Auch Niederösterreich braucht dringend Kinderärzte

ÄRZTEMANGEL
Auch Niederösterreich braucht
dringend Kinderärzte
Ärztemangel zeigt sich schon länger nicht nur bei Allgemeinmedizinern,
auch Fachärzte sind bereits betroffen
J
Kinderärzte für Hainburg und Groß Enzersdorf gesucht
Von den vier ausgeschriebenen Facharztstellen betreffen zwei
Stellen die Kinder- und Jugendheilkunde. Die Gemeinden
Hainburg und Groß Enzersdorf suchen bereits Nachfolger für
die beiden ab April unbesetzten Ordinationen, bis dato leider
ohne Erfolg. Der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte,
MR Dr. Dietmar Baumgartner, ist selbst Kinderarzt in Wr. Neustadt und kennt die Situation auch in anderen Gegenden Niederösterreichs: „Derzeit sind wir drei Kinderärzte mit Kassenvertrag in Wr. Neustadt. Wir alle werden in den nächsten Jahren
in Pension gehen, dann wird die Lage vor Ort richtig prekär.
Ob sich nämlich innerhalb kurzer Zeit drei Bewerber finden,
ist sehr fraglich.“ Die von Dr. Bachinger geforderten längeren
Öffnungszeiten von Kinder- und Jugendfachärzten – auch am
Wochenende – sind bei der derzeitigen Anzahl an Fachärzten
dieses Sonderfaches einfach undurchführbar. Es hieße nämlich
in einigen Bezirken mit nur einem Kinderarzt mit Kassenvertrag
(etwa Neunkirchen), dass dieser dort ansässige Facharzt jedes
Wochenende seine Ordination geöffnet haben müsste.
Präsident Dr. Reisner hat die Diskussion über den Engpass in
der kinderärztlichen Versorgung in Wien vergangenes Wochenende mitverfolgt: „Besonders ärgerlich sind in dieser Situation
Forderungen des Patientenanwaltes Dr. Bachinger nach längeren
Öffnungszeiten bei Kinderärzten auch am Wochenende. Gerade
in Niederösterreich sind in allen 145 Gesundheitssprengeln an
jedem Wochenende im Jahr rund um die Uhr niedergelassene
Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin im Einsatz, die
selbstverständlich auch Kinder untersuchen und behandeln.
Kommentare des Patientenanwaltes tragen nicht gerade dazu
bei, das Fachgebiet interessanter zu machen.“
Foto: WoGi/Fotolia
eden Monat werden auf der Website der NÖ Ärztekammer
die offenen Kassenstellen ausgeschrieben. Am 4. Februar
endete die letzte Ausschreibung für neue Kassenarztstellen. „Das
Ergebnis ist leider wieder einmal besorgniserregend“, zieht der
Präsident der NÖ Ärztekammer, Dr. Christoph Reisner, MSc,
Bilanz. „Von 15 offenen Stellen für Allgemeinmedizin gab es
nur für fünf Stellen interessierte Ärztinnen und Ärzte. Noch
trister sieht die Situation augenblicklich bei den Fachärzten aus.
Für die vier ausgeschriebenen Facharztstellen hat sich nicht ein
einziger Arzt oder eine einzige Ärztin interessiert. Wie bereits in
den letzten Quartalen werden daher auch im ersten Quartal des
neuen Jahres einige Kassenstellen unbesetzt bleiben.“
Die beiden anderen offenen Facharztstellen betreffen das Fach
der Psychiatrie. Die beiden Kassenstellen in Gänserndorf und
Lilienfeld sind bereits seit Jahresbeginn unbesetzt.
Präsident Dr. Reisner nennt konkrete Forderungen zur
Lösung der Problematik
Die Verantwortlichen sind gefordert, rasch Maßnahmen umzusetzen, um den Beruf des Landarztes und des Arztes mit Kassenvertrag wieder interessant zu machen. Präsident Dr. Reisner
konkretisiert seine Forderungen an die Politik: „Als erster Schritt
müssen die „limitierten Leistungen“ gestrichen werden. Limitierte Leistungen sind Leistungen, die ein Arzt – unabhängig
von der Notwendigkeit der Behandlung oder Diagnostik – nur
in einer beschränkten Anzahl abrechnen kann. Ein Arzt soll
behandeln können, ohne ständig nachrechnen zu müssen, ob
seine Leistung noch bezahlt wird oder er schon kostenlos arbeitet. Als nächster Schritt muss die Chefarztpflicht abgeschafft
werden. Der Chefarzt beurteilt die Notwendigkeit einer Behandlung, ohne den Patienten zu kennen oder ihn untersucht zu
haben.“ Dieser Bürokratieabbau ist wesentlich, damit Kassenordinationen wieder attraktiv werden. „Wir brauchen unkomplizierte Kooperationsformen in der Kassenordination abseits der
Gruppenpraxis, damit Ärzte auch beispielsweise in Grippezeiten,
in denen sie 24 Stunden am Tag arbeiten müssten, genügend
Zeit für alle ihre Patienten haben. Außerdem muss das ärztliche Gespräch als wesentlicher Behandlungsbestandteil adäquat
honoriert werden“, meint Präsident Dr. Reisner abschließend.
Presseinformation vom 9. Februar 2016
CONSILIUM 03/16
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