Fall 5 A braucht wieder einmal dringend Geld. Als ihm sein Bruder

030065 Anfängerpflichtübung aus Strafrecht, Sommersemester 2014, Dienstag, 08.00–10.00 Uhr, U14
030398 Anfängerpflichtübung aus Strafrecht, Sommersemester 2014, Dienstag, 18.00–20.00 Uhr, U14
Univ.-Ass. Mag. Günther Rebisant
Fall 5
A braucht wieder einmal dringend Geld. Als ihm sein Bruder, der in naher Zukunft heiraten
möchte, die Eheringe zur Aufbewahrung übergibt, plant A, diese zu verkaufen und durch
billige Duplikate zu ersetzen. Er geht zu einem Juwelier auf der Kärntnerstraße, verkauft ihm
die beiden Ringe (€ 800) und beauftragt ihn gleichzeitig mit der Anfertigung von billigen
Ersatzringen. Kurz nach Verlassen des Geschäfts fällt ihm auf der Straße eine offenbar
verlorene Brieftasche mit € 1.000 auf. Er steckt sie sich ein und fährt nach Hause.
Zu Hause bekommt A Gewissensbisse gegenüber seinem Bruder und gesteht diesem alles.
Der Bruder fordert, dass A alles rückgängig machen solle; andernfalls wolle er keinen
Kontakt mehr. Um seinen Fehler gutzumachen, fährt A zum selben Juwelier und kauft zwei
echte Ringe.
Als A am Heimweg am Karlsplatz auf die U-Bahn wartet, fällt ihm nicht weit entfernt der
elegant gekleidete X auf. Er beobachtet X, wie dieser aus seiner Laptoptasche ein kleines
Schmuckkästchen holt, es öffnet und eine (offenbar neu erworbene) Taschenuhr betrachtet.
Dann steckt er es wieder ein. A sieht seine Chance gekommen, wieder an Geld zu gelangen;
er schätzt die Uhr auf einen Wert zwischen € 1.000 und € 1.500. Als die U-Bahn in die
Station einfährt, steigt A zwar in denselben sehr vollen Wagon ein, aber durch eine andere
Tür und beginnt sich durch die Menschenmenge langsam an X heranzuschleichen. Als er
schließlich hinter X steht, wartet er noch kurz und beginnt dann unauffällig den Verschluss
der Tasche ein wenig zu öffnen. Schließlich greift er mit der Hand langsam hinein und fühlt
bereits das Schmuckkästchen. Er greift danach, zieht es unbemerkt heraus und steigt bei der
nächsten Station aus. Was A nicht gedachte hätte, ist, dass die Uhr in Wahrheit ein Unikat
und € 4.000 wert ist. Zu Hause übergibt A seinem Bruder die zwei neuen Ringe.
Variante 1: A hat die Ringe nicht von seinem Bruder, sondern von einem befreundeten
Nachbarn bekommen. Außerdem findet er die Brieftasche nicht auf der Straße, sondern noch
am Boden im Juweliergeschäft.
Variante 2: Als X das Schmuckkästchen fühlt, bekommt er moralische Bedenken und lässt
von seinem Vorhaben ab.
Variante 3: Als X das Schmuckkästchen fühlt, hört er plötzlich die Worte: „Guten Tag,
Fahrscheine bitte!“. Er bekommt Angst erwischt zu werden und lässt von seinem Plan ab.
Prüfen Sie die Strafbarkeit von A!
Stoff:
AT: Fuchs, AT I8 (2012) Kap 28 und 29 Rz 1–42, Kap 31 Rz 1–44 oder Kienapfel/Höpfel/Kert, AT14
(2012) Z 21–23.
BT: Fuchs/Reindl-Krauskopf, BT I4 (2014) §§ 127, 128, 133, 134, 166 und 167 oder Birklbauer/Hilf/
Tipold, BT I2 (2012) §§ 127, 128, 133 und 134 oder Bertel/Schwaighofer, BT I12 (2012) §§ 127, 128,
133, 134, 166 und 167.