zum Interview - marcusklaffke.de

STADTLEBEN
Und zwischendurch einen Schluck
Espresso. Mit der linken Hand spielt
Marcus Klaffke dann schon mal weiter.
Er gehört einfach
ans Klavier
auch gern mal einen
Bossa Nova, ABBAs Waterloo inszeniert er als
Swing-Nummer. Die Stile
mischen, dadurch etwas
Neues schaffen und bei
alldem immer nah sein am
Publikum, das macht seine Konzerte so besonders. „Crossover
Entertainment” nennt er das.
„Ich wollte Musik nicht
studieren. Ich wollte
sie machen.”
Wenn das Zuschauer-Handy
klingelt, spielt Klaffke es nach
Im Schnitt steht Klaffke pro
Woche mindestens einmal auf
der Bühne, manchmal auch häufiger. Er gibt exklusive Wohnzimmerkonzerte genauso wie
größere Shows bei Unternehmensevents vor mehreren tausend Leuten. Die bekommen bei
ihm nicht nur was zu hören, sondern auch was zu lachen. Einmal
fragt er bei einem Auftritt ganz
pflichtbewusst, ob auch alle ihr
Handy ausgeschaltet hätten.
„Jaaaa”, schallt es aus den Zuschauerreihen. „Warum?”, fragt
er, und alle stutzen. Er legt nach:
„Wer hat denn von Ihnen die
schönste Handymelodie?” Ein
Mann meldet sich. Klaffke holt
ihn auf die Bühne, lässt sich die
Nummer geben und bittet eine
Zuschauerin, diese anzurufen.
Prompt klingelt das Handy,
Klaffke legt es auf seinen Flügel
und spielt den Song nach. „Und
das Beste ist: Die Dame und der
Herr haben sich anschließend
sogar noch verabredet”, denkt er
lachend zurück.
Wenn Marcus Klaffke, der seinen
Musikprofessor als Kind fast
wahnsinnig machte, weil er wie
heute jedes Stück nur nach Hören
spielte und sich beharrlich
weigerte, Noten zu lesen,
übers Klavierspielen spricht,
leuchten seine Augen. Aber
seine Beziehung zum Instrument, das für ihn heute Leidenschaft und Beruf
bedeutet, war nicht immer so uneingeschränkt gut.
„Warum wird immer zwischen
E- und U-Musik unterschieden?”
Aufgewachsen in einer Musikerfamilie, saß er schon als Kind am
Klavier und genoss auch eine private klassische Ausbildung beim
Robert-Schumann-Institut in
Düsseldorf. Als Teenager musste
er sich entscheiden, wie die Zukunft aussehen soll. „Ich wollte
Musik nicht studieren, sondern
machen, und ich habe nie verstanden, weshalb in Deutschland
immer zwischen E- und U-Musik
unterschieden wird”, erzählt er.
Plötzlich zog er einen SchlussZweites Standbein: das eigene Tonstudio
Foto:
Archiv Klaffke
PORTRÄT. Ein begnadeter Pianist war Marcus Klaffke
schon als Kind. Bis er seine Leidenschaft wirklich so
leben konnte, dass sie zum Beruf wurde, musste er
manchen Umweg gehen. Es hat sich gelohnt.
Plötzlich sitzt er neben ihm, irgendwann im September, bei
einem Gig in der Wuppertaler
Börse. „Wanna play four hands?”,
fragt Marcus Klaffke ihn. Der 73Jährige neben ihm am Flügel lächelt verschmitzt, und los geht´s.
Gemeinsam rocken sie die Hütte.
Und anschließend wird sich Marcus Klaffke noch oft an diese Mi18
nuten zurückerinnern, denn der
ältere Herr neben ihm war Glen
D. Hardin, niemand Geringeres
als Pianist von Elvis. „Dass er damals einfach so mit mir gespielt
hat, Wahnsinn”, erinnert sich der
40-jährige Solinger zurück.
Er sitzt in seinem eigenen Tonstudio, das er sich im Keller des
hübschen Hauses in Gräfrath ein-
gerichtet hat. Klaffke ist der
etwas andere Konzertpianist: „Ich
kenne Kollegen, die sprechen
nicht viel, spielen vor allem Klassik, ziehen ihr Programm durch.”
Das macht er ein bisschen anders. Er mag Jazz genauso wie
Pop, spielt auch Klassik, liebt
Boogie Woogie. Aus Joe Cockers
„Unchain my heart” macht er
ENGELBERT
Foto:
Christian Beier
ENGELBERT
19
strich, wollte vom Klavierspielen gar nichts mehr wissen, begann eine Schreinerlehre, brach diese wegen
einer Holzstauballergie ab, schulte auf Industriekaufmann um, arbeitete jedoch danach lange Jahre als
Kellner im Kaffeehaus in Solingen.
Foto:
Archiv Klaffke
Unvergesslich: Der Auftritt
mit Glen D. Hardin.
Foto:
Archiv Klaffke
Foto:
Christian Beier
20
Schlafen, kellnern, spielen,
schlafen, kellnern, spielen ...
Irgendwann entdeckte Marcus Klaffke ein Werbeplakat für ein Boogie-Woogie-Konzert in Wuppertal. Er
ging als Zuschauer hin, war begeistert und beschloss:
Ich fange wieder an. Er besorgte sich ein altes EPiano, und fünf Jahre nach dem letzten Stück begann
Klaffke das Klavierspielen von neuem. Exzessiv:
„Schlafen, kellnern, sechs Stunden spielen, schlafen,
kellnern, spielen ...” Er probierte, arrangierte, gab
mit knapp 30 seine ersten Konzerte, spielte auch in
Bands. „Irgendwann kam Peter, der Kaffeehaus-Chef,
zu mir und fragte: Marcus, läuft das mit der Musik?
Suchst dir ja oft Vertretungen. Und ich sagte: Ja, es
läuft. Und er sagte: Na, dann hör doch mit der Kellnerei bei mir auf, Mann. Lass uns Freunde bleiben und
gut. Ich machte es so. Und da ging es für mich so
richtig los.”
Er kümmert sich um alles,
vom Sound bis zur Lichtanlage
Seine Offenheit, der Humor und vor allem natürlich
das virtuose Klavierspiel kommen an. Heute, zehn
Jahre später, lebt Marcus Klaffke davon, aktuell tourt
er mit seinem Programm „Ein Klavier, ein Klavier”.
Seine Auftritte organisiert er alle selber, kümmert
sich gemeinsam mit dem Fachpersonal vom Licht bis
zum Sound um alles, da ist der Künstler Klaffke wieder ganz der bestens organisierte Industriekaufmann. Regelmäßig holt er sich Gastsolisten auf die
Bühne, manchmal spielt er auch mit einem Trio.
Mit seinem eigenen Tonstudio, in dem er auch Musikvideos fürs Internet produzieren kann und mittlerweile eigene Stücke komponiert, hat sich Klaffke ein
zweites Standbein geschaffen. Nächstes Ziel: „Ich
möchte Filmmusik machen, nehme gerade an einer
Ausschreibung teil.” Über manchen Umweg und
manches Tal ist Marcus Klaffke da angekommen, wo
er immer hinwollte. Zugleich weiß er und ist froh darüber, dass es Stillstand in seinem Leben wohl nie
geben wird. Auch nicht privat: Töchterchen Nova hält
ihn ordentlich auf Trab. Nach ihr hat er übrigens auch
sein eigenes Label benannt: novasounds.
www.marcusklaffke.de
ENGELBERT