit Verachtung auf die “Ostjuden” herab, die damals als ungerufene Glaubensbrüder in unsere Stadt, in unser Viertel kamen. 16 Ich erinnere mich gut an die abfälligen Äußerungen jüdischer Bekannter über diese aus dem Osten zugewanderten Juden, die damals als Händler, Hausierer und Trödler in unserem Viertel mühsam ihr Brot verdienten. Sie brauchten wie alle Migranten Zeit, sich den Verhaltensformen und -normen der neuen Heimat anzugleichen. Und die meisten von ihnen haben auf den untersten Sprossen der sozialen Leiter begonnen. Viele dieser ostjüdischen Zuwanderer besaßen in der Tat Gesichtszüge, die für die Einheimischen, Christen wie Juden, befremdlich waren. Das sprichwörtliche “Jüdische Gesicht”, ein Erscheinungsbild, dessen Herkunft freilich umstritten ist. Die Historiker berichten von einer geschlossenen Welt kleiner Dörfer und Städte, in denen jüdische Heiratsvermittler Mann und Frau zueinander führten. Diese Endogamie, die Heirat unter eingesessenen Juden, die oft Cousin und Cousine als Paar vereinte, beschränkte, wenn es denn so war, die Entwicklung der physiognomischen Vielfalt trotz des Zuzugs fremder Juden und der Aufnahme von Christen in die Gemeinden der ostjüdischen Welt. Denn diese Aufmischung des Erbguts hielt sich, wenn man den Historikern glaubt, in engen Grenzen. Die Verbindung mit slawischen und baltischen Konvertiten und Migranten aus dem Westen brachte zuweilen Juden mit blonden oder roten Haaren und blauen Augen hervor, änderte aber nichts daran, dass unter den osteuropäischen Juden Menschen in der Mehrheit waren, deren vorherrschende Gesichtszüge von den Menschen im Westen als fremd empfunden wurden. Man darf nicht vergessen, dass das Deutsche Reich zwar Kolonien besessen hatte, dass aber, anders als in Frankreich, England, Holland, Spanien und Portugal Menschen aus den beherrschten Gebieten kaum je nach Deutschland kamen. Dafür war in der kurzen Zeit, in der das Deutsche Reich Kolonien besass, kaum Gelegenheit. Der Mann auf der Straße hatte damals, anders als heute, keine durch Erfahrung gestützte Vorstellung von den Menschen fremder Völker und auch in der Schule wurden sie selten erwähnt. Einfache Menschen waren mit Klischees über Naturmenschen gefüttert, die fernab jeglicher Zivilisation vorgeblich wie in der Vorgeschichte lebten. Ich denke an die vielen Groschenhefte, die ich als Knabe verschlungen habe, in denen deutsche Forscher im Urwald Afrikas, Südamerikas oder anderer tropischer Regionen Einheimische, die damals Eingeborene hießen, ausgeforscht haben. Die Werke von Karl May, Hitlers Lieblingslektüre, waren ungeachtet aller edlen Wilden natürlich ebenfalls rassistische 17 Elaborate, die gängige Vorurteile gefestigt haben. Kein Kind war damals, anders als heute, zur Fastnacht als Schwarzer maskiert. Allenfalls Trapper- und Indianer-Kostüme waren Mode. Wirkliche Schwarzafrikaner konnte man in meiner Jugend nur im Zirkus sehen und neben den Elefanten, Tigern und Löwen als exotische Wesen begaffen. So wie die falschen Indianer, die im Zirkus und auf Jahrmärkten neben kleinwüchsigen Clowns auftraten. Die vielen nichtjüdischen, meist polnischen Immigranten im Deutschen Reich hatten dagegen europäische Gesichter, die nicht als befremdlich, als anders empfunden wurden. Blonde Haare und blaue Augen waren bei den slawischen Völkern so häufig wie bei den Nachfahren der Germanen. Nur ihr unbeholfenes Deutsch hat diese Migranten vor ihrer Eingewöhnung als Fremde kenntlich gemacht. Das galt für viele jüdische Einwanderer aus Osteuropa nicht. Jedenfalls nicht für deren erste Generation, auch sie Ankömmlinge aus einem ganz anderen Milieu, in dem die Moderne, die verstädterte industrielle Welt, noch nicht angekommen war. Sie blieben Fremde, wenn sie “Jüdische Gesichter” hatten, ein befremdliches, dem Deutschen ähnliches Idiom sprachen und als mobile Händler, Hausierer und Trödler Berufen nachgingen, die damals als typisch jüdisch galten und von den eingesessenen Juden längst gemieden wurden. Sie hatten meist in den höheren Etagen der Berufswelt ihren Platz gefunden hatten. Die eingewanderten Ostjuden blieben den antijüdischen Klischees auch dann unterworfen, wenn sie sich in Kleidung und Verhalten angepasst, vor allem, wenn ihnen, meist erst in der zweiten Generation, die deutsche Umgangssprache geläufig war. Das “Jüdische Gesicht” blieb den zugewanderten Ostjuden, ihren Kindern und Kindeskindern erhalten, solange sie bei der Partnerwahl unter ihresgleichen geblieben sind. Diese Orientierung, die Suche des Partners im eigenen religiösen und sozialen Milieu, waren sie aus der osteuropäischen Welt gewöhnt. Sie war dort üblich, und sie behielt auch im Westen ihre Geltung, weil viele orthodoxe Ostjuden sich von den liberalen Westjuden fern hielten, die sie nicht als wirkliche Brüder und Schwestern im Glauben akzeptierten. Hinzu traten die sozialen Abstände zwischen den etablierten westlichen Juden und ihren armen östlichen Glaubensverwandten. Ostjüdische Heiratsvermittler waren wie in der alten Heimat leicht zur Hand. Ihre Namen und Adressen waren, bevor Hitler das Sagen hatte, jedes Wochenende in der Zei18 tung zu finden. Darum sind die ostjüdischen Gesichter nur langsam verschwunden. Es brauchte einige Generationen, bis diese physiognomischen Merkmale in der Vielfalt der deutschen Gesichter aufgegangen waren. So wie das Äußere anderer Immigranten. Für die späten ostjüdischen Zuwanderer blieb dafür keine Zeit, weil Hitler und seine Helfer schneller waren. Die Erklärung dafür, dass die jeweils vorherrschende Physiognomie der Juden in aller Welt über Jahrhunderte hinweg regionenspezifische Angleichungen erfahren hat, ist die Aufnahme von Nichtjuden in die jüdischen Gemeinden der vielen Länder, in denen Juden ansässig waren und sind. Über Generationen hinweg haben so chinesische Juden chinesische Gesichter, indische Juden indische Gesichter, marokkanische Juden marokkanische Gesichter und deutsche Juden eben deutsche Gesichter angenommen, weil gebürtige Juden örtliche Nichtjuden in ihre Gemeinden aufgenommen, geheiratet und Kinder mit ihnen gehabt haben. Ein alter Scherz, den ich von amerikanischen Kollegen kenne, erzählt von einem amerikanischen Juden, der eine jüdische Gemeinde in China besuchte und dessen Feststellung, dass sie doch alle Juden seien, die Antwort fand: “Aber Sie sehen garnicht aus wie ein Jude”. Dort hatten Juden eben auch chinesische Gesichtszüge, weil ihre Vorfahren in den Genpool der örtlichen Bevölkerung eingetaucht waren. Konversionen haben in der jüdischen Geschichte immer eine Rolle gespielt. Es waren meist individuelle Übertritte zum Judentum, in mehreren Fällen sind ganze Völker oder Stämme zum Judentum gewechselt. Das kann man bereits in der hebräischen Bibel lesen. Niemand wird annehmen, dass im einen wie im anderen Fall das Spektrum körperlicher Merkmale späterer Generationen unverändert geblieben ist. Die jüdischen Gemeinden in den USA - orthodox, konservativ oder reformiert - liefern einen lebendigen Anschauungsunterricht von der physiognomischen Vielfalt unter den dortigen Juden, die letztlich allesamt auch vormalige Nichtjuden, vor allem Christen, unter ihren Vorfahren haben. Natürlich ist auch das eine oder andere “Jüdische Gesicht” oder es sind einzelne “jüdische” Gesichtszüge darunter. Denn die Mehrheit der jüdischen Einwanderer in die USA waren osteuropäische Juden, waren Aschkenasim. Glaubt man jüngsten Angaben, dann verbinden in der Gegenwart rund zwei Drittel al19 ler Heiraten von Juden in den USA die jüdischen Partner mit Christen, die oft zum Judentum übertreten. Nicht anders verhielt es sich in Deutschland in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Meine eigene Familie zeigt den extremen Fall, in dem alle vier Kinder eines jüdischen Elternpaares, meiner Großeltern väterlicherseits, Christen geheiratet haben. Auch das heutige Israel zeigt einen Querschnitt von Gesichtern der ganzen Welt und keineswegs einen Vorrang von physiognomischen Zügen, die dem alten Klischee vom jüdischen Gesicht nahekämen. Dies einfach darum, ich wiederhole mich, weil die Geschichte der jüdischen Gemeinden überall untrennbar die Geschichte von Konversionen ist. Konversion und Migration sind Schlüsselwörter der jüdischen Geschichte. Wie ein Blick in einschlägige Publikationen vermittelt, haben nicht nur die Christen und die Muslime, sondern auch die Juden über viele Jahrhunderte hin Proselyten gesucht und gefunden. Nur den Juden, die jahrhundertelang in Ghettos weggesperrt wurden, war die Heirat mit Andersgläubigen von Kirche und Staat untersagt. Sie waren zur Endogamie – und den Erbkrankheiten, die das mit sich brachte - verurteilt. Aber auch im frühen und späten Mittelalter und ungeachtet hoher Strafen sind Christen zum Judentum gewechselt. Das hat manchen Konvertiten damals auf den Scheiterhaufen gebracht. Die Juden waren, wo es ihnen gestattet wurde, stets bereit, Nichtjuden zu bekehren und in ihre Gemeinden aufzunehmen. Wie sonst hätte es große jüdische Gemeinden überall in der Welt geben können. Jüdische und frühchristliche Gemeinden haben im Römischen Reich in Konkurrenz miteinander Proselyten gesucht und gefunden. Schließlich waren es Juden, die die frühen christlichen Gemeinden gebildet haben. Wer sonst? Auch in der vorrömischen Zeit haben jüdische Stämme Konvertiten aufgenommen, haben nichtjüdische Frauen und Sklaven samt deren Kindern zu Juden gemacht und so ihr kollektives Erbgut verändert. Die biblischen Schriften sind voll von solchen Geschichten. Die strengen staatlichen und kirchlichen Verbote und Strafen für den Übertritt von Christen zum Judentum machen dem Heutigen deutlich, dass solche Fälle auch im Mittelalter alles andere als selten gewesen sein müssen. Erst mit der Emanzipation der Juden, ihrer bürgerlichen Gleichstellung, nahmen Übertritte vormaliger Christen zum Judentum in Europa erkennbar zu. 20 Es bleibt freilich die Frage, wie die Entstehung der dominanten Gesichtszüge unter den Ostjuden erklärt werden kann. Die vorherrschenden Gesichter der osteuropäischen Juden wiesen, wenn man manchen modernen Historikern folgt, Züge auf, die sich nicht bei den Juden im Nahen Osten, nicht bei denen in Nordafrika und nicht in Westeuropa, sondern bei Turkvölkern fanden, die in Westasien beheimatet waren. Khazaren, die nach diesen Quellen im Mittelalter zum Judentum übergetreten sein sollen. Stammt also ein Großteil der Ostjuden, der Aschkenasim, womöglich nicht von den Juden ab, die zur Zeit der Kreuzzüge und der Großen Pest unter dem Einfluss wiederkehrender Pogrome aus West- nach Osteuropa, in die slawischen Siedlungsgebiete gewandert sind - wie es das herrschende jüdische Selbstbild will? Sondern die Nachkommen turkvölkischer Konvertiten zum Judentum, die nach der Vernichtung ihres Staates durch Osmanen, Byzantiner und ukrainische Slawen aus Westasien nach Osteuropa kamen? Ist die Legende von der Ostwanderung der westeuropäischen Juden in der Zeit der Kreuzzüge und der Großen Pest nur eine Erzählung, der die Fakten und Funde dieser Historiker widersprechen? Weil es in Westeuropa zu jener Zeit garnicht so viele Juden gab, wie notwendig gewesen wären, um die Welt der Aschkenasim zu schaffen, in der am Ende Millionen Menschen lebten. In der Tat zählten die jüdischen Gemeinden in Straßburg, Speyer, Worms, Mainz, Köln und anderen deutschen Städten im späten Mittelalter allenfalls einige Tausend Menschen. Aber nicht Hunderttausende oder gar Millionen. Und ist das Jiddisch im Osten womöglich garnicht von jüdischen Flüchtlingen aus dem Rheinland zur Zeit der Kreuzzüge und der Großen Pest mitgebracht, sondern auf ganz anderen Wegen und zu ganz anderen Zeiten die Sprache der Aschkenasim geworden? Waren es vielleicht norddeutsche, christliche Kaufleute, die zur Zeit der Ordensritter und der Hanse die deutsche Sprache - und damit auch ihren um slawische und hebräische Vokabeln angereicherten Vetter, das Jiddisch des Ostens - in den polnischen und baltischen Gebieten zur lingua franca machten? Haben jene modernen - notabene: jüdischen, israelischen Historiker recht, die die Aschkenasim ungeachtet aller Zu- und Abwanderungen als die Nachkommen khazarischer Flüchtlinge ansehen, die im späten Mittelalter, nach dem Untergang des khazarischen Reichs, dessen turkvölkische Führungsschicht und 21 viele seiner Bürger samt deren Sklaven zum Judentum übergetreten waren, den Weg nach Osteuropa gegangen sind? Dass diese turkvölkischen Flüchtlinge, anders als die Sephardim in Westeuropa, in Nordafrika, in Spanien und Portugal und die orientalischen Juden im Nahen Osten in ihrer großen Mehrheit zwar Glaubensjuden, aber keine Abkömmlinge der biblischen Judenheit waren und darum auch keine semitischen Gesichtszüge trugen? Obwohl es auch im khazarischen Reich viele jüdische Immigranten gegeben haben soll, Flüchtlinge aus islamischen und christlichen Ländern, die sich der zwangsweisen Konversion zum einen oder anderen fremden Glauben entziehen wollten. Fragen über Fragen, auf die es offensichtlich keine Antwort gibt, die von allen Historikern gutgeheißen wird. Vor allem unter israelischen Historikern ist dieses Thema umstritten. Das ist verständlich, denn die erwähnten Historiker widersprechen der Legende von der historischen Konsistenz des jüdischen Volkes. Ich kann es bei diesen Bemerkungen zur Herkunft des „Jüdischen Gesichts“ belassen, denn es ist nicht wichtig, ob die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert nach dem Westen emigrierten osteuropäischen Juden nun eher semitische oder andere Gesichtszüge aufwiesen. Ich sehe keinen Grund, mich mit dieser Kontroverse, die vor allem unter jüdischen Historikern ausgetragen wird, zu beschäftigen. Denn sie betrifft mein Thema nur am Rande. Dem Außenstehenden ist klar, dass es bei diesem kontroversen Selbstverständnis vieler Juden auch um die Legitimation des zionistischen Anspruchs auf das Territorium des Staates Israel geht. Ein Verlangen, das sich auf die ungebrochene genetische Verbindung der heutigen Juden mit den biblischen Ahnen stützt, denen Gott in diesem Verständnis Eretz Israel verhießen hat. Vielleicht haben sich tatsächlich einige DNA-Stränge aus dem biblischen Judea in die Gegenwart verirrt. Aber diese Frage nach der biologischen Konsistenz und Kontinuität der Judenheit ist nicht Gegenstandes dieses Buches. Der Nachweis der lückenlosen Abkunft der heutigen von den biblischen Juden ist ohnehin kaum zu führen, weil die jüdischen Gemeinden zu allen Zeiten - wenn man von den wenigen Jahrhunderten der zwangsweisen Ghettoisierung in Westeuropa absieht - zahlreiche Konvertiten aufgenommen und so ihr kollektives Erbgut verändert haben. Ganz zu schweigen davon, dass, wie 22 uns die einschlägige Forschung wissen lässt, im genetischen Würfelspiel vieler Generationen auch ohne sexuelle Vermischung mit fremden Ethnien auf lange Sicht ein steter Wandel vonstatten geht, wenn und weil die Lebensumstände dauerhaft wechseln. Aber die weltweiten Unterschiede zwischen jüdischen Gesichtern ist in erster Linie der ehelichen Verbindung von Juden mit vormaligen Nichtjuden zuzuschreiben. Von daher die physiognomische Vielfalt europäischer, afrikanischer, asiatischer, australischer und amerikanischer Juden. Dabei erfahren die jüdischen Gesichter in der Diaspora größere Veränderungen als die nichtjüdischen, weil die interreligiöse Verbindung auf beiden Seiten ein sehr verschiedenes Gewicht hat, wenn die Juden eine kleine Minderheit, die Nichtjuden die große Mehrheit der Bevölkerung bilden. Denn die absolute Zahl der religiösen Migranten ist auf beiden Seiten gleich, wenn nur die – interkonfessionellen Heiraten zählen. Zehn von hundert Juden, die einen Nichtjuden heiraten, machen zehn Prozent der Juden aus, während zehn von zehntausend Nichtjuden, die einen Juden heiraten, gerade einmal ein Promille der Nichtjuden umfassen. Jüdische Gesichtszüge haben in der nichtjüdischen Umwelt kaum Spuren hinterlassen, während die sexuelle Verbindung mit Nichtjuden die jüdischen Gesichter vielfach gewandelt hat. Wenn man das alles zusammennimmt, dann gibt es kein “Jüdisches Gesicht” in dem Sinn, dass bei einer Mehrheit der Juden in diesem oder jenem Land bestimmte körperliche Merkmale konstatiert werden könnten, die sie von der Mehrheit der Nichtjuden in diesen Ländern deutlich und dauerhaft unterscheiden. Wenn wir der einschlägigen Forschung folgen, dann sind die - wie immer auch gemessenen - äußerlichen Unterschiede zwischen den Juden stets größer als die zwischen Juden und Nichtjuden der jeweiligen Länder. Juden sind keine Zinnsoldaten, die seit Jahrtausenden in der gleichen Form gegossen werden. Nüchtern gesagt: Sie eint nicht die Herkunft, sondern der Glaube. Er und nur er weist eine ungebrochene Verbindung zur biblischen Judenheit auf. So wie die Christenheit ungeachtet der ethnischen Vielfalt der Gläubigen ihre Geschichte bis zu den urchristlichen Gemeinden zurückverfolgen und sich als eine Kette von Generationen verstehen kann, die den christlichen Glauben weitergetragen haben. Niemand käme auf den Gedanken, die heutigen Christen als die direkten Nachkommen der Urchristen im Römischen Reich zu begreifen. Auch die 23 Judenheit ist eine Gemeinschaft, die Menschen von mancherlei Herkunft vereint. Von daher die Vielfalt jüdischer Gesichter. Die Aussagen über jüdische Gesichter, denen ich in meiner Jugend, in der Schule, begegnet bin, waren immer verknüpft mit Schlüssen auf das Wesen, auf den Charakter von Juden, die man anhand solcher körperlichen Merkmale erkennen könne. Das Äußere des Menschen wurde als Spiegel des Inneren, des Charakters genommen, als Wegweiser, der erlaubte, die ansonsten verborgenen Eigenschaften anderer Menschen zu erkennen. Warum auch hätte man sich für das Äußere seines Gegenübers interessieren sollen, wenn man es nicht als Stellvertreter des Inneren, der verborgenen Eigenschaften des Anderen, genommen hätte? Selbst das Wohlgefallen an einem schönen Gesicht löst mitunter Phantasien über den harmonischen Charakter des betrachteten Menschen aus. Und das Lächeln eines Kindes läßt es überall in der Welt als liebenswertes Wesen erscheinen. Gängigen Lexika kann man entnehmen, dass sich die Physiognomik, eine vorgebliche Wissenschaft, die auch heute noch Anhänger hat, nicht nur als beschreibende, sondern immer auch als erklärende Disziplin verstand und versteht. Sie ist Charakterologie, und als solche klassifiziert sie menschliche Verhaltensweisen und ordnet ihnen körperliche Kennzeichen zu. Solche Erklärungsansätze finden sich bereits in der antiken griechischrömischen Welt. Damals entstand die Lehre von der Dreiteilung des Gesichts: Der Stirn als Zeichen des geistigen Vermögens, Augen, Nase und Mund als Hinweise auf das Gemüt, Größe und Form des Kinns als Zeichen für vitale Stärke. Ihre Blütezeit erlebte die Physiognomik, wie man leicht nachlesen kann, im 18. und 19. Jahrhundert, als das Deuten von Gesichtern zu einem beliebten Gesellschaftsspiel in den Salons des Adels und des gehobenen Bürgertums geworden war. Sie trat als PseudoWissenschaft neben die Astrologie, das Handlesen und Kartenlegen, kuriosen Wegen zur Menschenkenntnis, die bis in die Gegenwart viele Anhänger finden. Die Physiognomik wurde im 19. und 20. Jahrhundert nicht nur zur Deutung individueller Gesichter, sondern auch zur Kennzeichnung ganzer Völker verwendet. Diese Pseudo-Wissenschaft fand ihren Platz auch in der rassistischen Judenverleumdung, die immer mehr an die Seite und am Ende an die Stelle der religiös 24 motivierten Judenfeindschaft der vergangenen Jahrhunderte trat. Diesen Wandel hat das Klischee vom “Jüdischen Gesicht”, das weit in die Geschichte zurückreicht, unverändert überstanden. Denn im Unterricht wurden damals immer Bilder “des” Juden vorgeführt und mit uralten Klischees in Verbindung gebracht. Die niedrige Stirn, die abstehenden Ohren, das gekräuselte Haar, die engstehenden Augen, die langen, schmalen, gebogenen Nasen, die breiten Nasenflügel, die wulstigen Lippen. Karikaturen eines menschlichen Gesichts, die da im Unterricht auf Tafeln vorgeführt wurden. Und es waren meist Männer, selten Frauen und Kinder, die auf den Bildern erschienen. Dem imaginierten jüdischen Aussehen war nach wie vor das Klischee vom “Jüdischen Charakter” zugesellt. Körperliche Merkmale, Mimik, Gestik und Sprechweise verraten in dieser Sicht dem aufmerksamen Beobachter den Charakter des Juden, der sich noch nicht durch Akkulturation maskiert und nicht durch sexuelle Vermischung, durch Rassenschande, anverwandelt hat. Körperbild und Körpersprache zeigen dem Kundigen, welche Art Mensch er vor sich hat. So hat man uns das in der Schule beigebracht. Die Aussonderung bestimmter Menschen ist einfach, wenn sie an sichtbaren körperlichen Merkmalen festgemacht werden kann. Von daher der feste Glaube vieler Judenfeinde, dass sie einen Juden auf der Stelle an seinem Äußeren erkennen können. Obwohl jeder vernünftige Mensch weiss, dass das nicht möglich ist. Und doch gab es damals nicht wenige Juden, die diesen Aberglauben teilten und meinten, dass sie einen anderen Juden jederzeit leicht erkennen können. Wenn nicht am Gesicht, dann auf andere Weise. Vielleicht war das in früheren Zeiten berechtigt, vielleicht haben Juden damals außerhalb des Ghettos andere Juden am Gang, an der Mimik, an der Gestik oder anderen körpersprachlichen Besonderheiten erkennen können. Und später hat ein Westjude sicherlich auf diese Weise einen Ostjuden erkannt, der noch nicht lange im Westen war. Nicht nur an der Kleidung, sondern auch und vor allem an der Körpersprache, an Mimik, Gestik, Sprache und Sprechweise. Oder einen Orthodoxen, der wiederum an seiner Kleidung erkennbar war. Von solchen Fällen abgesehen, blieb allein die sprachliche Verständigung. Es ist freilich lange her, dass jüdische Händler, Hausierer und Trödler einander über leise dahingesprochene Kennworte unauffällig als Juden zu erkennen gaben. Weil sie kein “Jüdisches Gesicht” hatten, an dem 25 sie einander hätten erkennen können. Heutzutage genügt es mitunter, am Bartresen irgendwo in der Welt das hebräische “L'Chaim” statt die landessprachliche Entsprechung von “Zum Wohl” zu sagen, um zu erfahren, ob der Nachbar Jude ist. Am Ende dieser Gedanken über jüdische Gesichter kann ich es nicht unterlassen, einige Sätze über emanzipierte jüdische Frauen zu sagen, die in der großbürgerlichen Welt des 19. Jahrhunderts in Europa wegen ihrer fremden Schönheit bewundert wurden. Sie und ihre Salons waren in der Trivialliteratur jener Zeit ein beliebtes Sujet, und ich habe von ihnen bei der Lektüre klassischer Werke erfahren, also nicht schon in meiner Jugendzeit. Die Geschichte von der “Schönen Jüdin” war ein Klischee jener Epoche, das gebildeten jüdischen Frauen des gehobenen Bürgertums galt, deren Antlitz ungeachtet der fremden, dunklen Augen und Haare den Schönheitsnormen der Zeit entsprach, während ihr Glaube und ihre Herkunft eine Anmutung des Fremden, des Exotischen und Verbotenen hatten. Darin gleichen sie den Models und Actricen mit afrikanischen und asiatischen Gesichtern, die in der modernen Mode- und Medienwelt eine große Rolle spielen. Heute, anders als damals, ist es freilich nurmehr ein Hauch des Fremd- und Andersseins, weil der weltweite Tourismus, die moderne Medienwelt, das Internet und die Kontinente übergreifende Migration die meisten Menschen längst mit fremden Gesichtern, Gewändern und Gebräuchen vertraut gemacht haben. Nur Hohlköpfe dichten den fremden Gesichtern bestimmte charakterliche Züge an. Die “Schöne Jüdin” war das Klischee einer europäischen Epoche, die Juden nicht geliebt und geachtet, aber auch nicht deportiert und ermordet hat. Ganz im Gegenteil waren Ehen zwischen den Töchtern wohlhabender jüdischer Unternehmer und den Söhnen verarmter Adels- und Bürgerfamilien nicht selten. Die damalige Roman- und Trivialliteratur ist voll von solchen Geschichten. Ich habe die Figur der “Schönen Jüdin” zitiert, weil die pro- und antijüdischen Vorurteile meist an jüdischen Männern und nur selten auch an ihren Frauen festgemacht wurden. Weil die jüdischen Frauen meist im Schatten ihrer Männer lebten und darum bei Fremden normalhin keine besondere Aufmerksamkeit fanden. Bis auf die „schönen Jüdinnen“ des Bürgertums. Die Frauenemanzipation war auch unter Juden noch lange nicht in Sicht. 26 Wenn man heutzutage durch die Straßen deutscher Städte geht, dann begegnen einem die Gesichter der ganzen Welt. Kein vernünftiger Mensch käme auf den Gedanken, diesen Menschen bestimmte charakterliche Eigenschaften anzudichten. Allenfalls Hohlköpfe sehen hinter den fremden Gesichtern und Gewändern Menschen, die den Wohlstand der Deutschen schmälern, weil sie vorgeblich die sozialen Sicherungssysteme plündern oder die staatlichen Ausbildungsstätten überlasten. Und es gibt immer noch Zeitgenossen, die die fremden Menschen für minderwertig halten, weil sie die deutsche Sprache noch nicht beherrschen. Oder eben, weil sie andere, fremde Gesichter haben. Kein Schwarzer, der das nicht leidvoll erfährt, wenn er europäischen oder nordamerikanischen Boden betritt oder dort lebt. Es möge also niemand sagen, die an äußerlichen Kennzeichen orientierte Diskriminierung sei eine Sache der Vergangenheit. Die Vererbung von Gesichtszügen ist ein Würfelspiel der Menschen mit der Natur, ein Spiel, in dem sie durch die Partnerwahl das Erbgut ihrer Nachkommen und dabei auch deren körperliche Merkmale schaffen. Sexuelle Selektion nannte das Charles Darwin und unterschied sie von der natürlichen Auslese, die nach seiner Auffassung von der Umwelt, von äußeren Selektionsmechanismen, gesteuert wird. Migrationsbarrieren und gesellschaftliche Hindernisse bei der Partnerwahl, Standes- und Rassendünkel, verhindern oder verlangsamen die Multiplikation der menschlichen Erscheinungsvarianten in der globalisierten modernen Welt. Aber die phänotypische Vielfalt der Menschen schreitet mit der weltweiten Migration erkennbar fort. Ein Blick auf die Menschen in den Straßen großer Städte in aller Welt macht das jedem deutlich, der sich für menschliche Gesichter interessiert. Und mit der allmählichen Akkulturation verlassen die Migranten die Wohnviertel, in denen sie nach ihrer Ankunft Zuflucht fanden, die informellen Ghettos, die in der modernen Welt keine steinernen, sondern mentale und ökonomische Mauern haben. Ethnische Ballungen, die auch damals, in meiner Jugendzeit, ein Stück Heimat waren, die den eingewanderten Ostjuden in einer fremden Welt Geborgenheit gaben und erlaubten, einstweilen an überkommenen Gebräuchen und an der eigenen Sprache festzuhalten und ihre Lebenspartner im eigenen Milieu zu finden. So haben sie einstweilen auch ihre „Jüdischen Gesichter“ vererbt. Was nicht heißt, dass mit den Gesichtern auch Charakterzüge 27 vererbt worden wären, die den antijüdischen Vorurteilen meiner Jugendjahre entsprochen hätten. Jedenfalls nennt und kennt die einschlägige Forschung meines Wissens keine solche Verkettung von Gesicht und Charakterzügen. Das würde ohnehin verlangen, dass man sich darüber einigt, was Charakter überhaupt ist und wie man solche Konstrukte misst. Davon sind wir Lichtjahre entfernt. Nur Hohlköpfe glauben zu wissen, wie Gesicht, Charakter und Intelligenz verbunden sind. Darum sind meine Äußerungen über jüdische Gesichter und den verderbten Charakter, den sie vorgeblich spiegeln, im Grunde überflüssig. Aber diese Reden und Bilder waren eben in meiner Jugendzeit allgegenwärtig. Ich schließe dieses Kapitel mit den Porträts einiger Juden, deren Namen jeder aufgeschlossene Zeitgenosse kennt. Es wird dem Leser schwerfallen, diesen Menschen ein „Jüdisches Gesicht“ zuzusprechen, ein Antlitz, das den uralten Vorurteilen entspricht. Es sind europäische Gesichter, die dem Betrachter begegnen und daran erinnern, dass die Judenheit keine hermetisch geschlossene Herkunfts-, sondern eine Glaubensgemeinschaft ist, deren Angehörige vielerlei ethnische Wurzeln haben. Auch, wenn das eine oder andere dieser Gesichter an die mediterrane Welt erinnern mag. Aber derlei Anmutungen sind das Geschöpf des Betrachters. Solche Eindrücke spiegeln Vorwissen und Vorurteile. Denn auch, wenn die Porträtierten alle nachweisbar direkte Nachfahren Abrahams wären, so bliebe, dass sie bedeutende Beiträge zur Weltkultur hervorgebracht haben. Ihre Gesichter wären allein darum interessant, weil sie ganz besonderen und bedeutenden Menschen gehören – ganz gleich, welcher Herkunft und welchen Glaubens sie waren. 28 Jüdische Gesichter Quelle: Library of Congress, Washington, D.C. 29 Sigmund Freud 30 Albert Einstein 31 Marc Chagall 32 Lise Meitner 33 Gustav Mahler 34 Arnold Schönberg 35 Ende der Leseprobe von: Die Erfindung des ewigen Juden - Ein Rückblick auf verhängnisvolle Vorurteile im Dritten Reich Willy Rink Hat Ihnen die Leseprobe gefallen? Das komplette Buch können Sie bestellen unter: http://epub.li/1FnwRmJ
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