Materialsammlung - Deutscher Städte

Materialsammlung
„Gut versorgt in meiner Stadt“
Mehr Lebensqualität durch qualifizierte Nahversorgung
10. März 2015, 9.30 - 13.00 Uhr
Neues Rathaus, Sitzungssaal
Martin-Luther-Ring 4-6
94109 Leipzig
(Zusammengestellt von Erik Sieb, Deutscher Städte- und Gemeindebund, [email protected])
Materialsammlung
Inhalt
Einführung
„Gut versorgt in meiner Stadt“
3
Fachgespräch: Nahversorgung auf dem Land
5
Entwicklungsprogramm für den Ländlichen Raum
6
Zahl der Nahversorger auf dem Land sinkt
7
Supermarkt-Riesen lassen deutsche Dörfer im Stich
8
Mehr Unterstützung gefordert
12
Investitionsoffensive in Infrastruktur notwendig
16
Regional differenzierte Verteilung von Haushaltseinkommen
17
DStGB: Beschluss zur planungsrechtlichen Steuerung des Einzelhandels
18
DStGB: Bewertung des Koalitionsvertrages aus kommunaler Sicht
19
Platz zum Handeln (Artikel Zeitschrift „Stadt und Gemeinde“)
20
Städtebau und Stadtentwicklung
Studie zu § 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung – Endbericht vorgelegt
25
Bundesregierung stellt Stadtentwicklungsbericht 2012 vor
26
Klein- und Mittelstädte in Deutschland - eine Bestandsaufnahme
27
Shoppen in der City?
29
Sollen wir die Dörfer aufgeben?
33
Handlungsprioritäten beim demographischen Wandel werden sichtbar
35
Studie Berlin-Institut: Vielfalt statt Gleichwertigkeit
36
DStGB-Dokumentation Nr. 118 – Wirtschaftsförderung:
Aufgaben, Organisation und Schwerpunkte
40
Qualifizierte Nahversorgung
Eine (!) Definition des Begriffes „Nahversorgung“
41
Studie HafenCity Universität: Qualifizierte Nahversorgung
im Lebensmitteleinzelhandel
41
Nahversorgung in Ländlichen Räumen
44
Die "typische Atypik" bei großflächigen Lebensmittelmärkten
47
Nahversorgung erhalten und gestalten
53
Gutes Angebot, attraktive Innenstädte
58
Gute Einkaufsmöglichkeiten vor Ort bieten
60
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Materialsammlung
Einführung
„Gut versorgt in meiner Stadt“
Arbeitsplätze, Verkehrsinfrastruktur, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen,
medizinische Versorgung und Freizeitangebote gehören zu den wesentlichen
Faktoren, die eine hohe Lebensqualität in Städten und Gemeinden ausmachen und das alles im besten Fall in unmittelbarer Nähe. Dies gilt ebenso für wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten. Lebensmittelversorger decken den täglichen Bedarf. Eine hinreichende Infrastruktur im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels
ist bis heute ausschlaggebend für die Standortattraktivität einer Kommune. Der
demografische Wandel und die fortschreitende Urbanisierung verstärken den
Handlungsdruck vor Ort.
Moderne Nahversorgungskonzepte sind derzeit maßgeblich von diesen Veränderungsprozessen geprägt: der wachsende Anteil älterer Bürger, ein sich veränderndes Mobilitätsverhalten der Bevölkerung sowie Siedlungstendenzen weg
von ländlichen Gebieten hin zu den Großstädten sind dabei die Einflussfaktoren.
Wenn keine ortsnahen Möglichkeiten zur Deckung des täglichen Bedarfs vorhanden sind, verschärft sich der Trend zum Wegzug und entvölkert insbesondere die ländlichen Gebiete (noch) stärker: Wo keine Einwohner, da keine Arbeitnehmer, da kein Gewerbe, da keine Arbeitsplätze, da keine Einwohner - ein
Teufelskreis.
An den Schalthebeln zur Sicherung einer qualifizierten Nahversorgung sitzen die
Kommunen. Bei ihnen liegt die Entscheidung, an welchen Standorten die Bewohner in Verflechtungsräumen einkaufen können und wie gut die Bevölkerung
versorgt ist. Sie treffen die Auswahl über die Betriebstypen, die für die Grundversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs sorgen. Zudem liegt bei ihnen die
Entscheidung darüber, ob und in welcher Form der Kommune durch ein modernes Konzept zur Versorgung mit Lebensmitteln ein Standortvorteil erwächst.
Unterschiedliche Auffassungen von Unternehmen und Baugenehmigungsbehörden verkomplizieren jedoch oft die Planungs- und Entscheidungsprozesse. Es gilt
soziale, städtebauliche und betriebswirtschaftliche Determinanten in Einklang
zu bringen. Das ist unter den heutigen Rahmenbedingungen zunehmend keine
leichte Aufgabe.
Die Herausforderung besteht darin, Nahversorgungskonzepte zu erstellen, die
nicht an Paragraphen oder Zahlen scheitern, sondern in erster Linie das Ziel
verfolgen, ein gutes Einzelhandelsangebot sicherzustellen. Was ein gutes Einzelhandelsangebot ist, lässt sich allerdings nicht generalisieren und muss an den
örtlichen Gegebenheiten ausgerichtet werden.
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Welches sind für Städte und Gemeinden dabei die Herausforderungen bis zur
Errichtung eines erfolgreichen Nahversorgungskonzeptes? Wie können soziale,
städtebauliche und ökonomische Determinanten in Einklang gebracht werden?
Wie lassen sich Entscheidungs- und Planungsprozesse möglichst effizient gestalten? Diese und weitere Fragen greift die kostenlose Veranstaltung „Gut versorgt
in meiner Stadt“ des Sächsischen Städte- und Gemeindetages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes auf.
Die Veranstaltung soll vermitteln, dass es von zentraler Bedeutung ist, jeden
Einzelfall anhand der individuellen Rahmenbedingungen zu beleuchten. Dabei
sind städtebauliche und ökonomische Aspekte sowie die Anforderungen der
Bevölkerungen zu berücksichtigen, alle „Entscheider“ und „Planer“ einzubeziehen und langfristige Konzepte zur Sicherung der Nahversorgung zu erstellen, die
für die Unternehmen gleichzeitig Investitions- und Planungssicherheit mit sich
bringen. Auf diese Weise sind kommunale Nahversorgungskonzepte in der Lage,
die Lebensqualität vor Ort zu verbessern.
Hinweis: Unter dem Link http://www.dstgb.de/nahversorgung4 befinden sich
ausgewählte Dokumente rund um die Themen Stadtentwicklung, Demografie
und Nahversorgung zum Download, die die vorliegende Materialsammlung ergänzen.
(Erik Sieb, Deutscher Städte- und Gemeindebund, [email protected],
März 2015, www.dstgb.de)
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Fachgespräch: Nahversorgung auf dem Land
Was kann der Bund für Tante Emma tun?
In den letzten 40 Jahren sank die Zahl der Verkaufsstellen des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland um fast 75%. Wohnortnahes Einkaufen ist besonders
in ländlichen Räumen zunehmend ein Problem. Denn wenn auf dem Land ein
Geschäft schließt, ist das nächstgelegene mit öffentlichen Verkehrsmitteln häufig nur mühsam, zu Fuß gar nicht mehr zu erreichen. Als Folge kann schon ein
Drittel der Menschen in ländlichen Gemeinden nicht mehr zu Fuß einkaufen.
Und der Trend zu großflächigen Verkaufsstellen außerhalb der Ortskerne setzt
sich weiter fort.
Gleichzeitig hinterlässt der demografische Wandel seine Spuren am deutlichsten
auf dem Land, sodass die Anzahl Hochbetagter zunimmt, die sich nicht mehr
selbstständig versorgen können. Die Sicherung wohnortnahen Einkaufens bedeutet also nicht nur Lebensqualität in ländlichen Räumen, sie ist Voraussetzung
für gesellschaftliche Teilhabe und Handlungsauftrag an die Politik.
Aber welche politischen Hebel stehen dem Bund zur Verfügung, wenn die Nahversorgung von Einzelentscheidungen und bürgerschaftlichem Engagement vor
Ort abzuhängen scheint und die Gründe für den Rückzug des Lebensmitteleinzelhandels aus der Fläche vielschichtig sind? Welche Handlungsoptionen ergeben sich für den Bund aus dem Grundsatz von der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse aus Art. 106 Absatz 3 Nr. 2 Grundgesetz und der Leitvorstellung der
Raumordnung von gleichwertigen Lebensverhältnissen in allen Teilräumen der
Bundesrepublik aus § 1 Absatz 2 Raumordnungsgesetz?
Diese Frage will die Bundestagsfraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN mit Expertinnen und Experten im Fachgespräch diskutieren und auch die Potentiale regionaler Wertschöpfung, der landwirtschaftlichen Direktvermarktung und des Lebensmittelhandwerks für die ländliche Nahversorgung beleuchten.
Zeit: Montag, 23.03.2015 zwischen 14:00-17:00 Uhr statt.
Ort: Deutscher Bundestag, Paul-Löbe-Haus Raum 4.300, Konrad-AdenauerStraße 1, 10557 Berlin
Nähere Informationen unter: http://www.gruenebundestag.de/no_cache/news/termin_ID_2000125/veranstaltung/nahversorgung_auf_
dem_land_terminid_866.html
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Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum
Sächsischer Städte- und Gemeindetag setzt sich erfolgreich für den ländlichen
Raum ein.
Der Städte- und Gemeindetag (SSG) trägt den Entwurf des Entwicklungsprogrammes für den ländlichen Raum (Förderperiode 2014 bis 2020) mit. Der Entwurf setzt zentrale Forderungen des Verbandes um. Dies gilt vor allem für die
integrierte ländliche Entwicklung, bei der die Regionen künftig mehr Freiheit
haben. Staatsminister Frank Kupfer hatte den neuen Ansatz in der vergangenen
Woche in der Sitzung des Präsidiums des SSG erläutert.
Mischa Woitscheck, Geschäftsführer des SSG, sagte dazu: „Das Umweltministerium hat beim EPLR gute Arbeit geleistet und die Kommunen vorbildlich eingebunden. Die Regionen entscheiden künftig selbst, was sie fördern möchten und
in welcher Höhe. Das ist gelebte Selbstverwaltung“.
Das Programm wird allerdings nur dann ein Erfolg, wenn der Freistaat die Spielräume nicht durch die Hintertür beschneidet. „Die Regionen im ländlichen Raum
müssen frei darüber entscheiden können, ob und in welcher Höhe sie ihr Budget
für den Ausbau einer Schule oder Straße einsetzen wollen oder ob sie hierzu ein
Fachförderprogramm nutzen. Es ist erfreulich, dass Staatsminister Kupfer uns
auch in diesem Punkt unterstützt“, so Woitscheck.
Der Freistaat Sachsen hat der EU-Kommission den Entwurf seines Entwicklungsprogrammes für den ländlichen Raum zur Genehmigung vorgelegt. Das Programm bestimmt, welche Fördergegenstände 2014 bis 2020 aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)
gefördert werden. Bei der integrierten ländlichen Entwicklung verzichtet der
Freistaat auf zentrale Vorgaben. Stattdessen sollen die Regionen Fördergegenstände und -sätze in einer eigenen Strategie festlegen können. Zur Schonung
des ihnen zugewiesenen Budgets sind sie nach Auffassung des SSG aber darauf
angewiesen, auch Fachförderprogramme des Freistaates in Anspruch nehmen
zu können.
Pressemitteilung des Sächsischen Städte- und Gemeindetages
Dresden, 22. Juli 2014
www.ssg-sachsen.de
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Zahl der Nahversorger auf dem Land sinkt
Newsletter: heute im Bundestag (hib)
In Deutschland ist der Lebensmitteleinzelhandel im ländlichen Raum auf dem
Rückzug. Zwischen 1966 und 2013 sank die Zahl der Läden nach Angaben des
Eurohandelsinstituts (EHI) um fast 75 Prozent von rund 150.000 auf 38.600 Verkaufsstellen, die die Bevölkerung mit Waren des täglichen Bedarfs versorgen.
Das geht aus einer Antwort (18/3950) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/3688) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor, die Auskunft über
die Entwicklung der Versorgungsstruktur des Einzelhandels im ländlichen Raum
verlangt hatte. Allerdings weist die Bundesregierung in ihrer Antwort darauf hin,
dass „mangels entsprechender statistischer Datengrundlagen“ nur eine eingeschränkte Einschätzung vorgenommen werden könne. Weiter heißt es, dass die
durchschnittliche Verkaufsfläche der Geschäfte im gleichen Zeitraum zugenommen habe. Der Strukturwandel im Einzelhandel sei vor allem zu Lasten der
kleinflächigen Ladengeschäfte bis 400 Quadratmeter Verkaufsfläche und zu
Gunsten großflächiger Geschäfte und Discounter gegangen. Diese Entwicklung
würde sich auf die Erreichbarkeit der Versorgungseinrichtungen auswirken. Eine
Bevölkerungsbefragung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung
(BBSR) habe ergeben, dass der Anteil der Befragten in Kleinstädten, Landstädten
und ländlichen Gemeinden, die einen Grundversorger fußläufig erreichen können, von 93 Prozent im Jahr 1990 auf 75 Prozent im Jahr 2010 gesunken sei.
Nach den Zahlen einer Erreichbarkeitsanalyse des Thünen-Instituts für Ländliche
Räume könne etwa die Hälfte der Deutschen den nächsten Lebensmittelmarkt
fußläufig erreichen, in ländlichen Kreisen gelte dies aber nur für ein Drittel der
Bevölkerung. Dafür würden auf dem Land mobile Geschäfte zur Grundversorgung beitragen und der Online-Handel an Bedeutung gewinnen. Des Weiteren
heißt es, dass grundsätzliche Unterschiede im Konsumverhalten zwischen ländlichen und städtischen Gebieten nicht festzustellen seien.
Quelle: hib - heute im bundestag Nr. 078 vom 12.02.2015
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Supermarkt-Riesen lassen deutsche Dörfer im
Stich
Zwei Kilometer. Luftlinie. Diese Strecke müssen Deutsche, die auf dem
Land leben, im Durchschnitt bis zum nächsten Supermarkt zurücklegen.
Kleine Orte sind für Lebensmittelketten uninteressant.
Von Michael Gassmann
Foto: Infografik DIE WELT
Die Sehnsucht der Städter nach dem Leben auf dem Lande ist ungebrochen. Das
zeigt der Boom von Zeitschriften, die Idylle, Naturnähe und Freiraum jenseits
der Ballungszentren feiern. Doch in der Realität wird der Alltag auf dem Dorf oft
zunehmend mühsam, etwa beim Einkaufen. So werden die Wege zum Supermarkt für viele immer länger.
Schon jetzt kann nur noch jeder dritte Bewohner ländlicher Regionen in
Deutschland einen Supermarkt in fußläufiger Entfernung bis zu einem Kilometer
erreichen, teilte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion mit.
Der Befund spiegelt einen Prozess der Konzentration im Lebensmittelhandel
wider, der seit Jahrzehnten anhält. Nach Zahlen der Handelsforscher vom Kölner
EHI-Intstitut existieren derzeit bundesweit noch 38.600 Geschäfte. 1966 waren
es 150.000.
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Eine der Folgen: Auf dem Land müssen die Verbraucher im Durchschnitt fast
zwei Kilometer zurücklegen, um den nächsten Supermarkt oder Discounter zu
erreichen, in Luftlinie. Wer über kein Auto verfügt, kann rasch Probleme bei der
Versorgung mit Lebensmitteln bekommen.
Tante Emma macht zu, und der Bus fährt nicht
Das schrumpfende Ladennetz ist nur eine der Herausforderungen, vor denen
der ländliche Raum steht. Die drohende Vergreisung und damit einhergehend
ein Wegzug junger Menschen träfen ländliche Regionen ungleich härter als die
Metropolen, konstatierte Agrarminister Christian Schmidt kürzlich.
"Macht die Arztpraxis im Dorf zu, kann man nicht einfach zum Hausarzt drei
Straßen weiter gehen. Gibt es weniger Kinder, muss die Dorfschule geschlossen
werden", beschrieb der Mann aus dem mittelfränkischen Obernzenn (2635 Einwohner) die Praxis. Dann bleibe nur der Bus, "und der kommt auch nicht so oft".
Mit dem "Bundesprogramm ländliche Entwicklung" und Modellvorhaben wie
"Landaufschwung" will der Christsoziale die Strukturschwächen dämpfen.
Schließlich hatte die Regierung im Koalitionsvertrag versprochen, gleichwertige
Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu schaffen. Es wäre ein lohnenswertes
Ziel: Immerhin leben 44 Millionen Bundesbürger in ländlichen Regionen, oft
geprägt durch Infrastruktur-Schwächen vom Straßennetz bis zur Breitbandversorgung.
Kritiker wie der Grünen-Abgeordnete Markus Tressel monieren, dass den Worten bisher kaum Taten gefolgt seien. Tressel fordert, die Bundesregierung müsse
eine Plattform für den Einzelhandel schaffen, um gemeinsam mit Unternehmen,
Verbänden, Kommunen und Gewerkschaften Perspektiven aufzuzeigen.
Doch es ist fraglich, ob eine solche Allianz einen Trend stoppen könnte, der vor
allem eine Folge des Strukturwandels im Einzelhandel ist. Supermärkte und Discounter werden größer, um die wachsenden Ansprüche der Kunden an Auswahl
und Produktvielfalt zu befriedigen. Selbst harte Discounter setzen heute auf
Durchschnittsflächen von mehr als 1000 Quadratmetern, wenn sie neue Filialen
eröffnen – gern am Rand von Kleinstädten.
Lieber den längeren Weg zum Discounter
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Um auf ihre Kosten zu kommen, benötigen die Kaufleute entsprechend größere
Einzugsgebiete. Noch um das Jahr 2000 reichten 3500 Einwohner, um eine Filiale profitabel zu betreiben, heißt es in einer Studie des Bundesforschungsinstituts für ländliche Räume (Thünen-Institut).
Heute seien Orte mit weniger als 5000 Einwohnern für die großen Lebensmittelketten uninteressant. Etwas besser sehe es in Tourismus-Regionen aus. Immerhin gibt jeder Tagesgast nach Erhebungen rund 15 Euro im örtlichen Einzelhandel aus, mehr als doppelt so viel wie die lokale Bevölkerung.
Ein Teil der Schuld am Wegzug von Tante Emma aus dem Dorf trifft die Bewohner selbst, meinen die Fachleute: "Immer mehr Verbraucher kaufen nicht mehr
an ihrem Wohnort ein, selbst wenn ein Angebot vorhanden ist." Gründe dafür
seien vor allem "die erhöhte Mobilität und das Preisbewusstsein der Konsumenten".
Mit anderen Worten: Wenn der Discounter in der nächsten Kleinstadt billiger
ist, schaut der Dorf-Kaufmann regelmäßig in die Röhre. Und das ist häufig der
Fall. Fast 90 Prozent der Menschen, die auf dem Land leben, fahren mit dem
Auto. Manche nur, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt: "Das Auto wird bis ins
hohe Alter zum Einkaufen genutzt", heißt es in der Studie.
Ob der nächste Laden ein paar Kilometer weiter entfernt liegt, macht dann wenig aus. So trägt das Auto zum Ladensterben auf dem Land bei, während das
immer dünnere Ladennetz zugleich das Auto immer unentbehrlicher macht - ein
Teufelskreis.
Doch dabei muss es nicht bleiben. In Deutschland entwickelt sich seit einigen
Jahren eine bunte Palette neuer Konzepte für kleine Geschäfte. Dazu zählt die
Kette Um's Eck, die der Großhändler Markant in Bayern, Baden-Württemberg
und Hessen aufbaut.
Vorbild aus der Schweiz
Ähnlich wie beim Kleinflächen-Konzept Ihr Kaufmann reichen ihm im Zweifel
100 Quadratmeter Ladenfläche und ein Einzugsgebiet von 1200 Einwohnern.
Rewe hat mit mehr als 1200 Nahkauf-Filialen ebenfalls ein Kleinflächennetz aufgebaut, das allerdings auf ein größeres Einzugsgebiet abzielt.
In der Schweiz hat sich der Dorfladenspezialist Volg durchgesetzt. In seinen
durchschnittlich 180 Quadratmeter kleinen Geschäften bietet er 3000 Artikel im
mittleren Preissegment an, dazu, je nach Bedarf, Brötchen vom lokalen Bäcker
und Services von Post bis Reinigung.
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Zwar sei die Übertragbarkeit auf Deutschland wegen der hohen Kaufkraft nur
bedingt möglich, so das Bundesinstitut. Dennoch "zeigt das Schweizer Beispiel,
wie private Anbieter in entstehende Lücken im ländlichen Versorgungsnetz stoßen und das „Ladensterben“ verlangsamen".
Eine Analyse der Beratungsfirma KPMG spricht den Mini-Läden denn auch recht
gute Markt-Perspektiven zu. Doch nicht alle warten auf die Privatwirtschaft. In
Nordrhein-Westfalen startete das bürgerschaftlich orientierte Konzept "Dienstleistung und ortsnahe Rundum-Versorgung" (DORV), das kleine Läden mit Angeboten in den Bereichen Kultur und Kommunikation kombiniert. Ähnlich funktionieren
MarktTreff
in
Schleswig-Holstein oder
die Komm-inDienstleistungszentren in Baden-Württemberg.
Fortzug killt die Kleinen
Megatrends wie die wachsende Beliebtheit von Bio- und Regional-Produkten
dürften den kleinen, ortsnahen Händlern weiteren Rückenwind geben. Doch
zweifeln Handelsexperten, ob das alles reicht, um das Ladennetz auf dem Lande
wieder zu stärken. "Gegenwärtig scheint eine generelle Trendumkehr hin zu
einem lokalen Einkauf und zum Erhalt lokaler Geschäfte eher unwahrscheinlich",
schreiben die Autoren der Thünen-Studie.
Die Kombination aus Auto und Preisbewusstsein spreche dagegen. Ihr Fazit: "Bei
hohen Fortzugsraten und sinkenden Renten ist eher von einer Verschärfung der
Situation auszugehen."
© WeltN24 GmbH 2015
Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/article137440587/Supermarkt-Riesenlassen-deutsche-Doerfer-im-Stich.html
Mehr Unterstützung gefordert
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Nach einer aktuellen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Köln, wird
der Wohnungsleerstand insbesondere in ländlichen und strukturschwachen
Regionen künftig zu einem immer größer werdenden Problem. Vor diesem
Hintergrund ist eine der Kernforderungen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, dass die Politik dem im Grundgesetz verankerten Postulat gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land durch eine Verstärkung konkreter Programme, Strategien und Maßnahmen insbesondere zugunsten der
Städte und Gemeinden im ländlichen Raum gerecht wird. Eine einseitige Konzentration der Politik auf wirtschaftsstarke Großstädte und ein weiteres Auseinanderdriften zwischen pulsierenden Metropolen einerseits und wirtschaftsschwachen Städten und Gemeinden im ländlichen Raum andererseits
würde demgegenüber dem gesamten Land schaden.
Daher muss eine weitere wirtschaftliche Spreizung in Deutschland verhindert
werden. Hierbei kommt der Stärkung der Klein- und Mittelstädte insbesondere
in wirtschaftsschwachen ländlichen Räumen eine besondere Bedeutung zu.
Norbert Portz, Beigeordneter des Deutscher Städte- und Gemeindebund, hat zu
dieser Thematik in jüngerer Zeit Stellung genommen. Sein Interview mit dem
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zur „Situation und
Entwicklung von Klein- und Mittelstädten“ ist daher im Folgenden vor dem Hintergrund auch der aktuellen Studie nochmals wiedergegeben:
BBSR: Welchen Stellenwert, welche Bedeutung haben Klein- und Mittelstädte
für die gesamträumliche Entwicklung, d. h. für die wirtschaftliche und soziale
Entwicklung Deutschlands?
Portz: Die Siedlungsstruktur Deutschlands zeichnet sich durch hohe Dezentralität aus. Nicht einseitig die Großstädte, sondern die Klein- und Mittelstädte bestimmen das Siedlungssystem. In Klein- und Mittelstädten leben ca. 61 % aller
Einwohner. Etwas über 55 % aller Arbeitsplätze und damit der überwiegende
Teil der ca. 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland entfallen auf Klein- und
Mittelstädte.
Auch der Großteil der ca. 40 000 Schulen und 50 000 Kindergärten und der rund
2 200 Krankenhäuser befindet sich in Klein- und Mittelstädten. Daher haben
diese für die gesamträumliche Entwicklung eine besondere Bedeutung. Als regionale Zentren bestimmen sie entscheidend die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Nur wenn es den Klein- und Mittelstädten gut geht, geht es dem gesamtem Land gut. Im ländlichen Raum, in dem fast 70 % der Bevölkerung in
Deutschland lebt, erfüllen Klein- und Mittelstädte wichtige Aufgaben der Infrastruktur und Versorgung (Gesundheitsleistungen, Schulen, Nahversorgung etc.).
Diese Funktionen müssen im Sinne einer positiven Gesamtentwicklung Deutschlands auch in Zukunft gesichert werden.
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BBSR: Vor welchen aktuellen Herausforderungen stehen Klein- und Mittelstädte
in Deutschland? Was sind die dringendsten Probleme?
Portz: Mittel- und Kleinstädte bilden keine homogene Gruppe. Sie sind, je nach
Lage im ländlichen Raum sowie ihrer Wirtschafts- und Arbeitsmarktstruktur,
unterschiedlichen Herausforderungen ausgesetzt. Strukturstarken sowie noch
wachsenden Mittel- und Kleinstädten, zumeist im Westen Deutschlands, steht
eine Vielzahl schrumpfender Klein- und Mittelstädte, insbesondere im Osten
sowie in strukturschwachen Räumen der alten Länder, gegenüber. In diesen oft
im peripheren ländlichen Raum liegenden schrumpfenden Gemeinden ist schon
heute eine Gefährdung der Daseinsvorsorge und der bisher üblichen Mindeststandards festzustellen.
Dies betrifft etwa die Ärzteversorgung, die Ausstattung mit Schulen oder auch
das Wegbrechen der Einzelhandelsstruktur und eine damit verbundene Verödung der Innenstädte durch zunehmenden Leerstand. Das Gebot der Stunde
für diese Kommunen lautet, den Schrumpfungsprozess aktiv zu gestalten. Angesichts nur begrenzt vorhandener öffentlicher Ressourcen beinhaltet dies auch
ein Mehr an Selbstverantwortung der Bürger und der übrigen Akteure (Handel
etc.). Weiter bedarf es innovativer Konzepte zum Erhalt eines Mindeststandards, etwa über interkommunale Kooperationen. Dies gilt insbesondere im
Hinblick auf die Gesundheitsversorgung, die Einzelhandelsnahversorgung, die
Schulstandorte oder eine hinreichende ÖPNV-Anbindung.
Die kommunalen Akteure können durch eine aktive Familien- sowie Seniorenpolitik selbst dazu beitragen, die Lebensqualität in Klein- und Mittelstädten zu
steigern. Auch können die Wiedernutzung von Brachflächen, die Anpassung des
Gebäudebestandes an aktuelle Herausforderungen sowie die Bewahrung identitätsstiftender Bauten zur Steigerung der Attraktivität beitragen. Gerade
schrumpfende Klein- und Mittelstädte benötigen aber auch die Unterstützung
der Politik. Hierzu ist eine schlagkräftige Ausgestaltung der Bundesstädtebauförderung, durch die seit über 40 Jahren auch Klein- und Mittelstädte gefördert werden, über die aktuellen 455 Mio. € Bundesförderung hinaus unabdingbar. Auch ein beschleunigter Breitbandausbau, eine intakte Verkehrsinfrastruktur sowie ein funktionierendes Netz bei der medizinischen Versorgung müssen
durch die Politik gefördert werden.
BBSR: Was macht gerade Klein- und Mittelstädte für ihre Bewohner, aber auch
für die Wirtschaft attraktiv? Was sind starke Klein- und Mittelstädte?
Portz: Klein- und Mittelstädte haben überschaubare Strukturen und entsprechen mit ihrem kompakten Vereins- und Kulturleben gut dem Leitbild von lebenswerten Städten. Mit ihrer oft vorhandenen wirtschaftlichen Stärke weisen
sie zudem eine hohe Lebensqualität für ihre Bewohner, aber auch eine große
Standortqualität für die mittelständische Wirtschaft auf.
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Hierzu tragen ein häufig noch sehr gutes soziales Netz, gute Umweltbedingungen sowie niedrigere Wohnungs- und Baulandpreise bei. Starke Klein- und Mittelstädte zeichnen sich zudem häufig durch eine maßstäbliche, tradierte und
qualitätsvolle Baukultur aus. Dies entspricht besonders dem Lebensmodell der
für die Gesellschaft wichtigen Zukunftsgruppe, der Familie mit Kindern.
BBSR: Erkennt die Politik, die Stadtentwicklungspolitik, die gesamträumliche
Bedeutung von Klein- und Mittelstädten? Trägt sie den Herausforderungen und
Problemen von Klein- und Mittelstädten ausreichend Rechnung? Werden Kleinund Mittelstädte als Stadttypen gesehen, für die angesichts der spezifischen
Herausforderungen auch eigene Lösungswege zu suchen sind?
Portz: Die Politik war in der Vergangenheit zu sehr auf die Großstädte konzentriert. Hier sind die wichtigen Sitze der Medienkonzerne sowie die Zentralen
der Politik und der großen Unternehmen. Die Bedeutung der Klein- und Mittelstädte rückt aber immer stärker in den Mittelpunkt auch der Bundespolitik. Dem
liegt zu Recht die Erkenntnis zugrunde, dass es ohne gesunde Klein- und Mittelstädte wirtschaftlich und sozial ausgewogene Rahmenbedingungen in Deutschland nicht gibt.
Ein Beispiel für die zunehmende Fokussierung auf Klein- und Mittelstädte ist
das im Jahr 2010 vom BMVBS ins Leben gerufene Städtebauförderungsprogramm „Kleinere Städte und Gemeinden“. Hierdurch werden diese Kommunen
als wichtige Ankerpunkte der regionalen Entwicklung gestärkt. Auch das Aktionsprogramm „Regionale Daseinsvorsorge“ des BMVBS, mit dem 21 Modellregionen in den Jahren 2012/2013 eine finanzielle Zuwendung für die Bewältigung
der infrastrukturellen Herausforderungen des demografischen Wandels erhalten, unterstützt Klein- und Mittelstädte.
Dennoch ist es wegen der speziellen Probleme vieler Klein- und Mittelstädte
notwendig, für diese gezielte Lösungen und Förderprogramme anzubieten.
Kernpunkte sind neben intakten (Nah- und Fern-)Verkehrskonzepten und einer
ausreichenden Nahversorgungsinfrastruktur insbesondere der beschleunigte
Breitbandausbau, die Sicherung der medizinischen Versorgung, die Förderung
der interkommunalen Zusammenarbeit, die Erhaltung der Bildungslandschaft
sowie die Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements. Ziel der Politik muss
die Stärkung der zentralen Funktion von Klein- und Mittelstädten sowohl für die
eigenen Bürger als auch für das oft ländliche Umfeld sein.
BBSR: Welche Strategien und Maßnahmen sind zur Unterstützung von Kleinund Mittelstädten erforderlich, um den dort lebenden Menschen und der Wirtschaft eine Zukunftsperspektive zu geben, Voraussetzungen für eine positive
Stadtentwicklung zu schaffen?
Portz: Strategien für Klein- und Mittelstädte sind dann zielführend, wenn sie
nachhaltig zu einer gesunden Wirtschafts- und Arbeitsstruktur verhelfen. Dazu
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gehört es insbesondere, vor Ort Wachstumsbranchen wie die Informationstechnologie, aber auch die erneuerbaren Energien zu aktivieren. Gerade die erneuerbaren Energien können wegen der erforderlichen dezentralen Energieerzeugung und Versorgung (Windenergie, Bioenergie etc.) Zukunftsmotoren für Kleinund Mittelstädte sein.
Zudem sind eine Intensivierung des sozialen Zusammenhalts, eine Aktivierung
der Zivilgesellschaft und die Gewährleistung der Daseinsvorsorge vor Ort wesentliche Voraussetzungen für eine positive Stadtentwicklung. Hiermit verbunden ist in stadtentwicklungspolitischer Sicht auch eine Stärkung der Innenstädte. Der Identifikation durch vitale Innenstädte kommt für die Bürgerinnen und
Bürger eine besondere Bedeutung zu. Innenstädte sind bei einer guten Nutzungsvielfalt der Schlüsselfaktor für eine positive Stadtentwicklung. Besonders
Klein- und Mittelstädte mit guter Baukultur haben Perspektiven, weil dort häufig
auch in den Ortskernen noch ein senioren-, familien- und kindgerechtes Leben
sowie ein attraktives Einkaufen möglich sind.
In leicht abgewandelter Form des Schlussappells der Leipzig-Charta der EUMitgliedstaaten aus dem Jahr 2007 zur nachhaltigen Europäischen Stadt muss
daher als Fazit für eine Zukunftspolitik zur Unterstützung von Klein- und Mittelstädten gefordert werden: „Europa und Deutschland brauchen starke Mittelund Kleinstädte!“
Quelle: Das Interview ist in der Publikation „Klein- und Mittelstände in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt und Raumforschung erschienen.
Investitionsoffensive in Infrastruktur notwendig
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund erwartet von der neuen Bundesregierung eine Investitionsoffensive und eine deutliche Stärkung der städtebau-
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lichen Infrastruktur. Der Investitionsrückstand bei der kommunalen Infrastruktur, insbesondere bei Schulen, Straßen und Plätzen, aber auch im Bereich der
Breitbandversorgung und der Kanalisation, wird von der Kreditanstalt für
Wiederaufbau (KfW) auf ca. 128 Milliarden Euro beziffert.
„Eine funktionierende und sichere Infrastruktur, mit der die Kommunen ihre
Aufgaben gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern sachgerecht erfüllen können, erfordert ein nachhaltiges und finanzielles Engagement auch des Bundes.
Die Städte und Gemeinden sind angesichts der vielfältigen Herausforderungen,
etwa des demografischen Wandels, überfordert, diese Zukunftsaufgaben des
Infrastruktur- und Stadtumbaus allein zu bewältigen“, erklärte der Vorsitzende
des Ausschusses für Städtebau und Umwelt des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Bürgermeister Arpad Bogya, Gemeinde Isernhagen, heute in der
Ausschusssitzung in Rheinbach.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht in diesem Zusammenhang in
einer Aktivierung städtebaulicher Potentiale im Innenbereich der Kommunen,
etwa auf Gewerbe- oder Bahnbrachen, eine vorrangige Aufgabe. „Die Aktivierung dieser Potentiale ist schon zur Vermeidung einer weiteren Inanspruchnahme von Freiflächen im Außenbereich sinnvoll. Sie ist aber nicht zum NullTarif möglich. Wir fordern daher den Bund auf, insbesondere seine Städtebauförderungsmittel von gegenwärtig 455 Millionen Euro pro Jahr auf mindestens 700 Millionen Euro zu erhöhen. Auch die Länder sind gehalten, die notwendige Mitfinanzierung bereitzustellen“, erklärte Bogya.
Die zielgerichtete Stärkung von Innenstädten und Ortskernen ist nach Meinung
des DStGB der Schlüsselfaktor für eine positive Stadtentwicklung. Dabei haben
speziell Mittel- und Kleinstädte besondere Perspektiven, weil gerade hier oftmals in den Zentren und Ortskernen noch ein alten-, familien- und auch kindgerechtes Wohnen und Leben möglich ist. „Ein derartiges Umfeld zu fördern, muss
daher das Kernanliegen der Stadtentwicklungspolitik sowohl von Bund, Ländern
und Kommunen sein“, betonte Bogya.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht weiter in Kooperationen zwischen den Kommunen und dem Einzelhandel eine zentrale Voraussetzung zur
Gewährleistung attraktiver Nahversorgungsangebote in den Innenstädten und
Ortskernen. Trotz aller Konkurrenz der „Grünen Wiese“ sowie neuer Verkaufsformen wie des e-commerce müssen Kommunen und Einzelhandel gemeinsam
eine wohnortnahe Versorgung sichern. Dabei haben kommunale Einzelhandelskonzepte ebenso eine wichtige Aufgabe wie die interkommunale Abstimmung
bei der Zulassung des Einzelhandels. „Es nutzt jedenfalls weder dem Handel
noch der einzelnen Kommune, wenn innerhalb einer Region ein ruinöser Wettbewerb bei der Zulassung gerade großflächiger Einzelhandelsgeschäfte stattfindet. Hier gilt vielmehr der Grundsatz, dass Kommunen und Handel nur gemeinsam stark sind“, erklärte Bogya.
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Quelle: Deutscher Städte- und Gemeindebund, www.dstgb.de
Regional differenzierte Verteilung von Haushaltseinkommen
Die regionale Verteilung von Haushaltseinkommen in Deutschland ist differenzierter als es die Diskussion um Transferleistungen und die räumliche Auswirkungen des demografischen Wandels nahe legen. Weder eine einfache OstWest-Teilung noch Stadt/Land-Unterscheidungen sind pauschal richtig. In
mehr als 70 % der deutschen Haushalte gibt es keine Kinder.
In der aktuellen Diskussion des demografischen Wandels sowie der regionalen
Entwicklung spielen Wanderungsbewegungen aus ländlichen Regionen in die
Städte sowie finanzielle Transfers über die Sozialversicherungen eine große
Rolle. Die Finanzierung von Leistungen zur Daseinsvorsorge und die Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilregionen Deutschlands werden durch diese Diskussion beeinflusst. Dabei wird oft vereinfachend ein Bild
von sich entleerenden und überalternden ländlichen Räumen, vorrangig in Ostdeutschland und von Zuzug gekennzeichneten Städten, vorrangig in Westdeutschland und im Südwesten Deutschlands, gezeichnet.
Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) berechnet jährlich die regionale
Verteilung von Familien-, Alters- und Einkommensstrukturen. Die GfKBevölkerungsstrukturdaten 2013 zeigen, dass Deutschland regional sehr verschiedene Bevölkerungsstrukturen aufweist.
Es ist festzustellen, dass Einpersonen-Haushalte am häufigsten in Deutschland
vorkommen. 40 % aller Haushalte sind Einpersonen-Haushalte, darüber hinaus
sind 31,5 % der Haushalte Mehrpersonen-Haushalte ohne Kinder. Ergänzend
dazu haben Senioren-Haushalte, zu denen Personen mit mehr als 60 Jahren
gehören, den größten Anteil aller Haushalte mit 35,3 %.
Bei der regionalen Betrachtung zeigt sich, dass Regionen, in denen es überdurchschnittlich viele Haushalte mit Personen älter als 60 Jahre sowohl in Ostdeutschland (Sachsen, Thüringen), als auch in Norddeutschland (südlich von
Hamburg, nordwestliches Brandenburg, Schleswig-Holstein, nördliches Niedersachsen) und auch in Westdeutschland (Rheinland-Pfalz, Saarland) gibt. Überdurchschnittlich viele Single-Haushalte gibt es vor allem in den Städten und in
Niedersachsen.
Bei der Verteilung der regionalen Einkommen zeigen sich dementsprechend
Parallelen. Die drei Landkreise mit den größten Anteilen von Topverdienern sind
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Materialsammlung
der Hochtaunuskreis, der Main-Taunus-Kreis und Starnberg, während die Kreise
mit den höchsten Anteilen an Geringverdienern in Bremerhaven sowie in den
Stadtkreisen Trier und Duisburg zu finden sind.
Weitere Informationen einschließlich Kartenmaterial sind in der Pressemitteilung der GfK GeoMarketing GmbH vom 24. Januar 2014 zu finden unter
http://goo.gl/C64zLJ (gekürzter Link).
Quelle: Deutscher Städte- und Gemeindebund
Beschluss zur planungsrechtlichen Steuerung des Einzelhandels
Auf der 19. Sitzung des DStGB-Ausschusses für Städtebau und Umwelt am 21.
und 22. Oktober 2013 in Rheinbach wurden in TOP 8 aktuelle Fragestellungen
zur planungsrechtlichen Steuerung des Einzelhandels diskutiert.
Der Ausschuss für Städtebau und Umwelt fasst einstimmig folgenden Beschluss:
1.
Der Ausschuss für Städtebau und Umwelt ist der Auffassung, dass dem
Einzelhandel eine Leitfunktion für die Stadtentwicklung zukommt. Für eine
nachhaltige Stadtentwicklung ist daher eine gezielte Steuerung der Einzelhandels- und Zentrenentwicklung auf der Basis eines entsprechenden Konzeptes zu
empfehlen.
2.
Der Ausschuss unterstreicht, dass eine Änderung des § 11 Abs. 3 BauNVO nicht erforderlich ist, da die in § 11 Abs. 3 BauNVO angelegte Flexibilität
grundsätzlich ausreicht, um unter Berücksichtigung des Einzelfalls sachgerechte
Standortentscheidungen – insbesondere für den großflächigen Lebensmitteleinzelhandel – zu treffen.
3.
Statt einer Änderung des § 11 Abs. 3 BauNVO ist die Handhabung der im
Satz 3 dieser Vorschrift enthaltenen Regelvermutung nachteiliger Auswirkungen
(ab 1 200 qm Geschossfläche) und der Möglichkeit ihrer Widerlegung gemäß §
11 Abs. 3 S. 4 BauNVO bei großflächigem Lebensmitteleinzelhandel an städtebaulich integrierten Standorten zu verbessern.
4.
Landesplanerische Vorgaben zur Einzelhandelssteuerung dürfen die
Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum durch moderne großflächige
Lebensmittelmärkte nicht verhindern, wenn diese der wohnortnahen Versorgung dienen und zentrale Versorgungsbereiche nicht gefährden
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Materialsammlung
DStGB: Bewertung des Koalitionsvertrages aus kommunaler Sicht
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD greift die zentralen Belange
der Kommunen und damit auch die Forderungen des Deutschen Städte- und
Gemeindebundes auf.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat den am 27. November 2013 von
CDU, CSU und SPD vorgestellten Koalitionsvertrag einer Bewertung aus kommunaler Sicht unterzogen. Dabei wurden vor allem die Kernforderungen des kommunalen Spitzenverbandes an die neue Bundesregierung geprüft.
Die Bewertung des DStGB sowie der Koalitionsvertrag im Wortlaut stehen auf
der Internetseite des DStGB als PDF-Dokument zum Download zur Verfügung.
Zu erreichen über: http://goo.gl/nkgsby (gekürzter Link)
Platz zum Handeln – Qualifizierte Nahversorgung
ausbauen
Auch in Zukunft sollen Bewohner im ländlichen Raum Dinge des täglichen Lebens ortsnah einkaufen können. Die an sich klare Aufgabenstellung ist angesichts einer älter werdenden und schrumpfenden Bevölkerung eine komplexe
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Materialsammlung
und gewaltige Herausforderung. Darüber sind sich die Kommunen und der
Einzelhandel im Klaren. Und dies bereits seit geraumer Zeit. Aber Statistiken
und Prognosen der Experten sind als Handreichung für Planungen der Infrastruktur das eine. Das tatsächliche Verbraucherverhalten in Kombination mit
neuen technologischen Entwicklungen bleibt aber die unberechenbare Variable. Das zeigte sich auch bei der Informationsveranstaltung des Deutschen Städte- und Gemeindebunds und des Gemeindetages Baden-Württemberg mit
Kommunalvertretern und Fachleuten am 21. Oktober 2014 in Wernau (Landkreis Esslingen). So unterschiedlich die Rezepte sind – Kooperation ist in allen
Szenarien ein konstanter Schlüsselbegriff: enge Zusammenarbeit der Kommunen untereinander, mit den Bürgern und dem Einzelhandel.
Roger Kehle hat eine Vision: In jedem Ort entsteht ein lokales Amazon. Der Präsident des Gemeindetages Baden-Württemberg stellt sich in seinem Beitrag zur
Veranstaltung „Gut versorgt in meiner Stadt – Mehr Lebensqualität durch qualifizierte Nahversorgung“ ein kleines Programm, eine App, vor, über die man mit
dem Smartphone beim nächsten Metzger oder Bäcker seine Bestellungen machen kann. Die Ware wird dann bequem nach Hause geliefert. Das könnte vor
allem für ältere Menschen hilfreich sein, zumal wenn es im kleinen Ort keinen
Lebensmittelladen mehr gibt, oder für Berufstätige mit generell wenig Zeit für
den Einkauf. Wer tagsüber in der Wohnung nicht anzutreffen ist, installiert eine
Paketbox vor dem Haus mit einem Kühlfach, in dem der Einkauf vom Lieferdienst deponiert wird. Pilotversuche gibt es bereits.
Innovationskraft und Kreativität sind gefragt
Kehle will mit seinem Beispiel einer Vision vor allem aber darauf hinweisen, dass
ganz allgemein „Innovationskraft und Kreativität“ gefragt sind, um die Herausforderungen zu meistern, eine qualitative Nahversorgung sicherzustellen. In der
Verbandszeitschrift „Die Gemeinde“ will der baden-württembergische Gemeindetagspräsident künftig in jeder Ausgabe eine zukunftsweisende Idee vorstellen.
Dazu seien auch für ihre Innovationskraft bekannte Unternehmen des Landes
angesprochen worden, betont er. Konzerne wie etwa Bosch, seien als Mitspieler
zwar nicht einfach zu gewinnen. Aber: „Wir werden das hinkriegen.“
Kehle will „aus der Position der Stärke die Dinge in die Hand nehmen“. Seinem
Bundesland geht es zugegebenermaßen nicht schlecht. „Baden-Württemberg ist
das einzige Bundesland, das nahezu gleiche Lebens-verhältnisse in der Stadt und
auf dem Land erreicht hat“, wie er betont. Starke Städte und Gemeinden gäbe
es in großer Zahl. Nicht nur in den großen Städten des Landes sind Großunternehmen zu finden, sondern insbesondere in ländlichen Räumen haben sich kleine und mittelständische Firmen zu internationalen Konzernen und zu Weltmarktführern entwickelt. Die geringste Arbeitslosigkeit herrscht im Hinterland
des Boden-sees (nicht nur wegen eines florierenden Tourismus). Und in dem
nach wie vor stark ländlich geprägten Oberschwaben gibt es wegen einer Vielzahl von Industriearbeitsplätzen Vollbeschäftigung.
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Materialsammlung
Schwacher örtlicher Handel trotz starker Kaufkraft
Dass trotz starker Kaufkraft in der Bevölkerung eine gesicherte Nahversorgung
kein Selbstläufer ist, demonstriert der gastgebende Bürgermeister, Armin Elbl.
Seine Stadt Wernau hat rund 12 000 Einwohner und liegt im Speckgürtel der
Landeshauptstadt Stuttgart. Die Verkehrsinfrastruktur ist optimal: Ein Autobahnanschluss, gut ausgebaute Bundesstraßen und ein S-Bahn-Halt sind in der
Nähe, auch der Flughafen ist nicht weit, und sogar ein Handelshafen am Neckar
liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft. Die für das Gewerbe vorteilhaften
Standortfaktoren sind dem innerstädtischen Einzelhandel jedoch nicht gut bekommen. Werden die Bürger in ihren Läden vor Ort nicht fündig, setzen sie sich
kurzerhand ins Auto oder in die S-Bahn und fahren in wenigen Minuten zu den
großen Einkaufszentren in der Nachbarschaft. Das schwächt den örtlichen Handel mit der Folge, dass Ladengeschäfte schließen, sich das Angebot noch weiter
verringert und die Bürger für ihre Einkäufe noch häufiger das Weite suchen. Die
Abwärtsspirale dreht sich weiter. Bürgermeister Elbl will sie stoppen. Den Stadtentwicklungsplan Wernau 2025 hat er zur Chefsache erklärt.
Frequenzbringer
Die Stadt hat eine Befragung der Einzelhandelsbetriebe in Auftrag gegeben.
Dabei kam heraus, dass diese mit ihrem Standort nur sehr mittelmäßig zufrieden sind (2,4 von 5 Punkten). Auch bei der Umsatz-Kaufkraft-Relation, bei der
Verkaufsflächenausstattung pro 1000 Einwohner sowie bei der Kaufkraftbindungsquote zeigen nach der Befragung und im Benchmark die Zufriedenheitsampeln in Wernau gelb-rot. Teilweise liegt die Stadt weit unter dem Durchschnitt. Eine dringende Aufgabe für die Stadt sei es, die zentralen Lagen zu stärken, lautet eine Erkenntnis aus den Untersuchungen. Dringend müssten Funktionsräume gebildet werden. Doch um attraktive – und vor allem ausreichend
große (800 Quadratmeter und mehr) – Ladengeschäfte anzusiedeln, fehlt es in
der Innenstadt an dafür geeigneten Flächen. Eine solche muss sich die Stadt erst
erkaufen. Gespräche mit den Eigentümern sind geführt. Um zu wissen, ob man
bei der Ideenentwicklung richtig liegt, hat Bürgermeister Elbl im Oktober 2014
einen groß angelegten Bürgerbeteiligungsprozess in Gang gebracht. In zwei bis
drei Jahren soll dieser abgeschlossen sein. „Wir sehen das als letzte Chance, in
Wernau Großes anzusiedeln“, so der Bürgermeister. Diese erfüllt sich nach seiner Überzeugung, wenn es der Stadt gelingt, einen Frequenzbringer in der Innenstadt zu etablieren, von dem aus weitere attraktive Geschäfte fußläufig zu
erreichen sind.
Hilfe zur Selbsthilfe vom Staat
Fördermittel werden landauf landab selbstverständlich gerne gesehen, um solche Umstrukturierungsprozesse zu unterstützen. Hartmut Alker, Ministerialdirigent im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-
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Materialsammlung
Württemberg, verweist indes auf den engen Spielraum, den das Land bei seinen
Förderungen zum Erhalt einer qualifizierten Nahversorgung habe. „Der Markt
muss es irgendwie regeln, wir können es nicht steuern, wir können nur Hilfe zur
Selbsthilfe geben“, so Alker. „Ein Marktversagen ist die Voraussetzung, dass das
Land eingreifen darf“, erinnert der Landesbeamte an die Regeln. Er ist überzeugt, dass beispielsweise ein Metzger mit einer besonderen Spezialität immer
seine Daseinsberechtigung demonstrieren kann. In seinem Vortrag listet er die
Hilfen auf, die das Land (im Verbund mit Europäischer Union und Bund) für die
Entwicklung des ländlichen Raums aufbringt. Alker sieht eine Optimierung vor
allem im Dialog und einer stärkeren Kooperation der Beteiligten.
Bedeutung des Pkw
Was die Bürger in ihrer Funktion als Verbraucher letztendlich wollen, lässt sich
mitunter schwer ausmachen. So zeigen Untersuchungen, wie Michael Reink,
Bereichsleiter Standort und Verkehrspolitik beim Handelsverband Deutschland
betont, dass trotz des ausgedünnten Nahversorgungsangebots nur sieben bis
fünfzehn Prozent der Bewohner ländlicher Räume die Versorgungssituation
eher negativ bewerten. Umgekehrt bedeutet das: 85 Prozent sind mit dem Angebot zufrieden bis sehr zufrieden. Einer der Gründe ist das Auto vor der Haustüre oder in der Garage. Die Verbraucher gehen maximal einen Kilometer zu Fuß
bis in den nächsten Laden. Viele entscheiden sich jedoch grundsätzlich fürs Auto
– egal wie kurz die Wege sind. Kleine Discounter werden dabei genauso mit dem
Auto angefahren wie große Supermärkte, so die Erkenntnis von Reink. Ausreichend Parkplätze sind da gleichermaßen wichtig wie ein gutes Sortiment.
Auch Senioren, so die Erkenntnis der Wissenschaftler, lassen es sich nicht nehmen, im eigenen Pkw zum Einkaufen zu fahren – bis es gesundheitlich gar nicht
mehr geht. Und diese Grenze liegt mittlerweile bei um die 80 Jahre. Erst ab diesem Alter wird der Lebensmittelladen um die Ecke wichtig. Doch der Einkauf
dieser Käuferschicht beschränkt sich auf das Wesentliche, so dass mit ihr kaum
nennenswerte Umsätze zu erzielen sind. Gleichzeitig übernehmen solche Läden
nicht nur die Nahversorgung, sondern für Hochbetagte auch eine soziale
Funktion.
Kleine Läden nicht rentabel
Eine solche Aufgabe übernehmen Handelsketten wie Edeka sicherlich gerne. Um
aber vor Ort zu sein, benötigen sie vor allem Platz und nach Möglichkeit auch
eine attraktive Lage. Ladenflächen unter 800 Quadratmeter im Vollsortimentsbereich erfüllen häufig nur noch die Funktion der Grundversorgung. Größere
Vollsortimenter hingegen sichern eine vollumfängliche Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und können dadurch zu einer erhöhten Kaufkraftbindung führen. Die Verbraucher fahren dann nicht mehr in die benachbarten Zentren. Das reduziert Verkehr und Emissionen.
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Materialsammlung
Allein in den vergangenen zehn Jahren ist die durchschnittliche Verkaufsfläche
je 1000 Einwohner in Deutschland insgesamt von 300 auf 370 Quadratmeter
angewachsen. Aus diesem Grund stehen auch zahl-reiche ehemalige kleine
Schlecker-Läden bis heute leer. Sie hatten sicherlich in vielen kleinen Orten als
letzt-verbliebener Laden eine solche soziale Funktion, aber mit diesem Geschäftsmodell keine Überlebensmöglichkeit. Fragen von Bürgermeistern in der
Veranstaltung an die Experten, ob Leerstände mit kleinen Verkaufsflächen in
ihren Gemeinden wieder zu beleben seien, wurden mit wenig Hoffnung beantwortet.
Edeka hat in diesem Größenbereich noch die „…nah und gut“ Läden im Angebot.
Das sind Inhaber geführte Geschäfte, für die allerdings in einem solchen schwierigen Umfeld kaum noch Nachfolger zu finden sind. Edeka, so versichert Wolfgang Seiler, Geschäftsbereichsleiter Expansion der Edeka Südwest, unterstützt
solche Nah- und gut-Läden bis zuletzt. Letztendlich benötigt der Handelskonzern
Verkaufsflächen ab 1500 Quadratmeter, betont Seiler. 10 000 Artikel im Sortiment müssten es schon sein, um Kunden zufrieden zu stellen. Das geht nicht in
jeder kleinen Gemeinde, aber für mehrere Orte an einem Standort, sodass die
ländliche Bevölkerung kürzere Wege für ihre Lebensmittelversorgung behält.
Der Wunsch von Politik, Behörden und Verbänden, in integrierter Standortlage
einen Lebensmittelmarkt zu etablieren, entspricht vielmals nicht den Erwartungen der direkt betroffenen Bürgerinnen und Bürger in der Nachbarschaft. Bürgerinitiativen bzw. Proteste gegen einen solchen Markt sind keine Seltenheit.
Verbraucherwille nicht eindeutig
Was will der Bürger beziehungsweise der Verbraucher letztendlich? Die Experten wissen es nicht definitiv. Im Moment werden Lebensmittel kaum über das
Internet geordert – erst recht nicht im ländlichen Raum. Aber wie wird das in
der Zukunft sein? Wie werden sich die Angebote der Online-Anbieter entwickeln? Die heutigen Nutzer der Smartphones und ihrer Möglichkeiten werden
die Alten der Zukunft sein. Ebenso wenig lässt sich mit Gewissheit sagen, ob die
Szenarien zutreffend sind, die den demografischen Wandel beschreiben. Der
baden-württembergische Gemeindetagspräsident Roger Kehle will gängige
Prognosen nicht zum Maßstab werden lassen. Er könne einen demografischen
Wandel bisher nicht erkennen, sagt er. Für ihn gibt es kein Patentrezept. Stattdessen müssten Chancen für eine Fortentwicklung erkannt und genutzt werden.
Ein Zusammenwirken von Handel und Kommunen beim Aufbau tragfähiger Konzepte zur qualifizierten Nahversorgung ist dabei der richtige Weg. Mit gemeinsamem Engagement kann es gelingen, innovative Projekte zu entwickeln und
umzusetzen. Städte und Gemeinden sollten diese Chance für eine erfolgreiche
Stadtentwicklung nutzen.
Quelle: Stadt und Gemeinde 11/2014, www.stadt-und-gemeinde.de
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Materialsammlung
Städtebau und Stadtentwicklung
Studie zu § 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung – Endbericht vorgelegt
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hat den Endbericht der Studie zur
städtebaulichen Wirkungsweise des § 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung
(BauNVO) vorgelegt. Kernbotschaft: Eine Änderung der Vorschrift durch den
Verordnungsgeber wird von den meisten Befragten in den Kommunen als
nicht erforderlich gesehen.
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Materialsammlung
Die vorgenannte Studie dient der Klärung der mit einem Prüfauftrag des Deutschen Bundestages aufgeworfenen Fragen zur Wirkungsweise von § 11 Abs. 3
BauNVO. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, in einer Studie zu prüfen,
1.
ob und inwieweit sich die Struktur des Einzelhandels, insbesondere mit
Blick auf die Versorgung der Bevölkerung in Städten und ländlichen Räumen mit
den Waren des täglichen Bedarfs, durch das geltende Baurecht nachteilig entwickelt hat;
2.
ob und inwieweit die geltende Regelung die Förderung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden behindert oder in sonstiger Weise
nachteilige Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung hat;
3.
ob und inwieweit sich daraus ein Änderungsbedarf in § 11 Abs. 3 BauNVO ergibt, insbesondere mit Blick auf die Regelvermutung und die vorgeschriebene Geschossflächengröße.
Das Difu hat zum einen Stadtplanungsämter in allen Städten über 50.000 Einwohner sowie mit einer Stichprobe von 200 in den Städten und Gemeinden
zwischen 5.000 und 20.000 Einwohner sowie in Städten mit 20.000 bis 50.000
Einwohner befragt. Gesondert befragt wurden daneben die Baugenehmigungsbehörden als Vollerhebung bei allen kreisfreien Städten und Landkreisen sowie
bei den Bezirken in Berlin und Hamburg.
Anmerkung:
Die Difu-Studie hat unterstrichen, dass aus der kommunalen Praxis heraus kein
unmittelbarer Novellierungsbedarf bezüglich § 11 Abs. 3 BauNVO gesehen wird.
Gleichwohl lässt die Befragung erkennen, dass der Regelungsansatz die Anwendungspraxis nicht uneingeschränkt zufriedenstellt. Von vielen Kommunen werden die Vermutungsregelung und die Möglichkeit, diese in atypischen Fallkonstellationen zu widerlegen (§ 11 Abs. 3 Sätze 3 und 4 BauNVO), tendenziell als
kompliziert bewertet. Daher wird zum Teil auf eine verbesserte Vollzugspraxis
auf der Grundlage von Praxishilfen gesetzt.
Letzteres wird derzeit von den kommunalen Spitzenverbänden, dem DIHK sowie
dem Handelsverband Deutschland (HDE) geprüft und es wird an einer entsprechenden Arbeitshilfe für die kommunale Praxis gearbeitet. Sobald diese Arbeitshilfe fertiggestellt ist, wird die Hauptgeschäftsstelle die Mitgliedsverbände hierüber informieren.
Hinweis: Der Difu-Endbericht zur städtebaulichen Wirkungsweise des § 11 Abs.
3 BauNVO kann bei Interesse im Internet unter folgender Adresse abgerufen
werden: http://goo.gl/Qqimnt (gekürzter Link).
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Materialsammlung
(Bernd Düsterdiek, Deutscher Städte- und Gemeindebund)
Bundesregierung stellt Stadtentwicklungsbericht 2012
vor
Mitte Juli 2013 hat die Bundesregierung den „Stadtentwicklungsbericht 2012“
veröffentlicht. Der Stadtentwicklungsbericht trägt den Titel „Stadtentwicklungspolitik: Politik für Stadt und Land“.
Der Deutsche Bundestag hatte bereits mit Beschluss vom 16.06.2005 die Bundesregierung aufgefordert, dem Deutschen Bundestag alle vier Jahre über die
Stadtentwicklung in Deutschland zu berichten.
Der nunmehr vorgelegte Stadtentwicklungsbericht 2012 beschreibt die aktuelle
Situation deutscher Städte, Gemeinden und Stadtregionen, dokumentiert die
Aktivitäten des Bundes im Bereich der Stadtentwicklungspolitik, benennt die
Herausforderungen, vor denen die Städte und Gemeinden sowie die Stadtentwicklungspolitik stehen, und zeigt Optionen für eine zukünftige Politik zur Förderung der Städte und Gemeinden auf.
Richtigerweise greift der Stadtentwicklungsbericht 2012 zentrale Themen wie
etwa „Innenstädte, Stadtteilzentren und Ortskerne integriert entwickeln“ sowie
„Regionen stärken durch Kooperation und Vernetzung“ auf. Zur Frage der Entwicklung von Klein- und Mittelstädten kann dem Bericht unter anderem folgende Aussage entnommen werden:
„Politisches Ziel ist es, Klein- und Mittelstädte dabei zu unterstützen, sich als
Ankerpunkte zur Sicherung der Daseinsvorsorge zukunftsfähig zu entwickeln.“
Aus Sicht des DStGB müssen nun den Worten auch Taten folgen. Nach Auffassung der Hauptgeschäftsstelle kommt es daher in der neuen Legislaturperiode
insbesondere darauf an, die Städtebaufördermittel des Bundes und der Länder
zu erhöhen. Die gemeinsam von Bund, Ländern und Gemeinden getragene
Städtebauförderung ist die unverzichtbare Plattform, ohne die eine integrierte
Stadtentwicklungspolitik in Deutschland nicht sinnvoll weiterentwickelt werden
kann. Die Städtebauförderung stärkt wie kein anderes Politikinstrument die
nachhaltige Entwicklung von Innenstädten und Ortskernen und muss daher auf
hohem Niveau fortgesetzt werden.
Hinweis: Der Stadtentwicklungsbericht 2012 (BT-Drs. 17/14450) kann unter folgender Internetadresse abgerufen werden: http://goo.gl/5J3r28 (gekürzter
Link).
(Bernd Düsterdiek, Deutscher Städte- und Gemeindebund)
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Materialsammlung
Klein- und Mittelstädte in Deutschland - eine Bestandsaufnahme
In der öffentlichen Wahrnehmung gelten Klein- und Mittelstädte oft als "Provinz", als Inbegriff von Romantik mit restaurierten historischen Bauten, gepflasterten Fußgängerzonen, heimeligen öffentlichen Plätzen und einer attraktiven, historischen Stadtmitte. Dabei wird die enorme Bedeutung dieser regionalen Zentren für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands oft verkannt.
Fast zwei Drittel aller Einwohner Deutschlands leben in Klein- und Mittelstädten,
mehr als die Hälfte arbeitet auch dort. Wie sieht die Situation und Entwicklung
dieser Städte aus? Wie steht es um die Infrastruktur-Ausstattung? Sind die Bewohner zufrieden mit den Lebensbedingungen? Vor welchen Problemen stehen
die Städte und wie kann die Politik ihnen begegnen? Diesen und weiteren Fragen widmet sich die Analyse des BBSR, die sich auf eine breite Datenbasis stützt.
Die Veröffentlichung richtet sich mit ihren Strategie-Empfehlungen zum einen
an Entscheidungsträger in Politik und- Raumordnungspraxis. Zum anderen bietet sie allen fachlich Interessierten mit ihren Karten und Grafiken eine anschauliche Darstellung der Lebensbedingungen in Klein- und Mittelstädten.
„Klein- und Mittelstädte in Deutschland - eine Bestandsaufnahme“
Analysen Bau.Stadt.Raum, Band 10, Hrsg.: BBSR, Bonn 2012
Inhalt
Auf ein Wort / Auf einen Blick / Forschungsanlass
I Was sind Klein- und Mittelstädte?
1 Definitorische und analytische Grundlagen
2 Der Stadttypus Klein- und Mittelstadt konkret
II Klein- und Mittelstädte im Spiegel ihrer Aufgaben und Bedeutung
1 Welche Versorgungsfunktionen erfüllen Klein- und Mittelstädte?
1.1 Zentrale Orte als Instrument zur Sicherung der Infrastrukturversorgung
1.2 Erfüllen zentrale Orte ihre Versorgungsfunktionen?
1.3 Disparitäten in der Infrastrukturausstattung der Klein- und Mittelstädte
2 Welche funktionalen Spezialisierungen weisen Klein- und Mittelstädte auf?
2.1 Versorgungs-, Arbeitsmarkt- und Wohnzentralitäten
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Materialsammlung
2.2 Besondere Spezialisierungen
2.3 Was bedeuten spezialisierte Strukturen für die Regional- und Stadtentwicklung? - ein Fazit
3 Wie lebt es sich in Klein- und Mittelstädten?
3.1 Wohnstatus und Wohnzufriedenheiten
3.2 Beurteilung wohnungsnaher und zentralörtlicher Infrastruktur
3.3 Schlussfazit
4 Welche Bedeutung haben Klein- und Mittelstädte für die regionale Entwicklung?
4.1 Beitrag zur gesamträumlichen Entwicklung
4.2 Bedeutung der Klein- und Mittelstädte im regionalen Kontext
5 Sind Klein- und Mittelstädte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung?
5.1 Indikatorenkonzept Nachhaltige Klein- und Mittelstädte
5.2 Sind die Städte und Gemeinden auf einem nachhaltigen Weg?
5.3 Spezifische Ergebnisse: Einklang und Konfliktpotenziale
6 Vor welchen Herausforderungen stehen Klein- und Mittelstädte?
6.1 Schrumpfung - eine zentrale Herausforderung für Klein- und Mittelstädte
6.2 Welche Klein- und Mittelstädte in Deutschland schrumpfen?
6.3 Herausforderung: Arbeitsplatz- und Infrastrukturversorgung
6.4 Herausforderung: Nachhaltige Stadtentwicklung
6.5 Herausforderung: enger werdende Finanzspielräume
6.6 Fazit: Schrumpfung ist die zentrale Herausforderung
III Klein- und Mittelstädte: Was wird getan, was ist zu tun?
1 Fachpolitiken der Bundesressorts abstimmen und bündeln
2 Städtebauförderung für Klein- und Mittelstädte optimieren
3 Interkommunale Kooperation und bürgerschaftliches Engagement stärken
4 Weiterentwicklung der investiven Stadtentwicklungspolitik
5 Die Nationale Stadtentwicklungspolitik als Lern- und Experimentierfeld nutzen
Standpunkte
Verzeichnisse: Literatur, Abbildungen, Tabellen, Fotonachweis
Lieferbedingungen
Preis: 20,00 Euro (zzgl. Versand)
ISBN 978-3-515-10271-1
zu beziehen bei: [email protected]
Weitere Informationen unter www.bbsr.bund.de/
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Materialsammlung
„Shoppen – in der City?“: Informationen zur Raumentwicklung des BBSR
In der neuen Ausgabe des Themenhefts „Informationen zur Raumentwicklung“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung vom Februar
2014 (BBSR) mit dem Titel „Shoppen – in der City?“ liegt der Fokus auf einem
gerade für die Städte und Gemeinden wichtigen Bereich: Den aktuellen Entwicklungen des Einzelhandels und der damit einhergehende Wandel der Innenstädte.
Im Folgenden werden die neun Texte der Autoren zusammenfassend wiedergegeben:
Robert Kaltenbrunner: „Das urbanistische Repertoire des Shoppens. Von Einkaufscentern, Flagship-Stores und Discount-Städtebau“
„Der Handel stellt eine der ältesten und wichtigsten Triebfedern der Stadtentwicklung überhaupt dar.“ Diese Feststellung von Dr. Robert Kaltenbrunner
(BBSR) gilt heute vielleicht mehr denn je. Die Einkaufswelten sind in Zeiten von
sich rasant entwickelnden Informations- und Kommunikationstechnologien und
wachsendem (Online-)Distanzhandel in einem fundamentalen Umbruch und
interagieren dabei auch mit ihrem städtischen Umfeld. Shopping ist nicht mehr
vorrangig Warenerwerb, sondern wird immer mehr zum Erlebnis. Wenn zunehmend weniger das Kaufverhalten, als vielmehr die Kaufumgebung von Bedeutung für den Handel ist, wird zunehmend der von der jeweiligen Kommune
verantwortete Stadtraum mit zum ökonomischen Erfolgsfaktor. Dabei vertritt
der Autor die Ansicht, dass die Angleichung von Mall und Innenstadt nicht als
Gefahr gesehen, sondern als Chance dazu genutzt werden sollte, das Einkaufen
für die Stadt zu „kultivieren“.
Michael Reink: „Aktuelle Entwicklungen und zukünftige Trends im Einzelhandel – und mögliche räumliche Auswirkungen für die Innenstadt“
Michael Reink vom Handelsverband Deutschland (HDE) geht in seinem Beitrag
auf die möglichen räumlichen Auswirkungen der aktuellen Entwicklungen im
Einzelhandel auf die Innenstädte ein. Die schnelle Verbreitung des E-Commerce
und der demografische Wandel werden zu einem möglicherweise massiven
Umsatzrückgang für den klassischen stationären Handel führen und entsprechende raumrelevante Konsequenzen nach sich ziehen. Der klassische Zwei-
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Materialsammlung
kampf zwischen der Innenstadt und der Grünen Wiese erwächst zum Dreikampf
mit dem virtuellen Standort.
Olaf Bischopink: „Darstellung und kritische Bewertung der Wirkungen des
vorhandenen und praktizierten Instrumentariums zur Steuerung des Einzelhandels“
Auf diese Entwicklungen müssen sich die Kommunen nicht nur einstellen, sondern auch versuchen, aktiv auf sie einzuwirken. Dazu stellt Dr. Olaf Bischopink
(Baumeister Rechtsanwälte, Münster) die Wirkungen des den Städten und Gemeinden zur Verfügung stehenden und praktizierten städtebaurechtlichen Instrumentariums zur Steuerung des Einzelhandels dar. Hierzu gehören zum Beispiel Spezialzuweisungen großflächiger Einzelhandelsbetriebe oder der einfache
Bebauungsplan zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche. Der Autor unterzieht
diese städtebaurechtlichen Instrumente jeweils einer kritischen Bewertung.
Ricarda Ruland: „Einzelhandel in der historischen Stadt – Herausforderungen
und Chancen“
Eine zukunftsgerechte Einzelhandelsentwicklung stellt gerade in historischen
Städten die Planer vor große Herausforderungen, schreibt Ricarda Ruland vom
BBSR. Bei der Planung einer Kommune sind zuallererst die Anliegen der Bürger
und der lokalen Händler zu berücksichtigen. Andererseits bietet eine historische
Stadt natürlich auch besondere Potentiale mit gut durchdachten Einzelhandelsund integrierten Innenstadtkonzepten ein attraktives Aufenthalts- und Einkaufsgebiet zu schaffen. Dazu sind die Belange der Baukultur in historischen
Innenstädten konkret zu benennen und dann bei der Umsetzung auch dementsprechend zu berücksichtigen.
Christiane Kalka: „Was hätten Sie denn gerne? Ein Schaufensterbummel durch
die Innenstadt – entlang von Akteuren, Interessen, Projekten und Prozessen“
Dass bei einem solchen Stadtentwicklungs- und Planungsprozess unterschiedliche Interessen vieler Akteure aufeinander treffen, liegt auf der Hand. Dabei
übernimmt die Kommune eine koordinierende, steuernde und moderierende
Rolle und vertritt dabei selbst als „multipler“ Akteur eine Vielzahl von Interessen. Wie handeln Städte und Gemeinden bei großen Einzelhandelsprojekten
und welche Wechselwirkungen gibt es zwischen solchen konkreten Projekten
und den übergeordneten Strategien für die Profilierung der Innenstädte? Diesen
und weiteren Fragen geht Christiane Kalka (BBSR) an Hand zweier Beispiele auf
den Grund. Die beiden Mittelstädte Pirmasens und Wolfenbüttel stehen mit
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Materialsammlung
ihren Umstrukturierungsprozessen exemplarisch für typische Entwicklungen,
wie sie derzeit in vielen deutschen Innenstädten ablaufen.
Jens Imorde & Rolf Junker: „Shoppen ja, aber nur nicht im Warenhaus!?“
Schon lange vor dem Aufkommen des E-Commerce begann der Niedergang der
innerstädtischen Warenhäuser. Deren Schließung wird in den Städten meist als
großer Verlust wahrgenommen und zieht oft negative Ausstrahlungseffekte
nach sich, weshalb ihre Revitalisierung umso wünschenswerter scheint. Diese
gestaltet sich aber häufig wegen komplizierter Eigentumsverhältnisse, hohen
Kauf- und Umstrukturierungskosten oder einem Überangebot an Verkaufsflächen schwierig. Deshalb legen Jens Imorde (IMORDE Projekt- und Kulturberatung, Münster) und Rolf Junker (Junker + Kruse Stadtforschung Planung, Dortmund) den Städten nahe, sich schon frühzeitig Gedanken über mögliche Revitalisierungsoptionen für die gefährdeten Warenhäuser zu machen.
Franz Pesch: „Integration und Urbanität. Zukunftsperspektiven innerstädtischer Einkaufszentren“
Auch die innerstädtischen Einkaufszentren werden in Zukunft keine Erfolgsgarantie mehr haben, schreibt Professor Dr. Franz Pesch vom Städtebau-Institut
der Universität Stuttgart in seinem Beitrag. Die Frage nach deren Beitrag zur
urbanen Stadt steht in direktem Zusammenhang mit der notwendigen Neugewichtung der Nutzungsmischung in den Zentren. Die Chancen der Einkaufszentren liegen in Synergien mit dem bestehenden Handel, einer maßstäblichen
Gliederung der Volumen und vernetzten öffentlichen Räumen, um eine Transformation der Mall zum Einkaufsquartier mit Mehrwert für die Stadt zu schaffen. Dazu müssten sich die Kommunen gegenüber Immobilienbranche und Handel klar positionieren und sich zu ihrer städtebaulichen Regieverantwortung
bekennen.
Wolfgang Christ: „Konsumkultur und Raumstruktur. Aktuelle Entwicklungen in
den USA und Großbritannien“
Professor Wolfgang Christ von der Urban INDEX Institut GmbH aus Darmstadt
zeigt in seinem Beitrag die zusammenhängenden Entwicklungen von Konsumkultur und Raumstruktur in den Vorreiterländern USA und Großbritannien auf.
In den USA revidieren die Städte ihre Planungskultur zugunsten funktionaler
Integration und formbasierter Raumqualität, wobei Handel und Immobilienwirtschaft aktiv daran partizipieren. Im Großbritannien haben „Stadt-CenterProjekte“ in den 1990er-Jahren zu vorbildlichen neuen Innenstadtquartieren
geführt. Doch die Entwicklungen gehen weiter und angesichts des drohenden
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Materialsammlung
Todes der „High Street“, ist die Mitte von Stadt und Gesellschaft neu auszugestalten.
Klaus Overmeyer: „Ausläufer der konsumgerechten Stadt – ein Kommentar“
Über eine neue Ausgestaltung unserer Innenstädte macht sich Professor Klaus
Overmeyer vom Urban Catalyst Studio aus Berlin in einem abschließenden
Kommentar Gedanken. Zwar gibt es viele Beispiele für gute Kooperationen zwischen Händlern, Eigentümern und Verwaltung, wie lebendige Innenstädte gestärkt werden können, aber nicht alles kann gelingen. Vielleicht ist es an der Zeit
die Debatte über vitale Zentren von Konsum und florierendem Handel zu entkoppeln und sich grundsätzlich zu fragen, was wir für ein gutes Leben in der
Stadt wirklich brauchen. Der Autor plädiert für die Zukunft für mehr kreative
Reduktion als expansiven Zuwachs von Konsum.
Fazit
Das Heft bietet insgesamt einen guten Überblick darüber, wohin der Weg des
Einzelhandels und damit korrespondierend auch die Stadtentwicklung führen
beziehungsweise führen können. Dazu sind vielfältige Möglichkeiten und Maßnahmen der Städte und Gemeinden dargestellt, wie sie diese Entwicklungen
aktiv gestalten und wie sie auch Problemen aktiv begegnen können. Ziel muss
stets sein, die Innenstädte weiterhin attraktiv zu gestalten und zu erhalten.
Das Heft kann für 19,00 Euro unter www.bbsr.bund.de/BBSR/IzR bestellt werden.
Quelle: DStGB-Aktuell 1914-07 vom 9. Mai 2014
Sollen wir die Dörfer aufgeben?
Eine Streitschrift aus Sachsen-Anhalt provoziert: Der Staat könne sich seine
Provinz nicht mehr leisten.
Von Martin Machowecz
Alle schwärmen von der Provinz, sie ist zum gelobten Land geworden. Aber wer
will, wer kann denn wirklich dort leben? Das ist die Frage, die am Anfang steht,
in der großen Demografie-Debatte. Das gelobte Land, das sind Wälder und Wiesen. Das sind Bruchstein-Häuser und Fachwerk-Kirchen. Große Weite, kleine
Weiler. Die frohe Botschaft unserer Zeit: Wer zum Felde zieht, wird glücklich.
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Materialsammlung
Landluft macht frei. Die neue Landlust macht high. Ist die Provinz des modernen
Menschen Himmelreich?
Unterm Himmel in Dessau sitzt Philipp Oswalt, 48, und bezweifelt das. Herrlich
blau gestrichen ist in seinem Büro die Decke, aber er hat dafür keinen Blick: Der
Mann denkt nach. Er residiert im berühmtesten Haus der Stadt, im BauhausGebäude – als Direktor der Stiftung Bauhaus soll er dessen Erbe wahren. Oswalt,
ein großer Mann mit leiser Stimme, interessiert sich sehr für schrumpfende
Orte, er erforscht die deutsche Provinz. "Die Frage ist doch", sagt Oswalt gleich,
"ob der Staat es sich ewig leisten kann, jeden Ort auf Krampf am Leben zu erhalten. Oder ob wir nicht ganz neue Lösungen brauchen." Moment mal, denkt man
da sofort: Wir sollen Dörfer aufgeben?
In Wahrheit geschieht diese Entvölkerung schon, das Aussterben ganzer Regionen. Das Problem heißt Demografie, und im Osten ist es besonders akut. Die
Frauen gebären kaum noch Kinder, die wenigen Jüngeren ziehen fort vom Land,
es bleiben die Älteren zurück. Das ist der Status quo. Was tun also mit überalterten Gemeinden, mit Kommunen ohne echte Perspektive?
Infrastruktur, die nur wenige nutzen
Oswalt, ein Architekturprofessor, hat da ein paar Ideen. Sie stehen in einem
Buch, das in diesen Tagen erscheint. Etwas spröde ist dessen Titel: Raumpioniere in ländlichen Regionen. Aber der Inhalt hat es in sich. "Er gefällt gewiss nicht
jedem", sagt Oswalt, "aber wir brauchen die Debatte darüber, wie viel der Staat
noch leisten kann in dünn besiedelten Regionen." Oswalt weiß: Was der Osten
jetzt erlebt, blüht in zehn, fünfzehn Jahren auch dem Westen.
Die Fragen, die das Bauhaus aufwirft, lauten zum Beispiel: Sollte man Landbewohner "in die Eigenverantwortung entlassen", ihnen also die Wahl lassen:
Bleibt, und seid auf euch alleingestellt – oder geht? "Wenn jemand in die Einöde
ziehen will, dann ist das sein gutes Recht", sagt Oswalt. "Dass man ihm das aber
subventioniert, ist ja eigentlich nicht einzusehen! Dass jemand sich ein billiges
Grundstück kauft und wir ihm noch Bus und Strom bezahlen, Wasser, Abwasser,
Straßen." Denn Infrastruktur, die nur wenige nutzen, sei wesentlich teurer.
"Notfalls muss man auch mal eine Straße stilllegen", sagt Oswalt.
Demografie, das war bisher ein Thema der Sonderausschüsse und Enquetekommissionen. Ein Thema, das diffuse Angst erzeugt. Die Kanzlerin richtet Mitte
Mai ihren zweiten "Demografie-Gipfel" aus. Es gibt Initiativen namens "Demografie konkret" und "ddn – Das Demografie-Netzwerk".
"Nicht an jedem Kaff hängen"
Oswalts Thesen provozieren da mehr. Schon deshalb hagelt es gleich Protest. Es
meldete sich etwa der Sachse Michael Kretschmer, Vizechef der Unionsfraktion
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Materialsammlung
im Bundestag. "Es gibt überhaupt keinen Grund, einzelne Regionen als perspektivlos zu bezeichnen!", sagte Kretschmer. Denn man dürfe nicht vergessen, dass
selbst Sachsen, auch auf dem Höhepunkt der demografischen Entwicklung in ein
paar Jahren, ein vergleichsweise dicht besiedeltes Gebiet bleiben werde – jedenfalls im europäischen Maßstab.
Heftigst empörten sich auch Leser der Mitteldeutschen Zeitung, die einige der
Oswalt-Thesen vorgestellt hatte: "Eine Schande für die Bauhausstiftung, dieser
Mann. Feuern." – Oswalt "quatscht nur unausgegorenen Mist und bekommt
noch ’nen Haufen Kohle dafür. In einem freien Land wohne ich dort, wo’s mir
gefällt". Oswalt zuckt mit den Schultern. "Ist halt ein unbequemer Stoff", sagt er.
Die Bewältigung des Demografie-Problems ist auch ein Wettstreit der Weltanschauungen. Und es ist eines jener wenigen Politikfelder, die noch vor Ort beeinflusst werden: Nicht nur in Brüssel, nicht nur in Berlin, sondern auch in
Ottendorf-Okrilla oder Niederlungwitz. 2050 werden in Deutschland wohl bis zu
zwölf Millionen Menschen weniger leben als heute. Das geht vor allem zulasten
der Provinz, denn die Menschen ziehen in die Stadt. Seit Landwirtschaft ein globales Geschäft ist, ein paar große Konzerne mit wenigen Leuten riesige Felder
beackern, gibt es auf dem Land nichts mehr zu tun. Wer noch im Dorf wohnt,
fährt zum Arbeiten in die Zentren. Oder zieht weg. Es bleiben die Älteren. 64
Prozent der ostdeutschen Gemeinden, das hat das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung errechnet, haben zwischen 2003 und 2008 mehr als fünf
Prozent ihrer Einwohner verloren. Binnen fünf Jahren also. Die Einnahmen aus
Steuern und Abgaben brechen ein. Landimmobilien verlieren rapide an Wert, in
vielen Orten werden Häuser unverkäuflich – während in Städten die Preise explodieren.
Quelle: http://www.zeit.de/2013/15/ostdeutschland-demografie-doerfer
Studie Raumpioniere in ländlichen Regionen:
http://www.kosa21.de/index.php/literatur/787-raumpioniere-in-laendlichen-regionen
Handlungsprioritäten beim demographischen Wandel
werden sichtbar
Der demografische Wandel wird in zunehmend mehr Regionen in Deutschland
spürbar. Die Arbeitsgruppe „Regionen im demografischen Wandel stärken“
von Bund, Ländern und Kommunen hat eine Methode entwickelt, mit der nach
bundesweit einheitlichen wissenschaftlichen Kriterien die besonders betroffenen Regionen mit dem jeweiligen Handlungsbedarf im demografischen Wandel sichtbar werden.
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Materialsammlung
Immer mehr ländliche und städtische Regionen sehen sich mit einer abnehmenden Bevölkerungszahl oder einem Rückgang der Menschen im erwerbsfähigen
Alter konfrontiert. Auch die weiter voranschreitende durchschnittliche Alterung
der Bevölkerung oder der steigende Bedarf an Integrationsleistungen sind Folgen des demografischen Wandels. In einigen Regionen treffen auch mehrere
Aspekte des demografischen Wandels gemeinsam zu.
Aus den vorgenannten Entwicklungen ergeben sich regionale, teilweise sehr
kleinräumige Handlungsbedarfe in unterschiedlichen Politikfeldern. Die Arbeitsgruppe „Regionen im demografischen Wandel stärken“, die aus Vertretern von
Bund, Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden bestand, hat im Rahmen der Demografie Strategie der Bundesregierung eine Methodik entwickelt,
um die vom demografischen Wandel besonders betroffenen Regionen zu erkennen. Anhand von bundesweit einheitlichen wissenschaftlichen Kriterien lassen sich nun für alle Regionen Aussagen darüber treffen, in welchem Ausmaß
und in welcher Weise Regionen vom demografischen Wandel besonders betroffen sind und in welchen Handlungsfeldern besonders großer Handlungsbedarf
besteht.
Mit Hilfe einer interaktiven Karte können detaillierte Informationen zu den einzelnen Regionen vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung bis zum
Jahr 2030 abgerufen werden. Besonders fokussiert sind die Aussagen auf die
Dimension „Sicherung der Daseinsvorsorge“ und „Stärkung der Wirtschaftskraft“.
Interaktive Karte:
https://www.bbr-server.de/imagemap/demographie/index.html
Vielfalt statt Gleichwertigkeit
Was Bevölkerungsrückgang für die Versorgung ländlicher Regionen bedeutet
Von Eva Kuhn und Reiner Klingholz
Teures Landleben
Auf dem Land treibt der demografische Wandel die Kosten für Energie, Abwasser, Straßen, Bildung und ärztliche Versorgung in die Höhe. Und belastet
damit immer weniger Einwohner mit immer höheren Ausgaben. Was wiederum verstärkte Abwanderung zur Folge haben kann. Welche Alternativen es zu
dieser Entwicklung gibt, hat das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwick-
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lung gemeinsam mit dem Potsdamer Institute for Advanced Sustainability
Studies (IASS) untersucht.
Deutschlands Bevölkerungszahl schrumpft – und zwar besonders in ländlichen
Regionen. Denn während selbst in Gegenden mit Bevölkerungsrückgang die
Städte häufig noch einigermaßen stabil sind, verlieren die meisten ländlichen
Kreise große Teile ihrer Bewohner.
Und das kostet Geld. Ökologisch und ökonomisch ist der Aufwand für die Versorgung weniger verbleibender Menschen verhältnismäßig hoch. Vor allem bei
den technischen Infrastrukturen steigen die Pro-Kopf-Kosten, denn der Betriebsaufwand für Strom-, Wärme-, Wasser- oder Telefonleitungen fällt unabhängig von der Nutzerzahl an. Häufig bleibt dabei auch der Ressourcenverbrauch trotz niedrigerer Auslastung gleich hoch. Ähnliches passiert bei sozialen
Infrastrukturen, also Krankenhäusern, Schulen oder Supermärkten. Sie lassen
sich zwar schließen, wenn eine bestimmte Nutzerzahl unterschritten wird. Doch
dann sind insbesondere ältere Einwohner oder Menschen ohne Führerschein
abgeschnitten und unterversorgt.
Je weniger Menschen, desto stärker der Rückgang
In den kommenden Jahren dürften angesichts des generellen Bevölkerungsrückgangs in Deutschland vor allem die ohnehin schon dünn besiedelten Gebiete weiter Einwohner verlieren. Je näher das nächste Mittel- oder Oberzentrum
liegt, desto stabiler sind die Landkreise tendenziell. Doch selbst die Städte
schrumpfen – allerdings nur im Gesamtdurchschnitt. Während die Einwohnerzahl von strukturschwachen Städten in altindustriellen Regionen wie dem Ruhrgebiet oder dem Saarland abnimmt, gewinnen die prosperierenden Zentren im
wirtschaftsstarken Süden, aber auch Hamburg oder Berlin weiter Einwohner
hinzu.
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Materialsammlung
Die Frage, wie eine nachhaltige Raumentwicklung aussehen soll, bedarf also
dringend einer Antwort. Einerseits erscheint eine Vollversorgung jedes kleinen
und abgelegenen Dorfes aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen nicht
sinnvoll. Andererseits kann und darf es aus sozialen Gründen auch keine Abkopplung der schrumpfenden Orte von Bildung, sauberem Wasser oder erschwinglichen Lebensmitteln geben. Dies sollte nur dann eine Option sein, wenn
ein Dorf in absehbarer Zeit überhaupt nicht mehr bewohnt sein wird. Dann ist
es sogar sinnvoll, verbleibende Menschen mit Anreizen zum Umzug zu bewegen. Denn das spart hohe Kosten und viele Ressourcen – und ermöglicht den
Menschen andernorts einen Neustart. In den Ortschaften, die bewohnt bleiben
und daher erhalten werden sollen, müssen die Planer jedoch die Versorgungskonzepte anpassen. Dabei sind für verschiedene Bereiche verschiedene Strategien vonnöten:
Energie: Als Reaktion auf den Bevölkerungsrückgang vieler Ortschaften und
Regionen muss vor allem die Finanzierung der Netze neu geregelt werden. Denn
die Netzbetreiber haben mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und dem
parallel verlaufenden Rückgang der Einwohnerzahlen zu kämpfen: Während der
Finanzierungsbedarf durch den Ausbau immer weiter steigt – unter anderem,
weil die durchschnittlichen Leitungslängen pro Kopf zunehmen –, legen die Einnahmen aus den Netznutzungsentgelten nicht in gleichem Maße zu – unter anderem, weil immer weniger Menschen immer weniger Strom kaufen. Doch einige der Schrumpfungsgebiete sind attraktiv für den Ausbau von erneuerbaren
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Energien: Sie bieten sich möglicherweise als „Regenerativ-Sonderzonen“ an.
Insbesondere im Norden und im Osten Deutschlands gibt es Landstriche mit viel
Wind aber wenigen Einwohnern, die möglicherweise vom Bevölkerungsrückgang profitieren könnten. Dazu müssten sich die verbleibenden Bewohner mit
den Betreibern sowie den Regional- und Landesplanern darauf einigen, stärkere
Beeinträchtigungen durch Windräder in Kauf zu nehmen, dafür aber an den
Gewinnen der Stromproduktion beteiligt zu werden.
Wasser und Abwasser: Nimmt die Zahl der Menschen ab, verbrauchen sie weniger Wasser und verursachen damit auch weniger Abwasser. Die Unternutzung
sorgt dafür, dass große Kanalsysteme schneller kaputt gehen und die hohen
Fixkosten – für Energie, Personal und Kapital – auf weniger Menschen verteilt
werden müssen. Darum steigen bei Bevölkerungsrückgang in der Regel die Preise und Gebühren für Wasser und Abwasser. Zwar stehen den Verantwortlichen
Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung, die langfristig ökonomisch wie auch
ökologisch sinnvoll wären, also den langfristigen Ressourcenverbrauch reduzieren könnten. Aber kurzfristig würden etwa dezentrale Anlagen in Gebieten, in
denen erst kürzlich ein neues zentrales, aber überdimensioniertes System angelegt wurde, zu noch höhere Kosten führen. In solchen Fällen müssten Sonderregelungen einen „Schuldenschnitt“ ermöglichen. Letzteres würde bedeuteten,
dass die Betreiber ein Teilsystem, das kaum noch genutzt wird, aus den Büchern
streichen können – auch dann, wenn es noch nicht abgeschrieben ist.
Höhere Preise im Osten
Die durchschnittlichen Kosten der Haushalte für Trink- und Abwasser verdeutlichen, dass die Modernisierungsmaßnahmen der 1990er Jahre in den dünn besiedelten neuen Bundesländern zu höheren Preisen und Gebühren geführt haben. Da dort mit weiteren Bevölkerungsrückgängen zu rechnen ist, dürften die
Kosten in Zukunft weiter steigen.
Mobilität: Bewohner des ländlichen Raums können ohne Auto kaum flexibel
mobil sein. Bei geringer Besiedlungsdichte stellt das Menschen ohne Führerschein oder Auto vor große Probleme, denn vor Ort gibt es oft kaum Infrastrukturen wie Schulen, Arztpraxen oder Lebensmittelgeschäfte. Um diese Infrastrukturen zu erreichen, sind die Menschen also mehr unterwegs. Gleichzeitig muss
jedoch im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsziele der Verkehr reduziert werden. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs bringt dabei in peripheren ländlichen Räumen kaum Vorteile. Denn Busse verbrauchen für wenige Mitfahrer
mehr Treibstoff als PKW. Ihre starren Fahrpläne und fixen Haltestellen sind zudem für die Mehrzahl der Landbewohner nicht attraktiv. Stattdessen benötigt
der ländliche Raum ein flexibles Mobilitätssystem, in dem private Mobilitätsangebote mit öffentlichen vernetzt und verschiedene Verkehrsmittel für ein- und
denselben Weg verwendet werden. Doch dafür müsste der Gesetzgeber die
Regelungen lockern. Denn bisher fallen Fahrten, für die Anbieter mehr als die
Betriebskosten einnehmen, unter das Personenbeförderungsgesetz und sind
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Materialsammlung
damit genehmigungspflichtig. Für Privatpersonen ist es aber nur schwer möglich, eine entsprechende Lizenz zu erhalten.
Soziale Infrastrukturen: Fast alle sozialen Infrastrukturen sind an Einwohnerzahlen angepasst: Wo weniger Menschen wohnen, gibt es weniger Ärzte und Krankenhäuser. Wo die Kinderzahlen abnehmen, werden Schulen geschlossen, und
wo die Kundenzahl zurückgeht, wandern Einzelhändler ab. Um eine Unterversorgung in Schrumpfungsregionen zu vermeiden, sollte man sich darum von der
Idee der räumlich gebundenen Versorgung verabschieden. Stattdessen sind
Strategien notwendig, die sicherstellen, dass Dienstleistungen wie Bildung oder
medizinische Versorgung überall bereitgestellt werden können. Dafür aber müssen Supermärkte, Arztpraxen und Schulen selbst mobil werden und regelmäßig
zu den Menschen kommen. In der Studie „Vielfalt statt Gleichwertigkeit. Was
Bevölkerungsrückgang für die Versorgung ländlicher Regionen bedeutet“ zeigen
das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung und das IASS Potsdam, welche Zukunftsmodelle des Zusammenlebens es für die demografisch schrumpfenden Gebiete gibt.
Die Studie „Vielfalt statt Gleichwertigkeit“ entstand in Kooperation mit dem
Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Potsdam und kann hier
heruntergeladen werden:
http://www.berlin-institut.org/publikationen/studien/vielfalt-statt-gleichwertigkeit.html
Das Medienecho auf diese Studie findet sich hier:
http://www.berlin-institut.org/presse/zu-den-publikationen-2013.html#c5693
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Materialsammlung
DStGB-Dokumentation Nr. 118 – Wirtschaftsförderung
Die Zukunft der Städte und Gemeinden hängt maßgeblich davon ab, ob es
gelingt, vor Ort ausreichend Arbeitsplätze zu sichern und neu zu schaffen. Dabei spielt die kommunale Wirtschaftsförderung eine entscheidende Rolle.
Wirtschaftsförderung ist auch ein kommunalpolitisches Steuerungselement, um
eine Stadt, eine Gemeinde oder eine ganze Region zu entwickeln. Gerade vor
dem Hintergrund der Globalisierung und der zunehmenden Vernetzung der
Wirtschaft, wird auch der Informationsaustausch für erfolgreiche Wirtschaftsförderung immer wichtiger. Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Städteund Gemeindebund erneut eine bundesweite Befragung von Wirtschaftsförderungseinrichtungen durchgeführt. Die Ergebnisse liefern eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten für die kommunale Politik.
Neben den klassischen Themenfeldern der Wirtschaftsförderung wird deutlich,
dass es zukünftig noch mehr um eine ganzheitliche Standortentwicklung unter
Einbeziehung von Lebensbereichen wie Familie, Bildung und Freizeit und der
Nutzung von Social-Media- Anwendungen geht. Zum Ergebnis der Umfrage haben wir 10 Thesen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zur kommunalen Wirtschaftsförderung entwickelt. Sie fassen die aktuellen Trends und Herausforderungen zusammen und sollen Denkanstöße für eine Weiterentwicklung
der Wirtschaftsförderung geben.
Quelle: http://goo.gl/ZpnOVw (gekürzter Link):
(Die DStGB-Dokumentation Nr. 118 - Wirtschaftsförderung - Aufgaben, Organisation und Schwerpunkte der kommunalen Wirtschaftsförderung kann zum
Preis von 9,20 Euro beim Verlag Winkler&Stenzel bestellt werden:
www.stadt-und-gemeinde.de/magazin )
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Materialsammlung
Qualifizierte Nahversorgung
Eine(!) Definition des Begriffes „Nahversorgung“
Nahversorgung bezeichnet ein (Grund-) Bedürfnis (Wunsch) des Menschen und
beeinflusst seine Lebensqualität. Nahversorgung ist wohnungs- bzw. wohnortnahe Versorgung mit Waren (insbesondere Frischwaren) und Dienstleistungen
des kurzfristigen und täglichen Bedarfs. Neben der Angebotsvielfalt (Sortimentsbreite und –tiefe) zeichnet sich die Qualität der Nahversorgung durch die
Distanzen zwischen Nahversorgungsstandort und Wohnstandorten sowie ihre
Erreichbarkeit (fußläufig, Fahrrad, ÖPNV, Individualverkehr) aus. Dabei ergeben
sich zwischen ruralen und urbanen Räumen durch die jeweiligen Einwohnerdichten maßgebliche Unterschiede hinsichtlich der Entfernungs- und Erreichbarkeitsanforderungen (bei sinkender Einwohnerdichte vergrößern sich die
Weg-Zeit-Distanzen).
Studie HafenCity Universität: Qualifizierte Nahversorgung im Lebensmitteleinzelhandel
Die Versorgung mit Lebensmitteln ist allein aufgrund der Besuchsfrequenz
nach wie vor ein die Stadtstruktur prägender und potentiell Urbanität generierender Faktor. Das Forschungsprojekt liefert Erkenntnisse zur Qualität der
Versorgung mit Lebensmitteln. Die Studie zur qualifizierten Nahversorgung hat
untersucht, welchen Einfluss die unterschiedlichen Betriebsformen, die Größe
der Betriebe und die verschiedenen Standortlagen auf die Attraktivität und die
Bedeutung als Nahversorgungsstandort haben.
Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde unter anderem das Einkaufsverhalten mit Gütern des täglichen Bedarfs, d. h. vor allem mit Lebensmitteln, näher
betrachtet. Zu den Fragestellungen gehörte u. a., ob sich die Einzugsbereiche
der verschiedenen Angebotsformen im Lebensmitteleinzelhandel (Discounter
vs. Supermarkt) und die Ansprüche der jeweiligen Kunden voneinander unterscheiden, ob es signifikante Unterschiede bei der Standortwahl sowie in der
Projektentwicklung der einzelnen Betriebstypen gibt und wie unter anderem die
Kommunen mit den Standortanfragen der Betreiber/Investoren umgehen.
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Materialsammlung
Das Forschungsvorhaben liefert einerseits Erkenntnisse zur Qualität der Versorgung, andererseits macht es vor dem Hintergrund der baurechtlichen Vorgaben
nach § 11 Abs. 3 BauNVO auf Probleme innerhalb der Genehmigungspraxis bzw.
bei der Aufrechterhaltung und/oder Entwicklung von Versorgungsstandorten
aufmerksam.
Ergebnisse
Die wesentlichen Ergebnisse der Studie lassen sich im Einzelnen wie folgt zusammenfassen:
- Das Nachfrageverhalten wird beim Lebensmittelkauf vor allem durch das Angebot bestimmt. D. h. der Kunde hat zwar gewisse (subjektive) Vorlieben bei der
Wahl des Einkaufsortes und wählt bewusst zwischen den Anbietern aus, in der
Summe werden diese persönlichen Vorlieben aber weitestgehend nivelliert:
Sind in einer Region überdurchschnittlich viele Supermärkte (oder Lebensmitteldiscounter) angesiedelt, kaufen dort auch überdurchschnittlich viele Kunden
ein - auch wenn die Discount-Formate eine überdurchschnittliche Anziehungskraft besitzen.
- Als wichtigste Einkaufsgründe für den Lebensmitteleinkauf werden von den
Kunden vor allem Nähe, große Auswahl, günstige Preise und Qualität genannt.
Andere qualitative Aspekte wie Übersichtlichkeit der Läden, Service, Kommunikation oder Einkaufsatmosphäre besitzen (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt)
eine deutlich geringere Bedeutung.
- Die in § 11 Abs. 3 BauNVO formulierte Vermutungsgrenze zur Großflächigkeit
bei 1.200 m² Geschossfläche bzw. 800 m² Verkaufsfläche, ab der Auswirkungen
u. a. auf den Verkehr, auf die Nahversorgung der Bevölkerung und auf die Zentren vermutet werden, konnte für den Lebensmittelbereich nicht belegt werden. Allerdings ist auch kein anderer Grenzwert festzustellen, ab dem sich der
Einzugsbereich (und somit mögliche Auswirkungen) signifikant erweitert.
- Dieser Argumentation folgend unterscheiden sich auch groß- und kleinflächige
Discounter (+/- 800 m²) hinsichtlich Verkehrsaufkommen und Einzugsgebiet
nicht grundlegend voneinander. Lebensmitteldiscounter sind (unabhängig von
der Größe) bzgl. Verkehr (Modal Split) und Einzugsbereichen (Ausgaben- und
Umsatzanteile) mit mittelgroßen Supermärkten (bei einer durchschnittlichen
Verkaufsfläche von rd. 1.200 m²) vergleichbar.
- Diese Betriebsformeneffekte werden allerdings deutlich durch die Siedlungsstruktur (Stadtgrößen) und die Lage der Märkte überprägt.
- Auswirkungen von sog. zentrenrelevanten Randsortimenten in Lebensmittelmärkten auf die Zentren konnten in der Einzelbetrachtung der Standorte nicht
nachgewiesen werde, Summeneffekte sind jedoch nicht auszuschließen bzw.
wahrscheinlich.
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Materialsammlung
- Mittelgroße Supermärkte mit durchschnittlich rd. 1.200 m² Verkaufsfläche sind
im Vergleich zu Discountern – trotz vergleichbarer Einzugsbereiche und durchschnittlicher Umsätze pro Markt – aufgrund der vielfach starren Interpretation
der 800 m²-Schwelle in ihrer Standortwahl eingeschränkt (Vermutungsregel des
§ 11 Abs. 3 BauNVO muss erst widerlegt werden).
- Im Rahmen der Studie konnte aber auch bestätigt werden, dass es die Städte
und Gemeinden mit ihrer kommunalen Planungshoheit letzten Endes selbst in
der Hand haben, die Versorgungsstruktur zu bestimmen. Sie können städtebaulich unerwünschte Standorte und Formate verhindern oder zumindest erheblich
erschweren und die angestrebte Versorgungsstruktur als Angebotsplanung bekräftigen. Der Wettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel wird somit also (auch)
in der Kommunalpolitik entschieden.
Die detaillierten Ergebnisse der Studie finden Sie hier:
http://goo.gl/AfMzQf (Kurzfassung als PDF-Dokument, gekürzter Link)
http://goo.gl/IUz9kN (Endfassung als PDF-Dokument, gekürzter Link)
http://www.dstgb.de/nahversorgung4
Verantwortliche Mitarbeiter
Prof. Dr.-Ing. Thomas Krüger
Dipl.-Ing. Sascha Anders
Forschungspartner
Dipl.-Oec. Monika Walther (Subauftrag)
Prof. Dr. Kurt Klein | Institut für Immobilienwirtschaft | Universität Regensburg
Auftraggeber
Handelsverband Deutschland (HDE)
Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVL)
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Nahversorgung in Ländlichen Räumen
BMVS-Online-Publikation, Nr. 02/2013
Diese Forschungsarbeit ist eingebettet in den Forschungsschwerpunkt Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen des Thünen-Intituts für Ländliche Räume. In
diesem Zusammenhang beschäftig sich die Studie mit dem Wandel der Daseinsvorsorge, ihren Auswirkungen auf die Bewohner ländlicher Räume sowie
Anpassungsstrategien von Anbietern, politischen Akteuren und der Zivilgesellschaft. Ein wichtiger Teilbereich stellt die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs dar.
Ziel des Forschungsprojektes ist es, einen systematischen Überblick über aktuelle Handlungsansätze zur Sicherung der Nahversorgung in ländlichen Räumen zu
gewinnen. Im Rahmen der Studie werden verschiedene Versorgungskonzepte
verglichen. Zusätzlich werden ihre sozialen Funktionen, die wirtschaftliche Tragfähigkeit und ihre Übertragbarkeit auf andere Gebiete gewertet. Außerdem
werden entsprechende Unterstützungsmöglichkeiten auf ihre Potenziale zur
Sicherung der Nahversorgung hin untersucht. Daraus werden Schlussfolgerungen für die Raumentwicklungspolitik abgeleitet.
Das Problem besteht darin, dass sich Nahversorgungseinrichtungen und insbesondere die hier im Fokus stehenden Lebensmittelmärkte zunehmend aus den
kleineren Orten der ländlichen Räume zurückziehen.
Auf der Nachfrageseite hat die Bindung der lokalen Kaufkraft seit langem abgenommen, da die Mobilität gestiegen ist und die Ansprüche der Konsumenten
bezüglich des Preises, der Auswahl- und Kopplungsmöglichkeiten zugenommen
haben. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sich insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel in einem stagnierenden, umkämpften Markt mit oligopolistischer Struktur befindet. Vor diesem Hintergrund erscheint gerade der Markteintritt kleiner Läden schwierig.
Auf der Angebotsseite lässt sich entsprechend der gewandelten Nachfrage eine
Entwicklung hin zu größeren Verkaufsstellen beobachten. Außerdem steigt der
Wettbewerbsdruck auf Grund der expansiven Strategie der größeren Anbieter.
Damit sind größere Einzugsgebiete und geringere Flächenerträge verbunden
sowie eine Konzentration mehrerer Anbieter und Formate in den Zentren ländlicher Räume. In den kleineren Orten unter 5.000 Einwohnern verbleiben allenfalls Discounter mit geringer sozialer Funktion und kleine Supermärkte mit Problemen der wirtschaftlichen Tragfähigkeit. Damit ist eine Verschlechterung der
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Materialsammlung
Versorgungsqualität für weniger mobile Gruppen verbunden, deren Kaufkraft
bei Standortentscheidungen kaum relevant ist.
Ergebnisse
Die wesentlichen Ergebnisse der Studie lassen sich im Einzelnen wie folgt zusammenfassen:
- Bestehende Untersuchungen zeigen, dass trotz des ausgedünnten Nahversorgungsangebotes lediglich 7-15 % der Bewohner ländlicher Räume die Versorgungssituation eher negativ bewerten. Die hohe Zufriedenheit lässt sich mit der
verbreiteten PKW-Verfügbarkeit begründen, weshalb die wohnortnahe Versorgung weniger wichtig ist. Jedoch sind mobilitätseingeschränkte Personen auf die
Unterstützung von Nachbarn und Familienangehörige angewiesen oder nutzen
Angebote von rollenden Supermärkten und ambulanten Pflege- und Haushaltshilfen. Lieferdienste, ÖPNV bzw. Bringdienste sowie Internethandel haben bisher kaum Bedeutung.
- Ein zentraler Erfolgsfaktor für alternative Nahversorgungseinrichtungen ist der
Standort. Als betriebswirtschaftliche Standortfaktoren sind laut der Befragungsergebnisse die Ortsgröße, das Einzugsgebiet und die Parkplätze besonders wichtig für den Erfolg der Einrichtung. Die Anzahl Funktionen im Gebäude und in der
Nachbarschaft hingegen spielen eine etwas geringere Rolle. Die Attraktivität des
Angebots hinsichtlich Verkaufsfläche, Sortimentsgröße, Öffnungszeiten und
Produkte im Preiseinstiegssegment haben des Weiteren einen relativ starken
Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Läden. Regionale Produkte und Zusatzdienstleistungen weisen nur eine geringe Bedeutung für den Erfolg der befragten Läden auf. Das Frischeangebot ist für Einrichtungen, die sich auf den Ergänzungseinkauf spezialisieren, wichtig. Allerdings führt die zu geringe Rotation zu
hohen Abschreibungen und damit zu einer fehlenden Rentabilität, wie eine Fallstudie und die Expertengespräche zeigen.
- Die Bewertung der kleinen Läden hinsichtlich ihres Beitrages zur Nahversorgung fällt gemischt aus. Die Hälfte der untersuchten Nahversorgungspunkte hat
weniger als 2.000 Artikel im Sortiment, so dass hier die Deckung des Grundbedarfs schwierig wird und sie eher zum Ergänzungseinkauf genutzt werden. Die
Kundenzahlen sind oft relativ gering. Neben dem Angebot von Waren des täglichen Bedarfs werden vor allem Liefer- und Postservices als Zusatzdienste angeboten.
- Die Gründung von Nahversorgungspunkten scheint sich nicht unbedingt am
lokalen Bedarf zu orientieren. So kann die Förderung unabhängig von lokalen
Standortkriterien erfolgen und Standorte dort entstehen, wo die Gemeinde die
finanziellen Mittel bereit-stellen kann und möchte.
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- Die Raumplanung hat nur geringe Einflussmöglichkeiten, da die Nahversorgung
von unternehmerischen Entscheidungen und dem Verbraucherverhalten abhängt. Außerdem sind die formalen Instrumente der überörtlichen Planung auf
den großflächigen Einzelhandel ausgerichtet. Die Anwendung des Zentrale-OrteKonzeptes und der Regelung zur Großflächigkeit sind insgesamt positiv zu bewerten. Die Genehmigung neuer Flächen sollte allerdings bei der bereits bestehenden hohen Wettbewerbsintensität restriktiver gehandhabt werden, um einen ruinösen Wettbewerb zu vermeiden und den Bestand in kleineren Orten zu
sichern. Die Erarbeitung von Nahversorgungskonzepten und die interkommunalen Abstimmungen sollten gefördert werden, um Entscheidungen auf einer fundierteren Grundlage treffen zu können und um die Konkurrenz zwischen Kommunen zu verringern.
- Die Politik zur ländlichen Entwicklung hat auf Grund ihrer räumlichen Fokussierung einen besonderen Anteil an der Unterstützung der Nahversorgung in ländlichen Räumen. In der aktuellen Förderperiode von 2007 bis 2013 spielt insbesondere die Maßnahme 321 „Dienstleistungseinrichtungen zur Grundversorgung für die ländliche Wirtschaft“ eine zentrale Rolle. Diese Maßnahme fördert
Investitionen von öffentlichen Akteuren in dorfgemäße Gemeinschaftseinrichtungen, die zur Sicherung und Verbesserung der Nahversorgung der örtlichen
Bevölkerung dienen. Die Projekte dürfen nur in Orten mit bis zu 10.000 Einwohnern durchgeführt werden. Entsprechend den Fördergrundsätzen für die integrierte ländliche Entwicklung können Zuschüsse bis zu 65 % gewährt werden.
Zudem kann der Fördersatz um bis zu 10 Prozentpunkte erhöht werden, wenn
die Maßnahme der Umsetzung eines integrierten ländlichen Entwicklungskonzepts (ILEK) dient.
Die detaillierten Ergebnisse der Studie finden Sie hier:
http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/BMVBS
Herausgeber
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)
Wissenschaftliche Begleitung
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin
Birgit Heck
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Dr. Brigitte Zaspel, Martin Spangenberg
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Die "typische Atypik" bei großflächigen Lebensmittelmärkten
Ein Referat von RA Dr. jur. Heinz Janning auf dem 3. Nahversorgungstag am
12. Febr. 2014 in Hamm
Anhaltender Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel
Der Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel hält an. Für eine wohnungsnahe Grundversorgung sind derzeit insbesondere die modernen Lebensmittelmärkte von grundlegender Bedeutung.
Funktionsfähige Lebensmittelmärkte haben heute überwiegend mehr als 800
qm VKF. Mittlere Supermärkte /"Vollsortimenter") weisen schon seit Jahren bis
zu 1.500 qm auf. Die Neuansiedlungen und Erweiterungen der führenden Lebensmitteldiscounter sind inzwischen auch auf bis zu 1.200 oder gar 1.300 qm
Verkaufsfläche ausgerichtet. Alle diese Märkte benötigen je nach Betriebstyp
eine "Mindestmantelbevölkerung" von 4.000 bis 8.000 Einwohner im Einzugsbereich des jeweiligen Marktes.
Immer mehr kleinere Läden und Supermärkte unter 800 qm VKF schließen. Die
Zahl der Lebensmittel-Läden insgesamt ist rückläufig. Innerhalb der Wohngebiete gibt es keine oder kaum noch Versorgungsangebote mit Gütern des täglichen
Bedarfs. Das Grundversorgungsnetz wird dadurch immer grobmaschiger. Teilweise ist bereits die wohnungsnahe Grundversorgung gefährdet.
Durch den Wegzug der größeren Lebensmittelmärkte an verkehrsgünstige Ausfallstraßen werden zudem die traditionellen Zentren gefährdet, weil diese Märkte als wichtige Frequenzbringer für die anderen Einzelhandelsbetriebe und die
handelsnahen Dienstleistungsbetriebe in den Zentren fehlen.
Infolge der peripheren Standorte dieser Märkte veröden die insb. für eine verbrauchernahe Grundversorgung wichtigen Zentren. Dies wiederum führt insbesondere zu zusätzlichem PKW-Verkehr mit höherem Energieverbrauch und
mehr Schadstoffausstoß sowie insgesamt zu mehr Außenentwicklung statt ökonomisch und ökologisch sinnvoller Innenentwicklung
Notwendigkeit einer städtebaulichen Standortsteuerung
Um solche Fehlentwicklungen zu vermeiden, gehören moderne Lebensmittelmärkte grundsätzlich in die zentralen Versorgungsbereiche, also in die Innenstädte und Ortszentren sowie in die Grund- und Nahversorgungszentren, um
dort ihre wichtigen Frequenzbringerfunktionen zu erfüllen und eine verbrauchernahe Grundversorgung zu ermöglichen. Die größeren Einzelhandelsbetriebe
mit nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten müssen grundsätzlich in den
zentralen Versorgungsbereichen untergebracht werden. Sie sind grundsätzlich
"zentrenpflichtig".
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Diese auf die Zentren ausgerichtete Konzentration solcher Nahversorgungsbetriebe ist die notwendige und damit legitime städtebauliche Antwort auf die
Strukturveränderungen im Lebensmitteleinzelhandel.
Ein leistungsfähiges Netz dieser zentralen Versorgungsbereiche ist heute eine
notwendige Voraussetzung für eine wohnungsnahe oder zumindest wohnortnahe Grundversorgung. Die großflächigen Lebensmittelmärkte in diesen Zentren
bilden dafür das Grundgerüst.
Außerhalb dieser Zentren können und dürfen moderne, i. d. R. großflächige
Lebensmittelmärkte daher diese Grundversorgung nur ergänzen, wenn und
soweit diese nicht allein von den Zentren geleistet werden kann. Die Ansiedlung
oder Erweiterung moderner Lebensmittelmärkte außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche ist deshalb nur unter folgenden Ausnahmevoraussetzungen
städtebaulich vertretbar:



Der Vorhabensstandort muss wohnsiedlungsräumlich integriert sein.
Das Vorhaben muss überwiegend der Nahversorgung dienen.
Es darf zentrale Versorgungsbereiche nicht beeinträchtigen.
Derart integrierte Standorte für moderne Lebensmittelmärkte (grundsätzlich) in
den Zentren und (ausnahmsweise) auch in den zentrenergänzenden Nahversorgungslagen liegen nicht nur im städtebaulichen Interesse der Städte und Gemeinden, sondern wegen der notwendigen Kundennähe auch im Interesse der
in dieser Branche agierenden Handelsunternehmen, die zunehmend solche
Standorte favorisieren.
§ 11 Abs. 3 BauNVO als Schlüsselvorschrift für die Zulässigkeit großflächiger
Vorhaben
Soweit moderne Lebensmittelmärkte heute mehr als 800 qm Verkaufsfläche
erfordern, sind sie als großflächige Einzelhandelsbetriebe anzusehen, für deren
Ansiedlung und Erweiterung der § 11 Abs. 3 BauNVO (siehe Anlage) von besonderer Bedeutung ist.
Nach dieser Vorschrift dürfen großflächige Einzelhandelsbetriebe außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zugelassen werden, wenn
sie sich nicht nur unwesentlich auf raumordnerische und städtebauliche Belange nachteilig auswirken können.
Solche Negativauswirkungen sind nach Satz 3 dieser Vorschrift in der Regel
anzunehmen, wenn das Vorhaben die Geschossfläche von 1.200 qm überschreitet. Dies ist bei den modernen Lebensmittelmärkten meistens der Fall.
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Materialsammlung
Die Regelvermutung ist aber nach Satz 4 der Vorschrift widerlegbar, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass solche Auswirkungen trotz Überschreitung der
1.200 qm Geschossfläche nicht vorliegen. In Bezug auf die Auswirkungen sind
dabei insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinden und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das
Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.
Von dieser Widerlegungsmöglichkeit wird in der Praxis allerdings kaum Gebrauch gemacht, und zwar auch dann, wenn das jeweilige Vorhaben in einem
zentralen Versorgungsbereich liegt. Dies hat zu Forderungen insbesondere von
einigen Handelsunternehmen nach Anhebung der Regelvermutungsgrenze oder
gar nach Aufhebung der gesamten Vermutungsregelung geführt.
Überprüfungsauftrag des Bundestags
Anlässlich der Verabschiedung der Städtebaurechtsnovelle 2013 hat der Deutsche Bundestag am 25. April 2013 in einer Entschließung die Bundesregierung
aufgefordert, in einer Studie zu prüfen,
1. ob und inwieweit sich die Struktur des Einzelhandels, insbesondere mit
Blick auf die Versorgung der Bevölkerung in Städten und ländlichen Regionen mit den Waren des täglichen Bedarfs, durch das geltende Baurecht nachteilig entwickelt hat,
2. ob und inwieweit die geltenden Regelungen die Förderung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden behindert oder in sonstiger
Weise nachteilige Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung hat,
3. ob und inwieweit sich daraus ein Änderungsbedarf in § 11 Abs. 3 BauNVO ergibt, insbesondere mit Blick auf die Regelvermutung und die vorgeschriebene Geschossflächengröße.
Bildung einer Arbeitsgruppe und ihre Handlungsempfehlungen
Vor diesem Hintergrund ist eine Arbeitsgruppe unter Leitung des HDE aus Vertretern des Handels, des DIHK und der kommunalen Spitzenverbände gebildet
worden, die einen Entwurf für Empfehlungen für eine verbesserte Handhabung
des § 11 III BauNVO im Umgang mit großflächigen Vorhaben des Lebensmitteleinzelhandels ausgearbeitet hat. Dieser Entwurf wird Ende des Monats den o.g.
Verbänden und Institutionen zugeleitet, die dann darüber in ihren Gremien
beraten und abschließend befinden.
Der Diskussionsentwurf der Arbeitsgruppe geht von folgender Lösung aus, bei
der sich eine Änderung des § 11 Abs. 3 BauNVO erübrigt.
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Materialsammlung
Die "typische Atypik" bei städtebaulich integrierten Lebensmittelmärkten
Wenn ein Vorhaben zur Ansiedlung oder Erweiterung eines großflächigen Lebensmittelmarktes (bis zu ca. 1.500 qm Verkaufsfläche) in einem zentralen Versorgungsbereich oder in einer integrierten Nahversorgunglage und damit an
einem städtebaulich integrierten Standort realisiert werden soll, kann die Regelvermutung nachteiliger Auswirkungen als widerlegt angesehen werden.
Diese Fallgestaltung weicht nämlich positiv von der betrieblichen und städtebaulichen Konstellation ab, die bei Einführung der Sondergebietspflicht für großflächige Einzelhandelsbetriebe außerhalb von Kerngebieten durch die Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 BauNVO 1977 als typisch zu Grund gelegt worden
ist. Die Verordnung geht von großen Betrieben auch mit innenstadtrelevanten
Hauptsortimenten an städtebaulich nicht integrierten Standorten aus.
Großflächige Lebensmittelmärkte konzentrieren sich dagegen auf nahversorgungsrelevante Hauptsortimente. An städtebaulich integrierten Standorten
tragen sie der Größe und Gliederung der Gemeinde und ihrer Ortsteile Rechnung und sichern eine verbrauchernahe Grundversorgung. Sie ist damit typisch
atypisch. Bei dieser Fallgruppe wird die Regelvermutung nachteiliger Auswirkungen auf städtebauliche Belange durch eine generell positive Gegenvermutung neutralisiert.
Diese typisierende Widerlegung der Regelvermutung ist allerdings auf Lebensmittelmärkte bis zu maximal 1.500 qm Verkaufsfläche begrenzt. Große Supermärkte (bis ca. 2.500 qm) oder Verbrauchermärkte (2.500 - 5.000 qm) führen
zwar auch überwiegend nahversorgungsrelevante Sortimente, sie gehen aber
von ihrer Funktion her weit über eine Versorgung des Nahbereichs hinaus. Dies
gilt erst recht für die noch größeren SB-Warenhäuser mit mehr als 5.000 qm.
Wenn nach Feststellung eines städtebaulich integrierten Standortes eines großflächigen Lebensmittelmarktes bis max. 1.500 qm Verkaufsfläche die Regelvermutung widerlegt ist, wird der Weg frei für die Prüfung, ob Besonderheiten
vorliegen, die doch nachteilige Auswirkungen auf einzelne Belange erwarten
lassen, z.B. weil der notwendige Immissionsschutz für eine schutzbedürftige
Wohnnutzung in der Nachbarschaft des Vorhabens nicht gewährleistet werden
kann oder weil es unlösbare Verkehrsprobleme geben könnte. In dieser zweiten
Prüfungsstufe müssen die Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche
und die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich des Vorhaben in den
meisten Fällen nicht mehr näher geprüft werden, weil die Zentrenverträglichkeit
und die Sicherung der verbrauchernahen Grundversorgung durchweg schon in
der ersten Prüfungsstufe festgestellt worden sind.
Wenn bei modernen Lebensmittelmärkten nach Feststellung ihres städtebaulich
integrierten Standortes die Regelvermutung widerlegt ist und wenn dann in der
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Materialsammlung
damit freigegebenen zweiten Prüfungsstufe keine negativen Auswirkungen auf
städtebauliche Belange festgestellt werden, ist
das jeweilige Lebensmittelmarktvorhaben trotz seiner Großflächigkeit und trotz
der Überschreitung der Regelvermutungsgrenze von 1.200 qm Geschossfläche
nicht auf die Ausweisung eines Kern- oder Sondergebietes angewiesen.
Vorteile der Ausweisung städtebaulich integrierter Standorte im Einzelhandelskonzept
Wenn nun die zentralen Versorgungsbereiche und die integrierten Nahversorgungslagen in den kommunalen Einzelhandels- und Zentrenkonzepten festgelegt sind, ist insbesondere für die Baugenehmigungsbehörden eine schnelle und
eindeutige Beantwortung der Schlüsselfrage möglich, ob ein Vorhabensstandort
für einen großflächigen Lebensmittelmarkt (bis zu ca. 1.500 qm Verkaufsfläche)
städtebaulich integriert ist oder nicht. Die Handhabung der Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 Sätze 3 u. 4 BauNVO wird dadurch ungemein erleichtert.
Ist der Vorhabensstandort städtebaulich nicht integriert, greift die Regelvermutung als Zulassungssperre, so dass das Vorhaben außerhalb eines Kerngebietes
nur nach Ausweisung eines Sondergebietes zulässig werden könnte. Auf die
Festsetzung eines solchen Sondergebietes für einen konzeptwidrigen Markt
besteht aber kein Anspruch. Großflächige Lebensmittelmarkt-Vorhaben an städtebaulich nicht integrierten Standorten, die dem kommunalen Standortkonzept
widersprechen, können damit ohne weiteres abgelehnt werden.
Bei großflächigen Lebensmittelmarkt-Vorhaben ist somit eine praktikable Handhabung des § 11 Abs. 3 BauNVO durch die Baugenehmigungsbehörden durchaus
möglich, wenn das jeweilige Vorhaben an einem städtebaulich integrierten
Standort, also grundsätzlich in einem zentralen Versorgungsbereich oder ausnahmsweise auch in einer integrierten Nahversorgungslage außerhalb der Zentren, realisiert werden soll und diese integrierten Standortbereiche sich ohne
Weiteres aus dem gemeindlichen Einzelhandels- und Zentrenkonzept entnehmen lassen.
Fehlen solche kommunalen Standortkonzepte, ist auf die tatsächlich vorhandenen zentralen Versorgungsbereiche abzustellen. Deren Feststellung und räumliche Abgrenzung kann aber für die Baugenehmigungsbehörden nicht selten
schwierig und riskant sein, vor allem wenn es um Vorhaben in Gemeinden geht,
die nicht über eine eigene Bauaufsichtsbehörde verfügen.
Noch schwieriger dürfte es im Baugenehmigungsverfahren sein, bei Standorten
außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche die Frage nach dem Vorliegen
einer städtebaulich integrierten Nahversorgungslage zu klären, da nicht nur die
Lage in einem Wohnsiedlungsbereich, sondern auch die Nahversorgungsfunktion und die Zentrenverträglichkeit des jeweiligen Vorhabens konkret geprüft
werden müssen. Auf die damit verbunden Unsicherheiten und Risiken wird sich
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eine Baugenehmigungsbehörde wohl kaum einlassen und daher eine Widerlegbarkeit der Regelvermutung ablehnen.
Diesen Schwierigkeiten können die Kommunen aber eben durch die Aufstellung
und Fortschreibung von Einzelhandels- und Zentrenkonzepten und durch deren
konsequente bauleitplanerische Umsetzung aus dem Wege gehen.
Fazit und Schlussfolgerungen
Auf diese Weise ist für großflächige Lebensmittelmärkte (bis zu 1.500 qm Verkaufsfläche) an städtebaulich integrierten Standorten eine durchaus praktikable
Handhabung des § 11 Abs. 3 BauNVO einschließlich seiner Regelvermutung
möglich.
Daher erübrigt sich eine Änderung des § 11 Abs. 3 BauNVO. Eine Anhebung der
Regelvermutungsgrenze würde die Gemeinden zu vermehrter Ausschlussplanung gegen großflächige Vorhaben außerhalb der Zentren und der integrierten
Nahversorgungslagen zwingen. Eine Aufhebung der Vermutungsregelung insgesamt würde der Norm des § 11 Abs.3 BauNVO die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit nehmen und zudem auch unabsehbare Negativfolgen vor allem auch
im Hinblick auf andere zentrenrelevante Branchen auslösen können.
Die Städte und Gemeinden sind nun aufgerufen, diese verbesserte Handhabung
des § 11 Abs. 3 BauNVO bei großflächigen Lebensmittelmärkten an städtebaulich integrierten Standorten durch die Aufstellung und rechtzeitige Fortschreibung ihrer lokalen Einzelhandels- und Zentrenkonzepte zu ermöglichen, in denen diese integrierten Standortbereiche ausgewiesen sind.
Die Bauaufsichtsbehörden sind aufgerufen, von dieser Möglichkeit der verbesserten Handhabung des § 11 Abs. 3 BauNVO durch die Widerlegung der Regelvermutung bei Ansiedlungs- und Erweiterungsvorhaben für großflächige Lebensmittelmärkte (bis zu 1.500 qm Verkaufsfläche) an städtebaulich integrierten Standorten Gebrauch zu machen.
Die Handelsunternehmen sind aufgerufen, die Suche nach neuen Standorten
ausschließlich auf städtebaulich integrierte Standortbereiche zu konzentrieren,
und zwar vornehmlich auf die zentralen Versorgungsbereiche, die heute das
Grundgerüst einer verbrauchernahen Grundversorgung stellen, und nur ausnahmsweise auf integrierte Nahversorgungslagen außerhalb der Zentren.
Nahversorgung erhalten und gestalten
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Handlungsmöglichkeiten für Kommunen im ländlichen Raum
Von Dr. Patrick Küpper und Winfried Eberhardt
Seit Jahrzehnten ziehen sich Versorgungseinrichtungen für Güter und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs aus ländlichen Räumen zurück. Bundesweit hat
sich beispielsweise die Zahl der Lebensmittelgeschäfte von 1990 bis 2010 mehr
als halbiert. Die kleinen Läden, die insbesondere ländliche Orte versorgen, sind
fast verschwunden, während die verbliebenen Märkte immer größer wurden.
Gleichzeitig konzentrieren sich meist mehrere Anbieter in den ländlichen Zentren. In den kleinen Orten unter 5 000 Einwohnern, die für die großen Lebensmittelketten kaum interessante Standorte bieten, fehlen oft fußläufig erreichbare Angebote.
Auf der anderen Seite versorgen sich immer mehr Verbraucher nicht mehr primär an ihrem Wohnort, selbst wenn Möglichkeiten vor Ort bestehen. Denn sie
leben heutzutage viel mobiler und ihre Ansprüche an Preis und Auswahl haben
sich erhöht. Deshalb ist vielerorts trotz ausgedünnten Angebotes die Zufriedenheit mit der Versorgungssituation zumeist insgesamt relativ hoch. Probleme
bestehen insbesondere für die nicht-automobile Bevölkerung, die zumeist auf
die Unterstützung von Familie und Nachbarn angewiesen ist. Bei fortschreitendem demografischem Wandel, der zu einer wachsenden Zahl Hochbetagter bei
fortgezogenen Familienmitgliedern führt, ist jedoch von einer Verschärfung der
Lage auszugehen.
Das Forschungsprojekt „Nahversorgung in ländlichen Räumen“ beschäftigte sich
vor diesem Hintergrund mit bestehenden Angeboten und Unterstützungsmöglichkeiten in kleineren Orten mit weniger als 5 000 Einwohnern. Dazu wurden
Betreiber von mehr als 100 Nahversorgungsläden bis zu einer Verkaufsfläche
von rund 400 Quadrat-metern und einem relativ breiten Lebensmittelangebot,
gegebenenfalls ergänzt um weitere Güter und Dienstleistungen des täglichen
Bedarfs telefonisch befragt, vier Läden vertieft untersucht und bundesweite
Experten befragt. Außerdem wurden internationale Erfahrungen aus sechs europäischen Ländern recherchiert, in denen die kleinen Läden ebenfalls aus den
Dörfern verschwinden und diverse Handlungsoptionen bereits ausprobiert wurden.
Kleine Läden auf dem Prüfstand
Seit Beginn der 1990er-Jahre wurden alternative Nahversorgungsläden als Lösungswege für kleinere Orte diskutiert und eingerichtet. Dabei lassen sich Filialund Franchisekonzepte, Multifunktionsläden mit der Einbindung ergänzender
Zusatzdienstleistungen, Integrationsläden zur Teilhabe benachteiligter Gruppen
am Arbeitsleben und Bürgerläden mit der Unterstützung der lokalen Bevölkerung als Handlungsoptionen unterscheiden. Die Befragungsergebnisse zeigen,
dass die Filial- und Franchise-Konzepte gegenüber den Einzelbetrieben wirt-
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schaftlich erfolgreicher sind. Sie können günstigere Lieferkonditionen aushandeln und von einer etablierten Marke profitieren. Außerdem bieten einige Franchise-Geber ihren Märkten Beratung, Unterstützung beim Marketing und zum
Teil finanzielle Hilfen an. Die mit Lohnzuschüssen und steuerlich geförderten
Integrationsläden sind erfolgreicher in Bezug auf den Umsatz, die Kundenzahl
und die Beschäftigung; haben ihre Standorte aber auch eher in größeren Orten
und sind oftmals in Franchise-Konzepten organisiert.
Fast alle befragten Einrichtungen bündeln im Sinne eines Multifunktionsladens
weitere Dienstleistungen neben dem Lebensmittelverkauf. Solche Ladenkonzepte sind auch aus den anderen europäischen Ländern bekannt, um neue Kunden
zu gewinnen, zusätzliche Einnahmen zu generieren und Angebote bei geringer
Bevölkerungsdichte rentabel zu betreiben. In etwa der Hälfte der gut 100 Fälle
dient ein Café oder Imbiss als sozialer Treffpunkt. Die Zusatzangebote, wie vor
allem Liefer-, Post- und Bargeldservices, müssen meist eine Testphase durchlaufen, gegenüber den Kunden beworben und an örtliche Kundenwünsche angepasst werden. Mit den Befragungsergebnissen lässt sich die Bedeutung dieser
Zusatzdienste für den Erfolg der Läden jedoch kaum nachweisen und die Betreiber nutzen sie eher zur Kundenbindung.
Bei Bürgerläden geht die Gründungsinitiative in der Regel von der Dorfgemeinschaft aus, die Bürger können notwendiges Kapital bereitstellen und als Eigentümer auftreten. Darüber hinaus erbringen sie teils Sachleistungen bei der Herrichtung des Gebäudes oder arbeiten ehrenamtlich im Betrieb und Management
des Geschäfts mit. Die Beteiligung soll zur stärkeren Identifikation der Bürger
mit „ihrem“ Laden beitragen und anspornen, dort die Haupteinkäufe zu erledigen. Durch den Ausgleich von Verlusten durch Vereinsbeiträge oder Spenden
sowie den Ersatz von Angestellten durch Ehrenamtliche können Bürgerläden
auch an Standorten betrieben werden, deren Kundenpotenzial für einen wirtschaftlichen Betrieb nicht ausreicht. Zu beachten ist aber, dass das Engagement
langfristig ermüden kann und großes Engagement weniger Personen nicht mit
dem tatsächlichen Einkaufsverhalten des gesamten Ortes zusammenhängen
muss.
Der zentrale Erfolgsfaktor für Nahversorgungsläden ist die Einwohnerzahl im
Einzugsgebiet. In der Regel werden mindestens 1 000 Einwohner benötigt, für
einen wirtschaftlichen Betrieb sind aber rund 2 500 Einwohner besser. Bei der
Planung sollte, unabhängig von Befragungen der Einkaufsabsicht der Einwohner
im potenziellen Einzugsgebiet, eher vorsichtig mit einem möglichen Marktanteil
von bis zu 15 Prozent kalkuliert werden, weil ein kleiner Laden nicht allen Ansprüchen gerecht werden kann, viele ohnehin regelmäßig den Ort verlassen und
dann woanders einkaufen. Die Attraktivität des Angebots hinsichtlich Sortimentsgröße, Öffnungszeiten und Produkte zu Discount-Preisen haben des Weiteren einen relativ starken Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg. Ein gutes
Frischeangebot ist besonders für Ergänzungseinkäufer wichtig. Allerdings kann
ein zu geringer Absatz verderblicher Waren zu hohen Abschreibungen und da-
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mit zu einer fehlenden Rentabilität führen. Insgesamt scheint die wirtschaftliche
Lage vieler Nahversorgungsläden prekär angesichts geringer Gewinn- und Umsatzzahlen sowie hoher Fluktuation. Die Betreiber haben die Hoffnung auf Verbesserungen, dem allerdings die starke Konkurrenz mit den Discountern und die
steigenden Betriebskosten entgegenstehen.
Viele Kommunen unterstützen die Läden
Die Nahversorgung ist auch ein Thema in der kommunalpolitischen Debatte, sei
es, weil Bürger unzufrieden sind mit der aktuellen Situation, sei es, weil Angebote schließen oder von Schließung bedroht sind, sei es, um sich im Standortwettbewerb zu positionieren. Dabei spielt nicht nur der reine Versorgungsaspekt der
Einrichtungen eine Rolle, sondern auch die soziale Funktion als Treffpunkt, Ort
der lokalen Identifikation oder Kristallisationspunkt bürgerschaftlichen Engagements. So haben die untersuchten Geschäfte auch in etwa der Hälfte der Fälle
eine Unterstützung von ihrer Kommune in irgendeiner Form erhalten. Für rund
80 Prozent dieser Läden war diese Unterstützung wichtig oder sehr wichtig für
den Aufbau und Betrieb des Ladens. In gut einem Fünftel der Fälle ging die
Hauptinitiative zur Gründung allein von der Kommune aus, bei einem weiteren
Fünftel von der Dorfgemeinschaft.
Die Gemeinden haben für etwa ein Viertel der Läden vergünstigte Räume bereitstellt und nach Fördermöglichkeiten gesucht. Die Bereitstellung des Gründungskapitals und die Kosten eines Beraters wurden eher selten übernommen.
Darüber hinaus haben die Gemeinden fast ein Fünftel der Einrichtungen mit
sonstigen Leistungen unterstützt. Darunter fallen die Übernahme einer Bürgschaft, vergünstigte Nebenkosten, vergünstigte Darlehen, die Errichtung des
Ladengebäudes zu diesem Zweck und weitere Sachleistungen, wie handwerk-liche Dienstleistungen, Einrichtungsgegenstände oder kostenlose Werbung, etwa im Gemeindeblatt.
Bei der Unterstützung der Nahversorgung nutzen die Kommunen auch Förderprogramme von EU, Bund und Ländern, insbesondere der ländlichen Entwicklungspolitik. Diese Programme unterscheiden sich allerdings sehr hinsichtlich
der Förderkonditionen und der Zuschusshöhe zwischen den einzelnen Bundesländern. Dabei können nur bauliche Maßnahmen oder auch die Inneneinrichtung, der Warenerstbestand, Personalkosten in der Startphase und die Fahrzeugausstattung mobiler Anbieter förderfähig sein. Oftmals entscheidender als
die zeitlich begrenzten Fördermittel sind für den langfristig erfolgreichen Betrieb
die Schulung und Beratung der Betreiber. Einzelberatungen oder Weiterbildungen in der Gruppe werden ebenfalls von einigen Ländern finanziell unterstützt.
In diese Richtung weisen auch die internationalen Erfahrungen. Hier werden
zunehmend Investitionen und Marketingmaßnahmen für bestehende Läden
gefördert, da die Erhaltung bestehender Strukturen oftmals einfacher ist, als
neue aufzubauen.
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Materialsammlung
In Einzelfällen entwickeln Kommunen ihre eigenen Förderprogramme, um auf
Geschäftsschließungen und dauerhaften Leerstand zu reagieren. So hat etwa die
hessische Gemeinde Diemelsee im Rahmen der Wirtschaftsförderung ab dem
Jahr 2013 ein entsprechendes Programm beschlossen. Diese ländliche Gemeinde fördert jegliche Neueröffnung beziehungsweise Wiederbelebung des Leerstandes eines Ladenlokals oder einer Geschäfts- beziehungsweise Gewerbeimmobilie mit einem an die Öffentlichkeit gerichteten Waren- und Dienstleistungsangebot beispielsweise im nahversorgungsrelevanten Sortiment. Pro Ladenlokal wird für maximal 24 Monate ein Mietzuschuss von maximal 400 Euro
monatlich gewährt.
Schlussfolgerungen für lokale Entscheidungsträger
Die Schließungen von Einrichtungen und der demografische Wandel haben das
Thema Nahversorgung auf die Tagesordnung von kleinen Städten und Gemeinden gesetzt. Durch dauerhaften Gebäudeleerstand werden Probleme zunehmend sichtbar. Dem kommunalen Eingreifen sind jedoch oft Grenzen gesetzt.
Zentrale Hemmnisse sind der hohe Konkurrenzdruck auf den relevanten Märkten, bestehende Versorgungsstrukturen auch in nicht-integrierten Lagen, geringe Akzeptanz kleiner Läden beim Verbraucher, Haushaltsengpässe und andere
Prioritäten in der Kommunalpolitik.
Die Kommunen haben im Rahmen ihrer bauleitplanerischen Planungshoheit
weitgehende Möglichkeiten, Neuansiedlungen, die sich negativ auf zentrale
Versorgungsbereiche und Nahversorgungsangebote auswirken oder fußläufig
schwer erreichbar sind, auszuschließen. Allerdings führt die häufig wahrgenommene interkommunale Konkurrenz um Neuansiedlungen, die damit verbundenen Arbeitsplätze und Steuereinnahmen zu einer wenig restriktiven Nutzung dieser Möglichkeiten und das interkommunale Abstimmungsgebot hat
oftmals nicht die erhofften Wirkungen erzielt. Insgesamt zielen die planungsrechtlichen Instrumente lediglich auf die Verminderung von negativen Auswirkungen, insbesondere großflächiger Einzelhandelsansiedlungen. Formelle Planungsinstrumente können aber kaum Verbesserungen der Nahversorgungssituation initiieren, weil diese stark von den betriebswirtschaftlichen Entscheidungen der Handelsunternehmen abhängen.
Nahversorgungskonzepte können, insbesondere wenn sie in interkommunaler
Kooperation erstellt werden, dazu beitragen, Konkurrenz abzumildern und künftige Ansiedlungsanfragen und Genehmigungen beschleunigen, haben aber keinen verbindlichen Charakter, was ihre Umsetzung unsicher macht. Diese Konzepte stellen jedoch Informationen über Versorgungslücken in einer Region
bereit und identifizieren Potenzialstandorte für alternative Betriebsformen.
Dabei können die Präferenzen der Bevölkerung erhoben und geklärt werden, ob
überhaupt Verbesserungsbedarf aus Sicht der Bürger besteht. Durch die Beteiligung der Anbieter an einem solchen Konzept können auch drohende Schließungen ermittelt und gegebenenfalls geeignete Gegenstrategien, etwa mit Marke-
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tingmaßnahmen, entwickelt werden. Was auch zur Unterstützung bestehender
Nahversorgungseinrichtungen beiträgt, ist die Konzentration bzw. Aufrechterhaltung von Daseinsvorsorgeangeboten in der Nachbarschaft beziehungsweise
im gleichen Gebäude. Denn je mehr Anlässe zum Besuch der Ortskerne verschwinden, desto geringer fallen das Nutzerpotenzial und damit die Rentabilität
der verbliebenen Einrichtungen aus.
Kundenpotenziale identifizieren
Besteht in einem Ort von Seiten der Bürger Interesse, die Nahversorgungssituation zu verbessern und einen Nahversorgungsladen zu etablieren, kann die
Kommune dabei helfen Informationsveranstaltungen und Beteiligungsprozesse
zu organisieren. Außerdem sind Beratung und Standortanalyse gleich zu Beginn
entscheidend, um das betriebswirtschaftliche Potenzial und gegebenenfalls die
erwünschte Angebotszusammenstellung zu klären. Dazu reichen zumeist bereits
wenige Tausend Euro aus. Falls ein Kundenpotenzial, das zur Deckung der Betriebskosten ausreicht, identifiziert wurde, kann die Kommune in einem zweiten
Schritt eine geringe Anschubfinanzierung in Form geringer Zuschüsse, beispielsweise für Ladeneinrichtung und Warenerstausstattung, oder vergünstigter Kredite gewähren, um den Eintritt in den hart umkämpften Markt mit der starken
Position großer Konzerne zu unterstützen. Sehr hohe Fördersummen erscheinen
jedoch angesichts zu befürchtender Wett-bewerbsverzerrungen, dem Risiko von
Fehlinvestitionen und der Gefahr, wenig kundenorientierte Angebote künstlich
am Leben zu erhalten, problematisch.
Falls ein Dorfladen wie in vielen kleinen Orten wirtschaftlich nicht tragfähig ist,
kann die Kommune auf mobile Angebote, vor allem rollende Supermärkte oder
Lieferservice, setzen. Sie sollte zunächst den Bedarf klären und dann auf entsprechende Anbieter zugehen. Falls geeignete Anbieter in der Region fehlen,
können die Kommunen auch Mitfahrgelegenheiten und gemeinsame Taxifahrten organisieren oder über die Einrichtung eines Hol- und Bringservices beispielsweise durch Ehrenamtliche nachdenken, um die Versorgung eingeschränkt
mobiler Bewohner zu verbessern.
Quelle: Stadt und Gemeinde, Ausgabe 9/2013, zum Download unter
http://www.dstgb.de/nahversorgung4.
Gutes Angebot, attraktive Innenstädte
Gezielte Handelsentwicklung steigert die Einkaufsqualität in einer Kommune
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Von Sarah Dörr und Roland Wölfel
In der Märzausgabe der „Stadt und Gemeinde“ wurde bereits die Bedeutung
einer funktionierenden Nahversorgungsstruktur für die Lebensqualität in einer
Kommune behandelt. In der Grundversorgung ist der Faktor Nähe beziehungsweise die fußläufige Erreichbarkeit noch vor den Kriterien Qualität und Preis
ausschlaggebend für die Wahl des Einkaufsstandortes. Eine wohnortnahe, fußläufig erreichbare und auch qualitativ hochwertige Grundversorgung wird in
einer älter werdenden Gesellschaft wie der unseren somit immer mehr zum
Maßstab für Lebensqualität.
Neben der Nahversorgung wirkt auch der Handel mit mittel- und langfristigen
Bedarfsgütern wie beispielsweise Bekleidung, Sportartikeln, Möbeln oder Elektrowaren als Indikator für Lebensqualität. Im Vergleich zu den Anforderungen an
eine gute und funktionierende Nahversorgung zeigt sich bei den Faktoren, die
ein gutes Einzelhandelsangebot weiterführender Konsumgüter bedingen, ein
differenzierteres Bild. Die Ausstattung mit Einzelhandelsbetrieben dieser Branchen hängt insbesondere von der Größe, der Standorthistorie und der zentralörtlichen Stellung einer Kommune ab. Kaufkraftabflüsse in höherrangige Zentren sind insbesondere in kleineren Städten und Gemeinden durchaus als funktional zu bewerten. Ein Fehlen bestimmter Branchen am Standort hat dabei
keinen direkten Einfluss auf die Lebensqualität innerhalb einer Kommune. Die
konkrete Standortsituation spielt speziell im weiterführenden Bedarfsbereich
eine wesentliche Rolle. So gibt es im Flächenstaat Bayern eine Vielzahl kleinerer
Städte mit einer attraktiven und umfangreichen Einzelhandelslandschaft, während Kommunen derselben Größenkategorie im deutlich dichter besiedelten
Nordrhein-Westfalen nur selten eine ähnlich umfangreiche Einzelhandelsausstattung aufweisen.
Neben der absoluten Anzahl der Betriebe oder auch der Verkaufsfläche spielt
der innerörtliche Standort der Einzelhandelsnutzungen eine wesentliche Rolle
im Hinblick auf die Attraktivität. Die städtebauliche Qualität der Einkaufsbereiche, die verkehrliche Erreichbarkeit, die Multifunktionalität der Standorte oder
auch die Gestaltung der Einkaufsbereiche sind neben den Einzelhandelsbetrieben wesentliche Faktoren für die Bewertung von Einkaufslagen. Ein autoorientierter Standort mit monofunktionaler Einzelhandelsstruktur lädt beispielsweise
in einem deutlich geringeren Maße zum Verweilen ein, als dies in einer gewachsenen Innenstadt, die neben den Einzelhandelsnutzungen noch weiterführende
Dienstleistungen, gastronomische Angebote, medizinische Versorgung oder
touristische Ziele vorhält, der Fall ist. Das Flanieren oder „Bummeln“ in attraktiven Innenstädten kann dabei auch ein Indikator für die vorhandene Lebensqualität von Standorten sein. Ein musealer Innenstadt-Charakter ist dabei kein Muss
um für die Bevölkerung attraktiv zu sein, jedoch leistet ein ansprechendes
Stadtbild auch einen Beitrag zur Aufenthaltsqualität.
Gewachsene Handelsstrukturen erhalten
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Viele Leerstände und die in der Regel damit einhergehenden Modernisierungsrückstände an Immobilien wirken sich erfahrungsgemäß negativ auf die umliegenden Betriebe aus und erzeugen nicht selten eine Abwärtsspirale, den sogenannten „Trading-down Prozess“. Dies kann zur Verödung von Ortszentren und
Innenstädten führen, was wiederum die Lebensqualität der Kommune stark
beeinträchtigt. Um den meist schleichenden „Trading-down Prozess“ möglichst
frühzeitig zu erkennen und dagegen zu steuern, ist sowohl öffentliches als auch
privates Engagement (etwa durch Gewerbevereine oder Werbegemeinschaften)
notwendig. Insbesondere eine intensive Zusammenarbeit im Hinblick auf anstehende Geschäftsaufgaben oder Nachfolgeprobleme hilft, diese Herausforderungen frühzeitig in den Griff zu bekommen. Städtebauförderprogramme wie beispielsweise das Bund und Länderprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“
unterstützen Kommunen bei der Sicherung und Weiterentwicklung gewachsener Handelsstrukturen.
Neben einer stadtspezifischen, angemessenen Angebotsvielfalt sind darüber
hinaus in kleineren Städten und Gemeinden die persönliche Note und der Service der Betriebe von wesentlicher Bedeutung. Insbesondere die mittelständischen Einzelhändler bilden in kleineren Kommunen das Rückgrat der Einzelhandelslandschaft und können ein grundlegendes Angebot an Waren sicherstellen.
Die von Kunden geäußerten Wünsche an kleinteilige, eigenständige Handelsformate stehen dabei jedoch nicht selten im Widerspruch zum Einkaufsverhalten der überwiegenden Mehrheit. Die teilweise uniformen Innenstädte der größeren Zentren mit den wesentlichen Markenanbietern und einem hohen Filialisierungsanteil weisen nach wie vor eine hohe Attraktivität auf – Kaufkraftabflüsse aus den Gemeinden des Umlandes sind die Folge. Gemeinsam mit dem immer stärker werdenden Onlinehandel (Umsatzwachstum +11 Prozent im Jahr
2012) und den Angeboten an Randsortimenten unterschiedlicher Betriebskonzepte (Beispiel Möbelhäuser) wird der Wettbewerbsdruck für die mittelständischen Einzelhändler größer, so dass die Angebotsvielfalt und damit auch die
Lebensqualität für die Wohnbevölkerung mancherorts in Gefahr gerät.
Entwicklungskonzepte als strategische Grundlage
Ein attraktives Einzelhandelsangebot ist ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren, die eine Stadt oder Gemeinde in gewissem Maße auch
aktiv lenken kann. Einzelhandelskonzepte und städtebauliche Entwicklungskonzepte sind sinnvolle Instrumentarien, um die zukünftige Einzelhandelsentwicklung stadtverträglich gestalten zu können. Innerhalb dieser Konzepte sollte jedoch immer eine Entwicklungskomponente enthalten sein, die aufzeigt, wie sich
die Einzelhandelssituation innerhalb der Kommune positiv entwickeln lässt. Dies
ist insbesondere deshalb so wichtig, weil der Einzelhandel in der Regel als Frequenzbringer für die wichtigsten zentralen Standorte fungiert und einen wesentlichen Baustein für attraktive Stadträume darstellt. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist ein stadt- beziehungsweise ortsspezifi-
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sches, adäquates Einzelhandelsangebot für die Lebensqualität ein entscheidender Faktor. Zur nachhaltigen Sicherung der Einzelhandelsversorgung müssen
ökonomische und städtebauliche Anforderungen mit den Bedürfnissen der Verbraucher in Einklang gebracht werden.
Quelle: Stadt und Gemeinde, Ausgabe 4/2013, zum Download unter
http://www.dstgb.de/nahversorgung4.
Gute Einkaufsmöglichkeiten vor Ort bieten
Kommunale Nahversorgungskonzepte können einen Beitrag zur Stärkung der
Lebensqualität leisten
Von Sarah Dörr und Roland Wölfel
Jede Stadt und Gemeinde in Deutschland hat den Anspruch höchst lebenswert
zu sein. Der im Zuge einer schrumpfenden Bevölkerung entbrannte Wettbewerb
um Einwohner verstärkt die Bedeutung der Lebensqualität in einer Kommune.
Die Lebensqualität an einem Standort wird durch vielerlei Faktoren bestimmt,
häufig wird auch das vorhandene Einzelhandelsangebot als Indikator angeführt.
Hierbei stellt sich jedoch automatisch die Frage, was genau ein gutes Einzelhandelsangebot ausmacht und wie eine Kommune ihre Lebensqualität über den
Einzelhandel vor Ort beeinflussen kann.
Das Einzelhandelsangebot einer jeden Stadt oder Gemeinde hängt von diversen
Faktoren ab. Die bloße Anzahl der Betriebe in einer Kommune kann daher als
alleiniger Indikator für die Bewertung der Lebensqualität nicht angeführt werden. Gerade kleineren Städten und Gemeinden, die ihrer Stadtgröße entsprechend tendenziell eine geringe Anzahl an Einzelhandelsbetrieben aufweisen,
würde demnach automatisch eine geringere Lebensqualität attestiert als dies
für größere Städte mit zentralen Funktionen der Fall wäre. Doch ist die Lebensqualität in der bayerischen Landeshauptstadt München mit rund 8 800 Einzelhandelsbetrieben wirklich objektiv besser einzuschätzen als in kleineren Gemeinden wie beispielsweise dem schleswig-holsteinischen Schönberg mit 82
Einzelhandelsbetrieben? Wie so oft kommt es natürlich auf den Einzelfall und
die jeweiligen tatsächlich vorhandenen Angebote und Strukturen an. Unterschieden werden sollte hier insbesondere zwischen nahversorgungsrelevanten
Angeboten, die den täglichen Bedarf abdecken und mittel- bis langfristigen Bedarfsgütern die in der Regel seltener nachgefragt werden. Besonders die Versorgungsmöglichkeiten im nahversorgungsrelevanten Bedarfsbereich Lebensmittel stellen für die Bevölkerung aufgrund der Alltagsrelevanz oftmals einen
wesentlichen Indikator für die Lebensqualität dar.
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Auch im Einzelhandel gilt: „Klasse statt Masse“
Der Vergleich der Verkaufsfläche pro Kopf mit Kommunen ähnlicher Bevölkerungszahl, Lage und Kaufkraftkennziffer bietet einen ersten Anhaltspunkt zur
Bewertung der Versorgung an einem Standort. Die Interpretation dieser Daten
sollte insbesondere im Hinblick auf die Größe und Lage sowie die Wirtschaftskraft der Städte vorsichtig erfolgen, da diese Kriterien unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten für den Handel nach sich ziehen. Hinzugefügt werden muss
weiterhin, dass eine hohe Verkaufsflächenausstattung in einer Stadt oder Gemeinde nicht direkt mit einer guten Nahversorgung der Bevölkerung gleichzusetzen ist. Je nach Einzugsgebiet und Versorgungsfunktion der jeweiligen Kommune ergeben sich auch hier große Unterschiede in den Kennziffern. Zudem gilt
auch im Einzelhandel das bekannte Sprichwort „Klasse statt Masse“. Eine hohe
Anzahl von Betrieben und insbesondere eine hohe Verkaufsflächenausstattung
sagen nichts über die in der Grundversorgung so wichtige Sortimentstiefe des
Angebotes aus, die stark von den jeweiligen Betriebstypen abhängt. Während
ein Lebensmitteldiscounter in der Regel rund 800 (Aldi) bis 3 500 (Netto) Artikel
im Sortiment hat, bietet ein Vollsortimenter je nach Größenordnung zwischen
10 000 und 50 000 Produkte an. Mehrere Lebensmitteldiscounter an einem
Standort können demnach aufgrund der geringen Produktvielfalt trotz hoher
Verkaufsflächenzahl zu einer für die Bevölkerung eher unbefriedigenden Versorgungssituation führen.
Grundversorgung – „Nähe schlägt Größe“
Der neben Qualität und Sortimentstiefe wichtigste Einflussfaktor für die Beurteilung der Grundversorgung vor Ort ist die Nähe zu den Einzelhandelbetrieben.
Die „Nähe“ spielt nach den Befragungsergebnissen des CIMA Monitors aus dem
Jahr 2009 für 48 Prozent der Befragten die eindeutig wichtigste Rolle für die
Wahl des Einkaufsortes für den täglichen Bedarf. Das sind fast zehn Prozent
mehr als noch im Jahr 2007. Bei Personen über 65 Jahren wirkt der Faktor „Nähe“ mit einem Anteil von rund 53 Prozent noch stärker auf die Wahl des Einkaufsortes. Sowohl die Attraktivität des Angebotes als auch der Preis geraten
hier mit rund 42 Prozent beziehungsweise 28 Prozent ins Hintertreffen.
Als „nah“ und damit als Nahversorgung gilt nach Auffassung der CIMA ein Betrieb, der, je nach Ortsgröße weniger als 300 – 500 Meter vom Wohnort entfernt ist. Angesetzt wurde dieser Wert, da bereits verschiedene Untersuchungen
ergeben haben, dass nur ein sehr geringer Teil der Bevölkerung bereit ist längere Distanzen zum Einkaufen zu Fuß zurückzulegen. Dies spiegelt sich auch in den
Ergebnissen des CIMA-Monitors wieder. Bei einer Entfernung bis 500 Metern
zum Einkaufsort gehen fast 60 Prozent der Befragten zu Fuß, ab einer Entfernung von 500 Metern steigt die Zahl der Pkw-Nutzer dann sprunghaft an.
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Für die aktuellen Herausforderungen des demografischen Wandels spielt die
Nahversorgung demnach eine zentrale Rolle. Eine wohnortnahe, fußläufig erreichbare und auch qualitativ hochwertige Grundversorgung wird in einer älter
werdenden Gesellschaft wie der unseren somit immer mehr zum Maßstab für
Lebensqualität. Neben den Herausforderungen die der demografische Wandel
an die Versorgungsstrukturen stellt, sind auch jüngere Menschen die in Haushalten ohne PKW leben von der Problematik betroffen. Auch hier hängt die Lebensqualität maßgeblich von der Nähe zu Einkaufsorten für den täglichen Bedarf ab. Dementsprechend werden im Kampf gegen rückläufige Bevölkerungszahlen, zukünftig voraussichtlich insbesondere die Orte gewinnen, die ihren
Bürgern eine angemessene und wohnortnahe Versorgungsstruktur bieten können.
Gegenläufig zu den Erfordernissen und Wünschen der Kunden, dominiert im
Lebensmitteleinzelhandel seit vielen Jahren der Trend hin zu größeren Betrieben in dezentraler Lage. Immer mehr kleine Lebensmittelgeschäfte und TanteEmma-Läden haben auf dem hart umkämpften Lebensmittelmarkt im Wettbewerb mit den größeren Betriebskonzepten an Bedeutung verloren.
Seit einiger Zeit gibt es Entwicklungen die in eine andere Richtung weisen. Dort
wo Kommunen die Entwicklung der Nahversorgung wirklich ernst nehmen, erleben wirtschaftlich tragfähige Nachbarschaftsläden mit Treffpunktfunktion,
vielerorts nach dem Genossenschaftsprinzip entstehend, aktuell eine Art Renaissance. Jedoch entstehen auch weiterhin Lebensmittelmärkte an dezentralen
Standorten. Die Ursache dieser Entwicklung ist oft darin begründet, dass viele
Kommunen auf die Ansiedlungsanfragen nicht vorbereitet sind. Sie kennen oftmals weder ihren jetzigen noch zukünftigen Nahversorgungsbedarf und können
daher nicht immer geeignete Standorte für eine städtebaulich gewünschte Entwicklung benennen. Eine langfristige, umsetzbare Strategie zur Sicherung der
Nahversorgung besteht in den meisten Fällen nicht. Das Rückgrat der Nahversorgung bilden hier in der Regel Märkte an dezentralen Standorten. Fehlende
Nähe und Kommunikationsfunktion, wie sie vor allem von der älteren Bevölkerung gewünscht werden, führen zu einer Verschlechterung der Lebensqualität
und Attraktivität als Wohnstandort. Untersuchungen haben gezeigt, dass gerade
ältere Bevölkerungsschichten vor allem deswegen häufiger zum Einkaufen gehen, weil Sie die Kommunikation suchen. Ortszentren mit attraktiven Nahversorgungsstrukturen bieten hier viele Chancen und sind auch attraktive Wohnstandorte.
Lebensqualität durch Nahversorgungskonzepte sichern
Als wichtigem Kriterium für die Lebensqualität sollte der Nahversorgung eine
entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet werden. Es gilt ökonomische und
städtebauliche Anforderungen mit den Bedürfnissen der Bevölkerung in Einklang zu bringen und eine langfristige Handlungsstrategie zu erarbeiten und
umzusetzen. Als Handlungsgrundlage für Kommunen können hier Nahversor-
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gungkonzepte dienen. Neben dem notwendigen Interessenausgleich zwischen
betriebswirtschaftlichen, städtebaulichen und sozialen Zielsetzungen stellen
diese Konzepte eine Grundlage für die Stadtentwicklungs- und Standortplanung
dar und bieten als wichtiges Instrument der Wirtschaftsförderung Investitionsund Planungssicherheit für potenzielle Investoren sowie Bestandsunternehmen.
Die vorangegangenen Ausführungen zeigen und erläutern den Zusammenhang
zwischen der Grundversorgung und der Lebensqualität an einem Standort und
geben Hinweise zu deren langfristigen Sicherung und Weiterentwicklung. Neben
den nahversorgungsrelevanten Betrieben, hat auch der Handel mit mittel- und
langfristigen Konsumgütern im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren Auswirkungen auf die Lebensqualität einer Stadt oder Gemeinde.
Quelle: Stadt und Gemeinde, Ausgabe 3/2013, zum Download unter
http://www.dstgb.de/nahversorgung4.
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